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Reduction and Elimination in Philosophy and the Sciences

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situation bieten sich ke<strong>in</strong>e Kriterien an, die e<strong>in</strong>e Unterscheidung<br />

zulassen würden. Erst die Beobachtung, dass<br />

auch <strong>and</strong>ere Personen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er <strong>and</strong>eren Situation e<strong>in</strong> Indexwort<br />

derart verwenden, dass sie auf unterschiedliche<br />

Gegenstände Bezug nehmen, erlaubt es, e<strong>in</strong> Indexwort<br />

von e<strong>in</strong>em Eigennamen zu trennen. Um hier die Kritik am<br />

Kontextualismus allgeme<strong>in</strong>er zu formulieren: wenn Äußerungen<br />

nur situationsabhängig verst<strong>and</strong>en werden, wie<br />

kann dann überhaupt auf etwas Bezug genommen werden,<br />

was als Gegenst<strong>and</strong> e<strong>in</strong>er semantischen Betrachtungen<br />

fungieren soll? Die Korrek<strong>the</strong>it dieser Theorie hätte<br />

schlicht das Abh<strong>and</strong>enkommen des Untersuchungsgegenst<strong>and</strong>es<br />

zur Folge.<br />

Kritik am Ansatz, die Wahrheitsbed<strong>in</strong>gungen auf<br />

Sprecher, Zeit und Ort zu relativieren, übt auch Stefano<br />

Predelli. Er führt e<strong>in</strong>e Reihe von Äußerungen mit<br />

Indexwörtern an, <strong>in</strong> denen die Angabe von Sprecher, Zeit<br />

und Ort nicht ausreicht, um das <strong>in</strong>tuitive Verständnis<br />

<strong>the</strong>oretisch zu erklären. Um hier e<strong>in</strong> Beispiel zu skizzieren<br />

(Predelli 2005): e<strong>in</strong>e Person schreibt im Büro auf e<strong>in</strong>en<br />

Zettel „Ich b<strong>in</strong> hier“ und trägt ebendiesen mit der Absicht<br />

nach Hause, jem<strong>and</strong>en über ihren Aufenthalt (zu Hause)<br />

zu <strong>in</strong>formieren. F<strong>in</strong>det nun jem<strong>and</strong> im Haus diesen Zettel,<br />

wird er den Satz, so Predelli, <strong>in</strong>tuitiv derart <strong>in</strong>terpretieren,<br />

dass die Person, die diesen Zettel geschrieben hat, zu<br />

Hause sei. Die relativierten Wahrheitsbed<strong>in</strong>gungen<br />

beziehen sich jedoch auf den Zeitpunkt der Äußerung und<br />

da bef<strong>in</strong>det sich die Person im Büro. Predelli führt noch<br />

weitere, ähnliche Beispiele an, etwa historische Erzählungen<br />

und Beispiele aus der Literatur. Es s<strong>in</strong>d aber<br />

vor allem geschriebene oder <strong>and</strong>ers aufgezeichnete<br />

Äußerungen mit Indexwörtern, die als „Problemfälle“ gelten<br />

und dies hauptsächlich dann, wenn sie zu e<strong>in</strong>em <strong>and</strong>eren<br />

Zeitpunkt <strong>in</strong>terpretiert werden als sie geäußert oder<br />

aufgezeichnet wurden.<br />

Wie soll man mit der Kritik Predellis umgehen? Ich<br />

möchte zunächst darauf h<strong>in</strong>weisen, dass die Beispiele von<br />

Predelli ke<strong>in</strong> Problem für e<strong>in</strong>e Interpretations<strong>the</strong>orie<br />

darstellen, wenn man die Notwendigkeit holistischer<br />

Betrachtungen anerkennt, denn für die Interpretation e<strong>in</strong>er<br />

Äußerung ist das Haben e<strong>in</strong>er Reihe von Überzeugungen<br />

notwendig. E<strong>in</strong> Interpret, der die Äußerung auf dem Zettel<br />

f<strong>in</strong>det, wird auch der Überzeugung se<strong>in</strong>, dass es sich um<br />

e<strong>in</strong>e geschriebene Mitteilung h<strong>and</strong>elt, dass die Mitteilung<br />

vielleicht an e<strong>in</strong>em <strong>and</strong>eren Ort geschrieben wurde und<br />

der Interpret wird auch wissen, wie er eventuelle Zweifel<br />

bezüglich der Nachricht beseitigt, etc. Die Liste an<br />

Überzeugungen lässt sich zwar nicht endgültig festlegen,<br />

aber wenn e<strong>in</strong> Interpret nicht über e<strong>in</strong> Netz von<br />

