FURIOS 04 (Juni 2010): Verhältnisse
FURIOS 04 (Juni 2010): Verhältnisse
FURIOS 04 (Juni 2010): Verhältnisse
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Furios<br />
StudentiScheS campuSmagazin an der Freien univerSität Berlin<br />
StudentiScheS campuSmagazin an der Freien univerSität Berlin<br />
BeziehUNgsweise gestört<br />
Kostenlos<br />
<strong>04</strong><br />
JUN <strong>2010</strong><br />
4Verhaeltnisse$
Für die Optik sOrgen:<br />
Furios <strong>04</strong> impressUm<br />
David Goldwich<br />
studiert Informatik und<br />
Philosophie und besorgt sich<br />
vor Drucktermin immer<br />
eine sehr hungrige Katze –<br />
um wach zu bleiben.<br />
Cora-Mae<br />
Gregorschewski<br />
studiert Biologie, malt leidenschaftlich<br />
gern und hat<br />
ihre Fotos aus <strong>FURIOS</strong><br />
auch schon in der SZ und<br />
im TIP veröffentlicht.<br />
Siona Ksoll<br />
studiert Politikwissenschaft<br />
an der FU und Geographie<br />
an der HU.<br />
Michi Schneider<br />
studiert Kunstgeschichte<br />
und Anthropologie und<br />
zeigt demnächst seine<br />
Bilder in der Ausstellung<br />
»DER ESKAPIST«.<br />
Julia Schönheit<br />
studiert Nordamerikastudien.<br />
Christoph Spiegel<br />
studiert Mathematik und<br />
findet Der Pate 3 unterbewertet.<br />
Herausgeber: Marlene Göring, Claudia Schumacher,<br />
Björn Stephan<br />
Chefredakteurin: Christina Peters (V.i.S.d.P., Petersburger<br />
Straße 66, 10249 Berlin)<br />
Stellvertretender Chefredakteur: Jonas Breng<br />
Ressortleitung Campus: Sophie Jankowski<br />
Ressortleitung Kultur: Carolin Benack<br />
Ressortleitung Politik: Jonas Breng<br />
Chef vom Dienst: Devid Mrusek<br />
� www.furios-campus.de<br />
FUrios <strong>04</strong>/<strong>2010</strong><br />
�<br />
redaktion@furios-campus.de<br />
LieBe KommiLitoNiNNeN,<br />
LieBe KommiLitoNeN,<br />
»no man is an island« erkannte der englische Schriftsteller John<br />
Donne vor knapp 400 Jahren, als er sich krank und allein fühlte.<br />
Heute gibt es nicht einmal mehr einsame Inseln, auf die wir fliehen<br />
könnten. Wir stehen in einem unübersichtlichen Wust an Verbindungen<br />
zu fast jedem Menschen unseres Planeten. Ständig, online,<br />
überall. Mal freiwillig, mal zwanghaft. Und im Bildungsalltag<br />
erfahren wir mit großer Regelmäßigkeit, wie schwierig es werden<br />
kann, wenn die Kommunikation ins Stocken gerät, wir aber auf sie<br />
angewiesen sind.<br />
In das altmodische Verhältnis von Student und Mentor hat die<br />
Massenuniversität ordentlich reingefunkt. Und trotzdem gibt es<br />
immer noch Instanzen, die uns unter ihre Fittiche nehmen, uns<br />
fördern, aber auch beherrschen können. Beziehungen können<br />
Fluch oder Segen bedeuten. Können wir sie noch danach unterscheiden?<br />
Oder sind wir, im wortwörtlichsten Sinne, beziehungsgestört?<br />
Für diese Ausgabe haben wir mit Gesine Schwan das nicht<br />
immer einfache Verhältnis zwischen Lehrenden und Lernenden<br />
beleuchtet. Wie Mentoren uns verändern können, hat Michi<br />
Schneider über die Seiten der Titelgeschichten hinweg illustriert.<br />
Da wir innige Beziehungen, zu denen, die uns lehrten, schon aus<br />
dem Kindergarten kennen, hat sich Marlene Göring mit den Bildungsikonen<br />
ihrer Prä-Unizeit getroffen. Anchalee Rüland fragte<br />
nach, warum sich die FU eigentlich »Internationale Netzwerkuniversität«<br />
nennt. Und Devid Mrusek wagte sich belletristisch in<br />
den Kampf ums Wesen der modernen Bildung: Er schickte die<br />
teilnehmenden Institutionen in Therapie.<br />
In eine ganz neue Beziehung treten jetzt auch unser Heft und<br />
unsere Webseite www.fucampus.de: Zu vielen Heftthemen findet<br />
ihr auf <strong>FURIOS</strong> Online weitere Infos und Geschichten. Und<br />
natürlich gibt es dort weiterhin tagesaktuelle Berichte, Meinungen<br />
und Veranstaltungstipps zum Campusleben.<br />
Wenn du an unserem Redaktionsleben teilnehmen möchtest<br />
und für die <strong>FURIOS</strong> schreiben, zeichnen, fotografieren, layouten<br />
oder einfach dein Organisationstalent einbringen möchtest,<br />
bist du herzlich willkommen! Die Termine unserer Redaktionstreffen<br />
findest du online.<br />
Sommerliche <strong>Verhältnisse</strong> wünscht euch<br />
Eure <strong>FURIOS</strong>-Redaktion<br />
Redaktionelle Mitarbeiter dieser Ausgabe:<br />
Frauke Fentloh, Tanja Goldbecher, Christian Güse,<br />
Simon Haux, Tobias Heimbach, Marvin Henniges,<br />
Daniela Hombach, Yulian Ide, Eva Jirjahlke, Max<br />
Krause, Hendrik Pauli, Konstanze Renken, Janna<br />
Rheinbay, Anchalee Rüland, Filip Tuma, Linn Voß<br />
Illustrationen: Pia Bruer, David Goldwich, Christian<br />
Güse, Jonathan Schmidt, Michi Schneider,<br />
Julia Schönheit, Christine Spady, Anne Vanselow,<br />
Christoph Witt<br />
Fotografen: Tina Conrad, Cora-Mae Gregorschewski,<br />
Filip Tuma, Alexander Ziegler<br />
4)))))))))))))))))))))))))))))))))))$<br />
www.fucampus.de/mitmachen<br />
editoriaL<br />
Layout: David Goldwich, Siona Ksoll, Julia Schönheit,<br />
Christoph Spiegel<br />
Lektorat: Marlene Göring<br />
Inserate: Devid Mrusek – inserate@furios-campus.de<br />
Jeder Autor ist im Sinne des Pressegesetzes für den<br />
Inhalt seines Artikels selbst verantwortlich. Die in<br />
den Artikeln vertretenen Meinungen spiegeln nicht<br />
zwangsläufig die Ansicht der Redaktion wider.<br />
Gemäß dem Urheberrecht liegen die Rechte an den<br />
einzelnen Werken bei den jeweiligen Autoren.<br />
3
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editoriaL<br />
inhalt <strong>04</strong><br />
EmpörtE studEntin 5<br />
titElthEma VErhältnissE<br />
Über studentisch-präsidialen Schlagabtausch: Gesine Schwan 6<br />
4<br />
Die, die mich lehrten: Lehrergeister der Vergangenheit 8<br />
Die Eingebildete: Der FU-Traum von der Netzwerkuniversität 10<br />
Beziehungstherapie: Moderne Hochschule ist eine Zicke 12<br />
4 × 2 / 40 000<br />
4 × 2 / 40 000: 40 000 Menschen an der FU, 4 Paare sind hier 14<br />
Campus<br />
Das Bermudadreieck der FU: Verschwinden in Lankwitz 16<br />
Bandrezension: Slippery Damage 19<br />
politik<br />
Der Seiltänzer: Präsident Peter-André Alt im Porträt 20<br />
Opposition im Stimmbruch: Das StuPa-Gerangel 22<br />
Bildungsstreik: Zwischen Revolte und Campingurlaub 24<br />
kultur<br />
Sibylle Lewitscharoff schreibt nicht ab 26<br />
Der Flaneur: Kaffee im Kaff 28<br />
VEranstaltungskalEndEr 30<br />
WarEnFEtisCh: Brillenaffen blicken dich an 31<br />
BildlEgEndE: Vom Irrglauben der Wissenschaft 32<br />
diE intErnationalE: Guatemala 33<br />
dEr EWigE EhEmaligE: Christian Ströbele 34<br />
FUrios <strong>04</strong>/<strong>2010</strong>
auch empört? schreib an empoert@furios-campus.de!<br />
Liebe Mitstudierenden,<br />
liebe anderen FU-Angehörigen,<br />
liebe BVG!<br />
Vierunddreißig Sekunden sind quälend lang. Vierunddreißig<br />
Sekunden sind eine kleine Ewigkeit. Wer das nicht glaubt, nehme<br />
den Fahrstuhl am U-Bahnhof Dahlem-Dorf. Selbst, wenn die<br />
Wartezeit entfällt, benötigt dieser Lift nämlich unfassbare, unausweichliche<br />
vierunddreißig Sekunden für die geschätzten fünf Meter,<br />
die er zurücklegen muss. Das sind gerade mal fünfzehn Zentimeter<br />
pro Sekunde! Immerhin liefert diese Messung endlich einen<br />
objektiven Wert zu unserem subjektiven Empfinden, das da wäre:<br />
Dieser Fahrstuhl ist unheimlich langsam.<br />
Denn ehrlich, wem an der FU kommt dieses Szenario nicht bekannt<br />
vor? Auf dem Weg von der Rost- und Silberlaube zur heimischen<br />
Couch drücke ich den Knopf, um den Dahlemer Fahrstuhl<br />
– der natürlich immer unten am Bahnsteig wartet – zu rufen.<br />
Plötzlich höre ich aus der Ferne ein Geräusch. Langsam drehe<br />
ich mich vom gläsernen Fahrstuhlgehäuse weg, Schweißperlen<br />
bilden sich auf meiner Stirn und ich erblicke sie – die heraneilende<br />
Bahn (schrilles Streicherstakkato aus Psycho)! Panisch<br />
drehe ich mich wieder um, in der aussichtslosen Hoffnung,<br />
der Lift stünde doch schon vor mir. Natürlich ist er nicht da,<br />
die Seile setzen sich eben erst in Bewegung. Vielleicht, ja<br />
vielleicht schaffe ich es doch noch rechtzeitig, ein kurzer<br />
Blick nach hinten, die Bahn kommt immer näher,<br />
die Türen des Fahrstuhls öffnen sich, da<br />
spüre ich sie unter mir einfahren.<br />
Ich springe in den Lift und drücke<br />
den Nach-unten-Knopf.<br />
Jetzt ereignet sich Folgendes:<br />
Kurz bevor die Türen<br />
schließen, sprintet eine Gruppe<br />
Studenten heran, von denen<br />
einer der festen Überzeugung ist,<br />
sein Fahrrad passe noch in den sowieso<br />
schon überfüllten Fahrstuhl. Nach einigem<br />
Gedrängel und Baucheinziehen, welches<br />
