Vol. XXXVIII / 1 - Studia Moralia

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12 RYSZARD HAJDUK Ordnung: 1) das ”Amt des Vaters”, 2) das ”Amt des Therapeuten”, 3) das ”Amt des Lehrers”; dann erst wird 4) das ”Amt des Richters” genannt 25 . Er widmet dem Amt des Richters ganz wenig Platz entgegen der Meinung des Tridentinischen Konzils; mehr Seiten verwendet er dagegen, um das Amt des Therapeuten darzustellen. Seiner Meinung nach muß der Dienst des Beichtvaters vor allem einen therapeutischen und väterlichen Charakter besitzen und daher muß das Bußsakrament in erster Linie heilen und nicht verurteilen 26 . Das ”Richten”, die Hinführung zur Unterscheidung und der Zuspruch der rettenden Gerechtigkeit Gottes erhalten ihre therapeutischen Züge von den zuerst genannten Ämtern des Vaters und des Arztes 27 . Die Hauptrisse der therapeutischen Einstellung des Beichtvaters lassen sich folgenderweise thematisieren und beschreiben: 2.1. Jedem Pönitenten mit bedingungsloser Liebe begegnen Jesus Christus und sein Dienst an den Menschen ist für den Heiligen Alfons die letzte Norm seines priesterlichens Wirkens 28 . Sie ist auch in Praxis confessarii zu finden, indem der Verfasser um eine liebevolle Annahme der Sünder an die Beichtväter appelliert. Das Bußsakrament wurde vor allem für die sündigen Menschen geschaffen. Der Beichtvater, der sein Amt in persona Christi ausübt, ist verpflichtet, mit herzlichem Erbarmen und desto größerer Liebe den Sünder aufzunehmen, je tiefer er in Sünden verstrickt ist 29 . Eine solche Begegnung löst beim Beichtvater echte Freude und Glück aus, indem er erfährt, daß 25 S.Alfonso Maria de Liguori, Praxis confessarii, Cap. I,2, w: Opere morali di S.Alfonso Maria de Liguori, Vol.III, Torino 1848, 753. 26 S.Raponi, Attualizzazione del pensiero di S.Alfonso soprattutto in merito all’attività pastorale a carattere popolare e alla chiamata di tutti alla santità, ”Studia Moralia” 25 (1987), 343. 27 B.Häring, Moral für die Erlösten, ”Theologie der Gegenwart” 1 (1982), 10; Th.Rey-Mermet, La riconciliazione in S.Alfonso e nel suo tempo, in: L.Alvarez Verdes, S.Majorano, Morale e redenzione, Roma 1983, 233. 28 S.Majorano, 454. 29 Praxis confessarii, Cap. I,3, 754.

THERAPEUTISCHE BEICHTPRAXIS 13 durch seinen Dienst ein Mensch für Gott gewonnen wird. Wie Jesus das Anlitz des wahren Gottes und Vaters offenbart, so soll der Beichtvater seinem Beispiel folgen und als ein bedingungslos liebender Vater allen mit zuvorkommender Liebe begegnen, unabhängig von ihrem gesellschaftlichen Status, ihrer Ausbildung oder ihrem seelischen Zustand 30 . Ein guter Verwalter des Bußsakramentes schickt keinen Menschen weg, dem es am Können unter Fähigkeit mangelt, sein Gewissen zu erforschen. In diesem Fall bemüht sich der Beichtvater, der wie Jesus heilen und Sünde vergeben will, mit seinem Pönitenten die Gewissenserforschung durchzuführen 31 . Noch ”mehr” Liebe braucht er während des eigentlichen Beichtvollzugs, wenn er sehr aufpassen muß, seinen Pönitenten weder durch Ungeduld noch Überdruß zu verletzten 32 . Sein Wohlwollen dem Menschen gegenüber bringt er durch freundliche Einladung zur mutigen Öffnung des Herzens vor dem himmlischen Vater zum Ausdruck. Damit verbindet er die liebevolle Anhörung des Schuldbekenntnisses und den herzlichen Aufruf zum Vertrauen auf Gottes Barmherzigkeit. Die göttliche Liebe, die in der Haltung des Beichvaters für den Beichtenden erfahrbar wird, eröffnet ihm den Weg zur innerlichen Befreiung und zum neuen Leben mit Gott; Strenge und Härte dagegen machen dem Menschen Angst vor dem Beichten und tragen letztendlich zu seinem Unheil bei 33 . Dem Heiligen Alfons liegt tief am Herzen, daß der Beichtvater seinem Pönitenten die Schwere und Menge seiner 30 Diese Bemerkungen sind völlig verständlich, wenn man die damalige, sehr verbreitete Beichtpraxis vor Augen hat. Alphons wußte sehr wohl, daß zu seiner Zeit die dominierende Moraltheologie die Rolle des Beichtvaters vor allem als die des ”Richters” ansah. Der Beichtvater war verpflichtet, sehr streng mit den Pönitenten umzugehen. Seine Härte zeigte sich vor allem darin, daß er dem Sünder die Absolution verweigerte; B.Häring, 10; Th.Rey- Mermet, La riconciliazione in S.Alfonso e nel suo tempo, 229; O.Weiß, Wer war Alfons von Liguori und was wollte er?, ”Spicilegium Historicum” 44 (1996), 416-417. 31 Praxis confessarii, Cap. I,19, 763. 32 Ibid., Cap. I,4, 754. 33 Ibid., Cap. I,5, 755.

