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Was sollen wir tun? Was dürfen wir glauben? - bei DuEPublico ...

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BLUMENTHAL 23<br />

(iv)<br />

(v)<br />

Fiktive Gegenstände werden von den Autoren fiktionaler Werke erschaffen.<br />

Fiktive Gegenstände existieren nicht <strong>wir</strong>klich, sondern nur als-fiktive-Gegenstände.<br />

Ein naheliegender Einwand besteht nun darin zu sagen, dass diese Auskünfte unvollständig<br />

sind. Denn es bleibt ja zunächst ganz unklar, wie es zu verstehen ist, dass fiktive Gegenstände<br />

zwar nicht existieren, aber sehr wohl als-fiktive-Gegenstände-existieren und von Autoren<br />

fiktionaler Werke erschaffen werden. Ich verstehe die im Rest dieses Abschnitts zu<br />

diskutierenden Positionen als Versuche, diese Unklarheiten zu beseitigen, ohne da<strong>bei</strong> die<br />

Grundidee des Searle’schen Ansatzes mit über Bord zu werfen. Konkreter heißt das, dass (i)-<br />

(iii) <strong>bei</strong>behalten, (iv) und (v) hingegen verworfen oder modifiziert werden.<br />

Peter van Inwagens Versuch einer Präzisierung der Überlegungen Searles besteht darin,<br />

fiktive Gegenstände als theoretische Gegenstände zu fassen, auf deren Existenz <strong>wir</strong> uns durch<br />

unsere Verwendung von AFKs festlegen. (Van Inwagen 1983) Das Argument, welches er zur<br />

Stützung dieser These vorbringt, geht von der Voraussetzung aus, dass naive Theorien der<br />

Semantik von AFKs angemessen sind. Genau wie Russell in seiner Kritik solcher Theorien<br />

sieht nun auch van Inwagen, dass diese zusammen mit der Prämisse, dass einige AFKs wahr<br />

sind, darauf verpflichten anzuerkennen, dass fiktive Gegenstände existieren. Im Gegensatz zu<br />

Russell hat van Inwagen jedoch keinerlei Skrupel, diese Verpflich<strong>tun</strong>g einzugehen. Der Grund<br />

hierfür ist, dass er anders als Russell keinen engen, raum-zeitlichen Existenzbegriff vertritt,<br />

sondern im Gegenteil denselben im Sinne des in (Quine 1963) entworfenen ontologischen<br />

Relativismus versteht.<br />

Grob zusammengefasst, besagt Quines ontologischer Relativismus, dass die Frage, welche<br />

Gegenstände existieren, nicht durch „objektive“ Untersuchungen der raum-zeitlichen Welt<br />

beantwortet werden und der Begriff der Existenz somit nicht rein raum-zeitlich verstanden<br />

werden kann. Stattdessen ist die Frage „<strong>Was</strong> gibt es?“ Quine zufolge gleichbedeutend mit der<br />

folgenden: Welche Aussagen und Theorien erkennen <strong>wir</strong> an und welche ontologische<br />

Verpflich<strong>tun</strong>gen handeln <strong>wir</strong> uns dadurch ein? Van Inwagen interpretiert Quine nun so, dass<br />

damit alle spezifisch ontologischen Erwägungen durch eine allgemeine Meta-Ontologie<br />

ersetzt wurden. Gemäß seiner Lesart besagt Quines ontologischer Relativismus, dass <strong>wir</strong><br />

immer zuerst und ohne Ansehung ontologischer Argumente entscheiden, welche Aussagen<br />

und Theorien <strong>wir</strong> anerkennen. Danach klären <strong>wir</strong> in einem zweiten Schritt, auf die Existenz<br />

welcher Gegenstände <strong>wir</strong> uns dadurch verpflichtet haben. Genau diese Gegenstände<br />

existieren, und ihr ontologischer Status ist der eines theoretischen Gegenstandes der<br />

jeweiligen Theorie oder Aussage. Indem van Inwagen diese Meta-Ontologie auf AFKs<br />

anwendet, kann er dann einfach sagen, fiktive Gegenstände seien „theoretical entit[ies] of<br />

literary criticism“ (Van Inwagen 1983: 75) auf genau dieselbe Art und Weise, wie die leere<br />

Menge ein theoretischer Gegenstand der Zermelo-Fraenkel-Mengenlehre ist und Häuser und<br />

Steine theoretische Gegenstände unseres alltäglichen Redens über Häuser und Steine sind.<br />

Damit ist es ihm scheinbar gelungen, an den Searle’schen Kerneinsichten (i)–(iii)<br />

festzuhalten, ohne da<strong>bei</strong> auch die unterbestimmten Thesen (iv) und (v) zu unterschreiben.<br />

Doch die Unklarheiten bleiben an Bord, obgleich vielleicht auf verstecktere und weniger<br />

offensichtliche Art und Weise als <strong>bei</strong> Searle. Denn anders als Mengen, Häuser und Steine<br />

haben fiktive Gegenstände im Sinne van Inwagens eine unangenehme Eigenschaft: Theorien,<br />

die ihre Existenz anerkennen, werden OF nicht gerecht. 7 Um zu sehen warum, betrachte man<br />

zunächst van Inwagens Antizipation dieses Einwands:<br />

7<br />

Dieser Befund, den ich gleich begründen werde, ist vielleicht insofern überraschend, als ich mich in<br />

meiner Argumentation für OF genau wie van Inwagen auf (Quine 1963) bezogen habe. Er erklärt sich<br />

jedoch, wenn man sich klar macht, dass van Inwagen Quine insofern missdeutet, als Quine eben gerade<br />

nicht vorschlägt, Ontologie komplett durch Meta-Ontologie zu ersetzen. Bestimmte spezisch<br />

ontologische Erwägungen bleiben weiterhin relevant, wenn es darum geht zu entscheiden, welche<br />

Gegenstände existieren und welche Theorien <strong>wir</strong> anerkennen <strong>sollen</strong>.

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