post_modellismus – models in art - krinzinger projekte - Galerie ...
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ment.’ 5 Dass Laurie Simmons dabei bewusst<br />
die Möglichkeiten fotografischer<br />
Repräsentation <strong>in</strong>s Spiel br<strong>in</strong>gt, hat mit<br />
der machtvollen Instanz reproduktiver<br />
Medien zu tun, die bestimmte Realitätsmodelle<br />
nicht nur ästhetisch, sondern<br />
ebenso gesellschaftspolitisch durchzusetzen<br />
versuchen. Dabei geht es Simmons<br />
um nicht weniger, als um die Politik<br />
der Repräsentation selbst: Denn angenommen,<br />
das fotografische Bild wäre <strong>in</strong><br />
der Lage, die Realität abzubilden <strong>–</strong> welchen<br />
Anteil an dieser Darstellungslogik<br />
hat dann die Fotografie selbst?<br />
Um e<strong>in</strong>e ähnlich gesellschaftlich oder politisch<br />
motivierte Logik der Fotografie geht<br />
es <strong>in</strong> den Werken von Thomas Demand <strong>–</strong><br />
se<strong>in</strong>e fotografischen Bilder von Modellen<br />
aber tragen nur noch die prototypische<br />
Struktur dessen, was er e<strong>in</strong>stmals <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />
fotografischen Vorlage aufspürte. So recherchiert<br />
und rekonstruiert Demand die<br />
Entstehung und Veröffentlichung e<strong>in</strong>es<br />
Fotos, das verme<strong>in</strong>tlich jenes App<strong>art</strong>menthauses<br />
<strong>in</strong> den USA zeigt, <strong>in</strong> dem der Massenmörder<br />
Jeffrey Dahmer se<strong>in</strong> Unwesen<br />
trieb. Andere Werke rekonstruieren Pressefotos<br />
vom Tod Uwe Barschels im<br />
Genfer Hotel Beau Rivage oder von der<br />
Küche im Versteck Saddam Husse<strong>in</strong>s. Der<br />
Informationswert und die Evidenz des<br />
fotografischen Bildes wird so auf der<br />
Ebene e<strong>in</strong>er re<strong>in</strong>en Sichtbarkeit des Bildes<br />
nur p<strong>art</strong>iell e<strong>in</strong>gelöst: zum e<strong>in</strong>en, weil es<br />
nur e<strong>in</strong> Modell zu sehen gibt; zum anderen<br />
weil Thomas Demand jenseits der sichtbaren<br />
Schichten des Bildes stets auch<br />
dessen unterschiedliche Gebrauchsweisen<br />
untersucht: Wie etwa kommt es zu<br />
e<strong>in</strong>er historisch bedeutungsvollen Fotografie?<br />
Welche Rolle spielt der Kontext<br />
ihrer Entstehung, Vervielfältigung und Verbreitung?<br />
Welche Rolle spielt das Geschehen<br />
selbst oder der Fotograf am Ort<br />
dieses Geschehens?<br />
‘Der Fotograf’, so Demand, ‘stellt erst mal<br />
fest, daß hier e<strong>in</strong> Tatort ist. Daß e<strong>in</strong> Interesse<br />
besteht, den Ort zu untersuchen. Er<br />
stellt die Distanz zum Banalen fest und ist<br />
eigentlich der erste, der den Ort verändert,<br />
irgendwie e<strong>in</strong>en mythologischen Platz daraus<br />
macht. Dann geht diese ganze Kette<br />
von Virtualisierungen los.’ 6 Und an anderer<br />
Stelle betont der Künstler, es sei ‘weder<br />
der banale Ort noch die Argumentation<br />
über den Tathergang’ die ihn <strong>in</strong>teressierten,<br />
‘sondern das, was als Mythos hängen<br />
bleibt und sich verselbständigt.’ 7 Diese<br />
mythologische Qualität des Fotografischen,<br />
so Michael Wetzel, ‘nannte B<strong>art</strong>hes<br />
Mythos, und <strong>in</strong> diesem S<strong>in</strong>ne ist auch Thomas<br />
Demands Fotografie e<strong>in</strong>e mythologische,<br />
die nicht <strong>–</strong> wie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Art Architekturmodellfotografie<br />
<strong>–</strong> auf Pappmodelle<br />
verweist, sondern durch sie auf die abwesenden<br />
Referenten der assoziierten oder<br />
verdichteten Bilder.’ 8 In diesem S<strong>in</strong>ne s<strong>in</strong>d<br />
Demands Werke doppelt mythologisch:<br />
im H<strong>in</strong>blick auf die lebensgroßen Modelle,<br />
die nur das Resultat e<strong>in</strong>er Rekonstruktion<br />
nach fotografischem Vorbild s<strong>in</strong>d; und h<strong>in</strong>sichtlich<br />
der Fotografien selbst, die ihrerseits<br />
nur Teil jener vom Künstler angesprochenen<br />
‘Kette von Virtualisierungen’ s<strong>in</strong>d,<br />
an deren Ende es nicht mehr e<strong>in</strong>e vorgelagerte<br />
Wirklichkeit zu erkennen gilt, sondern<br />
den Mythos Fotografie als solchen.<br />
Diese Logik des Mythos lässt sich nur<br />
dann ermessen, wenn man die massenmedialen,<br />
gesellschaftlichen und politischen<br />
E<strong>in</strong>flussbereiche berücksichtigt,<br />
welche die Vorbilder dieser Werke durchlaufen<br />
haben. Und wenn man begreift,<br />
dass sowohl Thomas Demands Modelle<br />
als auch se<strong>in</strong>e Fotografien diesen Mythos<br />
noch e<strong>in</strong>mal stellvertretend durchlaufen.<br />
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