GAMM Rundbrief 2002/Heft 2
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112<br />
Leopold Viëtoris<br />
* 04.06.1891<br />
17.04.<strong>2002</strong><br />
Personalia<br />
Nachruf auf <strong>GAMM</strong>-Mitglied Herrn Professor Leopold Viëtoris<br />
Univ.- Prof. Leopold Viëtoris ist in Innsbruck kurz vor seinem 111.<br />
Geburtstag gestorben.<br />
Der Innsbrucker, in drei Jahrhunderten und zwei Jahrtausenden<br />
daheim, überlebte seine um 10 Jahre jüngere Frau Maria (101) und<br />
Schwester seiner 1935 verstorbenen ersten Gattin nur um wenige<br />
Wochen; mit ihr war er 66 Jahre verheiratet.<br />
Viëtoris galt als Wegbereiter der Technischen Mathematik. Seine<br />
Inaugural-Dissertation über "Stetige Mengen", von der der Begriff für<br />
die mengentheoretische Behandlung der Topologie in der Algebra<br />
ihren Ausgang nahm, wird noch heute viel beachtet. Sein Gesamtwerk<br />
umfasste 80 Titel, die letzten Veröffentlichungen verfasste Viëtoris im<br />
Alter von 104 Jahren.<br />
Leopold Viëtoris wurde am 4. Juni 1891 in Radkersburg geboren. Nach seiner Reifeprüfung<br />
am Benediktinergymnasium in Melk studierte er bis 1914 an der Wiener Technischen<br />
Hochschule Mathematik und Darstellende Geometrie. Im Juli 1920 promovierte Vietoris an der<br />
Wiener Universität bei G. v. Escherich und W. Wirtinger, wo er sich auch zwei Jahre später<br />
mit seiner dritten Publikation habilitierte. Im Sommersemester 1925 trat Vietoris ein<br />
dreisemestriges Rockefeller-Stipendium in Amsterdam an, wo ihn ein Ruf als a.o. Professor<br />
aus Innsbruck ereilte. 1928 kehrte er als ordentlicher Professor an die TH nach Wien zurück<br />
und 1930 ließ er sich endgültig als Ordinarius in Innsbruck nieder.<br />
Seit 1973 war Viëtoris als Träger des großen Ehrenzeichens für Wissenschaft und Kunst eines<br />
der 18 Mitglieder der Österreichischen Kurie für Wissenschaft. 1984 wurde ihm das<br />
Ehrendoktorat der TU Wien verliehen.<br />
Viëtoris war auch Bergsteiger und Schifahrer. In der Tradition der vielfältig gebildeten<br />
Gelehrten beschäftigte er sich auch mit der Entwicklung von Schiern und der Beobachtung von<br />
Gletschern in der Tiroler Bergwelt. Diese Leidenschaft fand ihren Niederschlag in<br />
wissenschaftlichen Arbeiten wie etwa „Der Schi im Lichte der Festigkeitslehre“ sowie „Der<br />
Blockgletscher des äußeren Hochebenkars“ und „Das Gehen nach Hangstellungen“. Damit<br />
stand Viëtoris in der Tradition der vielfältig interessierten und gebildeten Gelehrten, die über<br />
ihr Fachgebiet hinausblickten. Sowohl zum 80. Doktorjubiläum als auch zum 110. Geburtstag<br />
versammelten sich Mathematiker aus aller Welt in Innsbruck zu Festkolloquien.<br />
Auszug FAZ<br />
Wien, April <strong>2002</strong>