ich nicht aus Freundlichkeit, sondern lediglich in<br />
der naiven Hoffnung auf Zeitersparnis mitmache, ist<br />
auch der Drahtesel drin. Eine Fahrt mit so einem Zwischenfall<br />
dauert eine Minute. Der Fahrstuhl des Berliner<br />
Fernsehturms benötigt vierzig Sekunden, um auf die Aussichtsplattform<br />
zu gelangen. Man kommt tatsächlich schneller zu einem<br />
Kaffee in 207 Metern Höhe als zur U-Bahn in Dahlem-Dorf?<br />
Ich verpasse in diesem Szenario also die Bahn. Doch gehen wir<br />
von einer idealen Fahrt aus: Niemand weiteres steigt ein, der Fahrstuhl<br />
setzt sich in Bewegung, kommt am Bahnsteig an. Während<br />
FUrios <strong>04</strong>/<strong>2010</strong><br />
Die empörte Studentin<br />
Das gläserne Gefängnis: Wie uns der lethargische Fahrstuhl<br />
am U-Bahnhof Dahlem-Dorf in den Wahnsinn treibt. Ein<br />
empörter Appell und Hilfeschrei von Carolin BenaCk.<br />
Illustration: Pia Bruer<br />
die empörte stUdeNtiN<br />
mir die schon seit langem verhasste Frauenstimme erklärt, wo der<br />
Ausgang ist, beobachte ich aus meinem gläsernen Gefängnis heraus,<br />
wie die Türen der Bahn sich schließen.<br />
Warum nur dieser elende Fahrstuhl? Warum keine Leiter? Kein<br />
Sprungtuch? Auf Anfrage, warum man denn keine Treppe bauen<br />
könne, hat <strong>FURIOS</strong> erfahren, dass die BVG keinen wesentlichen<br />
Bedarf dafür erkennen kann. Dass diese Bürostuhlakrobaten unser<br />
Leiden nicht verstehen, überrascht nicht. Doch das wird sich<br />
ändern! Denn schon bald werden Studenten die Fahrstuhl-Folter<br />
nicht mehr länger ertragen und über das<br />
Dach hinunter in den Bahnhof springen.<br />
Dass dabei der eine oder andere von der<br />
Bahn erwischt wird, ist nicht schön,<br />
erfüllt aber seinen Zweck: Die in die<br />
Höhe schnellende Todesrate wird die<br />
BVG zum Handeln zwingen!<br />
Bald kann ich die<br />
Treppe nehmen,<br />
die durch den<br />
Lift verursachten<br />
Qualen werden<br />
vorbei sein –<br />
vorausgesetzt, ich<br />
gehöre bis dahin<br />
nicht zu seinen<br />
Opfern. ■<br />
5
6<br />
titeL: VerhäLtNisse<br />
Frau Schwan, Sie sind Expertin für Präsidentschaftskandidaturen.<br />
1999 wollten<br />
Sie Präsidentin der Freien Universität<br />
werden. Wieso haben Sie jetzt nicht<br />
wieder kandidiert?<br />
Weil ich hier als Professorin an der<br />
Humboldt-Viadrina<br />
School of Governance ein<br />
Feld gefunden habe, das<br />
mich komplett ausfüllt.<br />
1999 hätte ich das allerdings<br />
gerne gemacht.<br />
Nach den Erfahrungen als<br />
Dekanin an der FU hatte<br />
ich den Eindruck, man<br />
könnte sogar eine Massenuniversität<br />
so leiten, dass<br />
daraus eine Universität mit<br />
persönlichen Beziehungen<br />
entstehen kann. Die FU ist<br />
ein Ort, wo sich geistig-politisch<br />
etwas abspielt. Ich hätte sie gerne zu<br />
einem Akteur in der öffentlichen Debatte<br />
gemacht. Doch die Mehrheiten im Akademischen<br />
Senat waren anderer Meinung.<br />
Dem ehemaligen Präsidenten der FU,<br />
Dieter Lenzen wurde der Vorwurf<br />
gemacht, er hätte den Bezug zu den<br />
Studenten verloren. Wie viel Nähe kann<br />
sich ein Präsident erlauben?<br />
Genau die Nähe, die er auch zu anderen<br />
Menschen hat. Nach meiner Wahrnehmung<br />
habe ich mich gegenüber den<br />
Studierenden genauso verhalten wie<br />
gegenüber den Professoren oder dem<br />
Hausmeister. Es ist für mich grundsätzlich,<br />
dass keine Statusunterschiede gemacht<br />
werden. Für die Entwicklung der Viadrina<br />
waren die Studierenden meine besten<br />
Bündnispartner. Im Gegensatz zu vielen<br />
Professoren, die nur ihre eigenen Arbeitsgebiete,<br />
Karrieren oder Lehrstühlen im<br />
Blick haben, sind die Studierenden mehr<br />
am Gemeinwohl interessiert. Nicht, weil<br />
sie bessere Menschen sind, sondern weil<br />
Björn Stephan ist Herausgeber<br />
von <strong>FURIOS</strong>. Er studiert Geschichte<br />
und Politkwissenschaft.<br />
Nach seinem Bachelor geht er für<br />
ein halbes Jahr nach Ghana.<br />
Jonas Breng studiert Politikwissenschaft<br />
an der FU und leitet<br />
das Politikressort bei <strong>FURIOS</strong>.<br />
Er veröffentlichte bereits in<br />
verschiedenen Printmedien.<br />
sie von dem guten Ruf der Universität im<br />
Ganzen profitieren<br />
Ist für den Ruf heute nicht vor allem das<br />
Exzellenzsiegel entscheidend?<br />
Nein. Ein Ruf, der sich nur aus der Exellenzinitiative<br />
konstituiert, wird in ein paar<br />
Gesine Schwan im Gespräch über blinde Schafsherden, das<br />
Verhältnis zu ihrem Privatprofessor und den studentischpräsidialen<br />
Schlagabtausch.<br />
Das Interview führten björn stephan und jonas breng.<br />
Foto: cora-mae gregorschewsKi<br />
Jahren Schall und Rauch sein. Universitäten,<br />
die Lehre und ihre Studierenden nicht<br />
ganzheitlich im Blick haben, können keine<br />
nachhaltige Reputation entwickeln. Wenn<br />
man im Übrigen Bildung in Konzentration<br />
auf 7,5 Prozent Elite propagiert und<br />
Wettbewerb als ausschließlichen Motor<br />
versteht, dann läuft das auf eine ausgesprochen<br />
autoritäre Gesellschaft hinaus.<br />
Ein paar haben die Führung inne und der<br />
Rest trottet wie eine blinde Schafsherde<br />
hinterher.<br />
Der Bildungsstreik hat offengelegt, dass<br />
das Verhältnis zwischen den Studenten<br />
und den Universitätsleitungen gestört<br />
ist. Wie könnte eine Therapie aussehen?<br />
Mir würde es darum gehen, schnell zu<br />
einer offenen Kommunikation mit der<br />
Studierendenschaft zu kommen, um einen<br />
gewissen Grundkonsens herzustellen. In<br />
der Diskussion sollte die eigene Position<br />
nicht ständig im Vordergrund stehen. Man<br />
muss Freude am Argumentieren haben<br />
und nicht so empfindlich sein, wenn man<br />
mal eine reingewatscht bekommt. Wer<br />
heute als Universitätspräsident keinen<br />
Zugang zur studentischen Vertretung hat,<br />
der hat einen mangelnden Sinn für die<br />
Probleme der Gesellschaft.<br />
Auf Ihrer Homepage ist zu lesen, dass<br />
viele Bildungschancen vertan werden:<br />
Aus Furcht, nicht zu den Besten zu gehören.<br />
Treibt das den heutigen Studen-<br />
»Man bekommt<br />
auch mal eine<br />
reingewatscht«<br />
ten an? Die Angst vor dem Scheitern?<br />
Meine Beobachtung ist, dass die Angst vor<br />
dem Scheitern schon sehr früh das Lernen<br />
behindert. Mich erschreckt, wie viele für<br />
ihr Examen einfach von außen festgelegten<br />
Anforderungen entsprechen wollen. Kommilitonen,<br />
die sich als Konkurrenten und<br />
nicht als Kompagnons betrachten, nehmen<br />
sich selbst eine Chance. Den Wettbewerb<br />
»jeder gegen jeden« halte ich für fatal.<br />
Ein Gedankenspiel: Wer studiert erfolgreicher?<br />
Der Netzwerker, für den das<br />
Semester die Zeit zwischen zwei Praktika<br />
ist, oder der Vollzeitstudent, der<br />
eigentlich noch gar nicht genau weiß,<br />
wo er hin will?<br />
Das hängt von der individuellen Person ab.<br />
Ich könnte mir vorstellen, dass der begeisterte<br />
Vollzeitstudent, der noch nicht genau<br />
weiß, wo er hin will und sich verschiedene<br />
Sachen anschaut, ein erfolgreicher Student<br />
ist. Wenn er allerdings vor lauter Unsicherheit<br />
nur das tut, was man von ihm<br />
verlangt und nicht seine eigenständigen<br />
Ziele verfolgt, dann wird er wahrscheinlich<br />
wenig Erfolg haben.<br />
FUrios <strong>04</strong>/<strong>2010</strong>
Ist »Vitamin B« zu einer Art Modedroge<br />
geworden nach dem Motto: je mehr<br />
desto besser?<br />
Ja. Aber das ist eine gefährliche Droge,<br />
wenn man glaubt, dass man das Studium<br />
damit ersetzen könnte. Und sich durch<br />
möglichst viele Facebook-Freunde optimieren<br />
will. Das halte ich nicht für eine<br />
vernünftige Lebensstrategie.<br />
Sie selbst haben eine rasante Laufbahn<br />
hingelegt. Mit 27 promoviert, mit 31 habilitiert.<br />
Sie wären die perfekte Bologna-<br />
Studentin gewesen.<br />
Ich war schon eine der Schnellsten, aber<br />
nicht weil ich unbedingt so schnell fertig<br />
werden wollte. Immerhin habe ich das<br />
Studienfach gewechselt. Erst habe ich<br />
Romanistik und Geschichte studiert und<br />
wollte Gymnasiallehrerin werden. Aber<br />
das gefiel mir doch nicht und ich bin dann<br />
nach Freiburg gegangen und habe jenseits<br />
einer beruflichen Perspektive getan, was<br />
mir Spaß machte: Philosophie, Politikwissenschaft<br />
und Theologie. Ich musste nicht<br />
arbeiten, um Geld zu verdienen, hatte<br />
Unterstützung von zu Hause und mit<br />
meinem späteren Ehemann quasi einen<br />
Privatprofessor. Ich hatte also sehr günstige<br />
Bedingungen.<br />
Als junge Studentin haben Sie sich in<br />
