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Unterstufenpapierversion1#3#2005

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Richtlinien zur Erstellung und Beurteilung schriftlicher Arbeiten in Englisch in der Unterstufe<br />

4.2.4. Giftschränkchen<br />

Grammatik und auch Vokabeln und Kollokationen werden nach wie vor kaum anwendungs-<br />

Orientiert, sondern in isolierten Sätzen und nach mechanistischen Regeln, die mit wirklichem<br />

Sprachgebrauch wenig zu tun haben, unterrichtet und daher auch so überprüft.<br />

Ein Beispiel dafür ist die angebliche Regel der systematischen Veränderung von bestimmten<br />

Adverbien in reported speech. Sie ist jedoch keine syntaktische Gesetzmäßigkeit, sondern hängt ausschließlich<br />

von der Sprachsituation ab. Here bleibt here oder wird zu there, je nachdem, wo der Sprecher<br />

sich befindet, last year bleibt last year oder wird zu the year before, je nachdem, wie lange in der Realität<br />

des Sprechers ein Ereignis zurückliegt. Das Unterrichten (und die Überprüfung) dieser „Regel“ sind unnötig,<br />

da wir es mit einer rein sprachlogischen, an den Sprech-/Schreibanlass gebundenen Gegebenheit zu<br />

tun haben.<br />

Ein weiteres Beispiel:<br />

Die Aufgabenstellung „Frage nach allen unterstrichenen Wörtern“ regt zwar zur schrittweisen, systematischen<br />

Anwendung der Gesetzmäßigkeiten der Fragebildung an, die spontane Abrufbarkeit im Kontext wird<br />

dadurch jedoch nicht trainiert.<br />

Ein letztes Beispiel: Die Aufgabe, eine Reihe von aktiven Sätzen ins Passiv zu setzen, dient zwar der Festigung<br />

der Struktur, hat jedoch mit Abrufbarkeit und adäquater Anwendung dort, wo das Passiv die einzig<br />

angemessene Form ist, nichts zu tun und wird sie auch nicht fördern. Eine solche Überprüfungsform geht<br />

damit an den Intentionen eines handlungsorientierten Fremdsprachenunterrichts vorbei.<br />

Dieser mechanistische Zugang zu Grammatiküberprüfungen ist eine Erklärung dafür, dass Schüler<br />

bestimmte Strukturen zwar während der Schularbeit reproduzieren können, ihr „Wissen“ jedoch nicht im<br />

selben Ausmaß Niederschlag in freien Anwendungsformen, also der eigentlichen Kommunikation<br />

findet. Vor allem im Bereich der Syntax ist der Abwechslungsreichtum selbst bei guten Schülern gering,<br />

manche Strukturen (Vorzeitigkeit, nuanciertere Anwendung des future, gerunds, etc.) kommen so gut wie<br />

nie vor, weil sie isoliert und as ends in themselves unterrichtet und getestet werden.<br />

Ein weiterer Grund für die geringe Nachhaltigkeit von grammar lessons ist, dass bestimmte Strukturen oft<br />

zu früh unterrichtet und getestet werden. Dies führt dazu, dass Schüler sie von ihrem lernpsychologischen<br />

Entwicklungsstand her nicht wirklich erfassen und in die Kompetenzebene übernehmen können und nur<br />

durch mechanistische Eselsbrücken (z.B. Signalwörter bei present perfect) auf der Performanzebene wiedergeben.<br />

Dies wiederum erklärt, warum sie in der Anwendung so selten vorhanden, aber auch, warum<br />

gerade in diesen Bereichen Fehler so häufig sind. Jede Grammatikstruktur deckt einen Kommunikationsakt<br />

(function) ab. Wenn ein Lerner diese function für die im Unterricht nötige Kommunikation nicht braucht<br />

(Grammar taught as an end in itself!) oder ihn kognitiv noch nicht erfassen kann, wird er diese Grammatikstruktur<br />

nicht wirklich erwerben und später kompetent anwenden. Strukturen wie der past progressive, der<br />

present perfect tense in allen ihren Verwendungen, bestimmten modalen Bezügen oder der Differenzierung<br />

in verschiedene Zukunftsformen liegen komplexe logistische Kategorien zugrunde. Sie in der zweiten<br />

bzw. Anfang der dritten Klasse zu unterrichten, ist von den kognitiven Möglichkeiten der Schüler her zu<br />

früh. Wenn diese Strukturen zur Bewältigung von Sprachsituationen auf dieser Ebene im Unterricht unbedingt<br />

gebraucht werden, ist es weit sinnvoller, sie in kleinen Dosen als lexical items einzuführen, zu üben<br />

und zu testen. Das Grammatikkapitel in seiner Gesamtheit ohne Anwendungsnotwendigkeit zu unterrichten<br />

und in einer Übung, die alle Möglichkeiten inklusive aller Ausnahmen enthält, dekontextualisiert zu<br />

überprüfen, ist wenig zielführend.<br />

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