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Was sollen wir tun? Was dürfen wir glauben? - bei DuEPublico ...

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Im Namen der Autonomie? Eine kritische<br />

Untersuchung des liberalen Paternalismus am<br />

Beispiel von Maßnahmen des kognitiven<br />

Enhancements<br />

Rebecca Gutwald<br />

Im vorliegenden Beitrag möchte ich einen kritischen Blick auf den sog. liberalen<br />

Paternalismus werfen. Der Rechtfertigungsstrategie über die liberale Forderung nach<br />

Respekt für Autonomie sollten meiner Ansicht nach Grenzen gesetzt werden, auch wenn<br />

Respekt für Autonomie vermeintlich gewahrt <strong>wir</strong>d. Kritisch zu betrachten sind vor allem die<br />

Ar<strong>bei</strong>ten von Cass Sunstein und Richard Thaler sowie einigen Medizinethikern, die einen<br />

Autonomie-fördernden bzw. verbessernden Paternalismus unterstützen. Dieser erscheint, so<br />

meine Argumentation, vor allem fragwürdig, wenn <strong>wir</strong> neue, technische Möglichkeiten<br />

betrachten, um Autonomie und Entscheidungen (vermeintlich) zu verbessern, insbesondere<br />

Maßnahmen des sog. „Cognitive Enhancements“. Der Einsatz bzw. Förderung dieser<br />

Maßnahmen scheint eine logische Konsequenz aus der Befürwor<strong>tun</strong>g eines weichen<br />

Paternalismus im Stile von Sunstein/Thaler. Meine These ist jedoch, dass dies nicht der<br />

liberalen Grundidee des Freiheitsschutzes entspricht: nicht alles, was Autonomie befördert,<br />

muss auch getan werden, selbst wenn die Risiken gering sind. Vielmehr muss dem Menschen<br />

auch die Möglichkeit eingeräumt werden, eigene Fehler zu machen und Irrtümer zu begehen.<br />

Mein Anliegen ist hier vor allem, eine kritische Frage gegenüber Theoretikern wie<br />

Sunstein/Thaler aufzuwerfen, nämlich, was aus ihrem verbessernden, weichen<br />

Paternalismus folgt und inwiefern dieser noch als „liberal“ aufgefasst werden kann.<br />

Die Ar<strong>bei</strong>ten von Cass Sunstein und Richard Thaler haben dazu <strong>bei</strong>getragen, Paternalismus<br />

in einem politisch-liberalen System wieder salonfähig zu machen. 1 Sunstein/Thaler<br />

bezeichnen die von Ihnen definierte und befürwortete Form des wohlwollenden Eingriffs in<br />

die Freiheit von Menschen als „weichen“ bzw. „libertären“ Paternalismus. „Libertär“, da die<br />

Betroffenen des Eingriffs noch die Möglichkeit haben, sich frei anders zu entscheiden –<br />

zumindest steht eine gewisse Möglichkeit dazu offen. Das allgemeine Ziel solcher<br />

Maßnahmen ist demnach, das Wohlergehen von Menschen zu schützen bzw. zu fördern, ohne<br />

die liberale Grundforderung nach Respekt für Selbstbestimmung zu verletzen.<br />

In dem vorliegenden Beitrag möchte ich einen kritischen Blick auf eben jenen „libertären“<br />

Paternalismus werfen. Der Rechtfertigungsstrategie über die liberale Forderung nach Respekt<br />

für Autonomie sollten meiner Ansicht nach Grenzen gesetzt werden. Exemplarisch zeigt sich<br />

dies an einem extrem gewählten Beispiel: wenn <strong>wir</strong> neue, technische Möglichkeiten<br />

betrachten, um Autonomie und Entscheidungen (vermeintlich) zu verbessern, insbesondere<br />

Maßnahmen des sog. „cognitive enhancement“, könnten diese durch den libertären<br />

Paternalismus à la Sunstein/Thaler durchaus gerechtfertigt werden. Meine These ist: nicht<br />

alles, was Autonomie respektiert bzw. sogar befördert, ist auch rechtfertigbar, weil es uns auf<br />

eine ‚slippery slope‘ führen kann. Mit dieser These soll Sunstein/Thalers Theorie nicht<br />

widerlegt werden, sondern vielmehr ein gewisses Unbehagen aus ethischer Sicht ausgedrückt<br />

werden. Hier soll es also um die Grenzen des weichen Paternalismus gehen, die bisher wenig<br />

bis gar nicht untersucht sind.<br />

1<br />

vgl. Sunstein C., Thaler R. 2008

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