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Was sollen wir tun? Was dürfen wir glauben? - bei DuEPublico ...

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300 BAUMBERGER<br />

globalen Erwärmung zeigt (zumindest in qualitativen Begriffen), wie diese von steigenden<br />

Treibhausgaskonzentrationen abhängt. Abhängigkeiten dieser Art werden typischerweise<br />

durch Generalisierungen erfasst. 1 In einfachen kausalen Fällen umfasst eine hinreichend<br />

anspruchsvolle Erklärung damit ein Explanandum p und ein Explanans, das aus einer<br />

Anfangs- oder Randbedingung q besteht, die angibt, von welchen Faktoren p abhängt, und<br />

einer Generalisierung G, die angibt, wie p von den in q spezifizierten Faktoren abhängt.<br />

Eine Generalisierung hat nur dann Erklärungskraft, wenn sie kontrafaktische Konditionale<br />

stützt, die beschreiben, wie p sich ändern würde, wenn einige der in q erwähnten Faktoren in<br />

verschiedener Hinsicht anders wären. In unserem Beispiel beschreiben sie, wie die globale<br />

Mitteltemperatur sich mit veränderten Treibhausgaskonzentrationen ändern würde. Solche<br />

Generalisierungen erlauben damit die Beantwor<strong>tun</strong>g dessen, was James Woodward „What-ifthings-had-been-different<br />

questions“ nennt (kurz: „<strong>Was</strong>-wäre-wenn-Fragen“). Das sind<br />

Fragen dazu, welchen Unterschied es für das Explanandum machen würde, wenn einige der<br />

im Explanans erwähnten Faktoren in verschiedener Hinsicht anders wären (Woodward<br />

2003: 11). Es ist jedoch wohlbekannt, dass nicht jede Generalisierung, die kontrafaktische<br />

Konditionale stützt, eine Kausalbeziehung beschreibt; sie kann <strong>bei</strong>spielsweise auch bloß zwei<br />

Wirkungen einer gemeinsamen Ursache zueinander in Beziehung setzen. Um eine<br />

Kausalbeziehung zu beschreiben muss eine Generalisierung nach dem vielversprechenden<br />

Vorschlag von Woodward zudem invariant sein unter einer Menge von Interventionen an den<br />

in q spezifizierten Faktoren (vgl. Woodward 2003: 14–16; Kap. 3).<br />

Nun kann man aber im Besitz einer kausalen Erklärung sein, die eine invariante<br />

Generalisierung enthält, welche kontrafaktische Konditionale stützt, die darüber Auskunft<br />

geben, was unter Interventionen geschehen würde, und dennoch nicht verstehen (sondern<br />

nur wissen), warum das Explanandum-Ereignis eintritt. Das ist dann der Fall, wenn man<br />

keinerlei Auffassung davon hat, wie die spezifizierte Ursache die fragliche Wirkung<br />

hervorbringen kann. Das war eine der Leitideen meines Einstiegs<strong>bei</strong>spiels. Ich kann wissen,<br />

dass die globale Erwärmung durch steigende Treibhausgaskonzentrationen verursacht <strong>wir</strong>d<br />

und selbst wissen, wie Treibhausgaskonzentrationen und die globale Erwärmung korreliert<br />

sind, ohne irgendeine Auffassung des zugrundeliegenden kausalen Mechanismus des<br />

Treibhauseffekts zu haben. Eine solche Auffassung mag nicht notwendig sein für eine<br />

Erklärung der globalen Erwärmung; aber sie scheint notwendig für ein explanatorisches<br />

Verständnis derselben. Die Generalisierung G muss deshalb Informationen über den<br />

zugrundeliegenden Kausalmechanismus enthalten, der p und q verknüpft.<br />

2.1.2 Nicht-kausale Erklärungen<br />

Nicht jede Erklärung ist eine Kausalerklärung. Offensichtliche Beispiele nicht-kausaler<br />

Erklärungen einzelner Tatsachen oder Ereignisse finden sich in den Bereichen der Moral und<br />

der Ästhetik; zum Beispiel, wenn <strong>wir</strong> erklären, warum eine Ungleichverteilung von sozialen<br />

oder ökonomischen Gütern gerecht ist, indem <strong>wir</strong> zeigen, dass die am schlechtesten gestellten<br />

Mitglieder der Gesellschaft von ihr profitieren; oder wenn <strong>wir</strong> erklären, warum ein Gemälde<br />

schön ist, indem <strong>wir</strong> darauf hinweisen, dass seine Komposition harmonisch ist. Aber auch die<br />

Physik kennt nicht-kausale Erklärungen; zum Beispiel wenn erklärt <strong>wir</strong>d, warum ein Gas die<br />

Temperatur t hat, indem darauf hinwiesen <strong>wir</strong>d, dass die es konstituierenden Moleküle die<br />

mittlere kinetische Energie m haben. Eine solche Erklärung kann keine Kausalerklärung sein,<br />

da die Temperatur t nicht durch die mittlere kinetische Energie m verursacht werden kann,<br />

wenn Temperatur = mittlere kinetische Energie (Ruben 1990: 219). Natürlich gibt es auch<br />

nicht-kausale Erklärungen allgemeiner Verhältnisse wie sie von Regularitäten, Gesetzen,<br />

Prinzipien oder Theoremen ausgedrückt werden. Klare Fälle sind explanatorische Beweise in<br />

1<br />

Alternativen dazu sind z.B. Diagramme und gerichtete Graphen (vgl. Woodward 2003: 42).

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