Überzeugungen verfügen würde, wäre die Interpretation<br />

pr<strong>in</strong>zipiell unmöglich. Wird dieser Umst<strong>and</strong> bei der<br />

Formulierung e<strong>in</strong>er Theorie mite<strong>in</strong>bezogen, bereiten<br />

Beispiele wie das von Predelli skizzierte ke<strong>in</strong>e Probleme<br />

mehr.<br />

Weist man diese Kritiken am „traditionellen“ Ansatz<br />

der wahrheitskonditionalen Semantik zurück, bleibt<br />

trotzdem noch die Frage offen, wie die Besonderheiten<br />

von Indexwörtern mit e<strong>in</strong>er wahrheitskonditionalen<br />

Semantik <strong>in</strong> E<strong>in</strong>klang gebracht werden. Zunächst möchte<br />

ich festhalten, dass Theorien, die die Erklärung des<br />

Gebrauchs von Indexwörtern auf den Akt des Zeigens zu<br />

reduzieren versuchen, ke<strong>in</strong>e befriedigende Erklärung<br />

bieten können, denn e<strong>in</strong>e Theorie des Verstehens kann<br />

die Frage des Bezugs von Indexwörtern nicht unabhängig<br />

von der Bedeutung der ganzen Äußerung klären. Dennoch<br />

wurde e<strong>in</strong>e Reihe von Versuchen dieser Art unternommen.<br />

Versucht wurde etwa, bestimmte Indexwörter durch<br />

<strong>and</strong>ere zu ersetzen, etwa „heute“ mit „der Tag, der jetzt<br />

ist“. Versucht wurde auch, den Bezug von Indexwörtern als<br />

Indexwörter und wahrheitskonditionale Semantik — Štefan Riegelnik<br />

kausale Verb<strong>in</strong>dung zwischen Sprecher und Gegenst<strong>and</strong><br />

aufzufassen oder auf e<strong>in</strong>e Geste des Zeigens zu<br />

reduzieren. Diesen Versuchen ist geme<strong>in</strong>, den Bezug von<br />

Zeichen auf Gegenstände durch den Akt der Deixis zu<br />

erklären. Aber weder die Geste des Zeigens noch das<br />

Aussprechen e<strong>in</strong>es Wortes wie „dies“ oder „jener“ s<strong>in</strong>d<br />

ausreichend, um etwas im Unterschied zu etwas <strong>and</strong>erem<br />

zu me<strong>in</strong>en. Denn man braucht sich nur vorzustellen, dass<br />

dem Interpreten der Akt des Zeigens nicht verständlich ist<br />

oder der Sprecher nur e<strong>in</strong>en Teil des Gegenst<strong>and</strong>es me<strong>in</strong>t,<br />

um zu sehen, dass e<strong>in</strong>e Verwendung e<strong>in</strong>es Indexwortes<br />

alle<strong>in</strong> ke<strong>in</strong>e Kriterien für die Referenz zu Verfügung stellt.<br />

Würde dennoch versucht werden, wäre das, wonach<br />

gefragt werden würde, unsere grundsätzliche Möglichkeit<br />

se<strong>in</strong>, sich mit Zeichen auf Gegenstände der externen Welt<br />

zu beziehen. E<strong>in</strong> solcher W<strong>and</strong>el e<strong>in</strong>er semantischen zu<br />

e<strong>in</strong>er erkenntnis<strong>the</strong>oretischen Frage hätte aber die<br />

Konsequenz, die Wende zur Sprache zurückzunehmen,<br />

die e<strong>in</strong>e Grundvoraussetzung der Akzeptanz der Diszipl<strong>in</strong><br />

