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Vol. XXXVIII / 1 - Studia Moralia

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THERAPEUTISCHE BEICHTPRAXIS 35<br />

Amt nur dann wirksam ausüben, wenn sein Wesen und seine<br />

Haltung durch den Geist Jesu durchdrungen und umgewandelt<br />

wird. Authentisch helfen und zu Gott führen kann nur jener, der<br />

sich selbst von Gott leiten läßt. Der Beichtvater hat nicht nur als<br />

Mensch authentisch aufzutreten, sondern auch als alter Christus<br />

mit der göttlichen, zuvorkommenden Liebe jedem Pönitenten zu<br />

begegnen.<br />

Obwohl sich die liguorianische Beichtpraxislehre in vielen<br />

Punkten mit der gegenwärtigen Theorie des Beichtgesprächs<br />

deckt, sind auch Unterschiede zwischen ihr und der heutigen<br />

pastoralpsychologichen Überlegungen zu beobachten. Die<br />

Pastoralpsychologie konzentriert sich mehr auf den psychischen<br />

Hintergrund der Schuld und die theologischen Daten sind oft<br />

für sie zweitrangig, obwohl eine Übereinstimmung mit der<br />

theologischen Basis notwendig ist. Ihr Ziel ist das<br />

therapeutisches Wirken der Seelsorger zu verstärken, damit der<br />

Mensch durch das pastorale Handeln der Kirche geheilt wird.<br />

Die Pastoralpsychologie hat vor allem die Heilung im Blick, die<br />

das individuelle Wachstum fördert und dem Menschen<br />

ermöglicht, friedlich auf Erden zu leben.<br />

Alphons war in erster Linie ein Theologe, der ein lebendiges<br />

Verhältnis zur menschlichen Wirklichkeit pflegte und dadurch<br />

auch ein bestimmtes psychologisches Wissen erwarb. Als ein<br />

wahrer Diener der überreichen Erlösung sprach er in Praxis<br />

confessarii nicht nur von Heilung, sondern auch von Heiligung,<br />

die das Ziel jedes menschlichen Lebens darstellt. Wenn aber der<br />

Mensch zur <strong>Vol</strong>lkommenheit gelangen soll, darf das nicht am<br />

menschlichen Wachstum vorbei geschehen. Dies betrifft jedoch<br />

nicht nur das irdische Schicksal der Menschen, sondern reicht<br />

über die vergängliche Realität weit hinaus, wo jeder Lebensweg<br />

seine endgültige Erfüllung findet.<br />

Alphons setzt sich für eine geistliche Therapie ein, die auch<br />

den Willen des Menschen anspricht. Darum appelliert er an die<br />

Beichtväter um die Hochachtung für das menschliche Gewissen,<br />

das die letzte menschliche Instanz der ethischen Verantwortung<br />

vor Gott ist. Das Bußsakrament ist für ihn nicht nur ein Ort, wo<br />

man dem Menschen hilft, seine Schuld zu verarbeiten und in der<br />

Versöhnung mit Gott neu anzufangen. Es ist auch eine Schule,<br />

in der das menschliche Gewissen reif wird und seine Fähigkeit<br />

zur Unterscheidung zwischen dem Guten und Bösen

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