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Was sollen wir tun? Was dürfen wir glauben? - bei DuEPublico ...

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MECHANISTISCHE ERKLÄRUNG: REDUKTIV ODER NICHT? 227<br />

Aktionspotential entlang des Axons ausbreiten (in etwa vergleichbar mit dem „Abbrennen“<br />

einer Zündschnur).<br />

In dieser mechanistischen Erklärungsskizze wurden z.B. folgende Entitäten benannt: die<br />

Zelle, ihre Teile wie Dendriten, Axonhügel und Axon; Natrium- und Kalium-Ionen;<br />

verschiedene Arten von Ionenkanälen wie spannungsgesteuerte Natrium- und Kalium-<br />

Kanäle, die Natrium-Kalium-Pumpe, etc. Die Aktivitäten im beschriebenen Mechanismus<br />

sind z.B. Depolarisieren, Öffnen, Schließen, Einströmen, Ausströmen, etc. Die zeitliche und<br />

räumliche Organisation wurde ebenso angedeutet: z.B. das Schließen der Natrium-Kanäle<br />

nach einer kurzen Zeit von 1 ms, die Signalweiterlei<strong>tun</strong>g in eine Rich<strong>tun</strong>g vom Zellkörper und<br />

Axonhügel weg zum Ende des Axons hin.<br />

Die Auseinandersetzung mit dem mechanistischen Erklärungsansatz <strong>wir</strong>ft einige Fragen auf,<br />

die ich hier kurz andeuten, denen ich jedoch im Folgenden nicht weiter nachgehen möchte<br />

(einen interessanten Beitrag dazu leistet m.E. Fazekas & Kertész 2011). Eine der Fragen ist<br />

diejenige nach dem Zusammenhang zwischen dem Mechanismus und dem zu erklärenden<br />

Phänomen. Der Mechanismus erklärt das Phänomen, also scheint er nicht damit identisch<br />

sein zu können. Weiterhin scheint der Mechanismus als Ganzer (mitsamt seiner<br />

Organisation) auf einer höheren Ebene ansässig zu sein als die entsprechenden Teile des<br />

Phänomens bzw. Teile im Mechanismus (man spricht auch davon, dass die organisierten<br />

Teile den Mechanismus konstituieren). Man fragt sich hier <strong>bei</strong>spielsweise, auf welcher Ebene<br />

sich die „organisierten“ Teile eines Mechanismus befinden: auf der Ebene der Teile, auf der<br />

(höheren) Ebene des Mechanismus oder auf der (ebenfalls höheren) Ebene des Phänomens?<br />

Diese Fragen zu beantworten scheint relevant für die Bewer<strong>tun</strong>g des mechanistischen<br />

Ansatzes als ein reduktiver oder nicht-reduktiver Ansatz zu sein (siehe Fazekas & Kertész<br />

2011). Hier möchte ich jedoch einen anderen Weg einschlagen und explizit eine Kritik von<br />

Craver (2007) zurückweisen (siehe Abschnitte 4 und 5).<br />

Nach dieser ausführlichen Illustration, wie eine mechanistische Erklärung aussieht, komme<br />

ich zum nächsten Abschnitt.<br />

3. Mechanistische Erklärung als ein reduktiver Ansatz<br />

3.1 Modelle der Reduktion<br />

Zuerst soll ein kurzer Überblick über die klassische Reduktion und ihre Ableger gegeben<br />

werden. Bei klassischen Reduktionsmodellen handelt es sich um Varianten der<br />

Theorienreduktion, d.h. es werden verschiedene Theorien aufeinander reduziert. Die <strong>bei</strong>den<br />

wichtigsten formalen Prinzipien der Nagel-Reduktion (Nagel 1961: Kapitel 11) sind<br />

Verknüpfbarkeit (connectability) und Ableitbarkeit (derivability), d.h. wenn es der Fall ist,<br />

dass einige von den Begriffen der zu reduzierenden Theorie nicht in der reduzierenden<br />

Theorie enthalten sein sollten (heterogene Reduktion), so kann über begriffliche<br />

Verbindungen (die viel zitierten Brückengesetze) das fehlende Vokabular in die reduzierende<br />

Theorie eingeführt werden (Verknüpfbarkeit). Verfügen <strong>bei</strong>de Theorien dann über die<br />

gleichen Begriffe (bzw. die Basistheorie muss über die (wahren) Begriffe der zu reduzierenden<br />

Theorie verfügen, Nagel spricht von homogener Reduktion), so können auch idealerweise die<br />

Gesetze der zu reduzierenden Theorie aus den Gesetzen der reduzierenden Theorie abgeleitet<br />

werden (Ableitbarkeit). Aus der Ableitbarkeit folgt die Verknüpfbarkeit, aber nicht<br />

umgekehrt.<br />

Eine eher metaphysische Abwandlung dieses Ansatzes ist in dem Manifest (wie es Craver<br />

(2007) nennt) von Oppenheim und Putnam (1958) zu finden – in ihrem Programm der<br />

Mikroreduktion. Hier werden reduktive Ebenen vorausgesetzt und Reduktion <strong>wir</strong>d als Mittel<br />

begriffen, eine Vereinheitlichung in den Wissenschaften herzustellen, d.h. es werden nur<br />

reduktive Beziehungen zwischen den Ebenen als vereinheitlichend gewertet.

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