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Vol. XXXVIII / 1 - Studia Moralia

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TRADITION UND MORALISCHE WAHRHEIT 267<br />

Person mit ihrer Freiheit und Verantwortung zentral steht. 2 Die<br />

kritische Haltung gegenüber einem allzu selbstverständlichen<br />

Gebrauch des Traditionsarguments sowie gegenüber dem vorbehaltlosen<br />

Vertrauen auf Tradition hängen hiermit aufs engste<br />

zusammen.<br />

B.J. unternimmt demgegenüber den Versuch, in einer<br />

traditionsfreundlicheren Interpretation aufzuweisen, daß<br />

Tradition Quelle (source) und Kriterium (criterion) für<br />

moralische Wahrheit (moral truth) sein kann. Nun will ich dem<br />

nicht in jeder Hinsicht widersprechen.<br />

In gewisser Weise fühle ich mich selbst mit meiner These<br />

durch das Plädoyer von B.J. unterstützt. Doch geht B.J.<br />

anderseits von einem bestimmten Punkt an zu vertrauensvoll<br />

mit der moralischen Selbstverständlichkeit von Traditionen um.<br />

Daher fühle ich mich genötigt, auf die Sache nochmals<br />

einzugehen.<br />

Die meines Erachtens zentrale Frage lautet: Was lehren uns<br />

die verschiedenen Aspekte des Traditionsphänomens für die<br />

Beziehung zwischen Tradition und moralischer Wahrheit? Wie<br />

verhalten sich die Diskrepanz zwischen Moral und Tradition<br />

einerseits, wie ihre gegenseitige Abhängigkeit anderseits,<br />

zueinander? Begründet Tradition Moral wirklich? Und wenn ja,<br />

in welchem Sinne dann?<br />

Notwendige Unterscheidungen<br />

Ein erster Punkt ist die präzise Unterscheidung zwischen<br />

Tradition als “Vehikel” von Moral und als Katalysator<br />

moralischer Entwicklung, und Tradition als Argument für die<br />

Richtigkeit einer moralischen Position. Ich denke, hier muß jede<br />

Zweideutigkeit vermieden werden.<br />

2<br />

Vgl. jetzt ausführlich zu den verschiedenen Aspekten dieses Ethikmodells:<br />

Karl-Wilhelm Merks, Gott und die Moral. Theologische Ethik heute,<br />

Münster (LIT) 1998.

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