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Was sollen wir tun? Was dürfen wir glauben? - bei DuEPublico ...

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18 REDE ÜBER FIKTIVE KONTEXTE<br />

Beziehungen ihrerseits rein innersprachlich gefasst <strong>wir</strong>d. 2 Demgegenüber machen Vertreter<br />

eines anti-formalistischen Inferentialismus geltend, dass hierfür wesentlich auch<br />

außersprachliche Praktiken in den Blick genommen werden muss. Bei diesen Praktiken<br />

handelt es sich im Ansatz von Robert Brandom um soziale Praktiken des Begründens und<br />

Rechtfertigens. 3 (Brandom 1994) Damit ist gemeint, dass sich die Bedeu<strong>tun</strong>g einer Aussage p<br />

unter anderem dadurch konstituiert, dass die Mitglieder einer Sprachgemeinschaft einer<br />

Sprecherin den Schluss von p auf q durchgehen lassen, oder sie als darauf verpflichtet<br />

ansehen, auch r zu vertreten, wenn sie p vertritt.<br />

Nimmt man diese bedeu<strong>tun</strong>gstheoretischen Überzeugung zum Ausgangspunkt, dann <strong>wir</strong>d<br />

einsichtig, dass eine Theorie der Semantik einer bestimmten Klasse von Aussagen K der Form<br />

nach folgendermaßen muss: Sie muss verständlich machen, warum K-Aussagen in<br />

denjenigen inferentiellen Beziehungen stehen, die in der sozialen Praxis des Begründens und<br />

Rechtfertigens faktisch etabliert sind. Oder anders ausgedrückt: Sie muss in Begriffen in<br />

ihrem Funktionieren bereits besser verstandener J-Aussagen das inferentielle Netz, in<br />

welches K-Aussagen eingebettet sind, explizieren und offenlegen.<br />

2.2 Zwei Forderungen<br />

Aus der soeben vorgenommen allgemeinen Charakterisierung der Form einer Theorie der<br />

Semantik von K-Aussagen ergibt sich direkt, dass eine angemessene Theorie der Semantik<br />

von AFKs folgender Forderung gerecht werden muss:<br />

IF – Inferentialistische Forderung<br />

Eine angemessen Theorie der Semantik von AFKs muss den spezifischen, praktisch<br />

konstituierten inferentiellen Beziehungen, in denen durch AFKs gemachte Aussagen<br />

stehen, erstens gerecht werden und sie zweitens verständlich und explizit machen.<br />

Der Gedanke hinter IF ist der, dass erstens einer Theorie, die behauptet, von AFKs gemachte<br />

Aussagen stünden in Wahrheit in anderen inferentiellen Beziehungen als den praktisch<br />

etablierten, vor dem Hintergrund einer alistischen Semantik attestiert werden muss, dass sie<br />

ihr Thema verfehlt. Denn es sind ja gerade diese praktisch etablierten, inferentiellen<br />

Beziehungen, die laut einer alistischen Semantik die Bedeu<strong>tun</strong>g ebenjener Aussagen – und<br />

damit den intendierten Gegenstand der Theorie – ausmachen. Zweitens muss eine<br />

angemessene Theorie die von AFKs gemachten Aussagen in eine Form überführen, in der<br />

man ihnen ihre inferentielle Rolle gewissermaßen direkt ansieht. Denn nur von einer Theorie,<br />

der dies gelingt, kann man sagen, dass sie der Form nach eine Theorie ist, d.h. dass sie es<br />

schafft, die Bedeu<strong>tun</strong>g von AFKs offenzulegen.<br />

Nach dem bisher Gesagten stellt sich die Frage, was es über IF hinaus noch zu fordern gibt.<br />

Denn <strong>wir</strong>d eine Theorie IF gerecht, so erfüllt sie ja bereits die oben entwickelten<br />

Formkriterien einer Theorie der Semantik von AFKs gemachter Aussagen. Die nun folgende<br />

ontologische Forderung ist daher nicht als eigenständiges Desiderat, sondern als Folgerung<br />

aus IF zu verstehen:<br />

OF – Ontologische Forderung<br />

Eine angemessene Theorie der Semantik von AFKs darf nur auf Entitäten<br />

zurückgreifen, die sowohl vollständig als auch individuierbar sind.<br />

2<br />

Als ein Vertreter des formalistischen Inferentialismus ist vor allem Wilfrid Sellars zu nennen. Vgl.<br />

insbesondere (Sellers 1954) und (Sellers 1997: 64–68).<br />

3<br />

Der zweite prominente Vertreter des anti-formalistischen Inferentialismus ist Donald Davidson,<br />

welcher <strong>bei</strong> den für Bedeu<strong>tun</strong>g konstitutiven außersprachlichen Praktiken in erster Linie an<br />

intersubjektive Praktiken der Verständigung und wechselseitigen Interpretation in einer geteilten Welt<br />

denkt. (Davidson 1984, 2001)

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