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Was sollen wir tun? Was dürfen wir glauben? - bei DuEPublico ...

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422 SCHMALZRIED<br />

3.1 Radikaler Moralismus<br />

Zunächst ist diese Verbindung nicht offensichtlich, könnte man doch einen radikalen<br />

Moralismus vertreten: 18 Allein der moralische Wert eines Kunstwerkes ist relevant für dessen<br />

Gesamtbewer<strong>tun</strong>g. 19<br />

Der radikale Moralismus <strong>wir</strong>d jedoch mit schwerwiegenden Einwänden konfrontiert. Erstens<br />

sind nicht alle Kunstwerke moralisch bewertbar, so dass man sie auf Basis des radikalen<br />

Moralismus nicht (angemessen) beurteilen könnte. 20 Zweitens kann der radikale Moralismus<br />

nicht erklären, wie es gute, aber moralisch zweifelhafte Werke geben kann oder umgekehrt<br />

moralisch einwandfreie, aber mittelmäßige oder schlechte Kunstwerke. 21 Will man nicht viele<br />

gut etablierte Kunstbewer<strong>tun</strong>gen revidieren, sollte eine Werttheorie dies erklären können.<br />

Drittens zeigt sich der radikale Moralismus insensibel gegenüber der Form von<br />

Kunstwerken. 22 Die Form und Struktur eines Werkes spielt nur insoweit eine Rolle, als sie die<br />

moralische Hal<strong>tun</strong>g des Werkes transportiert und hilft moralisch relevantes Wissen zu<br />

vermitteln. Ihr <strong>wir</strong>d kein eigenständiger Wert zugesprochen. Dies kann im Hinblick auf<br />

Kunstkritik als kontraintuitiv betrachtet werden. Somit stellt der radikale Moralismus eine<br />

stark normativ aufgeladene Werttheorie dar, die viele gut etablierte Bewer<strong>tun</strong>gen von<br />

Kunstwerken nicht erfassen und erklären kann.<br />

3.2 Radikaler Ästhetizismus<br />

Hält man an der monistischen Strategie fest, stellt sich die Frage, welcher andere<br />

Bewer<strong>tun</strong>gsmaßstab als einzig relevant für die Bewer<strong>tun</strong>g von Kunstwerken angesehen<br />

werden kann. Nahe liegend ist es auf den ästhetischen Wert eines Werkes zu verweisen und<br />

somit eine radikal ästhetizistische Position vorzuschlagen. Die Schwierigkeit hier<strong>bei</strong> ist zu<br />

erklären, was man genau unter dem ästhetischen Wert eines Werkes zu verstehen hat.<br />

Zunächst sei eine wichtige Unterscheidung erwähnt. Teilweise <strong>wir</strong>d „ästhetisch wertvoll“ als<br />

Synonym für „künstlerisch wertvoll“ verwandt. 23 So verstanden, würde es sich <strong>bei</strong>m<br />

radikalen Ästhetizismus um eine tautologische Position handeln, und die Frage, welche<br />

Bewer<strong>tun</strong>g eines Kunstwerkes angemessen ist, würde unverändert Bestand haben. Damit die<br />

Position interessant <strong>wir</strong>d, sollte man ein engeres Verständnis von ästhetischem Wert<br />

bevorzugen, <strong>bei</strong> welchem die Frage, ob der ästhetische Wert mit dem Wert eines Kunstwerk<br />

als Ganzes betrachtet zusammenfällt, (zunächst) offen bleibt.<br />

Beardsley schlägt eine instrumentalistische Definition des ästhetischen Werts vor: 24<br />

[…] the aesthetic value of anything is its capacity to impart–through cognition of it–a<br />

marked aesthetic character to experience. (Beardsley 1979: 728)<br />

Greift der radikale Ästhetizismus auf diese Definition zurück, kann die ästhetische Bewer<strong>tun</strong>g<br />

durch die moralische tangiert werden? Die Aufmerksamkeit auf moralische Aspekte eines<br />

Werkes verhindert eine ästhetische Erfahrung, weil eine solche Erfahrung meist als<br />

desinteressiert bzw. als losgelöst von praktischen Belangen definiert <strong>wir</strong>d. 25 Somit lässt sich<br />

aus dieser Form des radikalen Ästhetizismus ein moderater Autonomismus ableiten.<br />

18<br />

Siehe Posner (1997).<br />

19<br />

Tolstoi (1998) und Sidney (1966) scheinen eine Art von radikalem Moralismus zu vertreten.<br />

20<br />

Siehe auch Carroll (1996: 226), (2000: 357); Gaut (2007: 67).<br />

21<br />

Siehe auch Posner (1997: 5).<br />

22<br />

Siehe auch Beardsmore (1971: 10 ff.); Gass (1987: 41).<br />

23<br />

Siehe hierzu auch Gaut (2007: 26).<br />

24<br />

Siehe auch Beardsley (1958: 531), (1979: 728).<br />

25<br />

Siehe bsp. Beardsley (1958: 457); vgl. auch Dickie (1985: 4f.).

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