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Was sollen wir tun? Was dürfen wir glauben? - bei DuEPublico ...

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BLUMENTHAL 19<br />

An dieser Stelle stellen sich freilich sofort die Fragen, was es überhaupt heißt, dass ein<br />

Gegenstand unvollständig oder nicht-individuierbar ist, und warum solche Gegenstände vor<br />

dem Hintergrund eines semantischen Inferentialismus problematisch sind. Um sie<br />

beantworten zu können, muss ich auf zwei Begriffe zurückgreifen, die bislang noch nicht<br />

eingeführt wurden: die Begriffe der Determinablen und der Determinaten. 4<br />

Die Begriffe „Determinable“ und „Determinate“ gehen zurück auf den Logiker W. E. Johnson,<br />

welcher sie folgendermaßen einführt: „I propose to call such terms as colour and shape<br />

determinables in relation to such terms as red and circular which will be called determinates.“<br />

(Johnson 1921, 171) Ohne auf umstrittene Detailfragen einzugehen, kann ich die Grundidee<br />

der von Johnson eingeführten Unterscheidung so erläutern: 5 Ein Prädikat F ist eine<br />

Determinable, wenn es Prädikate F i gibt, welche spezifizieren, inwiefern ein F-Gegenstand F<br />

ist. Ist dies der Fall, so heißen die F i „Determinaten von F“. Das Prädikat „ist farbig“ ist somit<br />

eine Determinable, weil es eine Reihe anderer Prädikate gibt – „ist rot“, „ist blau“ etc. –<br />

welche spezifizieren, inwiefern ein farbiger Gegenstand farbig ist. Diese Farbprädikate<br />

wiederum sind Determinaten von „ist farbig“. Die im Kontext dieser Ar<strong>bei</strong>t entscheidende<br />

Eigenschaft von Determinablen besteht nun darin, dass es keinen Gegenstand gibt, welcher<br />

unter eine Determinable fällt, ohne zugleich auch unter eine ihrer Determinaten zu fallen.<br />

(Funkhouser 2006: 549) So sind farbige Gegenstände immer auf eine bestimmte Art und<br />

Weise farbig – sie sind rot, blau oder gelb. Es gibt keine schlichtweg farbigen Gegenstände.<br />

Um die Begriffe der Determinablen und der Determinaten für eine Ausbuchstabierung und<br />

Begründung von OF auf eine Art und Weise fruchtbar machen zu können, die mit dem<br />

inferentialistischen Setting der Ar<strong>bei</strong>t im Einklang steht, muss ich explizit anerkennen, dass<br />

es Determinablen im eben eingeführten Sinne innerhalb unserer Sprachpraxis tatsächlich<br />

gibt. Oder besser: Ich muss die Prämisse unterschreiben, dass es innerhalb unserer<br />

Begründungspraxis Prädikate F gibt, für die erstens gilt, dass auf die Behaup<strong>tun</strong>g „x ist F“ hin<br />

die Frage „Inwiefern ist x F?“ stets legitim ist, und die zweitens eine Menge anderer Prädikate<br />

F i mit sich bringen, welche zusammengenommen alle Antwortmöglichkeiten auf diese<br />

Inwiefern-Frage bereitstellen. Diese Prämisse werde ich – wie die Bezeichnung schon<br />

nahelegt – nicht ausführlich begründen. Stattdessen muss der Hinweis genügen, dass so<br />

alltägliche Prädikate wie „ist farbig“, „ist ein Vieleck“ aber auch „ist behaart“ über die<br />

erforderlichen Eigenschaften verfügen.<br />

Es ist mir nun möglich, zu explizieren, was ich unter Vollständigkeit und Individuierbarkeit<br />

verstehe:<br />

Definition – „Vollständigkeit“<br />

Ein Gegenstand x ist genau dann vollständig, wenn für jede Determinable F, unter die x<br />

fällt, gilt, dass für alle Determinaten F i von F die Aussage „x ist F i“ entweder wahr oder<br />

falsch ist.<br />

Definition – „Individuierbarkeit“<br />

Ein Gegenstand x ist genau dann individuierbar, wenn für jede Determinable F, unter<br />

die x fällt, die Frage sinnvoll ist, unter welche der Determinaten F i von F x fällt.<br />

4<br />

Ich verstehe die folgenden Erläuterungen als Ausbuchstabierung der Quine’schen Formel „There is no<br />

entity without identity.“ (Quine 1981: 102) Vgl. auch seine Argumentation gegen die Existenz möglicher<br />

Gegenstände. (Quine 1963: 4)<br />

5<br />

Bei diesen Detailfragen handelt es sich <strong>bei</strong>spielsweise um die folgenden: Wie ist das Verhältnis der<br />

Unterscheidung zwischen Determinable und Determinaten zu der zwischen Genus und Spezies? Sind<br />

Determinaten notwendigerweise (nicht-)disjunkt? Ist die Relation „ist Determinate von“ transitiv, d.h.<br />

ist „ist hellrot“ Determinate von „ist farbig“? Vgl. (Sanford 2011) für eine ausführliche Diskussion dieser<br />

und verwandter Fragestellungen.

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