Ihren Professor und späteren Ehemann<br />
verliebt. Gibt es überhaupt eine normale<br />
Beziehung zwischen Studenten und<br />
Lehrenden?<br />
Einer breiten Öffentlichkeit bekannt wurde Gesine Marianne<br />
Schwan, als die Frau, die gleich zweimal an Horst Köhler<br />
scheiterte. Einen Namen hatte sich die Politikwissenschaftlerin<br />
aber schon lange vorher gemacht: als OSI-Dekanin und<br />
Präsidentin der Viadrina Universität in Frankfurt (Oder).<br />
Die gebürtige Reinickendorferin startete ihre Laufbahn an<br />
der FU, an der sie auch promovierte und gemeinsam mit<br />
ihrem ersten Mann Alexander Schwan unterrichtete. 1999<br />
unterlag sie Peter Gaethgens bei den Präsidentschaftswahlen.<br />
Heute lehrt Schwan an der Humboldt-Viadrana School of<br />
Governance und ist in zweiter Ehe mit Peter Eigen, dem<br />
Gründer von Transparency International verheiratet.<br />
FUrios <strong>04</strong>/<strong>2010</strong><br />
Es gibt fast nichts Normales in dieser<br />
Welt. Wir haben uns in Freiburg in einem<br />
Marx-Seminar kennengelernt. Da war er<br />
allerdings noch Assistent. In unserer späteren<br />
Zeit in Berlin erinnere ich mich an ein<br />
paar 68er, die sich sehr darüber geärgert<br />
haben, dass Alexander Schwan und Gesine<br />
Schneider händchenhaltend in der Cafeteria<br />
des OSI saßen und als vermeintlich<br />
konservative Klassenfeinde etwas taten,<br />
was sie selbst nie gewagt hätten. Aber<br />
grundsätzlich hatte ich auch nach unserer<br />
Heirat nicht das Gefühl, dass sich daran<br />
jemand gestoßen hätte. Es war dann am<br />
OSI einfach das Ehepaar Schwan tätig.<br />
Man kann schon sagen, dass Ihr privates<br />
Netzwerk eine Rolle für Ihre Karriere<br />
gespielt hat?<br />
Wenn Sie die Beziehung von zwei Menschen<br />
als Netzwerk bezeichnen wollen.<br />
Also, ich würde es eher Kommunikation<br />
nennen. »Netzwerk« ist so ein Modebegriff.<br />
Es hilft nichts, wenn Ihre Kompetenz<br />
nur darin besteht, dass Sie Namen nennen<br />
können. Sie müssen auch eigene Fertigkeiten<br />
entwickeln. Das hängt von Ihrer<br />
Persönlichkeit und Ihren Begabungen<br />
ab.<br />
titeL: VerhäLtNisse<br />
Aber mussten Sie sich nicht gerade nach<br />
dem Tod Ihres Mannes mit sehr kruden<br />
Anfeindungen auseinandersetzen?<br />
Konkret ist mir ja ein Verhältnis vorgeworfen<br />
worden. Das ging von der Universitätsspitze<br />
aus. Präsident Gerlach hatte Angst,<br />
dass ich gegen ihn kandidieren würde.<br />
Obwohl ich stets gesagt hatte, das ich dies<br />
aus sehr privaten Gründen nicht täte. Da<br />
muss ich zugeben: Wenn mein Mann noch<br />
gelebt hätte, hätte man das nicht gewagt.<br />
Überhaupt hätte man diese Vorwürfe nicht<br />
gegen einen Mann erhoben. Dass diese<br />
Unterstellungen letztlich keinen Erfolg<br />
hatten, lag sicherlich daran, dass ich kein<br />
unbekannter Mensch war und mich gewehrt<br />
habe bis hin zu juristischen Mitteln.<br />
Zum Abschluss: Die nächsten Bundespräsidentenwahlen<br />
stehen in vier Jahren<br />
an. Aller guten Dinge sind drei, oder?<br />
Manchmal kann drei auch zu viel sein. ■<br />
7
8<br />
titeL: VerhäLtNisse<br />
»H<br />
ahaha!« – Ich will den Hörer auf Armlänge<br />
von mir strecken, so laut ist das Gelächter<br />
meiner ehemaligen Kindergärtnerin. »Mein<br />
Traumberuf? Das kann ich nicht behaupten«,<br />
wundert sie sich. Ich mich erst. Das<br />
liebe, süße Fräulein Zweig, in Wirklichkeit<br />
eine Kinderhasserin? Vergeblich versuche<br />
ich, das glockenhelle Lachen aus meinem<br />
Gedächtnis in der Stimme am Telefon zu<br />
erkennen. Das Vorhaben, die Ikonen meines<br />
Bildungsweges wieder zu treffen, könnte<br />
sich als ziemlich ernüchternd erweisen.<br />
Fräulein Zweig heißt jetzt Frau Schilling<br />
und hat direkt nach der Wende aufgehört,<br />
im »Max und Moritz«-Kindergarten in Jena<br />
zu arbeiten. Vor unserem Gespräch dachte<br />
ich an goldene Zeiten zurück. Die Zeit<br />
der ersten Freunde und Feinde, der ersten<br />
Erinnerungen überhaupt. Und Fräulein<br />
Zweig alias Andrea Schilling spielte darin<br />
die Rolle des gutmütigen Engels. Statt diesem<br />
Engel habe ich jetzt eine gestandene<br />
Senior-Managerin am Telefon. Den Beruf<br />
des Erziehers hatte sie aus rein pragmatischen<br />
Gründen gewählt. Immer noch hört<br />
man ihr den Ärger darüber an, dass sie in<br />
der DDR das (später nachgeholte) Abitur<br />
nicht machen durfte. Sie hat sich dann für<br />
das Ausbildungsziel Kindergärtnerin entschieden,<br />
damals ein angesehener Bildungsberuf.<br />
Von all dem hatte ich natürlich keine<br />
die, die mich lehrten<br />
Wir haben sie geliebt, gehasst und nach Kräften ignoriert. Aber was<br />
ist uns von ihnen geblieben? marlene göring traf die Lehrergeister<br />
ihrer Vergangenheit.<br />
4)))))))))))))))))))))))))))))))))))$<br />
Illustration: Michi Schneider<br />
Ahnung. Wir haben Fräulein Zweig einfach<br />
geliebt. Vor allen anderen Erzieherinnen<br />
hatten wir irgendwie Angst, die waren alt<br />
und streng. Fräulein Zweig sagte einmal, sie<br />
wolle nach uns keine andere Kindergruppe<br />
mehr übernehmen. Ich dachte, weil wir ihr<br />
so ans Herz gewachsen waren. »Eher weil<br />
ich mit der politischen Überwachung und<br />
dem Kindergeschrei nicht klarkam«, gesteht<br />
sie mir heute.<br />
•<br />
Auch das Treffen mit Frau Bestel wird<br />
ein Exkurs in die deutsch-deutsche Geschichte.<br />
Sie war von der ersten bis zur<br />
vierten Klasse meine Klassenlehrerin. Fast<br />
alle meine relevanten Erinnerungen an die<br />
Zeit um 1990 sind mit ihr verbunden. Als<br />
ich zum verabredeten Treffpunkt komme,<br />
ernte ich einen amüsiert strafenden Blick:<br />
Ich bin zu spät. Und von den Socken – statt<br />
der erwarteten gebrechlichen Großmutter<br />
steht vor mir dieselbe resolute Frau wie vor<br />
17 Jahren. Das Café hat sie ausgewählt. Es<br />
riecht nach Wiener Kaffee, aus einer Vitrine<br />
lachen mir Hochzeitstortenfiguren aus<br />
Frack und Baiserkleid entgegen. »Haben<br />
Sie schon gefrühstückt?«, fragt mich Frau<br />
Bestel fürsorglich.<br />
Frau Bestel war die einzige, die uns erklärte,<br />
wieso die Lehrer in den Wendewochen<br />
bedrückt durch das Schulhaus wankten.<br />
Keiner wusste, wie es weitergeht. Irgendwann<br />
lief die Umstellung sehr schnell. Projekttage,<br />
neue Lehrpläne, Fortbildungen<br />
für die Lehrer. »Das war ja alles Neuland<br />
für uns!« Ich selbst hatte die neuen Lehrme-<br />
thoden und den Umzug aus der Polytechnischen<br />
Oberschule in eine Grundschule<br />
nach BRD-Modell einfach hingenommen.<br />
Froh war ich über den schulfreien Samstag<br />
und das Abschaffen der Noten für Ordnung<br />
und Betragen.<br />
Frau Bestel ist nach der Wende die gleiche<br />
für uns geblieben. Das Sammeln von<br />
Fleißbienchen und Altpapier war längst<br />
passé, da wollte sie neben Rechnen und<br />
Schreiben immer noch vor allem eins vermitteln:<br />
Moral. Keiner durfte gemein zu<br />
seinen Mitschülern sein. »Gerade Kinder<br />
aus sozial schwachen Familien waren mir<br />
ans Herz gewachsen«, sagt sie nachdenklich.<br />
»Ich wollte, dass aus denen was wird.<br />
Das Menschliche war mir immer besonders<br />
wichtig.« Unser Gespräch dreht sich dann<br />
auch hauptsächlich um Familie und Bekannte.<br />
Die Kinder auf dem Klassenfoto<br />
kennt sie alle noch mit Vor- und Nachnamen.<br />
Am Ende sind Frau Bestel und ich per<br />
Du.<br />
•<br />
In Vorbereitung auf meinen nächsten<br />
Lehrergeist besuche ich mein altes Gymnasium.<br />
Trotz ausgiebiger Sanierung schlägt<br />
mir das bekannte Geruchsgemisch aus<br />
Kantinenessen und Kinderfuß entgegen.<br />
Immer noch hängen unbeholfen ausgemalte<br />
Quadrate als kubistische Hommage an<br />
der Wand. Die Namen unter den Schülerbildern<br />
sind andere. Ein Ivo, eine Johnette<br />
und ganze zehn Charlottes zeugen von<br />
einer neuen Generation. Im abgelegenen<br />
dritten Stock könnte ich sicher heute noch<br />
FUrios <strong>04</strong>/<strong>2010</strong>
heimlich eine auf dem Schulklo rauchen.<br />
Wie damals in der Fünf-Minuten-Pause,<br />
zwischen der siebten und achten Stunde.<br />
Ethik bei Frau Müller. Unser anstehendes<br />
Treffen bereitet mir Kopfzerbrechen. Sie<br />
hatte es nicht leicht mit mir.<br />
Frau Müller und ich gehen in das szenige<br />
Café Stilbruch und erwischen den letzten<br />
freien Tisch. Wir reden über Journalismus,<br />
Bildungspolitik, die Zusammenlegung der<br />
Jenaer Gymnasien. »Das ARG war etwas<br />
Besonderes«, resümiert sie. Denn das Adolf-<br />
Reichwein-Gymnasium von einst, über<br />
dessen Eingang »Lehrt uns den Frieden« gesprüht<br />
