Vol. XXXVIII / 1 - Studia Moralia
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THERAPEUTISCHE BEICHTPRAXIS 37<br />
kann nur geschehen, wenn der Beichtvater im Geiste Jesu<br />
handelt und Heil und Leben von seinem Verhalten ausgeht.<br />
Diese Haltung ist erlernbar, indem man einen ständigen Kontakt<br />
mit dem Wort Gottes pflegt 98 .<br />
Für die priesterliche Ausbildung bedeutet das eine<br />
grundsätzliche Orientierung an Jesus Christus und seinem<br />
Evangelium. Es geht dabei nicht nur um eine stille Betrachtung<br />
des in der Einsamkeit gelesenen Wortes, sondern auch um einen<br />
lebendigen, auf die alltägliche Realität bezogenen,<br />
gemeinschaftlichen Austausch, der verhilft das Evangelium als<br />
das authentische Lebensmuster zu begreiffen und allen<br />
zwischenmenschlichen Beziehungen eine erlösende Qualität zu<br />
verleihen.<br />
Das liebevolle Verhältnis zu Gott kann erfahren und vertieft<br />
werden, indem sich der Priesterkandidat selbst um Buße und<br />
Bußsakrament im eigenen Leben bemüht. Was er selbst in der<br />
Begegnung mit dem liebenden Vater im Beichtgespräch erhält,<br />
wird er auch dann imstande sein, seinen künftigen Pönitenten<br />
weiter zu schenken. Daraus ergibt sich eine wichtige Aufgabe<br />
für die in den Priesterseminaren tätigen Beichtväter und<br />
geistlichen Führer, den sakramentalen <strong>Vol</strong>lzug der Beichte so zu<br />
gestalten, daß die durch sie verkörperte totale Hingabe Jesu um<br />
des menschlichen Heils willen für die Beichtenden spürbar<br />
wird.<br />
4.2. Mit den Augen Gottes auf den Menschen schauen<br />
Das große Anliegen des Patrons der Beichtväter war, seine<br />
Amtsbrüder zu überzeugen, daß jedem einzelnen Menschen die<br />
hohe Aufmerksamkeit gilt, deshalb hat man mit jedem so<br />
umzugehen, daß seine menschliche Würde gefördert wird. In<br />
der gegenwärtigen Theologie lassen sich dieselben Töne hören,<br />
indem sie im Geiste des letzten Konzils die unantastbare Würde<br />
im Dienst der Versöhnung, in: W.Beinert, Kirche zwischen Konflikt und<br />
Konsens. Versöhnung als Lebensvollzug der Glaubensgemeinschaft,<br />
Regensburg 1989, 154.<br />
98<br />
M.Merkel, Aspekte der interpersonalen Dynamik der Beichte, in:<br />
K.Baumgartner, Erfahrungen mit dem Bußsakrament, 401.