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Was sollen wir tun? Was dürfen wir glauben? - bei DuEPublico ...

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618 KÜHLER<br />

Handlungsversuche und damit speziell für P3, d.h. für das Prinzip „Sollen impliziert<br />

Können“?<br />

5. Zu Prämisse 3: Die Einschränkung von Sollensansprüchen auf<br />

Handlungsversuche<br />

Für eine Einschränkung des Inhalts konkreter Sollensansprüche auf Handlungsversuche hat<br />

in exemplarischer Weise Elinor Mason argumentiert. 20 Ihr zufolge geht es in der Moral um<br />

die Formulierung handlungsleitender Sollensansprüche, die letztlich von der subjektiven<br />

Perspektive der Adressaten abhängen. Der Inhalt handlungsleitender Sollensansprüche<br />

verdankt sich damit dem, was ein Akteur glaubt in einer bestimmten Situation <strong>tun</strong> zu <strong>sollen</strong>.<br />

Und dies besteht nach Mason lediglich darin zu versuchen, eine bestimmte Handlung<br />

auszuführen. Versuchen versteht sie da<strong>bei</strong> so allgemein wie möglich, ohne sich auf einen der<br />

drei genannten Ansätze festzulegen: Ein Akteur versucht, x zu <strong>tun</strong>, wenn er glaubt, dass x<br />

logisch und naturgesetzlich möglich ist, und wenn er das tut, von dem er glaubt, dass es am<br />

ehesten dazu geeignet ist, x her<strong>bei</strong>zuführen. So zählt in Masons Beispiel etwa auch Alans<br />

Beschwörungsgesang als Versuch, sein Auto zu reparieren, wenn Alan glaubt, dies sei<br />

angesichts göttlicher Eingriffe das erfolgversprechendste Mittel. 21 Wie überzeugend aber ist<br />

im Anschluss daran der weitere Gedanke, dass Alan hiermit den Sollensanspruch erfüllt, sein<br />

Auto zu reparieren?<br />

Mason gesteht zunächst den in diesem Zusammenhang wichtigsten Punkt der<br />

handlungstheoretischen Diskussion ausdrücklich zu: Versuche sind keine eigenständigen<br />

Handlungen, sondern stets Versuche, etwas zu <strong>tun</strong>. Von Forderungen zu eigenständigen,<br />

„reinen“ Versuchen ist also keine Rede. Stattdessen hängen subjektive Pflichten, 22 etwas zu<br />

versuchen, ausdrücklich von einem Bezug auf erfolgreiche Versuche ab. 23 Ein Akteur hält<br />

einen Versuch zu handeln nur dann für seine Pflicht, wenn er glaubt, dass dieser Versuch eine<br />

hinreichende Chance auf Erfolg hat. Das aber heißt nichts anderes, als dass der Inhalt von<br />

Sollensansprüchen letztlich von erfolgreichen Handlungen bestimmt <strong>wir</strong>d. 24 Im Zentrum des<br />

20<br />

Siehe Mason 2003, bes. 323-327. Dass sie hier<strong>bei</strong> vor dem Hintergrund einer utilitaristischen<br />

Stoßrich<strong>tun</strong>g argumentiert, ist für die hier verfolgte allgemeine Fragestellung nicht weiter von<br />

Bedeu<strong>tun</strong>g.<br />

21<br />

Vgl. Mason 2003, 323. Für die Bedeu<strong>tun</strong>g der subjektiven Perspektive des Akteurs und seinen<br />

Glauben an einen möglichen Erfolg seiner Versuche siehe auch Halberstam 1979, bes. 118, Adams 1995,<br />

bes. 550f., sowie kritisch Ludwig 1995.<br />

22<br />

D.h. Pflichten, deren Bestehen und Inhalt von der subjektiven Perspektive des Akteurs abhängen.<br />

23<br />

Vgl. Mason 2003, 325f.<br />

24<br />

William Frankena, auf den Mason ausdrücklich verweist (vgl. Mason 2003, 326, und für das Folgende<br />

Frankena 1950, 163), hat argumentiert, dass eine subjektive Pflicht zu Versuchen erst vor dem<br />

Hintergrund einer subjektiven Pflicht zu erfolgreichem Handeln verständlich <strong>wir</strong>d, und zwar –<br />

ironischerweise – ausdrücklich auf der Basis des Prinzips „Sollen impliziert Können“. Denn wenn ich<br />

angesichts der obigen Überlegung etwas nur versuchen, nicht aber erfolgreich <strong>tun</strong> kann, so entfällt mit<br />

der subjektiven Pflicht, es zu <strong>tun</strong>, offenbar auch die subjektive Pflicht, es zu versuchen. Denn die<br />

subjektive Pflicht, es zu versuchen, orientiert sich, wie von Mason zugestanden, an erfolgreichen<br />

Versuchen. Mason zufolge aber würde das Prinzip „Sollen impliziert Können“ mit Blick auf die Versuche<br />

nicht greifen, da der Akteur diese stets unternehmen kann. Es wäre weiterhin von einer subjektiven<br />

Pflicht zu Versuchen auszugehen, auch wenn dem Akteur klar ist, dass die Versuche nicht erfolgreich<br />

sein werden. Dies aber widerspricht offenbar ihrer vorherigen These, dass ein Akteur Versuche nur<br />

dann für seine Pflicht hält, wenn diese Aussicht auf Erfolg haben. Mason versucht diese Kritik zu<br />

entkräften, indem sie zwischen einer Pflicht zu handeln und Gründen zu handeln unterscheidet. Kann<br />

ein Akteur nicht erfolgreich handeln, so entfällt nicht nur die subjektive Pflicht, erfolgreich zu handeln,<br />

sondern es entfallen auch die Gründe, so zu handeln und entsprechende Handlungsversuche zu<br />

unternehmen. Damit wiederum entfällt auch die subjektive Pflicht zu Handlungsversuchen. Vgl. Mason<br />

2003, 326. Bemerkenswert an dieser Stelle ist, dass Mason ausdrücklich subjektive Pflichten zu<br />

erfolgreichem Handeln eingesteht, was ihrer ursprünglichen Eingrenzung auf Handlungsversuche

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