GAMM Rundbrief 2002/Heft 2
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28 GAMM-Jahrestagung 2002 in Augsburg Laudatio auf Frau Dr. rer. nat. B. Nestler anlässlich der Verleihung des Richard von Mises-Preises 2002 Frau Nestlers wissenschaftlicher Werdegang und ihre Berufserfahrung in Lehre und Forschung an mathematischen und ingenieurwissenschaftlichen Lehrstühlen der RWTH Aachen sind durch ein hohes Maß an Interdisziplinarität geprägt und weisen darüber hinaus pädagogische Eignung aus. Frau Nestler beendete ein Diplomstudium Physik, Note: sehr gut und parallel dazu ein Diplomstudium Mathematik, Note: mit Auszeichnung. Zusätzlich legte sie das Erste Staatsexamen für das Lehramt Sekundarstufe II/I inklusive eines pädagogischen Begleitstudiums ab. Während ihrer Tätigkeit als wissenschaftliche Angestellte am Gießerei-Institut der RWTH Aachen (Vollzeitstelle BAT IIa) machte sie sich mit anwendungsnahen, ingenieurwissenschaftlich-technischen Forschungs- und Entwicklungsaufgaben vertraut und promovierte zum Dr. rer. nat. mit Auszeichnung. Ihre Dissertation behandelt die mathematisch-physikalische Modellierung von Phasenübergängen in mehrkomponentigen und mehrphasigen Legierungssystemen. Neben analytischen Untersuchungen entwickelte sie ein Softwarepaket zur numerischen Behandlung nichtlinearer Differentialgleichungssysteme und zur numerischen Simulation und Visualisierung komplexer Mikrogefügeausbildungen. Ein Beleg für den Erfolg ihrer wissenschaftlichen Arbeit sind die Veröffentlichungs- und Vortragslisten sowie Auszeichnungen mit der Springorum-Medaille und der Borchers-Plakette. Hauptforschungsgebiete von Frau Nestler sind: Mathematische und thermodynamisch konsistente Modellierung von Phasenübergängen, Physik der Erstarrung und des Kristallwachstums, experimentelle und theoretische Untersuchung von Materialeigenschaften und Mikrogefügekenngrößen, Beschreibung der Grenzflächendynamik sich bewegender Korn- und Phasengrenzen, Modellierung und numerische Simulation der Mikrostrukturausbildung und die numerische Behandlung nichtlinearer Differentialgleichungssysteme. Innerhalb dieser Forschungsgebiete hat sie intensive, langjährige nationale und internationale Zusammenarbeiten aufgebaut. Darüber hinaus pflegt Frau Nestler einen regelmäßigen Austausch mit Wissenschaftlern in den folgenden Forschungsinstituten: Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e. V. Köln, Materialforschungszentrum ACCESS e.V. Aachen, Max- Planck-Institut (MPI) für Physik komplexer Systeme GmbH Dresden, Forschungszentrum Jülich GmbH, Weierstraß-Institut für Angewandte Analysis und Stochastik Berlin und Center of Advanced European Studies and Research (CAESAR) Bonn. Innerhalb ihrer interdisziplinären Zusammenarbeiten hat Frau Nestler Forschungsprojekte mit industrie- und praxisrelevanter Anwendung bearbeitet. Seit dem 1. September 2001 ist sie als Professorin für Mathematik an der FH Karlsruhe tätig. Frau Nestler hat eigenverantwortlich für mehrere Forschungsprojekte Drittmittel für Personalund Sachkosten erfolgreich eingeworben, die wissenschaftliche Leitung der einzelnen Arbeitsabläufe übernommen und die Kooperation mit anderen mathematischen und ingenieurwissenschaftlichen Instituten gezielt und effizient gefördert. Im Rahmen des DFG - Schwerpunktprogramms 1095 ,,Analysis, Modellierung und numerische Simulation von Mehrskalenproblemen'' wurden Frau Nestler Personalmittel in Höhe BAT IIa für ein maximal sechsjähriges Forschungsvorhaben ab Herbst 2000 bewilligt. Außerdem erhielt Frau Nestler Fördermittel für ein Forschungsprojekt im DFG - Schwerpunktprogramm 1120 ,,Phasenumwandlung in mehrkomponentigem Schmelzen'' mit einer BAT IIa Stelle und einer Hilfskraft (19 Stunden pro Woche) mit Beginn August 2001. Das Projekt hat ebenfalls eine maximale Förderdauer von sechs Jahren. Zusätzlich engagierte sich Frau Nestler als Mitglied des Organisationskomitees der internationalen Tagung „Modelling of Casting, Welding and Advanced Solidification Processes“ mit ca. 250 internationalen Gästen aus Industrie und Wissenschaft.
