Vol. XXXVIII / 1 - Studia Moralia

THERAPEUTISCHE BEICHTPRAXIS 19
Pönitenten das Tor zu einer authentischen Erfahrung der
befreienden Intervention Gottes in seine Lebensgeschichte.
2.3. Mit vollem Engagement dem Sünder beistehen
Der Heilige Alphons kennt Pönitenten, die von den Priestern
erwarten, daß sie ihnen beistehen und zur Lossprechung
verhelfen 49 . Aus diesem Grunde ist es von großer Bedeutung,
daß der Beichtvater dem Beichtenden hilft, die notwendige
Disposition zur Lossprechung zu erlangen, falls sie noch nicht
vorhanden ist 50 . Die Aufgabe des Priesters besteht darin, daß er
dem Menschen Mut macht, eine gute Beichte abzulegen 51 .
Der Beichtvater ist nicht nur ein Diener Gottes, sondern
auch ein Diener des Menschen, für den er zur Verfügung stehen
und bei der Begegnung ganz auf ihn konzentriert sein soll 52 .
Deshalb muß er seine Zeit dem Bedürftigen vorbehaltlos
schenken und ohne Eile mit dem Beichtenden ein Gespräch
führen 53 .
Der Beichtvater ist verpflichtet, alles Mögliche zu tun, um
den Sünder für die Absolution zu disponieren 54 . Er darf sich
sogar dabei auf die tragischen Konsequenzen der fehlenden
Bereitschaft zur Bekehrung berufen, indem er dem Pönitenten
seinen jetzigen und künftigen unglücklichen Zustand vor Augen
stellt. Dadurch will er aber dem Menschen keine Angst machen,
sondern zur Umkehr bewegen. In dieser Weise hilft er auch dem
Pönitenten zu erfahren, wie Gott ihn liebt und wie groß seine
Würde ist, daß sich ein Geistlicher mit ihm und seinem Anliegen
so lang beschäftigt.
Das Beichthören ist die wichtigste und schwierigste
priesterliche Aufgabe; denn sie verlangt von dem Beichtvater
eine Kenntnis von allen anderen Wissenschaften, vor allem der
Moral, die verschiedene Gegenstände und viele
49
Praxis confessarii, Cap. I,3, 754.
50
Ibid., Cap. I,10, 757-758.
51
Ibid., Cap. I,4, 754-755.
52
Ibid., Cap. I,5, 755.
53
Ibid., Cap. I,7, 756.
54
Ibid.