25.12.2013 Views

Was sollen wir tun? Was dürfen wir glauben? - bei DuEPublico ...

Was sollen wir tun? Was dürfen wir glauben? - bei DuEPublico ...

Was sollen wir tun? Was dürfen wir glauben? - bei DuEPublico ...

SHOW MORE
SHOW LESS

Create successful ePaper yourself

Turn your PDF publications into a flip-book with our unique Google optimized e-Paper software.

40 EL KASSAR<br />

2. Das Regelfolgen-Problem nach Saul Kripke<br />

Im Regelfolgen-Problem nach Kripkes Interpretation (Kripke 1982) stellt der Regelfolgen-<br />

Skeptiker unter anderem heraus, dass die Bedeu<strong>tun</strong>g, die durch eine Regel erfasst <strong>wir</strong>d,<br />

arbiträr ist. Regeln sind <strong>bei</strong>spielsweise in der korrekten Begriffsverwendung und der<br />

korrekten Fortsetzung einer Zahlenfolge manifest. Nach Ansicht des Skeptikers kann ein<br />

Akteur nie rechtfertigende Gründe dafür anführen, dass er den Begriff plus in seinen<br />

bisherigen Verwendungen tatsächlich als „Addition bedeutend“ verwendet hat. Es gibt keine<br />

Tatsache, die beweist, dass plus „Addition“ heißen sollte, und nicht vielmehr „Quaddition“.<br />

Das Fehlen einer Begründungsgrundlage manifestiert sich an dem folgenden Problem: Jede<br />

vergangene Addition kann ebenso mit einer anderen Regel, die nicht die Plus-Regel ist, in<br />

Einklang gebracht werden; jede vergangene Addition könnte genauso erfolgreich durch die<br />

Quus-Regel erklärt werden. 2 Der Akteur hätte a fortiori keinen Grund dafür den Begriff plus<br />

normativ bindend mit „Addition“ zu verknüpfen. Jede Formulierung einer Regel, die die<br />

Bedeu<strong>tun</strong>g von plus erfasste, würde durch den Skeptiker in Zweifel gezogen werden können.<br />

Wer dem Skeptiker entkommen möchte, muss demnach zwei Aufgaben lösen: Erstens muss<br />

auf eine Tatsache verwiesen werden, die die Bedeu<strong>tun</strong>g der Regel ‚plus bedeutet Addition‘<br />

konstituiert und mögliche Alternativen wie ‚plus bedeutet Quaddition‘ ausschließt. Zweitens<br />

muss gezeigt werden, dass das Subjekt eine Rechtfertigung für das Bestehen der Tatsache<br />

‚plus bedeutet Addition‘ geben kann.<br />

First, [the skeptic, N.E.] questions whether there is any fact that I meant plus, not<br />

quus, that will answer his sceptical challenge. Second, he questions whether I have any<br />

reason to be so confident that now I should answer ‘125’ rather than ‘5’. The two forms<br />

of the challenge are related. I am confident that I should answer ‘125’ because I am<br />

confident that this answer also accords with what I meant. (Kripke 1982: 11,<br />

Hervorhebung im Original, N.E.)<br />

In Antwort auf das Regelfolgen-Problem werden zwei Standardpositionen vertreten, ein<br />

Dispositionalismus sowie ein Anti-Reduktionismus. Dispositionalisten wollen das Verhältnis<br />

zwischen Begriff und Bedeu<strong>tun</strong>g, zwischen Regel und Befolgen der Regel ausschließlich durch<br />

Dispositionen erklären. Das Subjekt meinte ‚plus‘ und nicht ‚quus‘, weil es die Disposition<br />

besitzt die Summe von zwei Zahlen anzugeben und nicht die ‚Qumme‘. Anti-Reduktionisten<br />

betrachten Bedeu<strong>tun</strong>g und Regel-Befolgung als sui generis, als nicht reduzierbar auf<br />

Zustände oder Dispositionen. Beide Positionen werden aus verschiedenen, allgemein<br />

bekannten Gründen abgelehnt. Hier <strong>sollen</strong> nur die zwei für Ginsborg wichtigsten Gründe<br />

genannt werden. Dispositionalisten wollen die Normativität von Regeln und Bedeu<strong>tun</strong>gen<br />

nicht erklären, da etwa Bedeu<strong>tun</strong>g nicht normativ ist (z.B. (Hattiangadi 2006)). Laut Anti-<br />

Reduktionisten hingegen sind Regeln und Bedeu<strong>tun</strong>gen zwar normativ, aber die Theorien<br />

können die genaue Konstitution von Regeln nicht präzisieren und können damit u.a. auch<br />

nicht erklären, warum sie kausal <strong>wir</strong>kungsvoll sind (Ginsborg 2011b: 229f.).<br />

3. Hannah Ginsborgs Analyse des Regelfolgen-Problem<br />

In dieses Problemfeld tritt nun Ginsborg. Sie schlägt vor, dass die <strong>bei</strong>den Aufgaben getrennt<br />

und in umgekehrter Reihenfolge zu behandeln sind. Zuerst solle gezeigt werden, dass die<br />

Frage nach einer Rechtfertigung des Subjekts unmotiviert ist. Dann könne mit denselben<br />

Mitteln, die für die zweite Aufgabe verwendet wurden, die erste Aufgabe erfüllt werden.<br />

2<br />

Ich lasse das mit dem Regelfolgen ebenfalls verbundene Regress-Problem unbetrachtet, da es<br />

Ginsborg primär um den „Normativitäts-Aspekt“ (Esfeld 2003: 129) <strong>bei</strong>m Regelfolgen geht und nicht<br />

um den „Infinitäts-Aspekt“ (ibid.). Für Kritik an Ginsborgs Konzeption auf Basis des Regress-Problems<br />

siehe (Haddock 2012).

Hooray! Your file is uploaded and ready to be published.

Saved successfully!

Ooh no, something went wrong!