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Was sollen wir tun? Was dürfen wir glauben? - bei DuEPublico ...

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MODALE ARGUMENTE 251<br />

(1) Es erscheint metaphysisch möglich, dass Schmerz ≠ Das Feuern von C-Fasern<br />

(Kripke 1980, 146).<br />

(2) Wenn es metaphysisch möglich erscheint, dass Schmerz ≠ Das Feuern von C-<br />

Fasern., und sich dieser Anschein nicht durch eine Fehlertheorie wegerklären lässt,<br />

dann ist es metaphysisch möglich, dass Schmerz ≠ Das Feuern von C-Fasern. (Vgl.<br />

Kripke 1980, 143)<br />

(3) Es ist nicht durch eine Fehlertheorie wegerklärbar, dass es metaphysisch möglich<br />

erscheint, dass Schmerz ≠ Das Feuern von C-Fasern (Kripke 1980, 151).<br />

(4) Also (aus 1,2,3): Es ist metaphysisch möglich, dass Schmerz ≠ Das Feuern von C-<br />

Fasern (Kripke 1980, 152).<br />

(5) Wenn es metaphysisch möglich ist, dass Schmerz ≠ Das Feuern von C-Fasern, ist<br />

der Materialismus falsch (Vgl. Kripke 1980, 149).<br />

(6) Also: Der Materialismus ist falsch.<br />

5 und 6 sind Vereinfachungen, da sich Kripkes 1 Argument in seiner ursprünglichen Form nur<br />

gegen die Typ-Identitätstheorie wendet. Jedoch ist dies nicht der entscheidende Punkt und<br />

das Argument lässt sich problemlos erweitern, so dass es den Materialismus im Allgemeinen<br />

trifft. Entscheidend hier ist Prämisse 2*, die dringend einer Rechtfertigung bedarf.<br />

Weshalb <strong>dürfen</strong> <strong>wir</strong> vom Anschein metaphysischer Möglichkeit von Schmerz ≠ Das Feuern<br />

von C-Fasern auf die metaphysische Möglichkeit von Schmerz ≠ Das Feuern von C-Fasern<br />

schließen, sofern keine Wegerklärung möglich ist? Kripke scheint wie folgt zu argumentieren:<br />

Alle Fälle, in denen es möglich scheint, dass p, ohne dass p möglich ist, sind derart, dass <strong>wir</strong><br />

die Möglichkeit von p mit der Möglichkeit einer zu p qualitativ identischen Situation<br />

verwechseln (Kripke 1980, 142f).<br />

In den meisten so gelagerten Fällen können <strong>wir</strong> nur mithilfe empirischen Wissens erkennen,<br />

dass <strong>wir</strong> diesen Fehler begangen haben, so dass <strong>wir</strong> meist empirisches Wissen brauchen, um<br />

sicherzustellen, dass etwas möglich ist. Im Falle von Schmerzen und dem Feuern von C-<br />

Fasern ist dies, laut Kripke, jedoch anders. Da jede Situation, die mit einer Schmerz-Situation<br />

qualitativ identisch ist, eine Schmerz-Situation ist, kann hier keine Fehlertheorie greifen, und<br />

<strong>wir</strong> können a priori einsehen, dass Prämisse 4* wahr ist. Der Materialismus ist also falsch.<br />

Man kann dieses Argument an einigen Stellen kritisieren - z.B. indem man behauptet, auch<br />

hier ließe sich eine Fehlertheorie entwerfen (Vgl. Hill 1997).<br />

Mein Kritikpunkt an Kripkes modalem Argument gegen den Materialismus ist<br />

grundlegender. Kripke akzeptiert klarerweise, dass metaphysische Modalität ihre Wurzeln in<br />

wesentlichen Eigenschaften von Dingen und/oder möglichen Welten hat (Kripke 1980, 39ff.).<br />

Sie soll grundlegend verschieden von begrifflicher Modalität sein. Dann ist jedoch Prämisse 2<br />

ohne Rechtfertigung. Um vom Anschein von Möglichkeit auf Möglichkeit zu schließen, kann<br />

es unter Annahme eines solchen realistischen Bildes nicht genügen, zu zeigen, dass<br />

psychologische Anscheine, empirische Tatsachen etc. nicht verbieten, von 1 auf 4 zu<br />

schließen. Stattdessen bräuchte Kripke, damit dieser Schluss legitim wäre, eine Begründung<br />

dafür, weshalb ein Anschein von Möglichkeit überhaupt in zuverlässiger Weise mit dem<br />

Bestehen von Möglichkeit verbunden ist. Hierzu wäre jedoch ein Vermögen nötig, von dem<br />

sich zeigen lässt, dass es sensitiv gegenüber dem Vorliegen wesentlicher Eigenschaften von<br />

1<br />

Ich lege hier die Soames-Lesart von Kripke zugrunde. Es gibt auch Stellen, an denen Kripke sich so<br />

äußert, dass er Zweidimensionalisten wie Chalmers näher steht, dann würde ihn die Kritik treffen, die<br />

ich gegen Chalmers richte (Vgl. Soames 2006). Tahko radikalisiert die Unterscheidung zwischen den<br />

Philosophen, die metaphysische Modalität linguistisch erklären und denen, die sie essenzialistisch<br />

erklären, in klarsichtiger Weise noch weiter als Soames, in dessen Ontologie von metaphysischer<br />

Modalität er ebenfalls anti-essenzialistische Züge ausmacht (Vgl. Tahko forthc.).

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