„Semantik“ überhaupt ist. Anerkennt man h<strong>in</strong>gegen, dass<br />

Semantik durch Anliegen gekennzeichnet ist, die mittels<br />

Reflexion auf re<strong>in</strong> sprachliche Phänomene erfolgt werden<br />

können, dann verbietet sich die Frage nach der Bedeutung<br />

von „dies“ als Frage nach der Möglichkeit von Bezug<br />

überhaupt. Diese Zurückweisung bedeutet auch, Fragen<br />

wie „Was bedeutet ‚dies’?“ unabhängig vom Gebrauch im<br />

Gesamtzusammenhang als Frage nach der Teilbedeutung<br />

e<strong>in</strong>es isolierten Satzes zurückzuweisen. Da die Funktion<br />

von „dies“ sche<strong>in</strong>bar die ist, e<strong>in</strong>e Worterklärung<br />

e<strong>in</strong>zuführen, die sich gerade nicht auf das Mittel, dies zu<br />

tun, bezieht – mit „Dies ist weiß“ soll eben das angegeben<br />

werden, was weiß ist, aber nicht dasjenige, was die<br />

Bedeutung von „dies“ ausmacht – so zeigen diese<br />

Überlegungen auch, dass all unserem Spreche e<strong>in</strong><br />

deiktisches Element zukommt, welches nicht <strong>in</strong> Analogie<br />

zur Bedeutung von Indexwörtern erklärt werden kann.<br />

Fragen, wie mit Indexwörtern Gegenstände bezeichnet<br />

werden, wie durch Indexwörter etwas als Gegenst<strong>and</strong> der<br />

Rede herausgegriffen wird, was die Bed<strong>in</strong>gungen der<br />

Verwendung von Indexwörtern s<strong>in</strong>d, s<strong>in</strong>d folglich<br />

e<strong>in</strong>zuordnen <strong>in</strong> die allgeme<strong>in</strong>e Frage nach dem<br />

Satzverständnis und der Referenz von Ausdrücken auf<br />

Gegenstände. E<strong>in</strong> Versuch e<strong>in</strong>er reduktionistische<br />

Erklärung der Bezugnahme auf Gegenstände ist nicht<br />

zielführend und hätte, wie oben ausgeführt,<br />

Konsequenzen für die Diszipl<strong>in</strong> der Semantik:<br />

„If <strong>the</strong> name of ‚Kilimanjaro’ refers to Kilimanjaro,<br />

<strong>the</strong>n no doubt <strong>the</strong>re is some relation between English<br />

(or Swahili) speakers, <strong>the</strong> word, <strong>and</strong> <strong>the</strong> mounta<strong>in</strong>.<br />

But it is <strong>in</strong>conceivable that one should be able<br />

to expla<strong>in</strong> this relation without first expla<strong>in</strong><strong>in</strong>g <strong>the</strong><br />

role of <strong>the</strong> word <strong>in</strong> sentences; <strong>and</strong> if this is so, <strong>the</strong>re<br />

is no chance of expla<strong>in</strong><strong>in</strong>g reference directly <strong>in</strong> nonl<strong>in</strong>guistic<br />

terms.” (Davidson 1977)<br />

Die Frage nach der Funktion von Indexwörtern ist daher<br />

zweitrangig zu beh<strong>and</strong>eln. Indexwörter stellen gerade<br />

deswegen ke<strong>in</strong> Problem für e<strong>in</strong>e wahrheitskonditionale<br />

Semantik dar, weil e<strong>in</strong>e wahrheitskonditionale Semantik<br />

vielmehr den Gebrauch von Indexwörtern zur Voraussetzung<br />

hat.<br />

Der Umst<strong>and</strong>, dass e<strong>in</strong>e Äußerung unter<br />

bestimmten Umständen wahr ist und unter <strong>and</strong>eren falsch,<br />

stellt für die wahrheitskonditionale Semantik ke<strong>in</strong>e<br />

Probleme dar, wenn die Wahrheitsbed<strong>in</strong>gungen auf die<br />

Person, die Zeit und den Ort der Äußerung relativiert<br />

werden, was aber nicht die Relativierung des Wahrheitsprädikats<br />

e<strong>in</strong>schließt, und grundlegende Überlegungen<br />

zur Formulierung e<strong>in</strong>er Interpretations<strong>the</strong>orie<br />

nicht ignoriert werden. Fragt man nun dennoch nach der<br />

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