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Was sollen wir tun? Was dürfen wir glauben? - bei DuEPublico ...

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SOLLEN, KÖNNEN UND VERSUCHEN 621<br />

Tore zu schießen, sofern er ebenso die Fähigkeit zu geeigneten Versuchen hierzu hat. Und in<br />

<strong>bei</strong>den Fällen können die entsprechenden Handlungsversuche dann eben auch scheitern.<br />

Das in dem Prinzip „Sollen impliziert Können“ enthaltene Können <strong>wir</strong>d nun zwar<br />

üblicherweise ohnehin als Fähigkeit plus Gelegenheit begriffen. 31 Hinzu kommt in den<br />

üblichen Formulierungen des Prinzips also noch die situativ vorliegen müssende Gelegenheit<br />

des Akteurs, die entsprechende Fähigkeit zu realisieren. Beispielsweise muss der Stürmer, um<br />

seine Fähigkeit, Tore zu schießen, aktualisieren zu können, auch am Spiel teilnehmen.<br />

Entscheidend ist jedoch, dass im Gegensatz zur Explikation von Handlungsversuchen nach<br />

dem Fähigkeitsansatz da<strong>bei</strong> häufig von keinerlei Hinderungen die Rede ist, so dass es allein<br />

in der Macht des Akteurs zu liegen scheint, ob er den Sollensanspruch erfüllt oder nicht.<br />

Gemäß den hier angestellten Überlegungen ist das Können des Akteurs jedoch nochmals in<br />

entscheidender Weise abgeschwächt. Denn die Fähigkeit ist ausdrücklich als<br />

erfolgsunabhängig aufzufassen. Vertreter des Prinzips müssten demnach von der<br />

Überzeugung abrücken, dass es allein am Akteur liegt, ob er <strong>bei</strong> vorliegender Gelegenheit<br />

durch die willentliche Aktualisierung seiner Fähigkeit den Sollensanspruch – erfolgreich –<br />

erfüllt. Damit schließlich ist auch im Rahmen einer Modifikation des Prinzips die wohl<br />

wesentliche Intuition für es aufzugeben, nämlich dass von Akteuren nur in ihrer Macht<br />

Stehendes gefordert werden kann. 32<br />

Michael Kühler<br />

Westfälische Wilhelms-Universität Münster<br />

Kolleg-Forschergruppe „Normenbegründung in Medizinethik und Biopolitik“<br />

michael.kuehler@uni-muenster.de<br />

Literatur<br />

Adams, F. 1995: „Trying: You’ve Got to Believe“, Journal of Philosophical Research 20, 549-<br />

561.<br />

Brand, M. 1995: „Hornsby on Trying“, Journal of Philosophical Research 20, 541-547.<br />

Frankena, W. 1950: „Obligation and Ability“, in M. Black (Hrg.): Philosophical Analysis, New<br />

York: Arno Press, 1950, 148-165.<br />

Grünbaum, T. 2008: „Trying and the Arguments from Total Failure“, Philosophia 36, 67-86.<br />

Haji, I. 2002: Deontic Morality and Control, New York: Cambridge University Press.<br />

Halberstam, J. 1979: „Trying and Responsibility“, Tulane Studies in Philosophy 28, 115-124.<br />

Heath, P./Winch, P. 1971: „Trying and Attempting“,Proceedings of the Aristotelian Society<br />

Suppl. Vol. 45, 193-208.<br />

Hornsby, J. 1980: Actions, London: Routledge & Kegan Paul.<br />

— 1995: „Reasons for Trying“, Journal of Philosophical Research 20, 525-539.<br />

Hunter, J. F. M. 1987: „Trying“, The Philosophical Quarterly 37, 392-401.<br />

31<br />

Vgl. in diesem Sinne bspw. Haji 2002, 17 und 23f., und Zimmerman 1996, 49f. und 79.<br />

32<br />

Für eine Einbet<strong>tun</strong>g der hier angestellten Überlegungen in eine umfassende Diskussion des Prinzips<br />

„Sollen impliziert Können“ siehe Kühler 2013. Die Überlegungen hier entsprechen im Wesentlichen<br />

Kapitel 4. Die Problematik, dass von Akteuren angeblich nur in ihrer Macht Stehendes gefordert werden<br />

kann, zeigt sich zudem in der Diskussion um die Reichweite moralischer Verantwortlichkeit und um die<br />

Anerkennung von „Moral Luck“. Für eine Übersicht über die entsprechende Debatte siehe Nelkin 2008,<br />

für einschlägige Beiträge siehe den Sammelband von Statman 1994. Im Anschluss an die hier<br />

angestellten Überlegungen siehe auch Kühler 2012.

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