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Was sollen wir tun? Was dürfen wir glauben? - bei DuEPublico ...

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424 SCHMALZRIED<br />

harmonisch, ausbalanciert, schön und so weiter. Dies sind ästhetische Ausdrücke im Sinne<br />

Sibleys. Mit diesen begründen <strong>wir</strong> unser ästhetisches Urteil.<br />

Vereint man diese drei Gedanken, kann man definieren:<br />

Etwas ist genau dann ästhetisch wertvoll, wenn ihm in Bezug auf seine Form und<br />

Struktur ohne auf einen externen Zweck bezugnehmend positiv bewertbare bzw.<br />

vorwiegend positiv bewertbare ästhetische Eigenschaften (richtigerweise)<br />

zugesprochen werden.<br />

Diese Definition kann als minimalistisch bezeichnet werden. Erstens bezieht sie sich nicht auf<br />

eine ästhetische Erfahrung. Zweitens liefert sie keine vollständige Liste all der ästhetischen<br />

Eigenschaften, die an eine ästhetische Bewer<strong>tun</strong>g ausdrücken können. Letzteres ist für den<br />

vorliegenden Kontext nicht notwendig, wie sich zeigen <strong>wir</strong>d.<br />

Kann der ästhetische Wert, minimalistisch definiert, durch den moralischen Wert tangiert<br />

werden? Pole bringt ein Argument vor, dass genau solch eine Interaktion zeigen will. 36 Er<br />

greift die ästhetische Eigenschaft der Inkohärenz heraus. Wenn ein Kunstwerk inkohärent ist,<br />

so Pole, <strong>wir</strong>d sein ästhetischer Wert gemindert. Wenn nun ein Werk eine unmoralische<br />

Hal<strong>tun</strong>g ausdrückt, <strong>wir</strong>d das Werk insoweit inkohärent. Somit vermindert eine unmoralische<br />

Hal<strong>tun</strong>g den ästhetischen Wert eines Werkes.<br />

Warum <strong>wir</strong>d ein Werk durch eine unmoralische Hal<strong>tun</strong>g inkohärent? Laut Pole ist es nicht<br />

die unmoralische Hal<strong>tun</strong>g selbst, die inkohärent ist. Vielmehr passt etwas in einem Werk<br />

nicht zusammen, drückt es eine unmoralische Hal<strong>tun</strong>g aus. 37 Diese Forderung bewahrheitet<br />

sich nicht, denkt man <strong>bei</strong>spielsweise an den Triumph des Willens. 38 In diesem Film<br />

harmonieren formale Aspekte perfekt mit der moralischen Botschaft des Films. 39 Es handelt<br />

sich um ein besonders gelungenes Beispiel eines kohärenten Werkes.<br />

Ein anderes Argument bringt Gaut vor, das Argument der moralischen Schönheit. 40 Wenn ein<br />

Werk schön ist, trägt dies positiv zu dem ästhetischen Wert des Werkes <strong>bei</strong>. Wenn ein Werk<br />

eine moralisch richtige Hal<strong>tun</strong>g ausdrückt, <strong>wir</strong>d es zu einem (innerlich) schönen Werk. Somit<br />

trägt eine moralisch richtige Hal<strong>tun</strong>g positiv zu dem ästhetischen Wert eines Werkes <strong>bei</strong>.<br />

Die zentrale Annahme dieses Arguments ist, dass „innere Schönheit“ kein metaphorischer<br />

Ausdruck ist, sondern es mindestens zwei Arten von Schönheit gibt, innere und äußere<br />

Schönheit. Gaut verweist hierfür zum einen auf die lange philosophische Tradition von<br />

innerer Schönheit zu sprechen und zum anderen auf unseren alltäglichen Sprachgebrauch. 41<br />

Beides überzeugt nur bedingt, so lange keine allgemeine Theorie der Schönheit dargestellt<br />

<strong>wir</strong>d, aus der sich ableiten lässt, dass innere Schönheit echte Schönheit ist. Abgesehen davon<br />

ist anzunehmen, dass ein moderater Autonomist die erste Prämisse des Arguments nur dann<br />

akzeptieren würde, wenn sie explizit auf äußere Schönheit eingeschränkt <strong>wir</strong>d.<br />

Muss man nun alle ästhetischen Eigenschaften, die sich auf die Form und Struktur eines<br />

Werkes beziehen, einzeln betrachten, um die Frage zu beantworten, ob der moralische Wert<br />

den ästhetischen Wert beeinflussen kann? Dies ist aber nicht der Fall, wenn man nochmals<br />

betont, dass der ästhetische Wert (in einem engen Sinn) sich auf die Form und Struktur eines<br />

Werkes bezieht. Wie oben ausgeführt, ist der moralische Wert eines Werkes an die inhaltliche<br />

Ebene des Werkes geknüpft. Wenn man sich allein auf die Form und Struktur eines Werkes<br />

konzentriert, muss man von dem Inhalt des Werkes und somit auch von dessen moralischen<br />

36<br />

Siehe Pole (1962: 206).<br />

37<br />

Siehe Pole (1962: 206).<br />

38<br />

Siehe Gaut (1998: 190).<br />

39<br />

Siehe Devereaux (1998).<br />

40<br />

Siehe Gaut (2007: 115).<br />

41<br />

Siehe Gaut (2007: 116 ff.).

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