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Zeit und Geschichte Time and History - Austrian Ludwig Wittgenstein ...

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Konkrete Geometrie. Eine modale Raum-<strong>Zeit</strong>-Theorie vor einem<br />

‚finitistischen‘ Hintergr<strong>und</strong><br />

Christian Damböck, Wien, Österreich<br />

Im Umfeld formal-philosophischer Raum-<strong>Zeit</strong>-Theorien<br />

werden zurzeit vor allem drei Ansätze diskutiert: (1)<br />

Theorien die auf klassischen euklidischen <strong>und</strong><br />

nichteuklidischen Konstruktionen beruhen (Minkowski-<br />

Geometrien, etc.); (2) Theorien, die auf topologischen <strong>und</strong><br />

mereologischen Konstruktionen beruhen (topologische<br />

Räume, Mereologie, Mereotopologie); (3) diskrete<br />

Theorien, die entweder schlicht auf einer Rasterung<br />

kontinuierlicher Hintergr<strong>und</strong>räume basieren oder aber auf<br />

dem Konzept der Adjazenz von Objekten (diskrete Räume<br />

als Graphen, diskrete Geometrie <strong>und</strong> Topologie).<br />

Als Alternative zu diesen Varianten soll hier ein<br />

Ansatz präsentiert werden, der, so könnte man sagen,<br />

anstelle von raumzeitlichen Objekten als Punkte oder<br />

Punktmengen, raumzeitliche Objekte als konkrete<br />

Massekörper ansetzt. Eine solche Konzeption soll<br />

konkrete Geometrie genannt werden.<br />

Im Folgenden wird zunächst (Abschnitte 1 <strong>und</strong> 2)<br />

ein formales Rahmenwerk präsentiert, das im<br />

angedeuteten Sinn ‚finitistisch’ funktioniert <strong>und</strong> mit<br />

folgenden unten zu erläuternden Leistungsmerkmalen<br />

ausgestattet ist:<br />

• Mehrsortigkeit<br />

• Mereologie<br />

• Free logic<br />

• Flache Semantik<br />

In den Abschnitten 3 <strong>und</strong> 4 werden zeitliche <strong>und</strong> räumliche<br />