stand, gibt es nicht mehr. Es ist jetzt<br />
eine kooperative Gesamtschule, das frühere<br />
Lehrerkollektiv ist zerbrochen. Gemeinsam<br />
beweinen wir den Verlust. Auch wenn ich<br />
das ARG erst nachträglich liebgewonnen<br />
habe – wegen seiner musisch-sprachlichen<br />
Ausrichtung und der vielen motivierten<br />
Lehrer. Damals hielt ich den Großteil der<br />
Menschen dort für spießig und einfach<br />
blöd. Jedes Mal, wenn ich darauf anspielen<br />
will, weicht Frau Müller aus. Auch von<br />
FUrios <strong>04</strong>/<strong>2010</strong><br />
teenage angst und Rebellion will sie nichts<br />
wissen. Die halb gefürchtete, halb herbeigewünschte<br />
Konfrontation kommt nicht.<br />
Vergeblich versuche ich in ihrem Gesicht<br />
zu lesen. Sie bleibt ganz ruhig, ihre Hände<br />
jedoch spielen nervös mit der Speisekarte.<br />
»Wenn es gut geht, ist der Unterricht auf<br />
Augenhöhe«, sagt sie jetzt. »Da geben dann<br />
eben die den Ton an, die auch Lust haben.«<br />
Langsam wird mir klar: Vor mir sitzt eine<br />
engagierte Lehrerin, die sich ihren Schülern<br />
am liebsten fachlich nähert. Wer sich nicht<br />
begeistert, dem rennt sie auch nicht hinterher.<br />
Als Dozentin und Studentin wären<br />
wir sicher ausgezeichnet miteinander ausgekommen.<br />
Einmal noch werde ich stutzig.<br />
»Da sind Sie die Siegerin geblieben«, sagt<br />
Frau Müller, als ich ihr von den Querelen<br />
mit meiner damaligen Englischlehrerin<br />
erzähle – die hatte mir das Wort »alienated«<br />
nie als Übersetzung von »entfremdet«<br />
durchgehen lassen, ich habe es beharrlich<br />
weiterbenutzt. Sind die Kämpfe von damals<br />
doch nicht überwunden?<br />
•<br />
titeL: VerhäLtNisse<br />
Auch Frau Hager hatte ich am ARG.<br />
Deutsch und Geschichte, von der neunten<br />
bis zur Oberstufe. Als die meisten Lehrer<br />
an meiner jugendlichen Sturköpfigkeit<br />
längst resignierten, hat sie mich immer<br />
wieder aus der Reserve gelockt. Einmal<br />
sollte ich die letzte Stunde zusammenfassen,<br />
obwohl ich geschwänzt hatte. Das<br />
Thema wusste ich, den Rest habe ich mir<br />
zusammengesponnen. »Marlene, das können<br />
Sie gar nicht wissen!«, platzte Frau<br />
Hager heraus, gleichzeitig verärgert und<br />
anerkennend. Von ihr habe ich ein Grundvertrauen<br />
in meine geistigen Fähigkeiten,<br />
das mir an der Uni oft geholfen hat.<br />
Mit Frau Hager sitze ich ebenfalls im<br />
Café Stilbruch, wo auch sonst in Jena.<br />
Ob sie sich besonders freut mich zu sehen,<br />
kann ich schwer sagen. Frau Hager<br />
war immer ein herzlicher Mensch. Sie<br />
sieht frisch aus, kaum älter als vor zehn<br />
Jahren. »Paris, da war ich auch mit!«, ruft<br />
sie plötzlich beim Durchblättern meines<br />
Abihefts. Ich kann mir kaum vorstellen,<br />
dass meine einstige Deutschlehrerin im<br />
Moment an einer Grundschule unterrichtet.<br />
Von ihr habe ich zum ersten Mal von<br />
Motivgeschichte und Freudscher Psychoanalyse<br />
gehört. »Ich war noch nie an einer<br />
Grundschule.« Sie lacht: »Das war schon<br />
ein schöner Kulturschock.« Was denn<br />
wichtiger sei, frage ich: das Zwischenmenschliche<br />
oder die fachliche Bildung?<br />
»Das kann man nicht so wichten«, sagt<br />
sie und benutzt eine seltene adjektivische<br />
Verbkonstruktion, die vor Jahren von ihrem<br />
in meinen Wortschatz übergegangen<br />
ist. »Ich kann nicht nur als Stundenhalter<br />
da vorne stehen, ich muss auch eine Beziehung<br />
zu den Schülern aufbauen«, sagt Frau<br />
Hager und nippt an ihrer Schale Cappuccino.<br />
Für eine Weile verlieren wir uns in einer<br />
Diskussion über die soziale Verantwortung<br />
des Lehrers. Bei Konflikten solle man auch<br />
mal persönlich werden. »Damit die Schüler<br />
merken, die haut hier nicht nur heiße<br />
Luft raus.« An unsere leicht schizophrene<br />
Beziehung damals erinnert sie sich schon.<br />
»Dafür ist man Lehrer, dass man auch mit<br />
Teenagerallüren klarkommt.« Zum Glück<br />
habe ich nicht auf Lehramt studiert. ■<br />
Marlene Göring studiert Literaturwissenschaft<br />
und ist Mitherausgeberin<br />
dieser Ausgabe von <strong>FURIOS</strong>.<br />
Vom Bildungssystem wird sie sich<br />
bald verabschieden.<br />
9
10<br />
titeL: VerhäLtNisse<br />
die eingebildete<br />
»Internationale Netzwerkuniversität« will die FU sein – und weiß nicht mal,<br />
was sie damit meint. anchalee rüland hat ihren beziehungsarmen Campus<br />
durchforstet und nach Initiativen gesucht.<br />
W<br />
enn es um die »Anwesenheitsnotiz« geht,<br />
gerät Johanna ins Schwärmen. Gemeinsam<br />
mit Freunden und Kommilitonen hat die<br />
24-jährige Literaturwissenschaftlerin die<br />
Zeitschrift für Hausarbeiten aus dem Boden<br />
gestampft. In der Arbeit stecken viel<br />
Schweiß und Herzblut. An Geld mangelt<br />
es aber. »Wir haben in der Ernst-Reuter-<br />
Gesellschaft zwar einen Sponsor gefunden«,<br />
sagt Johanna, »aber wir müssen weiter nach<br />
Geldgebern suchen.« Auf die Frage, ob sie<br />
die Uni um Hilfe gebeten haben, entgegnet<br />
sie verblüfft: »An wen hätten wir uns da<br />
denn wenden sollen?«<br />
Fragt man die Pressestelle nach Ansprechpartnern<br />
und Netzwerken, folgt<br />
Ratlosigkeit. Der neue FU-Präsident Peter-<br />
André Alt weiß auch noch nicht recht, was<br />
er dazu sagen soll: »Studentische Netzwerke<br />
sind ein Aspekt der Netzwerkidee, der bisher<br />
nicht im Zentrum stand, da wir Internationalisierung<br />
im Auge hatten.«<br />
Nicht nur die Universität ist überfordert.<br />
Auch den Studenten fehlt der Durchblick.<br />
»Die einzelnen Gruppen sind auf Eigenwerbung<br />
angewiesen«, meint Natalie Pat-<br />
4)))))))))))))))))))))))))))))))))))$<br />
Illustration: Michi Schneider<br />
zek, Geschichtsstudentin an der FU. »So<br />
kennt eigentlich niemand das ganze Angebot.<br />
Von einer Veranstaltung, bei der sich<br />
alle vorstellen, habe ich nichts gehört«, bedauert<br />
Natalie.<br />
Dass es auch anders laufen kann, weiß<br />
Shan Qiao. Eigentlich studierte sie Biochemie<br />
an der FU. Doch als die 23-Jährige<br />
im vergangenen Jahr mit Erasmus nach<br />
Cambridge ging, gefiel es ihr dort zu gut.<br />
Sie entschloss sich, zu bleiben. Inzwischen<br />
hat Shan eine Stelle im Department of<br />
Genetics und schreibt fleißig an ihrer Diplomarbeit.<br />
Anfangs musste sie sich jedoch<br />
wie alle anderen »Freshers« erst zurecht finden.<br />
»In Cambridge wird einem das leicht<br />
gemacht«, findet Shan. Denn es gibt eine<br />
jährliche Messe für die studentischen »Societies«.<br />
Die Projektlandschaft in Cambridge<br />
ist lebendig. Wer sich nur zu Beginn<br />
des Studiums über bestehende Netzwerke<br />
informiert, ist schnell von gestern. »Es gibt<br />
hier einfach alles«, schwärmt Shan. Von<br />
Sport, Sprachen und politischen Gruppen<br />
bis hin zum »Käse-Essen-Club«.<br />
Jedes Jahr präsentieren sich in Cambridge<br />
um die 350 studentischen Clubs über zwei<br />
Tage hinweg. Beim letzten Mal waren es<br />
10 000 Besucher. Die FU bietet kein Äquivalent.<br />
»Bis zum Wintersemester 08/09 gab<br />
es eine zentrale Immatrikulationsveranstal-<br />
tung. Im Anschluss daran konnten sich<br />
Projektgruppen vorstellen«, sagt Carsten<br />
Wette, Pressesprecher der FU. »Mittlerweile<br />
sind für die Vorstellung der Netzwerke<br />
die Institute verantwortlich.« Im Klartext:<br />
Die gesamte Initiative liegt wieder bei den<br />
Studenten. »Wir versuchen bei möglichst<br />
allen Erstsemesterveranstaltungen anwesend<br />
zu sein«, berichtet Kristina Kämpfer<br />
von der Liberalen Hochschulgruppe. Kein<br />
leichtes Unterfangen bei nur 25 aktiven<br />
Mitarbeitern, aber 12 großen Fachbereichen<br />
und unzähligen Instituten. Unter dieser<br />
Anbindungslosigkeit leidet nicht nur das<br />
studentische Projektleben, sondern auch<br />
das Gemeinschaftsgefühl an einer Universität<br />
mit rund 40 000 Angehörigen.<br />
Kann der Verwaltungsapparat nicht wenigstens<br />
online für Klarheit sorgen? Angekommen<br />
im 21. Jahrhundert bietet das<br />
Internet genügend Möglichkeiten, Studenten<br />
zu informieren. Auf der FU-Webseite<br />
forstet man dennoch vergebens nach einer<br />
Auflistung der studentischen Gruppen und<br />
Projekte. Rechtliche Gründe würden der<br />
Universität die Hände binden, weiß FU-<br />
Präsident Alt.<br />
Probleme, die sich eine Universität von<br />
Rang nicht leistet. Eine E-Mail an die Pressestelle<br />
von Cambridge, zehn Minuten<br />
später hat man die Auflistung aller »Socie-<br />
FUrios <strong>04</strong>/<strong>2010</strong>
ties«, über 600 Stück an der Zahl. Beim<br />
Onlineauftritt der Universität St. Gallen,<br />
