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Was sollen wir tun? Was dürfen wir glauben? - bei DuEPublico ...

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Drei Arten von Hilfspflichten<br />

Jörg Löschke<br />

Im folgenden Text <strong>wir</strong>d eine Unterscheidung zwischen isomorphistischen und<br />

nonisomorphistischen Ansätzen innerhalb der Debatte um positive Pflichten vorgeschlagen.<br />

Während isomorphistische Positionen davon ausgehen, dass alle Arten von Hilfspflichten als<br />

strukturell gleichartig anzusehen sind, vertreten nonisomorphistische Positionen die<br />

Auffassung, dass es strukturelle Unterschiede zwischen verschiedenen Arten von<br />

Hilfspflichten gibt, die normativ relevant sind. Nach dieser einleitenden Differenzierung <strong>wir</strong>d<br />

eine nonisomorphistische Position in ihren Grundsätzen skizziert. Ausgehend von einer<br />

kurzen Darstellung möglicher Differenzierungskriterien zwischen verschiedenen Arten von<br />

Hilfspflichten <strong>wir</strong>d das Differenzierungskriterium der prinzipiellen Erfüllbarkeit einer<br />

Hilfspflicht vorgeschlagen, das normativ relevante Unterschiede zwischen verschiedenen<br />

Arten von Hilfspflichten begründet. Hieraus ergibt sich eine Dreiteilung von positiven<br />

Pflichten in situative, projektbezogene sowie konstante Hilfspflichten, deren abnehmende<br />

prinzipielle Erfüllbarkeit zu einem abnehmenden deontischen Status führt: Akzeptiert man<br />

das Prinzip, dass Sollen Können impliziert, muss man auch das Prinzip akzeptieren, dass ein<br />

verringertes Können ein verringertes Sollen impliziert, sodass Hilfspflichten, die prinzipiell<br />

leichter zu erfüllen sind, auch einen prinzipiell höheren Verbindlichkeitsgrad aufweisen. Der<br />

Text schließt mit einem Ausblick auf Konsequenzen dieser Unterscheidung im Kontext der<br />

Debatte um Parteilichkeitspflichten.<br />

1. Einleitende Bemerkungen 1<br />

In der sich immer weiter ausdifferenzierenden Debatte um den normativen Status von<br />

positiven bzw. Hilfspflichten haben sich zwei grundsätzliche Positionen herausgebildet, die<br />

man als isomorphistische bzw. nonisomorphistische Ansätze bezeichnen kann.<br />

Isomorphistische Positionen vertreten die Auffassung, dass alle Formen von Hilfspflichten als<br />

strukturell gleichartig zu betrachten sind: Abstufungen im deontischen Status – verstanden<br />

als Grad der Verbindlichkeit – können einer solchen Position gemäß zwar auftreten, sie sind<br />

aber grundsätzlich abhängig vom Inhalt der jeweiligen Hilfspflicht, und nur von diesem<br />

Inhalt. Beispielsweise <strong>wir</strong>d einer Hilfspflicht eine höhere Verbindlichkeit zugesprochen, wenn<br />

sie sich auf die Sicherung von zentralen Gütern (wie der Integrität von Leib und Leben)<br />

richtet, als wenn sie sich auf vergleichsweise unwichtige Güter richtet. Es werden allerdings<br />

keine strukturellen Unterschiede zwischen verschiedenen Arten von Hilfspflichten<br />

herangezogen, wenn Hilfspflichten und ihr jeweiliger deontischer Status untersucht werden.<br />

Dies ermöglicht weitreichende Analogieschlüsse: Es werden Situationen, in denen<br />

Hilfspflichten auftreten, auf die Frage hin untersucht, welche Güter auf dem Spiel stehen, die<br />

zu schützen Aufgabe der Hilfspflicht ist; die Einsichten bezüglich des Verbindlichkeitsgrades,<br />

die sich aus der Betrach<strong>tun</strong>g einer bestimmten Situation ergeben, in denen eine Hilfspflicht<br />

vorliegt, werden dann auf andere Situationen übertragen, in denen Personen ebenfalls auf<br />

Hilfe angewiesen sind. Sofern es sich um dieselben Güter handelt, die auf dem Spiel stehen<br />

und auf die die jeweilige Hilfsbedürftigkeit bezogen ist, <strong>wir</strong>d ein solcher Analogieschluss als<br />

gültig angesehen.<br />

1<br />

Dieser Aufsatz wurde unterstützt durch den Schweizerischen Nationalfonds zur Förderung der<br />

wissenschaftlichen Forschung im Rahmen des SNF-Projekts „Gründe der Parteilichkeit – Zur Ethik der<br />

Familienbeziehungen“.

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