Vol. XXXVIII / 1 - Studia Moralia
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6 RYSZARD HAJDUK nach einer persönlichen, verständnisvollen Beziehung statt im Beichstuhl in einem psychotherapeutischen Sprechzimmer endet, wo sich ein von seiner Schuld beladener Mensch erhofft, Unterstützung und Trost zu finden. Hat die Beichte in der Konfrontation mit der immer steigenderen Popularität der Psychotherapie noch eine Chance, in den Augen der Christen an ihrer therapeutischen Bedeutung zu gewinnen? Was sollte sich in der Beichtpraxis ändern, damit das Bußsakrament zu einem von den Gläubigen ersehnten Ort der Befreiung und seelischen Heilung wird? Vielleicht ist man verblüfft, daß ausgerechnet Alphons Maria de Liguori (1696 - 1787), der Heilige der Zeit der Aufklärung, zu diesem Thema befragt wird. Zwar ist er vor 200 Jahren gestorben, aber erst 1950 zum Patron der Beichtväter von Papst Pius XII. ernannt und als solcher bleibt er immer noch ”im Amt”! Außerdem hat er eine Revolution in der Konzeption der moraltheologischen Wissenschaft ausgelöst, indem er sie nicht mehr als bloße Suche nach der objektiven moralischen Wahrheit, sondern als eine praktisch orientierte Reflexion verstanden hat, die auf die selig- und heilmachende Wahrheit hin zielt 3 . Aus seinen moraltheologischen Überlegungen zog er seelsorglich nützliche Schlußfolgerungen heraus, die vor allem in der Beichtpraxis angewendet werden sollten 4 . In diesem Artikel wird kurz dargelegt, wie der Heilige Alphons das Amt des Beichtvaters als einen therapeutischen Dienst in seinem Buch Praxis confessarii beschreibt und wie man heute im Lichte der gegenwärtigen, auf eine geistliche Therapie ausgerichteten Pastoraltheologie und Pastoralpsychologie seine Weisungen verstehen kann. 3 M.Vidal, Redemptoristisches Charisma und Moralangebot, in: N.Londoño, 376-377. 4 Um den Beichtvätern zum effektiveren Dienst an den Menschen zu verhelfen, schrieb Alphons unter anderem folgende Bücher: Praxis confessarii, Avvertimenti ai confessori novelli, Homo Apostolicus, Il confessore diretto per le confessioni della gente di campagna.
THERAPEUTISCHE BEICHTPRAXIS 7 1. Die Seelsorge als Therapie Die Therapie ereignet sich nicht nur während psychoterapeutischer Beratung, indem ein Psychotherapeut versucht, seinem psychisch kranken Klienten durch ein professionelles, gezieltes und methodisches Handeln seine persönlichen Probleme zu bewältigen und die verlorene innere Harmonie wieder herzustellen 5 . Sie hat auch ihren festen Platz im Raum der christlichen Pastoral, wenn die Seelsorge als Hilfestellung für die unter seelischen Konflikten Leidenden und Bedürftigen verstanden wird. 1.1. Der therapeutische Charakter der Seelsorge Therapeutisches Verständnis von Seelsorge stellt nichts Neues dar 6 . Auf die Notwendigkeit eines therapeutischen Umgangs mit dem Menschen weist deutlich die Bibel hin, in der sich Gott selbst als Arzt offenbart (Ex 15,26) und Jesus, Gottes Sohn, auf die Welt kommt, um die Kranken zu heilen (Lk 5,17). Er schickt auch seine Jünger, damit sie allen Menschen das Evangelium vom Reich Gottes verkünden und alle Krankheiten heilen (Lk 9,2). 5 W.Ph.G.Zimbardo, F.L.Ruch, Psychologia i życie, Warszawa 1994, 487; H.Deidenbach, Begegnung und Heilung. Psychologie und Pädagogik in biblischen Geschichten, Frankfurt a.M. 1998, 153. 6 Die Rede von der therapeutischen Dimension der pastoralen Praxis löst manchmal bei den Seelsorgern und Theologen Empörung aus. Der Grund dafür scheint vor allem die Angst zu sein, daß die kirchliche Lehre und ihre moralischen Implikationen zu kurz kommen, wenn der Mensch und seine Bedürfnisse in den Vordergrund gestellt werden. Diese Denkart stimmt sowohl mit der biblischen Offenbarung als auch mit der Botschaft des Zweiten Vatikanischen Konzils nicht überein. Will nämlich die nach dem Beispiel des Erlösers handelnde Kirche Jesu Heiltätigkeit fortsetzen, darf für sie keine menschliche Not gleichgültig und kein Mensch ein Objekt, sondern immer der Subjekt des kirchlichen Handelns sein; J.Kołodziejczyk, Postmodernistyczna koncepcja kazania, w: Z.Sareło, Postmodernizm. Wyzwanie dla chrześcijaństwa, Poznań 1995, 89; R.Hajduk, Leczyć rany serc złamanych. Przyczynek do kaznodziejstwa terapeutycznego, Kraków 1996, 23.
