Vol. XXXVIII / 1 - Studia Moralia
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THERAPEUTISCHE BEICHTPRAXIS 15<br />
der Vater, der für sein Kind ein offenes und zärtliches Herz hat<br />
und sich immer als erster ihm wohlwollend zuwendet, um es<br />
anzusprechen und zu einer großzügigen, liebevollen Antwort<br />
aufzurufen. Diese göttliche Liebe, die in der Person und Haltung<br />
des Beichtvaters erfahrbar werden soll, entspricht den tiefsten<br />
menschlichen Bedürfnissen, kann den Menschen umwandeln<br />
und mit dem himmlischen Vater vereinen 38 . Es gibt keine wahre<br />
Bekehrung, wenn ihr Anfang nicht die bedingungslose Liebe<br />
Gottes ist, die im seelsorglichen Dienst der Kirche sichtbar und<br />
den Menschen vermittelt wird.<br />
Die Liebe stellt den Ausgangspunkt für die ganze seelische<br />
Therapie dar, die zur Anteilnahme am Leben und Lieben Gottes<br />
führt. Die liebevolle Zuwendung des Vaters, die sich im<br />
Verhalten des Beichtvaters offenbart, hat in der Lehre des<br />
Heiligen Alphons eine klare therapeutische Dimension. Aus<br />
diesem Grunde kann man dem P.B.Häring völlig zustimmen,<br />
indem er sagt, daß Alphons das ”Amt des Vaters” im Beichtstuhl<br />
dem des Arztes vorordnet 39 .<br />
Neben dem starken Glauben an Gottes Barmherzigkeit und<br />
die Macht seiner bekehrenden und heilig machenden Gnade, die<br />
im Bußsakrament und in der Eucharistie wirksam ist, drückt<br />
der Verfasser von Praxis confessarii sein unbegrenztes Vertrauen<br />
auf den guten Willen des Sünders aus, der in seiner Bereitschaft,<br />
die Schuld zu bekennen, deutlich wird 40 . Alfons glaubt, daß jeder<br />
38<br />
Die Lebensgeschichte des Gründers der Redemptoristen zeigt, wie<br />
wichtig für ihn die Entdeckung war, daß Gott ihn liebt. Die Erfahrung der<br />
Liebe Gottes gab ihm die für sein Leben grundlegendste Sicherheit, die er<br />
auch den anderen, die nach einem Fundament ihrer Existenz suchen,<br />
vermitteln wollte. Eine besondere Chance dafür bot die Beichtpraxis als ein<br />
Ort der interpersonalen Begegnung sowohl mit dem Menschen als auch und<br />
vor allem mit Gott an. Dann kann das zustande kommen, was für den<br />
Heilprozeß die erstrangige Bedeutung hat: indem in der Haltung des<br />
Beichtvaters die Vatergüte Gottes vorkommt, kann sich durch den<br />
personalen Bezug zwischen Heilendem und zu Heilenden das Vaterbild<br />
korrigieren oder von Grund auf verbessern; B.Häring, 10; A.Bazielich,<br />
Spiritualità di S.Alfonso M. de Liguori, ”Spicilegium Historicum” 31 (1983),<br />
366; M.Vidal, La imagen de Dios en la tradición redentorista, ”Spicilegium<br />
Historicum” 46 (1998), 276.<br />
39<br />
B.Häring, 10.<br />
40<br />
Th.Rey-Mermet, La morale selon Saint Alphonse de Liguori, 101.