eine der europäischen Kaderschmieden für<br />
Wirtschafts- und Rechtswissenschaften, ist<br />
der Gesamtüberblick über das studentische<br />
Angebot ebenfalls nur wenige Mausklicks<br />
entfernt.<br />
»Es ist wirklich schade«, sagt Nils Ludwig,<br />
Vizepräsident des Internationalen<br />
Clubs an der FU. »Wir verbringen viel Zeit<br />
mit Öffentlichkeitsarbeit und trotzdem<br />
kennen uns viele nicht.« Dabei klingt das<br />
Konzept der studentischen Organisation<br />
gut. »Mit Veranstaltungen wie Regionalabenden<br />
oder Stammtischen bringen wir<br />
Studenten zusammen, die sich austauschen<br />
und Sprachen lernen können«, legt Nils das<br />
Hauptanliegen dar.<br />
Trotzdem ist das Interesse und Engagement<br />
der Studenten gering. Neben der<br />
fehlenden Unterstützung machen die Organisatoren<br />
das Bachelor/Master-System<br />
verantwortlich. »Vielen, die ihr Studium<br />
ernst nehmen, fehlt die Zeit, sich an der<br />
Uni zu engagieren«, gibt Tatjana Zieher<br />
von der FU-Hochschulgruppe der Jusos zu<br />
bedenken.<br />
Der Zwang zum Durchstudieren ist<br />
groß. Dennoch entstehen ambitionierte<br />
Projekte wie die »Anwesenheitsnotiz«.<br />
Den drei studentischen Gründern geht es<br />
FUrios <strong>04</strong>/<strong>2010</strong><br />
nicht nur darum, in Schubladen verstaubte<br />
Hausarbeiten wiederzubeleben. »Unser Ziel<br />
ist es, ein großes Netzwerk aufzubauen«,<br />
begeistert sich Johanna. »Wir möchten Studenten<br />
zum wissenschaftlichen Austausch<br />
bewegen.« Da die FU solche Projekte angeblich<br />
nicht unterstützen kann, springt die<br />
Ernst-Reuter-Gesellschaft (ERG), Dachverband<br />
der Alumni-Vereinigungen, ein. Mit<br />
einem Budget von 250 000 Euro sind die<br />
Grenzen jedoch eng gesteckt. »Wir können<br />
den Studenten nur den Anschub finanzieren<br />
und Mut machen«, beschreibt Wedigo<br />
de Vivanco, Geschäftsführer der ERG, das<br />
finanzielle Problem. Mit rund 2700 Alumni<br />
ist die Vereinigung im internationalen<br />
Vergleich sehr klein. Die Universität St.<br />
Gallen zählt an die 19 000 Ehemalige und<br />
hat damit allein aus den Mitgliedsbeiträgen<br />
das dreifache Budget. Die Alumniarbeit an<br />
der FU befindet sich in einem Teufelskreis.<br />
Wenig Geld heißt wenig Präsenz. Wenig<br />
Präsenz zieht ein geringes Interesse der<br />
Studenten nach sich, womit die Mitglieder<br />
ausbleiben. »Bisher konnte sich in Deutschland<br />
keine Alumni-Kultur entwickeln«, so<br />
de Vivanco. »Bis vor wenigen Jahren haben<br />
die Studenten mehrmals den Studienort gewechselt.<br />
Wem gehört dann ihre Loyalität?«<br />
Doch de Vivanco räumt ein: »Das Problem<br />
liegt auch in der Mentalität. In den letzten<br />
titeL: VerhäLtNisse<br />
Jahren ist das Interesse gewachsen, ein Umdenken<br />
findet statt.«<br />
Momentan entsprechen die Netzwerke<br />
der FU gerade dem Minimum für ein soziales<br />
und politisches Campusleben. Auch<br />
die Alumni-Arbeit steckt noch in den Kinderschuhen.<br />
Keine optimale Situation, um<br />
sich als »Internationale Netzwerkuniversität«<br />
zu rühmen. Was genau mit dem Begriff<br />
»Netzwerk« gemeint ist, scheint den Verantwortlichen<br />
selbst nicht klar. Der Meinung<br />
ist auch der stellvertretende Direktor<br />
des »Centre for International Cooperation«<br />
Dr. Herbert Grieshop: »Als man das Konzept<br />
erarbeitete, wurde die Bezeichnung bewusst<br />
offen gehalten.«<br />
Dass der Netzwerkgedanke an der FU<br />
unausgegoren ist, scheint auch Präsident<br />
Alt bewusst zu sein. So setzt er in seiner<br />
Mailantwort vorsichtshalber ein paar Gänsefüße:<br />
»Unser »Netzwerk«-Konzept bezieht<br />
sich auf den Anspruch, universitäre<br />
Partnerschaften weltweit zu entwickeln.«<br />
Auf diese Weise stelle die Universität für<br />
alle Statusgruppen weltweite Kontakte zur<br />
Verfügung. »Meine Studierenden in Germanistik«,<br />
so Alt, »können etwa im Master<br />
für ein oder zwei Terms nach Cambridge<br />
gehen, ohne Studiengebühren entrichten<br />
zu müssen«. Das Netzwerk biete den Studenten<br />
Vorteile, die der normale Programmaustausch<br />
nicht eröffne. Im Vordergrund<br />
steht die Internationalisierung. Das sieht<br />
auch de Vivanco so: »Wir suchen Kontakt<br />
zu FU-Alumni im Ausland. Ein Netzwerk,<br />
das sich positiv für die FU ausspricht, ist<br />
viel wert.«<br />
Verglichen mit den Elitestandorten »Oxbridge«<br />
in England und der »Ivy League«<br />
in Amerika ist das Budget der FU schwach.<br />
Trotzdem ist Alt optimistisch: »Wir versuchen,<br />
das nach Kräften durch gute Ideen<br />
auszugleichen.« In der Regel gilt aber: Bevor<br />
man sich auf internationales Parkett<br />
begibt, will das Laufen gelernt sein. Die<br />
Bezeichnung »Internationale Netzwerkuniversität«<br />
ist hohl. Denn von innen heraus<br />
fehlen die nötigen Netzwerke, um sich<br />
auf der Metaebene erfolgreich vernetzen zu<br />
können. In den Worten von Alt braucht<br />
unser beziehungsloser Campus vor allem:<br />
Ideen. Und die präsidiale Bereitschaft, auch<br />
Taten folgen zu lassen. ■<br />
Anchalee Rüland studiert<br />
Geschichte und Politikwissenschaft<br />
im zweiten Semester. Für<br />
<strong>FURIOS</strong> findet sie immer Zeit,<br />
trotz Bachelor.<br />
11
12<br />
titeL: VerhäLtNisse<br />
beziehungstherapie<br />
Moderne Hochschule ist eine Zicke. Ihr Vater Bildung heult sich bei seiner<br />
Therapeutin Geschichte aus. Schuld sind die Verwandten: Politik und Wirtschaft.<br />
Eine Kurzgeschichte von devid mruseK.<br />
4)))))))))))))))))))))))))))))))))))$<br />
Illustration: Michi Schneider<br />
B<br />
ildung liegt mit offenem Hemd und<br />
ohne Schuhe bei Geschichte auf dem Sofa.<br />
Er ist ein jovialer älterer Herr und ungefähr<br />
200 Jahre alt. Während er sich nervös<br />
durch sein schütteres Haar fährt, versucht<br />
er sein Persönlichkeitsproblem in Worte zu<br />
fassen. Seit einiger Zeit erkennt er sich in<br />
seiner Tochter Moderne Hochschule nicht<br />
mehr wieder. »Ich habe den Eindruck, dass<br />
sie mehr nach ihrer Mutter kommt als nach<br />
mir.« Geschichte ist in die Jahre gekommen.<br />
Ihre Praxis befindet sich in einem Neubau<br />
im Stadtteil Neukölln. Von ihrem Schreibtisch<br />
aus hat sie Bildung aufmerksam zugehört<br />
und sich Notizen in ein dickes Buch<br />
mit Ledereinschlag gemacht. »Es ist wichtig«,<br />
sagt sie, »dass du ihr die Freiheit zugestehst,<br />
eine eigene Prägung auszubilden.«<br />
Sie wirft ihm einen aufmunternden Blick<br />
zu. »Du hast als Heranwachsender auch<br />
gespürt, dass Schule und Elternhaus alleine<br />
nicht aufs Leben vorbereiten können, oder<br />
nicht?« Bildung stehen die Selbstzweifel<br />
geradezu ins Gesicht geschrieben. »Dieser<br />
Satz könnte von mir stammen.« Geschichte<br />
blättert in ihrem Buch. »In der Tat. Du hast<br />
das geschrieben, als du zwanzig warst.«<br />
j<br />
Die 19-jährige Moderne Hochschule<br />
schlendert mit ihrem Freund Zeitgeist durch<br />
den Volkspark Friedrichshain. »Meine Eltern<br />
haben einen Dachschaden«, sagt Moderne<br />
Hochschule zwischen zwei Schlucken<br />
FUrios <strong>04</strong>/<strong>2010</strong>
Radler. »Meine Mama meint, ich solle mich<br />
für meinen späteren Beruf bilden. Mein Vater<br />
meint, durch die Ausbildung würde ich<br />
geistige Freiheit erlangen.« Das sei wichtiger,<br />
als nur Fachwissen reinzupauken.<br />
Zeitgeist streicht sich eine Strähne seiner<br />
asymmetrischen Frisur aus der Stirn. »An<br />
unserer Uni? Fünf Prüfungen pro Semester,<br />
Freiheit my ass!«, skandiert er. Im Gehen<br />
dreht er sich eine Zigarette. Moderne Hochschule<br />
ist in Gedanken schon bei Freitag,<br />
dann wird sie mit ihrem Patenonkel Politik<br />
aufs Land fahren. Seine Ansicht über Ausbildung<br />
ist ihr verständlicher als das elterliche<br />
Geschwafel. In seiner letzten E-Mail<br />
schrieb er, dass die Beamten einer Universität<br />
nur dem Staatszweck verpflichtet seien.<br />
Moderne Hochschule bleibt plötzlich stehen:<br />
»Die Ausbildung muss der Bedürfnisse, die<br />
der staatliche Großbetrieb und die Ökonomie<br />
an sie stellen, gerecht werden!« Zeitgeist<br />
gibt ein verächtliches Schnauben von<br />
sich. »Aber Staat und Gesellschaft bieten<br />
nicht mehr eine ›Erweiterung des Ich‹, so<br />
wie einst!« Für ihn üben sie nur Druck darauf<br />
aus. »Ich sage: Für Mündigkeit bist du<br />
selbst verantwortlich, that’s my religion!«<br />
Er setzt sich auf eine freie Stelle der Wiese<br />
und zündet seine Zigarette an. »Siehst du<br />
das nicht auch?«<br />
Bildung hantiert in der Küche herum,<br />
