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Was sollen wir tun? Was dürfen wir glauben? - bei DuEPublico ...

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PRAEMOTIO PHYSICA UND MOLINISMUS 443<br />

ein Akt hervorgebracht <strong>wir</strong>d, die passive Potenz hingegen nimmt den Akt in sich auf. Sie kann<br />

also eben gerade nicht <strong>tun</strong>, was sie will. Die Vollkommenheit, Macht zu haben über den<br />

eigenen Akt und damit frei zu sein, kommt folglich der aktiven Potenz zu. 46 In der<br />

Exerzierung des Aktes muss die Potenz, den Akt auch wieder zu unterlassen, bestehen<br />

bleiben. Denn andernfalls wäre der Wille im Akt gleich dem actus purus, dem gar keine<br />

Potenzialität mehr <strong>bei</strong>gemischt ist. 47<br />

2° Die praemotio physica verletzt also den Thomisten zufolge die Freiheit nicht, sie ist<br />

vielmehr sogar notwendig, um die Freiheit formal und als solche zu wahren. 48 Ein<br />

Individuum ist frei zu nennen, wenn es der dominus suorum actuum, der Herr seiner Akte<br />

ist. 49 Zu diesem <strong>wir</strong>d es durch die praemotio physica: 50 „Die Potenz in actu ist frei, indem sie<br />

ihre Thätigkeit in der Weise vollzieht, dass sie die Möglichkeit zum Gegenteil <strong>bei</strong>behält.“ 51 Die<br />

Freiheit liegt also nicht in der Inaktivität und in der passiven Indifferenz. 52 Gott selbst besitzt<br />

keinerlei Inaktivität und passive Indifferenz, er ist reiner Akt und besitzt nur aktive<br />

Indifferenz und besitzt dennoch Freiheit, sogar in ihrem Höchstmaß. Auch <strong>bei</strong>m Geschöpf ist<br />

die Freiheit formal und eigentlich dann vorhanden, wenn es in actu ist. 53 Würde die Freiheit<br />

formal in der passiven Indifferenz liegen, dann würde der Wille <strong>bei</strong>m Übergang zum Akt<br />

seine Freiheit selbst zerstören (das Problem besteht also auch ganz unabhängig von der<br />

praemotio physica). 54<br />

3° Wenn der Wille in actu ist, den Akt exerziert, dann kann er, solange er den Akt exerziert,<br />

diesen nicht nicht exerzieren. Es ist notwendig ex suppositione, dass er diesen exerziert<br />

(auch: necessitas suppositionis bzw. compositionis bzw. secundum quid, 55 bzw.<br />

necessitas in sensu composito = den faktischen Vollzug des Aktes hinzugenommen). Aber das<br />

bedeutet keine absolute Notwendigkeit, denn die Potenz, den Akt wieder unterlassen zu<br />

46<br />

Cf. Feldner (1890), 74, 75 und 82f.<br />

47<br />

Cf. Feldner (1890), 76 und 85. Cf. ebenso ScG, I, c. 85. Gott besitzt Freiheit im höchstmöglichen Grad.<br />

Er besitzt, wie oben angeführt, keine passive Indifferenz. Er ist nicht „manchmal agens in potentia,<br />

manchmal agens in actu; noch auch verhält sich seine active Potenz passiv mit Bezug auf seine<br />

Thätigkeit. Denn obgleich sein Willensact immanent ist, so bildet er doch nicht ein Accidens, welche der<br />

Potenz inhäriert, sondern ist in der Wirklichkeit, real die Potenz selber“, Feldner (1890), 74. Auch in<br />

Gott <strong>wir</strong>d von Thomas eine Aktivpotenz angenommen (potentia operativa increata), die jedoch nicht<br />

real von ihrem Akt, dem actus purus, verschieden ist – im Gegensatz zur Aktivpotenz der Geschöpfe, cf.<br />

Gredt (1953), 163-167. Durch das sekundäre Objekt seines Willens (die Geschöpfe) gewinnt Gott nicht<br />

an Vollkommenheit, und dieses Objekt <strong>wir</strong>kt auch nicht bewegend auf ihn, er ist also nicht passiv<br />

indifferent bezüglich des Objekts seines Willens. Die passive Indifferenz kann also nicht an sich zur<br />

Freiheit gehören (cf. Feldner (1890), 71. Cf. ScG, IV, c. 19; S.th. I-IIae, q. 10, a. 1, ad 2). Ansonsten wäre<br />

jedes geschaffene Seiende, auch ein Stein, frei, da alle passive Potenz in sich besitzen, cf. Feldner (1890),<br />

201.<br />

48<br />

Cf. Feldner (1890), 199f.<br />

49<br />

Cf. Feldner (1890), 201: „Solange ein Geschöpf unthätig, in der Möglichkeit oder Potenz zur<br />

Thätigkeit, ein Agens in potentia ist, kann man offenbar nicht behaupten, es besitze formell die<br />

Herrschaft über seine Thätigkeit. Über das, was Jemand nicht besitzt, kann er unmöglich Herr sein, er<br />

wäre König ohne Land und Unterthanen“, unter Berufung auf Super Sent, 2, dist. 24, q. 1, a. 1, ad 2; 4,<br />

dist. 24, q. 1, a. 1; q. 2, qu. 2, ad 3.<br />

50<br />

Cf. Feldner (1890), 200.<br />

51<br />

Feldner (1890), 202. Cf. Joannes a S. Thoma, Philosophia naturalis, IV, q. 12, a. 3: “Sufficit dicere,<br />

quod positis omnibus requisitis, etiam motione Dei, prout praebet determinationem ad actum tollendo<br />

quidem indifferentiam potentialem et suspensivam, praebendo autem et conservando modum<br />

indifferentiae actualis et potestatis dominativae, potest oppositum facere voluntas”, cf. Osborne (2006),<br />

629, fn. 64.<br />

52<br />

Cf. Feldner (1890), 201.<br />

53<br />

Cf. Feldner (1890), 203.<br />

54<br />

Cf. Feldner (1890), 202, 220f. und 203; Cf. Joannes a S. Thoma, Philosophia naturalis, IV, q. 12, a. 3;<br />

Cursus theologicus, d. 25, a. 4, n. 1; d. 25, a. 4, n. 9 – 11. Cf. Osborne (2006), 629, fn. 64.<br />

55<br />

Cf. Bannez, Scholastica commentaria in primam partem angelici doctoris D. Thomae [In ST I], q. 19,<br />

a. 3 und a. 8. Cf. Osborne (2006), 613 und 616–624.

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