Vol. XXXVIII / 1 - Studia Moralia
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30 RYSZARD HAJDUK<br />
schnell von einer rein psychotherapeutisch angewendeten<br />
Methode zu einem in der Seelsorge tief verankerten<br />
Beziehungsmodell adaptiert wurde 80 . So wie in jedem<br />
seelsorglichen Gespräch sind die Regeln des<br />
personenzentrierten Ansatzes von Rogers auch im Rahmen des<br />
sakramentalen Beichtvollzugs zu beachten. Die positive<br />
Wertschätzung jedes Beichtenden, das einfühlsame Verständnis<br />
für seine Lage und die damit zusammenhängenden Punkte von<br />
Schuld und Versagen und die personale Ehrlichkeit des<br />
Beichtseelsorgers tragen zur Entstehung eines<br />
menschenfreundlichen Klimas bei und sind Voraussetzungen<br />
für den angestrebten Prozeß der Umkehr zur Versöhnung 81 .<br />
Liebevolle Zuwendung zum Beichtenden und offenes<br />
Ansprechen sind Ausgang jedes guten Beichtgesprächs. Indem<br />
der Beichtvater seinen Pönitenten zur Schulderkenntnis führen<br />
will, dann kann das letztlich nicht durch Verurteilung,<br />
Bedrohung und Bestrafung geschehen, sondern dadurch, daß er<br />
den anderen bedingungslose Akzeptanz und Liebe trotz -<br />
vielleicht gerade wegen seiner Schuld spüren läßt 82 . Die<br />
zuvorkommende positive Zuwendung des Beichtvaters stiftet<br />
eine Beziehung, in der die Selbstachtung, das Selbstvertrauen<br />
und die Selbstakzeptanz des Gesprächspartners gefördert<br />
werden. In diesem Klima kann der Beichtende ohne Angst seine<br />
Schuld aussprechen, sich zu ihr bekennen und gleichzeitig zu<br />
einem Verständnis seines Selbst in einem Ausmaß gelangen, das<br />
ihn ermutigt, aufgrund dieser neuen Orientierung positive<br />
80<br />
Die Entdeckung, was für eine weittragende Bedeutung die Beziehung<br />
in der Seelsorge hat, richtete die Aufmerksamkeit der Pastoralpsychologen<br />
und Theologen auf die gesprächstherapeutischen Regeln, die ihre<br />
Verwendung eigentlich in allen Bereichen des kirchlichen Handelns finden<br />
können. Überall, wo ein Seelsorger in einer Beziehung zu einem anderen<br />
Menschen steht, soll eine wärme- und verständnisvolle Atmosphäre<br />
entstehen, die dem Menschen hilft, seine Würde zu erkennen und sein<br />
menschliches Potential zu entwickeln. Die Prinzipien des therapeutischen<br />
Gesprächs können sich beispielsweise in den Einzelgesprächen, in der<br />
Beratung, in der geistlichen Führung, im Religionsunterricht, in der Predigt<br />
oder in der Gruppenarbeit als nützlich erweisen.<br />
81<br />
T.Neufeld, 359.<br />
82<br />
J.Tasch, 114; T.Neufeld, 356.