als Wirtschaft nach Hause kommt. Sie<br />
küsst ihn auf dem Weg ins Bad flüchtig,<br />
woraufhin Bildung in der Arbeit innehält.<br />
»Wusstest du, dass Politik und seine Frau<br />
Verwaltung unsere Tochter in ihr Landhaus<br />
eingeladen haben?« Wirtschaft wendet sich<br />
um. »Nein. Etwas Ruhe wird ihr bei ihrem<br />
derzeitigen workload aber guttun.«<br />
»Seine Moralpredigten über die soziale<br />
Verpflichtung der Intellektuellen anzuhören<br />
ist doch nicht erholsam! Außerdem<br />
interessiert sie sich durch ihn nur noch für<br />
Methodik statt für die Inhalte«, erwidert<br />
er. In seinen Augen kombinieren die vorgeblich<br />
vielseitigen Exzellenz-Professoren<br />
bloß Themen aus einem unklaren »Ideenpool«.<br />
Für ihn ist das ein zusammenhangsloses<br />
Aufeinandertreffen von belanglosen<br />
Fragen, über deren inhaltliche Leere sich<br />
der Apparat beständig hinwegevaluiert.<br />
Bildung verzieht das Gesicht. »Diese neumodische<br />
Beschäftigungstherapie, die Politik<br />
propagiert, ist nichtig!«, ruft er. Seine<br />
Ehefrau lässt ihre Business-Handtasche<br />
fallen und geht auf ihn zu. »Deine formation<br />
humaine ist doch von gestern! Was<br />
hilft sie ihr auf dem Weg ins Berufsleben?«,<br />
FUrios <strong>04</strong>/<strong>2010</strong><br />
j<br />
entgegnet Wirtschaft voller Zorn. »Und was<br />
hilft es dir, den besten Stahl zu produzieren,<br />
wenn dein Innerstes voll Schlacke ist?«, gibt<br />
Bildung wütend zurück. Wirtschaft steht<br />
nun dicht vor ihm. »Mit Goethe brauchst<br />
du mir nicht zu kommen!«, sagt sie in einem<br />
schneidenden Ton. »Ein wenig Zweckorientiertheit<br />
im Leben schadet nicht!«<br />
Damit greift sie sich ihre Handtasche und<br />
verschwindet durch die Haustür. Bildung<br />
schaut seiner Frau verdutzt hinterher. Wie<br />
konnte sie behaupten, dass die Ausbildung<br />
ihr Kind auf das Berufsleben vorbereitet,<br />
wenn die Wissenschaft dieses durch neue<br />
Erkenntnisse in der Forschung beständig<br />
verändert? Bildung hat sich wieder gefangen<br />
und wählt eine Handynummer. Verwaltung<br />
nimmt beim fünften Klingelton ab,<br />
ihr Mann ist gerade auf Wahlkampfreise.<br />
»Kann ich zu dir kommen?«, fragt Bildung<br />
mit betont ruhiger Stimme.<br />
j<br />
Als Moderne Hochschule gegen Mitternacht<br />
nach Hause kommt und in die unaufgeräumte<br />
Küche tritt, verdreht sie die<br />
Augen. Das Essen auf dem Tisch verspeist<br />
sie trotzdem dankbar. Zur gleichen Zeit<br />
kniet ihr Vater auf einem Bett in Potsdam<br />
und beugt sich zu Verwaltung hinab, die unbekleidet<br />
daliegt. Er schätzt sie als eine unabhängige<br />
Beraterin und merkt dabei nicht,<br />
wie die Zuneigung zu ihr ihn in seinem<br />
Urteil fehlleitet. Er braucht sie, um seine<br />
Beziehung mit Wirtschaft durchzuhalten,<br />
gleichzeitig kettet ihn seine Begehrlichkeit<br />
auch an Politik. Er muss seinen politischen<br />
Ideen aufgeschlossen gegenüberstehen,<br />
denn er will nicht seine Affäre mit dessen<br />
Frau gefährden. Niemand der Beteiligten<br />
merkt, dass sich alles um Verwaltung dreht.<br />
Deren Prominenz veranlasst Politik zurecht<br />
dazu, gemeinsam mit Wirtschaft von der<br />
ehemals freien Schulbildung ihren Tribut<br />
einzufordern: strukturiertes Studium, mehr<br />
erfolgreiche Abgänger, kein Bummeln. All<br />
dessen ist sich Bildung nicht bewusst, als er<br />
sich Verwaltung hingibt.<br />
j<br />
Wirtschaft sitzt bei Geschichte in einem<br />
bequemen Sessel, auf einem fremden Sofa<br />
zu liegen, kommt ihr ungebührlich vor. Sie<br />
hat die Augen geschlossen und versucht,<br />
Bildung in einem Satz zu beschreiben.<br />
»Mein Mann hängt in einer Nachkriegs-<br />
Schleife fest«, bringt sie schließlich hervor.<br />
Sie sieht ein, dass nach 1945 erziehungstechnisch<br />
auf klassische Werte zurückgegriffen<br />
werden musste. Das war für die<br />
Wiedereinbürgerung der Deutschen in<br />
Europa elementar. Bei der derzeitigen wirtschaftlichen<br />
Lage müsse davon aber Abstand<br />
genommen werden. »Heute muss die<br />
Universität den Anforderungen ihrer Stakeholder<br />
genügen. Ich würde niemals einen<br />
unproduktiven Lehrstuhl kofinanzieren.«<br />
Geschichte ist müde und kann ihr Amusement<br />
über die neuerlichen Eheprobleme<br />
des Paars kaum verbergen. »Das System<br />
der Kofinanzierung hat Politik doch mit<br />
Verwaltung und dir 1911 in Dahlem aus der<br />
Taufe gehoben«, sagt sie. Die Gründung<br />
der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft markierte<br />
den Zeitpunkt, als Firmen die universitäre<br />
Wissenschaft zu unterstützen begannen.<br />
Deren Einflussnahme wurde durch Verwaltung<br />
scharf überwacht. »Schon damals<br />
habt ihr euch gezankt, weil eure Interessen<br />
auseinandergingen«, fährt Geschichte mit<br />
einem Schmunzeln fort. Die Gesichtszüge<br />
von Wirtschaft lassen Erinnern erkennen.<br />
Sie würde tatsächlich gerne mit Politik die<br />
Inhalte der Schulbildung bestimmen. Diese<br />
Konstellation allerdings schätzt Geschichte<br />
als kopflos und verkopft zugleich ein. Es<br />
wäre wie ein eisengepanzertes Schiff, dessen<br />
magnetische Masse den Kompass um seine<br />
Funktionstüchtigkeit bringen würde.<br />
j<br />
titeL: VerhäLtNisse<br />
Um drei Uhr nachts begegnen sich Wirtschaft<br />
und Bildung vor ihrer Wohnung.<br />
Schweigend betrachten sie sich im Licht<br />
der Straßenlaternen, bevor sie hineingehen.<br />
Ihr Einverständnis ist, wie stets, ein labiles.<br />
Die stille Übereinkunft, dass sie sich<br />
brauchen und ihr Kind sie beide braucht,<br />
würde bei der nächsten Gelegenheit wieder<br />
in Streit umschlagen. Geschichte sitzt nun<br />
endlich im Pyjama auf ihrem Bett. Nur sie<br />
hat die nötige Weitsicht, um das schwierige<br />
Verhältnis der beiden zu erkennen: Das<br />
Streben nach Erkenntnis oder materieller<br />
Absicherung bringt sie dazu, auf ewig unzufrieden<br />
in ihrer Beziehung zu bleiben.<br />
»Oder«, denkt Geschichte, als sie sich hinlegt<br />
und das Licht löscht, »vielleicht sollten<br />
sich die beiden eine bessere Therapeutin<br />
suchen. Vielleicht bin ich doch keine gute<br />
Lehrmeisterin.« ■<br />
Devid Mrusek ist Chef vom<br />
Dienst der <strong>FURIOS</strong>. Er<br />
studiert Chemie und Politikwissenschaft<br />
und ist in festen<br />
Händen – der Philosophie.<br />
13
4 2<br />
40 000*<br />
14<br />
* 40 000 Menschen sind an dieser Universität. 4 Paare davon sind hier.<br />
isaBeL UNd daNieL:<br />
»wie eiN ehepaar«<br />
Die beiden Freunde sind zusammen von Köln nach Berlin gezogen<br />
und studieren gemeinsam an der FU.<br />
Isabel: Oh Gott, wie lange kennen wir uns jetzt? Ich muss erst<br />
mal rechnen. Wann bist du nochmal zu uns auf die Schule gekommen?<br />
— Daniel: In der zwölften. Also drei Jahre. Gar nicht so lange.<br />
Ich war der Neue.<br />
Seit wir zusammen wohnen hat sich die Freundschaft schon verändert.<br />
Man lernt die Macken des anderen besser kennen. Auf der<br />
anderen Seite hat unsere Freundschaft jetzt so eine Natürlichkeit<br />
bekommen. — Es passiert auch oft, dass Leute zu uns sagen: »Ach, bei<br />
euch in der Wohnung herrscht pure Harmonie, ihr seid echt wie ein<br />
Ehepaar.« Aber die 14 Stunden bei IKEA waren stressig. — Oh ja, die<br />
Umzugszeit war anstrengend! Wir hatten so viel zu organisieren und<br />
alles musste superschnell gehen. — Drei Wochen lang haben wir nur<br />
über Geld geredet. Aber gestritten haben wir uns nie. Wirklich dramatisch<br />
war das nicht.<br />
Also, ich würde sagen, du bist strukturierter. — Ach, du auch, Isa. —<br />
Nein, nein, ich bin eher hektisch und unkontrolliert. Du bist bodenständiger.<br />
— Bodenständig? Ist das gut? — Ja, das ist gut. Du bist so<br />
ein ruhender Pol. — Aber bin ich das wirklich? Ich denke, ich mache<br />
immer alle nervös. — Nein, überhaupt nicht. Mich zumindest nicht.<br />
FLoriaN UNd seBastiaN:<br />
»mit dem KopF dUrch die waNd«<br />
Die Zwillinge haben gemeinsam an der FU Veterinärmedizin studiert,<br />
zusammen gewohnt und schreiben nun ihre Doktorarbeiten<br />
in Erlangen.<br />
Sebastian: Naja, wir kennen uns eben seit unserer Geburt … oder<br />
kurz danach, Florian ist zwölf Minuten älter. — Florian: Ja, und das<br />
fand ich früher immer ganz toll. Aber inzwischen hab ich ein paar graue<br />
Haare mehr. — Wir sind zusammen zur Schule gegangen. Danach<br />
haben wir an der FU Veterinärmedizin studiert, und dann in Potsdam<br />
Biologie. — Mittlerweile machen wir unsere Doktorarbeiten in<br />
Erlangen. Zwar auch im gleichen Institut, aber wir haben schon darauf<br />
bestanden, dass es unterschiedliche Themen sind. — Ja, da wollte jeder<br />
