25.12.2013 Views

Was sollen wir tun? Was dürfen wir glauben? - bei DuEPublico ...

Was sollen wir tun? Was dürfen wir glauben? - bei DuEPublico ...

Was sollen wir tun? Was dürfen wir glauben? - bei DuEPublico ...

SHOW MORE
SHOW LESS

You also want an ePaper? Increase the reach of your titles

YUMPU automatically turns print PDFs into web optimized ePapers that Google loves.

PRAEMOTIO PHYSICA UND MOLINISMUS 445<br />

efficax) vollzogen werden – die sündhaften Akte aber folgen aus der moralischen Defizienz<br />

der Zweitursachen (cf. 1.6, 6°). 67<br />

2.3 Prädetermination, Skotismus und „counterfactual power“<br />

1° Parallelen zum Skotismus: Dass der Wille im Akt in sensu diviso die Potenz für das<br />

Gegenteil behält, ist eine Lehre, die wohl zum ersten mal von Duns Scotus in seinem Opus<br />

Oxoniense, I. Sent, dist. 39, explizit ausformuliert wurde: Der Satz „Voluntas volens A potest<br />

non velle A“ sei in sensu composito falsch, in sensu diviso aber wahr. 68 Die „potentia ad<br />

oppositum“ geht da<strong>bei</strong> nach Scotus dem Willensakt nicht zeitlich, aber in ordine naturae<br />

voraus. Es besteht nicht die Möglichkeit, im gleichen Zeitpunkt dasselbe zu wollen und nicht<br />

zu wollen, aber die Fähigkeit, zugleich auch nicht zu wollen, kann zugleich mit dem Akt<br />

bestehen: „Simul habeo potentiam ad opposita, sed non ad opposita simul.“ 69<br />

2° „Counterfactual power“: Die Potenz zur Unterlassung des Aktes bzw. zu einem<br />

anderen Akt bleibt, wie <strong>wir</strong> gesehen haben, auch für die Thomisten unter der Prämotion und<br />

Prädetermination Gottes erhalten. Aber ist dies eine tatsächliche Macht, unter den gleichen,<br />

die Prämotion einschließenden Umständen anders handeln zu können? Oder handelt es sich<br />

nur um eine „counterfactual power“, wie die Ausführungen des bannezianischen Thomisten<br />

Joseph Gredt nahelegen:<br />

Indem die praemotio physica den Willen „zu einer bestimmten Willensentscheidung<br />

führt, bringt sie alle im Willen sich befindenden Möglichkeiten, auch die Möglichkeit<br />

des Nichtwollens, des Widerstrebens und des Anderswollens [...] zum Wirken. Sie<br />

bringt diese Möglichkeiten zum Wirken, nicht in dem Sinne, als wenn der Wille<br />

tatsächlich widerstände und anders wollte, sondern in dem Sinne, dass der Wille <strong>bei</strong><br />

Setzung der Willensentscheidung, zu der er von Gott bewegt <strong>wir</strong>d, das<br />

Widerstehenkönnen und Anderswollenkönnen, das er vor der Vorherbewegung nur<br />

[...] als leidentliche Möglichkeit hatte, jetzt tatsächlich ausübt: Er hat die tatsächliche<br />

Kraft, zu widerstehen und anders zu wollen. Nicht als wenn er diese Tätigkeit des<br />

Widerstehens ausübte, aber in der Tätigkeit, die er unter der Vorherbewegung setzt,<br />

übt er das Widerstehenkönnen tatsächlich aus, weil er diese Tätigkeit frei setzt.“ 70<br />

Der Wille übt seine Macht, anders handeln zu können, also Gredt zufolge nicht tatsächlich<br />

aus (d.h. er übt sie nur kontrafaktisch aus: wenn er sie faktisch ausüben würde, wäre nicht die<br />

entsprechende Prämotion vorhergegangen). Hier zeigt sich wieder eine Parallele zum<br />

Skotismus: Die Scotus-Schüler Francis of Marchia (ca. 1290–1344) und William of Rubione<br />

(*1290) sprechen bezüglich der im Willensakt verbleibenden Potenz zum Gegenteil von einer<br />

„indeterminatio de possibili“, durch die in anderer Terminologie das ausgedrückt <strong>wir</strong>d, was<br />

die Thomisten die „aktive Indifferenz“ nennen. 71 William of Rubione sagt hier<strong>bei</strong><br />

ausdrücklich, dass dies eine bloße Möglichkeit bleibe, die niemals Wirklichkeit <strong>wir</strong>d: „potest,<br />

dico, de possibili, non tamen illud facit de facto.“ 72 Die Freiheit des geschaffenen Willens<br />

besteht also letztlich in der reinen Möglichkeit, anders zu handeln, die trotz der unfehlbaren<br />

Determinierung durch Gott nicht aufgehoben ist. 73 Wir hätten es demnach letztlich mit einer<br />

reinen Vollzugsfreiheit, nicht aber mit Wahlfreiheit zu <strong>tun</strong>. Reicht dies aber für Freiheit<br />

<strong>wir</strong>klich aus?<br />

67<br />

Cf. Feldner (1890), 223–240. Cf. auch Grant (2009).<br />

68<br />

Cf. Duns Scotus, Opus Oxoniense, I. Sent., dist. 39, 134–135. Cf. Schwamm (1934), 21.<br />

69<br />

Cf. Scotus, Op. Ox., ibid., 135. Cf. Schwamm (1934), 22.<br />

70<br />

Gredt (1935), 235f. Herv. R.S.<br />

71<br />

Im Gegensatz zur „determinatio de inesse“ durch Gott. Cf. Schwamm (1934), 248f.<br />

72<br />

Wilhelm de Rubione, Sentenzenkommentar II, dist. 38 q. 1. Cf. Schwamm (1934), 266f. and 333.<br />

73<br />

Cf. Schwamm (1934), 267.

Hooray! Your file is uploaded and ready to be published.

Saved successfully!

Ooh no, something went wrong!