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»I am at home<br />
anywhere and<br />
nowhere, but I<br />
like it best here<br />
in Berlin.«<br />
Herr Greiling, dass wir uns hier im Prater treffen, einem Berliner<br />
Biergarten, geht auf Ihren Vorschlag zurück. Ganz ehrlich, waren<br />
da für Sie als gebürtigen Münchner Heimatgefühle mit im Spiel?<br />
Nee, ich glaub nicht. Aber der Biergarten hier ist natürlich völlig anders<br />
als ein bayerischer Biergarten. Das hat eher was damit zu tun,<br />
dass ich die alten Gebäude hier gut finde. Generell bin ich nicht so ein<br />
Biergartengänger. Ich bin zwar gebürtiger Münchner, aber oft in ganz<br />
Deutschland umgezogen. Insofern hab ich eigentlich keine Wurzeln in<br />
Bayern. Irgendwo und nirgendwo, aber hier in Berlin finde ich es am<br />
besten.<br />
Seit wann leben Sie in Berlin, und wie haben Sie die Stadt bisher<br />
kennengelernt? Fast zehn Jahre. Der Ostteil der Stadt macht<br />
für mich den Reiz aus. Hier passiert am meisten. Vor zehn Jahren<br />
wurden überall neue Lokale aufgemacht, die Leute waren alle in einer<br />
Aufbruchstimmung, es wurde improvisiert, hinterm Tacheles in<br />
der Oranienburger Straße brannten Feuer in Tonnen. Es war alles sehr<br />
anarchisch. Man kann in Berlin so wahnsinnig viel entdecken. Es sind<br />
irgendwie viele Städte in einer. Mit Kindern ist diese Stadt einfach<br />
ideal. Das ist wie eine Riesenspielwiese. Die Cafés draußen, alles ist<br />
so locker. Die Leute stellen ihre Wohnmöbel auf den Bürgersteig oder<br />
gucken draußen Fernsehen. Das gefällt mir.<br />
Sie sind ein gefragter Schauspieler. Man kennt Sie aus zahlreichen<br />
Film- und Fernsehproduktionen. Was ist das Projekt, das<br />
Sie gerade beschäftigt? Das aktuelle ist eine für die ARD entwikkelte<br />
neue Serie, mit der die ARD sehr viel Quote machen will. Sie<br />
wird Montagabend ausgestrahlt werden und heißt im Moment »Die<br />
Detektivin«. Es gibt eine weibliche und eine männliche Hauptrolle.<br />
Meine Kollegin, Marion Kracht, spielt die Detektivin und ich spiele<br />
den Detektiv. Wir sind Kollegen. Es ist eine sehr schöne Rolle, weil<br />
meine Figur ein bisschen ein Versager ist und einer, der seinen Beruf<br />
nicht all zu ernst nimmt und eher an Frauen interessiert ist. Dafür ist<br />
die Rolle der Detektivin sehr ernsthaft. Sie hat diesen Biss, und so ergänzen<br />
sich beide sehr gut. Er lernt durch sie, mit Frauen umzugehen.<br />
Meine Figur ist mitunter sehr komisch.<br />
Ihre älteste Tochter arbeitet auch als Schauspielerin. Haben Sie<br />
sie bei dieser Berufswahl unterstützt oder ihr eher abgeraten?<br />
Ich habe sie nicht dazu gedrängt. Ich habe von Anfang an gesehen,<br />
dass sie hochbegabt ist. Deswegen habe ich es ihr auch nicht ausgeredet.<br />
Ich habe ihr aber nie gesagt, das musst du so und so machen<br />
oder meine Verbindungen spielen lassen. Nichts. Denn es ist wichtig,<br />
dass sie selber Kraft entwickeln muss, um was zu erreichen. Denn der<br />
Schauspielerberuf ist ein sehr schwerer Beruf. Es wird immer die ganze<br />
Person kritisiert. Bei Schauspielern heißt es immer, »Die ist ja doof«<br />
oder »Der ist ja genial«. Damit muss man fertig werden. Zudem gibt<br />
es viel zu wenig Arbeit, deswegen muss der, der Schauspieler werden<br />
will, einfach den Biss haben, der muss wollen und sich nicht aufhalten<br />
lassen. Und das hat meine Tochter.<br />
Apropos zu wenig Arbeit für Schauspieler. Sie waren auch nicht<br />
immer auf die Schauspielerei fixiert … Ja, ich wollte eigentlich Medizin<br />
studieren. Habe aber damals keinen Studienplatz bekommen und<br />
bin dann auf die Schauspielschule gegangen. Dort fand ich es so toll,<br />
dass ich von da an Schauspieler werden wollte. Nach neun Jahren kam<br />
aber die Sinnkrise. Da fand ich alles so egoistisch am Theater und habe<br />
doch noch Medizin studiert. Am interessantesten fand ich die Psyche.<br />
Ganz im Gegensatz zur Chirurgie oder der Inneren Medizin: Wenn<br />
man die mal verstanden hat, dann ist das Geheimnis gelüftet. Bei der<br />
Psyche ist das anders. Da gibt es so viel Unabwägbares zu entdecken.<br />
Ich habe mich zum Psychotherapeuten weitergebildet und dabei eine<br />
interessante Therapieform erlernt: das Psychodrama. Mich interessiert<br />
besonders die Arbeit mit Schauspielern im Sinne von Coaching. Mir<br />
fällt oft auf, dass viele Kollegen in der Entfaltung ihrer Möglichkeiten<br />
sich selbst im Weg stehen. Und da kann man viel machen. Im Moment<br />
komme ich aber wenig dazu. �