GAMM-Jahrestagung 2002 in Augsburg 29 Derzeit ist sie Hauptorganisatorin eines dreiwöchigen, internationalen Workshops am Max- Planck-Institut (MPI) für die Physik komplexer Systeme GmbH in Dresden mit dem Thema „Computational Physics of Transport and Interface Dynamics“, für den etwa 150 Teilnehmer erwartet werden und der im März 2002 stattfand. Durch die Betreuung verschiedener Lehrveranstaltungen für Studierende der Mathematik, Physik und Ingenieurwissenschaften sammelte Frau Nestler wertvolle Erfahrungen in der Lehre. Sehr gute englische Sprachkenntnisse besitzt Frau Nestler durch einen insgesamt zweijährigen Aufenthalt im englischsprachigen Ausland. Über mehrere Jahre war Frau Nestler aktive Übungsleiterin im Hochschulsportzentrum der RWTH Aachen und hat verschiedene Sportgruppen für Studierende und Bedienstete geleitet. Außerdem hat sie als Violinistin im Hochschulorchester mitgewirkt. Prof. Dr. Dr. E. h. Peter R. Sahm Direktor Gießerei-Institut Vorstandsvorsitzender ACCESS Laudatio auf Herrn Dr. rer. nat Xue-Nong Chen, Ph.D. anlässlich der Verleihung des Richard von Mises-Preises 2002 Magnifizenz, hochverehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, kleine Ursachen haben kleine Wirkungen, stetige Ursachen haben stetige Wirkungen, konstante Ursachen haben konstante Wirkungen; und das ist gut so. Denn sonst wäre die Welt unserem Verstand nicht zugänglich und die Natur mit unserer Technik nicht beherrschbar. Aber es gibt Ausnahmen und das ist auch gut so. Denn sonst wäre das Leben langweilig und die Wissenschaft kein Abenteuer. Unser Preisträger, den ich Ihnen heute vorstellen darf, hat sich anscheinend stets mehr für die Ausnahmen als für die Regel interessiert. So hat er sich schon früh in seiner Forschungslaufbahn mit deterministischem Chaos in der Strömungsmechanik befasst, wo eine beliebig kleine Ursache zu einer endlich großen Wirkung führt. Auch hat er sich mit dem Widerstand eines im Kanal fahrenden Schiffes befasst, wo beim stetigen Durchschreiten der kritischen Geschwindigkeit eine sprunghafte Veränderung des Wellenwiderstandes stattfindet. Vor allem aber hat er sich mit der nichtlinearen Theorie der Schiffswellen in flachem Wasser befasst, wo eine noch so konstante Schiffsgeschwindigkeit im transkritischen Bereich zu einer asymptotisch instationären Strömung mit Vorlaufwellen (sog. Solitons) führen kann. Das Phänomen wurde in der Natur schon vor mehr als 150 Jahren von Scott Russell beobachtet und beschrieben. Eine rationalmechanische Erklärung gelang jedoch erst in den letzten 20 Jahren. Auf dem zuletzt genannten Arbeitsgebiet erreichte unser Preisträger einen geradezu sensationellen Durchbruch. Rein theoretisch erfand er vor etwa sieben Jahren eine Schiffsform, die in einem passenden Kanal bei einer vorgewählten überkritischen Geschwindigkeit überhaupt keinen Wellenwiderstand erleiden sollte, sozusagen ein supraleitender Schifffahrtskanal. Die Idee fand Beachtung sogar in der Populärwissenschaft (die Zeitschrift Bild der Wissenschaft berichtete darüber unter dem Titel "Das Überschallschiff"). Die zugrunde liegende Theorie war jedoch unvollständig wie zwangsläufig jede Theorie. So war eine gewisse Skepsis berechtigt, ob der wellenlose Zustand auch physikalisch realisierbar sei.
