CHORAL MUSIC BY JONATHAN DOVE - Abeille Musique
CHORAL MUSIC BY JONATHAN DOVE - Abeille Musique
CHORAL MUSIC BY JONATHAN DOVE - Abeille Musique
Create successful ePaper yourself
Turn your PDF publications into a flip-book with our unique Google optimized e-Paper software.
Crashaw aus dem 17. Jahrhundert. Das Gedicht hat einen<br />
Hirtenchor, der die beiden Protagonisten Tityrus und<br />
Thyrsis (ebenfalls Hirten) auffordert zu erzählen, was sie<br />
bei Jesu Geburt sahen. Dove verarbeitet einen sehr kurzen<br />
Auszug aus dem Chor und einen Versteil, in dem Tityrus<br />
und Thyrsis miteinander sprechen („We saw thee in thy<br />
balmy nest“ / Wir sahen Dich in Deinem gesalbten Nest).<br />
Dove hat sich über die paradoxe Bildhaftigkeit von Crashaw<br />
geäußert, die ihn stark angesprochen hat: „Ewigkeit in<br />
einer Zeitspanne gefangen. Sommer im Winter, Tag in der<br />
Nacht“, was mit beachtenswerter Sparsamkeit die Kraft<br />
dieses wundersamen Ereignisses vermittelt.<br />
Doves Vertonung nutzt die ständige Wiederholung der<br />
Worte „wellcome wonder“ als Begleitmotiv wie eine schaukelnde<br />
Wiege und vielleicht auch zur Symbolisierung der<br />
gedämpften Ehrfurcht der Hirten. Dazwischen singen erst<br />
die hohen Stimmen, dann die ersten Bässe und noch<br />
später die Tenöre den vollständigen Text in wunderbar<br />
lyrischer Vertonung, die laut Vortragsbezeichnung „mit<br />
Ehrfurcht“ zu singen ist. Gegen Ende des ersten Abschnitts,<br />
der in der Mitte und nahe dem Ende wiederkehrt,<br />
wartet Dove zu den Worten „God in man“ mit einem<br />
wunderbaren Theatercoup auf, einem magischen Effekt,<br />
der zeitweilig den Fluss unterbricht und alle Stimmen<br />
in hoher Lage und in einer von allem unmittelbar Vorhergehenden<br />
entfernten Tonart singen lässt.<br />
The Star-Song ist ein weiteres Werk für Weihnachten,<br />
das ebenso wie Wellcome, all wonders ein kleines Drama<br />
mit verteilten Rollen ist, in diesem Fall ein Dialog zwischen<br />
dem Stern im Osten und dem Chor, der möglicherweise<br />
die Hirten versinnbildlicht. Das Gedicht stammt von<br />
Robert Herrick (1591–1674), der den Chor mit blumiger<br />
Sprache fragen lässt, wo Christus zu finden sei. Es wird<br />
vermutet, er liege auf Lilienhängen oder „in einer<br />
Blumenarche“, „in des Morgens errötender Wange“ und<br />
so weiter. Der Stern antwortet mit einem resoluten „Nein“<br />
19<br />
und erklärt ihnen, er liege lediglich an seiner Mutter<br />
Brust. Der Chor antwortet in Aufregung: „Er ist geseh’n,<br />
Er ist geseh’n!“, und sie bieten ihm Trinksprüche, wählen<br />
ihm zum König und seine Mutter zur Königin. Dies ist<br />
ein wunderbar optimistisches Gedicht, und Doves Bearbeitung<br />
ist einfach und wirkungsvoll. Die Orgel erzeugt<br />
einen funkelnd-hellen Sterneneffekt, der das gesamte<br />
Stück als weiteres moto perpetuo durchzieht. Die Tenöre<br />
und Bässe sind der Chor, die Oberstimmen verkörpern<br />
den Stern, und im Augenblick des Erkennens singt der<br />
ganze Chor zusammen. Der durchgehende Siebenachteltakt<br />
hält die Erregung wach, und das Ende erhebt sich<br />
buchstäblich hoch in die Luft.<br />
The Three Kings wurde vom Chor des King’s College in<br />
Cambridge für das alljährliche „Festival of Nine Lessons<br />
and Carols“ des Jahres 2000 in Auftrag gegeben. Als Text<br />
wählte Dove ein faszinierendes Gedicht von Dorothy L.<br />
Sayers mit dem Titel „The Three Kings“, das in mittelalterlichem<br />
Stil gehalten ist: „O balow, balow la lay, / Gifts<br />
for a baby King, O“ refrain. Sayers stellt die drei Könige in<br />
den drei menschlichen Lebensaltern dar: in der Jugend,<br />
auf der Höhe des Lebens und im Greisenalter. Mit einem<br />
vielleicht unerwarteten Dreh und in Abkehr von gewohnter<br />
Bildlichkeit stellt Sayers den jungen König als melancholisch<br />
und Myrrhe bringend vor; der König auf der Höhe<br />
des Lebens ist ein feierlicher Priester mit Weihrauchgaben<br />
traurig und süß; und der greisenhafte König bringt Hände<br />
voll Gold, die aber kein Geld, sondern Tand, Glitzerwerk<br />
und Spielzeug für einen Neugeborenen sind. Dove spiegelt<br />
einfach diese unterschiedlichen Charaktere wider. Der<br />
erste wird von zwei Sopranstimmen gesungen, die vom<br />
Chor mit den Worten des Refrains begleitet werden. Für<br />
den zweiten König wird das Tempo ein wenig gesteigert,<br />
doch die Oberstimmen singen weiter den beschreibenden<br />
Text zur Refrainbegleitung des Chors. Der dritte König<br />
wird auf mysteriöse Weise eingeführt, doch die Musik