sein eigenes Ding machen. Er weiß gar nicht so genau, was ich mache<br />
und umgekehrt. — In der Schule hatten wir einen großen gemeinsamen<br />
Freundeskreis. Das hat sich aber geändert, als wir studiert haben. —<br />
Stimmt, inzwischen hat jeder seine eigenen Freunde. — Wir haben<br />
immer zusammen in einer Wohnung gelebt, aber der Drang, auseinander<br />
zu ziehen, war da. — Schon seit dem Abitur und auch trotz unserer<br />
Gehbehinderung. — Es war aber schwierig zwei geeignete Wohnungen<br />
zu finden, die dann auch noch behindertengerecht sein mussten. — Ja,<br />
alle haben immer gesagt: »Das schaffen die doch nie.« — Das hat<br />
jeden eigenständiger gemacht. Aber mit dem Kopf durch die Wand wollen<br />
wir immer noch beide!<br />
FUrios <strong>04</strong>/<strong>2010</strong>
taNJa BörzeL UNd thomas risse:<br />
»wir siNd Beide heFtig«<br />
Die beiden Professoren lernten sich kennen, als sie noch Studentin<br />
und er schon Professor war. Heute sind sie verheiratet und am OSI.<br />
Tanja Börzel: Zum ersten Mal traf ich ihn Weihnachten 1993 an der<br />
Uni Konstanz. Ich kam aus Kanada, musste meine Diplomarbeit schreiben<br />
und hatte plötzlich diesen jungen Professor vor mir. — Thomas<br />
Risse: Ich bot ihr eine Promotionsstelle an, aber sie lehnte ab. — Wir<br />
sahen uns erst drei Jahre später wieder, in Florenz. — Sie zeigte mir<br />
die Stadt. — Das war so ein Ebenenwechsel. — Dann ging alles recht<br />
schnell, wir machten sofort alles öffentlich und heirateten im folgenden<br />
Jahr.<br />
Beim Auswahlverfahren an der FU hatte ich nie das Gefühl, dass ich<br />
hier als »Familienticket« behandelt werde. Die Stelle wurde nicht extra<br />
geschaffen um mich an die FU zu holen. — Ich war zunächst der Meinung,<br />
dass das zu früh kommt und sie sich gar nicht bewerben sollte. Ein<br />
Kollege hatte ihr dazu geraten. Wir hatten aber auch beide ein Angebot<br />
von der LSE – das hat ihrer Verhandlungsposition sicher nicht geschadet.<br />
Wir sind beide sehr engagiert im Beruf und haben eine starke Durchsetzungskraft,<br />
aber wir sind nicht immer einer Meinung – es kracht<br />
auch mal. — Mit Partnern, die nichts mit Politikwissenschaft zu tun haben,<br />
wäre es viel schwieriger Beruf und Privates zusammenzubringen. —<br />
Die Übergänge verschwimmen zwar, aber vieles wird auch einfacher.<br />
Ich habe unheimlich viel von ihm gelernt. — Und ich von ihr.<br />
saKharet UNd daVid: »Bäm!«<br />
Sie haben sich im Sinologiestudium kennen gelernt, in China sind<br />
sie ein Paar geworden. Beide sind ordentlicher als der jeweils andere.<br />
Sakharet: Wir kennen uns seit 2003, wir haben zusammen angefangen<br />
zu studieren, im Chinesischsprachkurs bei Frau Brexendorff. —<br />
David: Ich hätte gesagt bei Professor Deng. Unsere Beziehung hat sich<br />
langsam entwickelt. Wir waren lange befreundet, dann waren wir ein<br />
Jahr lang zusammen in China und BÄM!, waren wir zusammen. —<br />
Vorher haben wir uns jahrelang angeschmachtet.<br />
Der größte Unterschied zwischen uns ist unsere Haarfarbe. — Ich bin<br />
mehr Chinese als Sakhi, Sakhi ist tendenziell eher Italienerin. — Wir<br />
sind total langweilig. Wir streiten uns nie. — Doch, wir streiten uns<br />
andauernd. — Ich bin ordentlicher. — Ich bin ordentlicher! — Du<br />
weißt, wer jetzt lügt.<br />
In zehn Jahren mache ich entweder Folk-Musik in einer schäbigen Kneipe,<br />
wo mich versoffene Gäste vom Spielen abhalten wollen, oder ich werde<br />
meine Seele an eine große Firma verkaufen, hoffentlich für einen nicht<br />
unerheblichen Betrag. Sakhi ist auf jeden Fall Teil meiner Pläne. Wenn<br />
sie mitmacht … — Ich habe absolut keinen Plan, was die Zukunft für<br />
mich bringt. Vielleicht werde ich irgendwo in China etwas machen,<br />
im Bereich Kultur, bilaterale Beziehungen … ich weiß es nicht. Ich<br />
würde dabei schon Rücksicht auf David nehmen, so wichtig ist mir<br />
die Beziehung dann doch. Ein guter Schlusssatz, ne?<br />
FUrios <strong>04</strong>/<strong>2010</strong><br />
Notiert von carolin benacK, filip tuma und daniela hombach<br />
Fotos: filip tuma<br />
15
16<br />
campUs<br />
das BermUdadreiecK<br />
der FU<br />
In Lankwitz kann man meditieren, Cordhosen tragen und seine Hobbys Wissenschaft werden<br />
lassen. <strong>FURIOS</strong> hat sich far far away mal umgesehen.<br />
Von claudia schumacher und tanja goldbecher — Illustration: pia bruer<br />
Es ist schon wieder eine Weile her und<br />
fast vergessen, da war dieser Hilferuf<br />
aus Lankwitz. <strong>FURIOS</strong> fuhr hin. Es<br />
dauerte eine Weile, bis wir im seltsamen<br />
Gebäude-Buchstaben-Labyrinth das richtige<br />
Haus gefunden hatten. Ahh! L. Endlich<br />
da. Und dann ging es nach oben, in einem<br />
schäbigen Lastenaufzug. Wir stiegen ein<br />
in den Osten im Westen: dubiose Grünpflanzen,<br />
abgetretene Teppiche und ein<br />
paar orange-braune Geschmacklosigkeiten<br />
an der Wand. Zwei von insgesamt drei<br />
Menschen, die wir antrafen, trugen Cord-<br />
Schlaghosen und Hornbrillen – wobei: Da<br />
hatten die Glück, das ist ja jetzt wieder in.<br />
Im Sekretariat hing ein gerahmtes Häkelbild,<br />
ein Sonnenuntergang. Schließlich begrüßte<br />
uns der sympathische Emeritierte in<br />
seinem Büro.<br />
Der Medienforscher, der uns stark an Alfred<br />
Biolek erinnerte, sprach über sein Lebenswerk.<br />
Er hatte pädagogisch im Bereich<br />
E-Learning viel geleistet. Auch ein persönliches<br />
Interesse hatte er nebenbei mit der<br />
Forschung verbunden und den Medienbegriff<br />
auf menschliche Medien ausgeweitet.<br />
Da waren dann Hellseher und ähnlich Begabte<br />
in seinen Vorlesungen. Als er schließlich<br />
in den Ruhestand trat, sollte kein Neuer<br />
seinen Platz einnehmen. Erklären konnte<br />
er sich das nicht. Aber er orakelte, dass ein<br />
ranghoher Professor, ebenfalls Erziehungswissenschaftler<br />
und medienaffin, die Stelle<br />
eventuell blockiere, weil er sie selbst gern<br />
in absehbarer Zukunft womöglich bekleiden<br />
wolle. Ob wir nicht darüber berichten<br />
wollten? Lankwitzer Intrigen. So richtig hat<br />
die Story bei uns nie reingepasst.<br />
Aber als Aufhänger für eine Campus-<br />
Lankwitz-Reportage hat das Treffen doch<br />
einige Symbolkraft. Schon lange ist Lankwitz<br />
ein Bermudadreieck für Professoren.<br />
Die Publizistik wäre dort beinahe gestorben.<br />
Am Ende waren es noch vier Profes-<br />
soren für 2500 Studenten. 2006 schrieb die<br />
Süddeutsche Zeitung über Lankwitz: »Wer<br />
sich in diese triste Dependance der Freien<br />
Universität wagt, gewinnt den Eindruck,<br />
hier breche eine Hochschule bald zusammen.<br />
Baulich, mental, finanziell. Sie steht<br />
abseits, wenn Rektoren, Studenten und<br />
Wissenschaftler vom Aufstieg in die erste<br />
akademische Weltliga träumen.« Zumindest<br />
was das Stiefkind Publizistik anging, erbarmte<br />
sich das FU-Hauptquartier schließlich<br />
und nahm es an seine Dahlemer Brust,<br />
wo es sich mittlerweile erholen konnte.<br />
Zurück in Lankwitz blieben die Geologen,<br />
die Geographen, die Meteorologen und ein<br />
paar kleinere Forschungsprojekte.<br />
Es gibt kaum Studenten, die zwischen<br />
den Häusern A und P umher eilen. Anzahl<br />
der Fahrräder auf dem gesamten Campus:<br />
4. Anzahl der Freizeitangebote und WG-<br />
Suchzettel an den Pinnwänden in Haus<br />
L: 0. Wir hören unser eigenes Echo in<br />
den Fluren verhallen. Es ist seltsam, aber<br />
die Geowissenschaftler scheinen sich hier<br />
wohlzufühlen. Dass es 1,5 Stunden vom<br />
durchschnittlichen Berliner Szeneviertel<br />
nach Lankwitz braucht, stört hier niemanden.<br />
Der gewissenhafte Geowissenschaftler<br />
wohnt ohnehin gern abseits, in der Natur.<br />
Wegen der Gesteinsproben. Geographiestudent<br />
Martin Theilich versichert uns,<br />
Lankwitz sei seine »Insel des Friedens«.<br />
Und Dr. Thomas Traute, wissenschaftlicher<br />
Mitarbeiter an der Arbeitsstelle Hydrogeologie<br />
stimmt mit ein: »Zum Arbeiten und<br />
Forschen ist die Atmosphäre in Lankwitz<br />
genau richtig.« Auch Miriam Paprotzki,<br />
sechstes Semester Geographie, findet den<br />
Campus Lankwitz besser als Dahlem, weil<br />
er nicht so »überlaufen und riesig« sei.<br />
Das ist dann doch sehr viel Lob für einen<br />
Ort wie Lankwitz. Sperrige Betonklötze,<br />
das Innere haben wir ja schon erwähnt.<br />
Okay: Vor einigen Jahren hat ein Land-<br />
schaftsarchitekt den Geologen die Grünflächen<br />
aufgehübscht. Dabei sprangen<br />
auch ein geologischer Lehrpfad und<br />
eine Sammelstation für Regenwasser<br />
raus. Jedem das seine. Und dann<br />
