25.12.2013 Views

Was sollen wir tun? Was dürfen wir glauben? - bei DuEPublico ...

Was sollen wir tun? Was dürfen wir glauben? - bei DuEPublico ...

Was sollen wir tun? Was dürfen wir glauben? - bei DuEPublico ...

SHOW MORE
SHOW LESS

Create successful ePaper yourself

Turn your PDF publications into a flip-book with our unique Google optimized e-Paper software.

SOLLEN, KÖNNEN UND VERSUCHEN 617<br />

indem man untergeordnete Handlungen ausführt. 16 Versuche ich <strong>bei</strong>spielsweise, den<br />

Konstanzer Uni-Kater Sammy zu streicheln, so könnte ich ihn mit etwas Futter anlocken,<br />

mich langsam und ruhig auf den Boden setzen und schließlich vorsichtig den Arm nach ihm<br />

ausstrecken, wenn er nah genug ist.<br />

Die untergeordneten Handlungen <strong>bei</strong>nhalten allerdings allesamt eine willentliche<br />

Komponente und können selbst wiederum erfolgreich sein oder nicht: das Futter könnte<br />

Sammy gänzlich kalt lassen, <strong>bei</strong>m Hinsetzen könnte ich ausrutschen und ihn durch meine<br />

hektische und lautstarke Reaktion vertreiben und schließlich könnte erneut die<br />

Armbewegung völlig scheitern. Der instrumentalistische Ansatz führt für die Analyse der<br />

jeweils immer weiter untergeordneten Handlungen folglich zu demselben<br />

handlungstheoretischen Dilemma wie der volitionale Ansatz. Entweder die Analyse <strong>bei</strong>nhaltet<br />

einen Regress oder es müssen Handlungen als Versuche angenommen werden, die nicht<br />

scheitern können. Auch wenn der instrumentalistische Ansatz somit die Reichweite der Rede<br />

von Versuchen in plausibler Weise erweitert, so hilft er hinsichtlich der<br />

handlungstheoretischen Explikation von Versuchen doch nicht entscheidend weiter.<br />

4.4 Der Fähigkeitsansatz<br />

Der Fähigkeitsansatz schließlich interpretiert Versuche deshalb so, dass es sich um direkt<br />

intendierte Aktualisierungen geeigneter Fähigkeiten seitens des Akteurs handelt, sofern<br />

dieser annimmt, dass <strong>bei</strong> der Ausführung der anvisierten Handlung Schwierigkeiten zu<br />

überwinden sind. 17 Versuche gelten dem Fähigkeitsansatz nach da<strong>bei</strong> zwar noch immer als<br />

Handlungen, nicht mehr aber als eigenständige Handlungen, die sich ohne Verweis darauf,<br />

was versucht <strong>wir</strong>d, verständlich machen lassen. 18 Die Rede von Versuchen hängt schlicht von<br />

der Wahrnehmung des Akteurs ab. Ein Akteur versucht zu handeln, wenn er zwar eine<br />

erfolgreiche entsprechende Handlung intendiert, sich aber gewisser Schwierigkeiten bewusst<br />

ist, die ihn an diesem Erfolg hindern könnten. Damit ist die Möglichkeit des Scheiterns<br />

ausdrücklich eingeräumt. 19<br />

Der Fähigkeitsansatz vermag damit nicht nur untergeordnete Handlungen innerhalb<br />

komplexer Handlungen als Versuche zu erfassen, sondern auch diejenigen Grenzfälle, in<br />

denen Versuche völlig scheitern und nicht über einen rein mentalen Akt hinausgelangen.<br />

Insofern scheint sich der Fähigkeitsansatz als der plausibelste Kandidat hinsichtlich der<br />

Explikation des Versuchens herauszustellen.<br />

Selbst wenn man diese Frage jedoch angesichts der allzu kursorisch gebliebenen Diskussion<br />

lieber offenlassen mag, so bleibt zumindest festzuhalten, dass die Rede von einer<br />

eigenständigen Handlung des Versuchens abzulehnen ist und die Explikation von Versuchen<br />

damit nicht ohne einen Erfolgsbezug darauf auskommt, was versucht <strong>wir</strong>d. <strong>Was</strong> aber<br />

bedeutet dies nun für die mögliche Einschränkung des Inhalts von Sollensansprüchen auf<br />

16<br />

Vgl. nochmals Taylor 1966, Kap. 6, bes. 79ff., und Brand 1995, 542.<br />

17<br />

Vgl. v.a. Hornsby 1995 und Brand 1995.<br />

18<br />

Vgl. Hornsby 1995, 527. Darüber hinaus kann ein Akteur, der durch Gründe motiviert ist, etwas zu<br />

versuchen, nur diejenigen Handlungen versuchen durchzuführen, für die er geeignete Fähigkeiten<br />

besitzt und sich deren auch bewusst ist. Vgl. Hornsby 1995, 533f., wo<strong>bei</strong> sie einräumt, dass man sich<br />

bestimmte (praktische) Fähigkeiten auch allererst aneignen kann, indem man versucht, die<br />

entsprechenden Tätigkeiten auszuführen. Vgl. auch Brand 1995, 543.<br />

19<br />

Vgl. Brand 1995, 544. Man könnte nun auch hier kritisch nachfragen, ob der Akteur denn versuchen<br />

kann, eine bestimmte Fähigkeit zu aktualisieren, und ob dieser Versuch als willentliches Tun oder gar<br />

als rein mentaler Akt nicht wiederum als Handlung aufzufassen ist. Denn falls ja, so würde auch der<br />

Fähigkeitsansatz darauf hinauslaufen, eine eigenständige Handlung des Versuchens postulieren zu<br />

müssen. Dies <strong>wir</strong>d jedoch gerade explizit abgelehnt. Es bleibt damit <strong>bei</strong> der direkten willentlichen<br />

Aktualisierung einer Fähigkeit, die den Handlungsversuch darstellt. Dieser wiederum kann – als<br />

insofern bereits aktualisierte Fähigkeit – scheitern, wenn sich die vom Akteur wahrgenommenen<br />

Schwierigkeiten tatsächlich als erfolgsverhindernd herausstellen.

Hooray! Your file is uploaded and ready to be published.

Saved successfully!

Ooh no, something went wrong!