Aspekte vor dem Hintergr<strong>und</strong> dieses Rahmenwerkes<br />

diskutiert.<br />

1. Die ‚finitistische’ Gr<strong>und</strong>sprache FINs<br />

Konkrete Geometrien legen den Ansatz einer<br />

Rahmensprache nahe, die auf starrer Referenz (rigid<br />

designation) beruht, in der Annahme, dass jeder Name<br />

einer Sprache ein konkretes räumliches Objekt, bzw. ein<br />

konkretes Merkmal eines räumlichen Objektes bezeichnet.<br />

Wir konstruieren eine derartige Sprache als mehrsortige<br />

Sprache über einer endlichen Menge von paarweise<br />

disjunkten endlichen Mengen S. (Die einzelnen Mengen<br />

aus S könnten solche Dinge repräsentieren wie<br />

Massekörper, Formen, Farben, u.dgl.) (In gewisser Weise<br />

ist eine so konstruierte Sprache eine Verallgemeinerung<br />

des Konzeptes einer Prädikatenlogik, über mehrstufige<br />

<strong>und</strong> typenlogische Konstruktionen hinaus, die zugleich die<br />

Nachteile von Konstruktionen über der ersten Stufe<br />

vermeidet. – Die ‚finitistische’ Konstruktion ermöglicht die<br />

Darstellung einer solchen Sprache quasi als eine ‚Logik<br />

nullter Stufe’. – Wir können hier aus Platzgründen jedoch<br />

nicht näher auf diese Gesichtspunkte eingehen.)<br />

Die Mengen aus S haben sowohl die Funktion eine<br />

Signatur für die Sprache anzugeben – sie sind solche<br />

Objekte, die oft durch Prädikatenkonstanten repräsentiert<br />

werden –, als auch die Funktion, eine Domäne für die<br />

Sprache zu liefern – sie sind solche Objekte, die man in<br />

einer Prädikatenlogik oft als Elemente der Domänen von<br />

Strukturen angibt. Soll heißen: man kann in einer<br />

‚finitistisch’ konstruierten Sprache schlicht <strong>und</strong> einfach<br />

nicht zwischen Domäne <strong>und</strong> Signatur unterscheiden (es ist<br />

eine Frage der Interpretation). Konsequent nennen wir die<br />

46<br />

f<strong>und</strong>amentale semantische Konstruktion der Sprache eine<br />

Domänensignatur D = ( S,<br />

P)<br />

. Hier ist S eine Sortenmenge<br />

im oben spezifizierten Sinn.<br />

Wir statten die Sprache FINs mit zwei<br />

‚Sonderfunktionen’ aus: Mereologie <strong>und</strong> free logic. Die<br />

mereologische Strukturierung kommt dadurch zust<strong>and</strong>e,<br />

dass wir aus der Menge S die Sortenmenge S’ bilden,<br />

durch folgende Definition:<br />

(1) jede Sorte aus S ist eine Sorte in S’,<br />

(2) ist s eine Sorte in S’, so auch deren Potenzmenge<br />

℘ (s).<br />

Mit N bezeichnen wir die Menge aller Folgen von<br />

Elementen aus S’ – grob gesprochen: die Menge der<br />

Signaturen aller möglichen diskreten Räume über S’. Die<br />

Menge<br />

P ⊆ N<br />

ist dann nichts <strong>and</strong>eres als eine endliche Teilmenge von<br />

N, die anschaulich alle sinnvollen Kombinationen von<br />

Mengen aus S herauspickt.<br />

Wir definieren Terme als Konstanten <strong>und</strong> Variablen: Jedes<br />

Element jeder Menge aus S’ ist als Konstante der Sprache<br />

definiert, für jede Menge aus S’ setzen wir außerdem<br />

abzählbar viele Variablen fest. Die Funktion Δ ordne jedem<br />

Term τ seine Sorte Δ(τ)∈S’ zu.<br />

Eine Struktur A ist dann definiert als eine Abbildung, die<br />

zunächst jedem s ∈ S'<br />

eine Teilmenge A (s)<br />

zuordnet,<br />

sodass folgendes Axiom gilt, für alle s1, s2<br />

∈ S'<br />

:<br />

s2 = ℘(<br />

s1)<br />

→ A(<br />

s2)<br />

= ℘(<br />

A(<br />

s1))<br />

Dieses Axiom garantiert so etwas wie die mereologische<br />

Konsistenz der Sprachkonstruktion. Die Auswahl einer<br />

Menge von Teilmengen der Sorten aus S’ führt ihrerseits<br />

dazu, dass die Sprache eine free logic darstellt: A<br />

bestimmt Mengen von existierenden Entitäten.<br />

Zweitens ordnet A jedem p ∈ P mit p s1,<br />

, si<br />

K = eine<br />

Menge<br />

( ) ( 1) ( i ) s A s A p A × × ⊆ K<br />

zu. Mit A bezeichnen wir die Menge aller Strukturen über<br />

einer Domänensignatur, die, wie man leicht sieht, stets<br />

endlich ist.<br />

Für jedes p ∈ P mit p s1,<br />

, si<br />

K = ist genau jede Folge von<br />

Termen ( τ1, K , τ i ) mit Δ (τ j ) = s , für alle j, als atomare<br />

j<br />

Formel der Sprache FINs definiert. Wir setzen<br />

i p =<br />

Δ : ) , , ( τ1 K τ . Die Syntax der Sprache ist festgelegt<br />

durch:<br />

φ :: = φat<br />

| ∀xφ<br />

| ¬ φ | φ ∧φ<br />

,<br />

wobei φ at für atomare Formeln steht. Wir definieren die<br />

Erfülltheitsrelation ∗ , für alle Strukturen A, alle konstan-<br />

s<br />

tenbelegten atomaren Formeln φ c , alle Variablen x <strong>und</strong><br />

alle Formeln φ, ψ :<br />

A ∗s ¬ φ gdw nicht A∗ s φ<br />

A φ ∧ψ<br />

gdw A ∗ s φ <strong>und</strong> A∗<br />

s ψ<br />

∗ s

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