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<strong>GAMM</strong>-Jahrestagung <strong>2002</strong> in Augsburg<br />
Laudatio auf Frau Dr. rer. nat. B. Nestler<br />
anlässlich der Verleihung des Richard von Mises-Preises <strong>2002</strong><br />
Frau Nestlers wissenschaftlicher Werdegang und ihre Berufserfahrung in Lehre und Forschung<br />
an mathematischen und ingenieurwissenschaftlichen Lehrstühlen der RWTH Aachen sind<br />
durch ein hohes Maß an Interdisziplinarität geprägt und weisen darüber hinaus pädagogische<br />
Eignung aus. Frau Nestler beendete ein Diplomstudium Physik, Note: sehr gut und parallel<br />
dazu ein Diplomstudium Mathematik, Note: mit Auszeichnung. Zusätzlich legte sie das Erste<br />
Staatsexamen für das Lehramt Sekundarstufe II/I inklusive eines pädagogischen Begleitstudiums<br />
ab. Während ihrer Tätigkeit als wissenschaftliche Angestellte am Gießerei-Institut<br />
der RWTH Aachen (Vollzeitstelle BAT IIa) machte sie sich mit anwendungsnahen, ingenieurwissenschaftlich-technischen<br />
Forschungs- und Entwicklungsaufgaben vertraut und promovierte<br />
zum Dr. rer. nat. mit Auszeichnung.<br />
Ihre Dissertation behandelt die mathematisch-physikalische Modellierung von Phasenübergängen<br />
in mehrkomponentigen und mehrphasigen Legierungssystemen. Neben analytischen<br />
Untersuchungen entwickelte sie ein Softwarepaket zur numerischen Behandlung<br />
nichtlinearer Differentialgleichungssysteme und zur numerischen Simulation und Visualisierung<br />
komplexer Mikrogefügeausbildungen. Ein Beleg für den Erfolg ihrer wissenschaftlichen<br />
Arbeit sind die Veröffentlichungs- und Vortragslisten sowie Auszeichnungen mit der<br />
Springorum-Medaille und der Borchers-Plakette. Hauptforschungsgebiete von Frau Nestler<br />
sind: Mathematische und thermodynamisch konsistente Modellierung von Phasenübergängen,<br />
Physik der Erstarrung und des Kristallwachstums, experimentelle und theoretische<br />
Untersuchung von Materialeigenschaften und Mikrogefügekenngrößen, Beschreibung der<br />
Grenzflächendynamik sich bewegender Korn- und Phasengrenzen, Modellierung und<br />
numerische Simulation der Mikrostrukturausbildung und die numerische Behandlung<br />
nichtlinearer Differentialgleichungssysteme.<br />
Innerhalb dieser Forschungsgebiete hat sie intensive, langjährige nationale und internationale<br />
Zusammenarbeiten aufgebaut. Darüber hinaus pflegt Frau Nestler einen regelmäßigen<br />
Austausch mit Wissenschaftlern in den folgenden Forschungsinstituten: Deutsches Zentrum für<br />
Luft- und Raumfahrt e. V. Köln, Materialforschungszentrum ACCESS e.V. Aachen, Max-<br />
Planck-Institut (MPI) für Physik komplexer Systeme GmbH Dresden, Forschungszentrum<br />
Jülich GmbH, Weierstraß-Institut für Angewandte Analysis und Stochastik Berlin und Center<br />
of Advanced European Studies and Research (CAESAR) Bonn. Innerhalb ihrer<br />
interdisziplinären Zusammenarbeiten hat Frau Nestler Forschungsprojekte mit industrie- und<br />
praxisrelevanter Anwendung bearbeitet. Seit dem 1. September 2001 ist sie als Professorin für<br />
Mathematik an der FH Karlsruhe tätig.<br />
Frau Nestler hat eigenverantwortlich für mehrere Forschungsprojekte Drittmittel für Personalund<br />
Sachkosten erfolgreich eingeworben, die wissenschaftliche Leitung der einzelnen<br />
Arbeitsabläufe übernommen und die Kooperation mit anderen mathematischen und<br />
ingenieurwissenschaftlichen Instituten gezielt und effizient gefördert. Im Rahmen des DFG -<br />
Schwerpunktprogramms 1095 ,,Analysis, Modellierung und numerische Simulation von<br />
Mehrskalenproblemen'' wurden Frau Nestler Personalmittel in Höhe BAT IIa für ein maximal<br />
sechsjähriges Forschungsvorhaben ab Herbst 2000 bewilligt. Außerdem erhielt Frau Nestler<br />
Fördermittel für ein Forschungsprojekt im DFG - Schwerpunktprogramm 1120 ,,Phasenumwandlung<br />
in mehrkomponentigem Schmelzen'' mit einer BAT IIa Stelle und einer Hilfskraft<br />
(19 Stunden pro Woche) mit Beginn August 2001. Das Projekt hat ebenfalls eine maximale<br />
Förderdauer von sechs Jahren.<br />
Zusätzlich engagierte sich Frau Nestler als Mitglied des Organisationskomitees der<br />
internationalen Tagung „Modelling of Casting, Welding and Advanced Solidification<br />
Processes“ mit ca. 250 internationalen Gästen aus Industrie und Wissenschaft.