THERAPEUTISCHE BEICHTPRAXIS 13<br />

durch seinen Dienst ein Mensch für Gott gewonnen wird.<br />

Wie Jesus das Anlitz des wahren Gottes und Vaters<br />

offenbart, so soll der Beichtvater seinem Beispiel folgen und als<br />

ein bedingungslos liebender Vater allen mit zuvorkommender<br />

Liebe begegnen, unabhängig von ihrem gesellschaftlichen<br />

Status, ihrer Ausbildung oder ihrem seelischen Zustand 30 . Ein<br />

guter Verwalter des Bußsakramentes schickt keinen Menschen<br />

weg, dem es am Können unter Fähigkeit mangelt, sein Gewissen<br />

zu erforschen. In diesem Fall bemüht sich der Beichtvater, der<br />

wie Jesus heilen und Sünde vergeben will, mit seinem<br />

Pönitenten die Gewissenserforschung durchzuführen 31 .<br />

Noch ”mehr” Liebe braucht er während des eigentlichen<br />

Beichtvollzugs, wenn er sehr aufpassen muß, seinen Pönitenten<br />

weder durch Ungeduld noch Überdruß zu verletzten 32 . Sein<br />

Wohlwollen dem Menschen gegenüber bringt er durch<br />

freundliche Einladung zur mutigen Öffnung des Herzens vor<br />

dem himmlischen Vater zum Ausdruck. Damit verbindet er die<br />

liebevolle Anhörung des Schuldbekenntnisses und den<br />

herzlichen Aufruf zum Vertrauen auf Gottes Barmherzigkeit.<br />

Die göttliche Liebe, die in der Haltung des Beichvaters für den<br />

Beichtenden erfahrbar wird, eröffnet ihm den Weg zur<br />

innerlichen Befreiung und zum neuen Leben mit Gott; Strenge<br />

und Härte dagegen machen dem Menschen Angst vor dem<br />

Beichten und tragen letztendlich zu seinem Unheil bei 33 .<br />

Dem Heiligen Alfons liegt tief am Herzen, daß der<br />

Beichtvater seinem Pönitenten die Schwere und Menge seiner<br />

30<br />

Diese Bemerkungen sind völlig verständlich, wenn man die damalige,<br />

sehr verbreitete Beichtpraxis vor Augen hat. Alphons wußte sehr wohl, daß<br />

zu seiner Zeit die dominierende Moraltheologie die Rolle des Beichtvaters<br />

vor allem als die des ”Richters” ansah. Der Beichtvater war verpflichtet, sehr<br />

streng mit den Pönitenten umzugehen. Seine Härte zeigte sich vor allem<br />

darin, daß er dem Sünder die Absolution verweigerte; B.Häring, 10; Th.Rey-<br />

Mermet, La riconciliazione in S.Alfonso e nel suo tempo, 229; O.Weiß, Wer<br />

war Alfons von Liguori und was wollte er?, ”Spicilegium Historicum” 44<br />

(1996), 416-417.<br />

31<br />

Praxis confessarii, Cap. I,19, 763.<br />

32<br />

Ibid., Cap. I,4, 754.<br />

33<br />

Ibid., Cap. I,5, 755.

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