Vol. XXXVIII / 1 - Studia Moralia
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24 RYSZARD HAJDUK<br />
beurteilt, verurteilt und zurückweist 69 . Indem sie versuchen das<br />
zu vermeiden, begrenzen sie sich auf oberflächliche, formelle<br />
Sündenbekenntnisse. Dann berühren sie ihre inneren<br />
Verletzungen und Probleme nicht, mit denen sie allein nicht<br />
zurecht kommen können. Das kann zu einer Situation führen,<br />
daß sich ein Pönitent zu seinen Sünden nach deren Zahl und<br />
Gattung bekennt, die sakramentale Lossprechung erhält und<br />
immer wieder feststellt, daß sich in seinem Leben nichts ändert.<br />
Der Heilige Alphons weist bereits deutlich darauf hin, daß<br />
die Beichte auf eine bloße Sündenaufzählung nicht beschränkt<br />
werden darf. Wer nur in Eile vor großen Feiertagen beichtet, um<br />
die Absolution möglichst schnell und dadurch auch einen freien<br />
Zugang zum Kommunionempfang zu bekommen, nutzt die<br />
Chance nicht aus, in die Tiefe seines Herzens hineinzudringen,<br />
seine individuellen Konflikte zu erkennen und einen neuen Weg<br />
in die Zukunft für sich zu entdecken.<br />
Die Bekehrung betrifft nicht nur die in der Vergangenheit<br />
begangenen Sünden und deren Bekenntnis, sondern sie<br />
orientiert sich in erster Linie auf die Zukunft hin. So wie es<br />
schon in Praxis confessarii betont wurde, handelt es sich im<br />
Bußsakrament um ein neues, mit Gott verbundenes und zu ihm<br />
führendes Leben. Nicht die Sünden, die nach dem<br />
Schuldbekenntnis ein endgültig geschlossenes Kapitel<br />
darstellen, nehmen den vordergründigen Platz im Gespräch mit<br />
den Pönitenten ein, sondern die menschliche Zukunft und ihre<br />
glückliche, gesunde Gestaltung.<br />
Die besondere Aufmerksamkeit wird heute dem<br />
bußsakramentalen <strong>Vol</strong>lzug als einer zwischenmenschlichen<br />
Begenung geschenkt, in der der Mensch seine Sünden<br />
wahrnimmt und sie im Glauben an Gottes Gegenwart bekennt.<br />
Dabei legt man großen Wert auf die Erfahrung der göttlichen<br />
Barmherzigkeit, die mittels eines beichthörenden Priesters dem<br />
Pönitenten zuteil wird 70 . Es geht vor allem darum, daß sich der<br />
Beichtende seine Unvollkommenheit und Begrenztheit bewußt<br />
macht und das Ausmaß seiner Schuld vor Gott tiefer versteht. In<br />
69<br />
D.Emeis, Mit den Sakramenten leben, Freiburg i.B. 1993, 72.<br />
70<br />
H.Lemke, Verkündigung in der annehmenden Seelsorge, Stuttgart<br />
1981, 70.