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THERAPEUTISCHE BEICHTPRAXIS 7<br />
1. Die Seelsorge als Therapie<br />
Die Therapie ereignet sich nicht nur während<br />
psychoterapeutischer Beratung, indem ein Psychotherapeut<br />
versucht, seinem psychisch kranken Klienten durch ein<br />
professionelles, gezieltes und methodisches Handeln seine<br />
persönlichen Probleme zu bewältigen und die verlorene innere<br />
Harmonie wieder herzustellen 5 . Sie hat auch ihren festen Platz<br />
im Raum der christlichen Pastoral, wenn die Seelsorge als<br />
Hilfestellung für die unter seelischen Konflikten Leidenden und<br />
Bedürftigen verstanden wird.<br />
1.1. Der therapeutische Charakter der Seelsorge<br />
Therapeutisches Verständnis von Seelsorge stellt nichts<br />
Neues dar 6 . Auf die Notwendigkeit eines therapeutischen<br />
Umgangs mit dem Menschen weist deutlich die Bibel hin, in der<br />
sich Gott selbst als Arzt offenbart (Ex 15,26) und Jesus, Gottes<br />
Sohn, auf die Welt kommt, um die Kranken zu heilen (Lk 5,17).<br />
Er schickt auch seine Jünger, damit sie allen Menschen das<br />
Evangelium vom Reich Gottes verkünden und alle Krankheiten<br />
heilen (Lk 9,2).<br />
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W.Ph.G.Zimbardo, F.L.Ruch, Psychologia i życie, Warszawa 1994, 487;<br />
H.Deidenbach, Begegnung und Heilung. Psychologie und Pädagogik in<br />
biblischen Geschichten, Frankfurt a.M. 1998, 153.<br />
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Die Rede von der therapeutischen Dimension der pastoralen Praxis<br />
löst manchmal bei den Seelsorgern und Theologen Empörung aus. Der<br />
Grund dafür scheint vor allem die Angst zu sein, daß die kirchliche Lehre<br />
und ihre moralischen Implikationen zu kurz kommen, wenn der Mensch<br />
und seine Bedürfnisse in den Vordergrund gestellt werden. Diese Denkart<br />
stimmt sowohl mit der biblischen Offenbarung als auch mit der Botschaft<br />
des Zweiten Vatikanischen Konzils nicht überein. Will nämlich die nach dem<br />
Beispiel des Erlösers handelnde Kirche Jesu Heiltätigkeit fortsetzen, darf für<br />
sie keine menschliche Not gleichgültig und kein Mensch ein Objekt, sondern<br />
immer der Subjekt des kirchlichen Handelns sein; J.Kołodziejczyk,<br />
Postmodernistyczna koncepcja kazania, w: Z.Sareło, Postmodernizm.<br />
Wyzwanie dla chrześcijaństwa, Poznań 1995, 89; R.Hajduk, Leczyć rany serc<br />
złamanych. Przyczynek do kaznodziejstwa terapeutycznego, Kraków 1996,<br />
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