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Was sollen wir tun? Was dürfen wir glauben? - bei DuEPublico ...

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BESONDERE-PFLICHTEN-EINWAND 695<br />

Versprechens das Wohlergehen stark fördern. Daher ist die Pflicht, seine Versprechen zu<br />

halten, ebenso auf der intuitiven Ebene zu verankern.<br />

6. Zurückweisung des Besondere-Pflichten-Einwands<br />

Nach der Verteidigung der ersten drei Thesen kann der Besondere-Pflichten-Einwand<br />

diskutiert werden. Hierzu werde ich zunächst das Kanu<strong>bei</strong>spiel mit weiteren<br />

Situationsmerkmalen anreichern, dann eine weitere These formulieren und vier Einwände<br />

gegen diese These vorbringen. Anhand der Diskussion der Einwände werde ich Argumente<br />

für meine neue These nachreichen.<br />

Zunächst sei daran erinnert, dass auf der intuitiven Ebene eine Form der quasi-besonderen<br />

Pflicht, sich vorrangig um die eigenen Kinder zu kümmern, verankert wurde. Um den<br />

Kritikern möglichst entgegen zu kommen, <strong>sollen</strong> weitere Bedingungen erfüllt sein: Erstens,<br />

kritisches Denken kommt zu dem Ergebnis, dass es moralisch das Richtige ist, die <strong>bei</strong>den<br />

anderen Kinder zu retten. Zweitens, die erwachsene Person ist sich sowohl dem Ergebnis des<br />

kritischen Denkens bewusst als auch der Tatsache, dass sie zum gegenwärtigen Zeitpunkt in<br />

der Lage ist, perfekt kritisch zu denken. 10<br />

Wie ist nun die Ret<strong>tun</strong>g des eigenen bzw. die Ret<strong>tun</strong>g der <strong>bei</strong>den fremden Kinder innerhalb<br />

der vorgestellten Zwei-Ebenen-Theorie zu bewerten? Meine These lautet: Sowohl die Ret<strong>tun</strong>g<br />

des eigenen Kindes als auch die Ret<strong>tun</strong>g der <strong>bei</strong>den fremden Kinder ist moralisch erlaubt.<br />

6.1 Erster Einwand<br />

Der erste Einwand könnte wie folgt lauten: Aus konsequentialistischer Perspektive muss es<br />

moralisch verboten sein, das eigene Kind in der beschriebenen Kanusituation zu retten: Der<br />

Konsequentialismus ist eine Theorie, die die moralische Richtigkeit und Falschheit von<br />

Handlungen ausschließlich aufgrund der (wahrscheinlichen) Handlungsfolgen beurteilt. Das<br />

eigene Kind zu retten, obwohl man erkannt hat, dass diese Handlung (wahrscheinlich) nicht<br />

das Wohlergehen maximiert, widerspricht dem Aggregationsprinzip. Demnach kann es nicht<br />

moralisch erlaubt sein, das eigene Kind zu retten.<br />

Dieser Einwand ist jedoch nicht zutreffend. Um dies zu verstehen, ist es wichtig, sich noch<br />

einmal eine der bereits angesprochenen menschlichen Schwächen in Erinnerung zu rufen:<br />

Das Erkennen der moralisch besten Handlung schließt nicht zwangsläufig die Motivation ein,<br />

diese Handlung auch auszuführen. Um derartige Schwächen möglichst gut aufzufangen,<br />

wurde die intuitive Ebene eingeführt, die die Handlungsmotivation in eine Rich<strong>tun</strong>g lenken<br />

soll, mit der eine Annäherung an das optimale Aggregationsergebnis erreicht <strong>wir</strong>d. Die<br />

verankerten Pflichten, Intuitionen und Dispositionen der intuitiven Ebene können aber nur<br />

auf Situationen vorbereiten, die einigermaßen häufig vorkommen, also eine gewisse<br />

Regelmäßigkeit an den Tag legen. Es <strong>wir</strong>d daher Situationen geben, in denen die verankerten<br />

Pflichten eine Handlung fordern, die in diesen ganz speziellen Situationen zu einem nichtoptimalen<br />

Aggregationsergebnis führen. Wenn aber<br />

(1) das Erkennen der moralisch besten Handlung nicht zwangsläufig zu einem<br />

Motivationspotenzial führt, das die Ausführung der Handlung notwendig nach sich<br />

zieht<br />

(2) und die Intuitionen und Handlungsdispositionen der intuitiven Ebene eine starke<br />

Quelle der Handlungsmotivationen sind<br />

10<br />

Es ist allerdings fraglich, ob diese Bedingung in der realen Welt <strong>bei</strong> einem vergleichbaren Szenario<br />

überhaupt erfüllbar ist.

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