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Vol. XXXVIII / 1 - Studia Moralia

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THERAPEUTISCHE BEICHTPRAXIS 29<br />

Beichtstuhl vor dem des Richters einen deutlichen Vorzug gab.<br />

Im Unterschied zu den gegenwärtigen Visionen schenkte der<br />

Verfasser von Praxis confessarii dem brüderlichen<br />

(geschwisterlichen) Charakter der Beichte explicite kein<br />

Interesse. Der Grund dafür ist in der damaligen Theologie zu<br />

finden, die das Priesteramt vom <strong>Vol</strong>ke Gottes separat<br />

betrachtete und jeden Geistlichen für ein ”höheres Wesen”<br />

hielt 78 . Diesem theologischen Trend unterlag auch der Gründer<br />

der Redemptoristen, obwohl er in seinem ganzen Leben die<br />

Nähe zum einfachen <strong>Vol</strong>k immer suchte und sowohl in seiner<br />

Lehre (auch in Praxis confessarii) als auch in seiner Pastoral die<br />

Würde jedes einzelnen Menschen hochzuschätzen wußte.<br />

Weil die Bedeutung der zwischenmenschlichen Beziehung<br />

für die heutige pastorale Praxis stark betont wird, steht der<br />

Beichtvater unter dem Anspruch, das Klima des<br />

Beichtgespräches so zu formen, daß der Mensch bereits im<br />

sakramentalen Geschehen als solchem die befreiende und<br />

heilende Gottes Nähe erfährt und sich einen neuen Weg mit Gott<br />

in die Zukunft bahnt. Diesbezüglich erweist sich die sogennante<br />

”personenzentrierte Gesprächstherapie” hilfreich, die vom<br />

amerikanischen Psychologen, Carl R. Rogers stammt 79 und sehr<br />

78<br />

Die Lehre von der gleichen Würde aller Getauften wurde erst durch<br />

das Zweite Vatikanische Konzil formuliert. Die vertikal einordnende<br />

Abstufung in Kleriker und Laien wurde durch die Sicht der Kirche als<br />

Gemeinschaft des pilgernden Gottesvolkes überholt und durch<br />

gleichgestufte Partnerschaft ersetzt; T.Neufeld, Zur kommunikatven<br />

Kompetenz des Beicht-Seelsorgers, in: K.Baumgartner, Erfahrungen mit<br />

dem Bußsakrament, 348.<br />

79<br />

Die Menschen sind füreinander die bedeutendste Umweltbedingung.<br />

Ob diese Umweltbedingung hilfreich und gesundmachend oder<br />

beeinträchtigend und krankmachend ist, hängt davon ab, wie die Menschen<br />

miteinander umgehen und sprechen. Eine Begegnung als solche oder ein<br />

Gespräch als solches kann bereits durch das Beziehungsklima eine Therapie<br />

sein. Das von C.R.Rogers entworfene Konzept der Gesprächstherapie basiert<br />

auf drei grundlegendsten Prinzipien, die eine zwischenmenschliche<br />

Beziehung zu einem sich heilend auf den Menschen auswirkenden Milieu<br />

machen: bedingungslose Annahme des Gesprächspartners, Einfühlungsvermögen<br />

und Echtheit; L.Wachinger, Wie eine Psychotherapie/Beratung<br />

Seelsorge geschieht, in: I.Baumgartner, Handbuch der Pastoralpsychologie,<br />

Regensburg 1990, 114.

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