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download catalogue high resolution pdf (22.3 mb) - Jens Haaning

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Wer andere Arbeiten des dänischen Künstlers kennt, weiß allerdings auch, daß<br />

<strong>Haaning</strong> weder an der Verklärung noch an dem Status Quo interessiert ist. Ein<br />

Großteil seiner Projekte ist vielmehr an die Frage geknüpft, wie sich soziale<br />

Intervention auf die Infrastruktur auswirkt. So hatte er für das niederländische<br />

Middelburg 1996 eine Nähfabrik im lokalen Kunstverein plaziert, die während der<br />

Zeit der Ausstellung Handtücher, Sommerkleider etc. produzierte. Die<br />

Angestellten des Betriebs waren jedoch Wirtschaftsemigranten, so daß mit dem<br />

Projekt auch Probleme eines Weltmarkts im U<strong>mb</strong>ruch sichtbar wurden.<br />

Immerhin lassen niederländische Firmen in Billiglohnländern produzieren, die<br />

damit verbundene Arbeitslosigkeit im eigenen Land wird jedoch zum Asylthema<br />

gemacht. Dabei verdeckt die Ausländerfeindlichkeit von Staats wegen deregulierende<br />

Interessen multinationaler Firmen.<br />

Eine Berliner Ausstellung knüpfte 1997 an diese Verzahnung von Markt und<br />

Differenzmodellen an: In der Galerie Mehdi Chouakri war ein Reisebüro installiert<br />

worden, das seine Angebote aufgrund der Gesetzeslage nur mit 7 Prozent versteuern<br />

mußte - schließlich war das Büro ein Kunstwerk und als solches nicht zur vollen<br />

Abgabe von 15 Prozent Umsatzsteuer verpflichtet. Aus diesem Differenzbetrag<br />

schöpfte <strong>Haaning</strong> seine Arbeit: Plötzlich war das Flugticket ein readymade, das<br />

allerdings seinen künstlerischen Wert in dem Moment verlor, wo es durch den<br />

Kunden tatsächlich benutzt wurde. Umgekehrt bekam man mit jedem Ticket ein<br />

Zertifikat, das den Kauf eines Kunstwerkes bestätigte. Der Wert der Kunst blieb<br />

dadurch relativ, der Gegenwert des Reisetickets wurde umso konkreter.<br />

Im Projekt für Fürstenberg kommen die verschiedenen Überlegungen nocheinmal<br />

zusammen. Die Arbeit nutzt sowohl die site-spezifische Aufwertung des Ortes<br />

durch die Kunst, und zeigt zugleich, wie sehr die Probleme mit der Geschichte in<br />

die Gegenwart hineinreichen. Denn gerade weil Fürstenberg historisch dermaßen<br />

aufgeladen ist, muß sich die Qualität des Gedenkens oder der Erinnerung auch am<br />

Alltag messen lassen können. Immerhin versucht die Stadt selbst ja schon in<br />

Broschüren und Prospekten als „Wasserstadt" für sich Werbung zu machen. Eine<br />

andere Perspektive hat sie nicht: Nach dem Abzug der Sowjet-Armee liegen die<br />

Geschäfte in Fürstenberg brach, viele Läden wurden geschlossen, weil die<br />

Soldaten als potentielle Kunden zurück nach Rußland gegangen sind.<br />

Vor diesem Hintergrund paßt sich Das Faserstoff Projekt in die lokalen<br />

Gegebenheiten ein und definiert sie zugleich um. Die Stadt, in der während der<br />

NS-Zeit niemand daran Anstoß nahm, daß in direkter Nähe ein Konzentrationslager<br />

existierte, muß sich nun den Veränderungen stellen, die im Osten nach der Wende<br />

014<br />

018-019<br />

HFB<br />

P.161

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