sind da noch Hügel und viele Bäume<br />
und ein Fußballplatz. Ja, das<br />
gefällt dann sogar uns Besuchern<br />
aus der Großstadt. Aber es<br />
bleibt dabei, aus einem Bauern<br />
wird kein Model. Also:<br />
Haben hier alle Angst, die<br />
Wahrheit zu sagen? Angst<br />
davor, dass dieses Biotop<br />
für Wahrsager und<br />
angehende Kachelmänner<br />
geschlossen<br />
werden könnte?<br />
Zumindest<br />
wäre das eine<br />
rationale Erklärung.<br />
Seit<br />
die FU in<br />
den 80ern<br />
nach<br />
Lankwitz<br />
aus-<br />
rutschte, versucht sie diesem plumpen<br />
Faux-Pas einen Sinn zu verleihen. Mitte<br />
der 90er liebäugelte sie damit, ihr lautes<br />
Politikinstitut nach Lankwitz abzuschieben.<br />
Frei nach dem Ruf des Kinderhassers<br />
Richtung Spielplatz: »Ruhe da draußen!«<br />
Aber weil das OSI nicht nur laut, sondern<br />
auch furchtbar gescheit und vorzeigbar ist,<br />
haben die entscheidenden Herren es dann<br />
doch bei sich behalten. Also heute geht jetzt<br />
halt in Lankwitz wirklich gar nichts. Wenn<br />
die Pressestelle der FU zum Thema Lankwitz<br />
esoterisch antwortet: »Alles ist möglich«,<br />
dann meint sie wahrscheinlich nicht:<br />
Lankwitz ist das Land der unbegrenzten<br />
Möglichkeiten. Sondern dass sie es sich<br />
FUrios <strong>04</strong>/<strong>2010</strong>
vorbehält, den Laden samt neuer teurer Regensammelrinne<br />
dem Erdboden gleich zu<br />
machen. Oder dass sie die Häuser A bis L<br />
für ein groß angelegtes Altenpflege-Resort<br />
an ein expandierendes Altenpflege-Privatunternehmen<br />
verkaufen wird. Die Alten<br />
sind schließlich Deutschlands Zukunft –<br />
das muss auch die FU langsam einsehen.<br />
Wir werden immer mürrischer. Aber<br />
wir haben eine Verabredung: Es gibt Kaffee!<br />
Im Café Flugschotter, welches von der<br />
Fachschaftsinitiative betrieben wird, lässt<br />
sich Jon Richter genüsslich auf die Couch<br />
fallen. Sonst ist niemand da. Zur Zeit des<br />
Bildungsstreiks sei im Café mehr los gewesen,<br />
berichtet der Geographiestudent. Er<br />
FUrios <strong>04</strong>/<strong>2010</strong><br />
zeigt auf einen mit leeren Flaschen gefüllten<br />
Einkaufswagen. »Lost in Lankwitz« fühle er<br />
sich aber nicht. Alle wichtigen Einrichtungen<br />
seien vor Ort und schnell zu erreichen,<br />
lediglich der Weg nach Dahlem nehme viel<br />
Zeit in Anspruch.<br />
Wir gehen dann mal wieder. Aber Halt:<br />
Da ist noch Herr Saygin Ahmet, der Hausmeister.<br />
Seit 36 Jahren ist er hier schon beschäftigt<br />
und die Pensionierung steht kurz<br />
Claudia Schumacher ist Herausgeberin<br />
von <strong>FURIOS</strong> und schreibt für<br />
verschiedene Tageszeitungen. Nach<br />
ihrem Bachelor arbeitet sie erst einmal<br />
in einer Istanbuler Galerie.<br />
diE ruhE<br />
in BildErn: auF<br />
FuCampus.dE<br />
campUs<br />
bevor. Früher teilte er sich die Arbeit mit<br />
20 anderen Arbeitern, inzwischen ist er allein<br />
für die Instandhaltung zuständig. Als<br />
Herr Ahmet Autofahrer durch die Schranke<br />
winkt, sagt er mit einem Lächeln und Blick<br />
auf die nahende Pensionierung: »Ich würde<br />
aber auch noch länger bleiben!« Wir sind<br />
dann mal weg. ■<br />
Tanja Goldbecher studiert Politikwissenschaft<br />
und ist nebenher in der<br />
Jungen Presse Berlin aktiv.<br />
17
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und Rechtspflegerinnen, doch eigentlich wollen sie nur eins: auf der Bühne<br />
stehen und Musik machen. Von christian güse — Foto: alexander ziegler<br />
Rosafarbenes Poloshirt, geknoteter Kaschmirpulli über den<br />
Schultern und dazu eine schnöselige Attitüde – so sieht der<br />
Stereotyp des Jurastudenten aus. Mit Röhrenjeans und Chucks<br />
passt Felix nicht in das Klischee, erst recht nicht als Gitarrist der<br />
Rockband »Slippery Damage«. Mit Schlagzeuger Max studiert er<br />
an der Freien Universität.<br />
Die Verbindung von Jura und Rockerdasein findet Felix gar<br />
nicht schlecht. »Wenn das Hotelzimmer in Trümmern liegt, ist<br />
das Jurastudium das Beste, was man in diesem Augenblick gebrauchen<br />
kann«, erklärt er grinsend. Gegründet hat sich die Band um<br />
Frontfrau Leila Bekri zu Schulzeiten, vor sechs Jahren. Sie hat das<br />
übliche Bandschicksal durchlaufen, mit Auftritten, Wettbewerben<br />
und Ab- und Zuwanderungen diverser Mitglieder. Heute spielen<br />
Felix, Leila und Max ihren grungigen Alternativ-Rock zusammen<br />
mit Zweitgitarrist Stefan und Bassist Fischa. Die EP »Solid Cure«<br />
haben sie im letzten Jahr aufgenommen. Diesen Sommer wird sie<br />
von der Band im Tourbus durch Deutschland gekarrt.<br />
Ihrer Musik hört man ein bisschen frühe »Guano Apes« an. Eine<br />
Vermutung liegt nahe und wird bestätigt. »Slippery Damage« speisen<br />
ihren Sound aus der Ära, als Rock noch ehrlich war und man<br />
ungestraft zerrissene Jeans und Lederjacke tragen durfte: den späten<br />
80ern. Damit liegen sie nicht im Trend der Indie-Spaßbands.<br />
Dafür wecken sie selten gewordene Assoziationen zu den großen<br />
Zeiten von Pearl Jam & Co. Das leistet auch Leilas raue Stimme,<br />
campUs<br />
niCht nur<br />
lEsEn, auCh<br />
hörEn! auF<br />
FuCampus.dE<br />
die zwar tonal mal daneben liegt, den Titel »Rockröhre« aber noch<br />
ohne Schamesröte tragen kann.<br />
Die Semesterferien nutzt »Slippery Damage« oft für Proben,<br />
Albumaufnahmen und Konzerte statt für Hausarbeiten und Klausuren.<br />
»Es kommt schon zum Prioritätengewürfel«, gibt Max zu.<br />
Nach Auftritten bis in die frühen Morgenstunden wird auch mal<br />
eine Vorlesung sausen gelassen. Dieses Opfer müsse man für eine<br />
tolle Show und neue Fans eben bringen, meint Max. Die Aufgaben<br />
des Alltags nehmen aber alle fünf immer noch ernst. Statt in der<br />
Seminarpause ein kühles Blondes zu schlürfen, bereiten sie sich auf<br />
den nächsten Kurs vor. Nur mit Zeitmanagement klappt der Spagat<br />
zwischen Studium und Musik.<br />
Für »Slippery Damage« ist der ganz große Durchbruch eine Option,<br />
die bedacht sein will. Studium oder volles Rohr Risiko? »Die<br />
Wahl zwischen Leidenschaft und Vernunft ist verdammt schwer<br />
– aber ich glaube, letztlich wird eher die Leidenschaft gewinnen«,<br />
sagt Max. Na klar! Wem der Rock-Olymp winkt, der schmeißt den<br />
Gemeinsinn über Bord. ■<br />
Christian Güse studiert Nordamerikastudien und<br />
träumt seit der Kindheit von der eigenen Band. Da<br />
das nicht geklappt hat, schaut er sich nun an, wie<br />
andere Musik machen.<br />
FUrios <strong>04</strong>/<strong>2010</strong><br />
19
20<br />
poLitiK<br />
Auf den ersten Blick hat der neue FU-Präsident mit einem Seiltänzer<br />
nichts gemeinsam. Peter-André Alts Bewegungen wirken<br />
steif und hölzern, ein bisschen wie eine Fremdsprache, die er<br />
nicht fließend beherrscht.<br />
Erst, wenn er zu sprechen beginnt, zeigt sich, wie gut das<br />
Bild des umsichtigen Artisten passt. Alt formuliert in langen,<br />
wohldosierten Sätzen, schmeckt jedes Wort vorher<br />
ab. Immer bedacht, immer<br />
kontrolliert. Bloß nicht das<br />
Gleichgewicht verlieren. Das<br />
war man im Zirkuszelt FU<br />
vom ruppigen Dompteur<br />
Lenzen anders gewohnt. Das<br />
Peitschenknallen hat ein Ende,<br />
es lebe der gute Ton.<br />
ohNe aLLüreN<br />
Der Präsident der FU sitzt in seinem<br />
alten Büro im Philologischen Institut.<br />
Über eines ist auch er sich im Klaren:<br />
Präsident sein ist ein undankbarer Job.<br />
Man könne es niemandem recht machen, sagt<br />
er und lächelt freundlich. Einige Studenten sehen<br />
in der Verkörperung der Macht ihren natürlichen<br />
Feind und die Politik erwartet die Quadratur des<br />
Kreises: Leistungssteigerung bei gekürzten Geldern.<br />
»Im Prinzip ist es nicht möglich, als Lichtgestalt<br />
aus diesem Amt zu gehen«, glaubt Alt<br />
und blickt über die Ränder seiner rahmenlosen<br />
Brille hinweg. Im Kopf hat er dabei seinen<br />
Vorgänger Lenzen, der sich mit Schimpf und<br />
Schande nach Hamburg verabschiedete.<br />
der seiLtäNzer<br />
Im FU-Zirkus wagt ein Literaturwissenschaftler den Balanceakt. jonas breng<br />
über Professor Peter-André Alt, den neuen Präsidenten der Freien Universität.<br />
Eines wird deutlich: Alt will kein Politiker<br />
sein. Jetzt nicht und nach der Amtszeit<br />
schon gar nicht. Er spricht von der »Macht<br />
der Fiktion«, die in der Realpolitik zu finden<br />
sei und meint das Aufgeblasene, das<br />
Heuchlerische und die schmutzigen Tricks.<br />
Solchen »Drohkulissen« will der Theaterliebhaber<br />
Alt nicht auf den Leim gehen. So richtig würde<br />
er auch nicht ins affektierte Spiel der politischen<br />
Selbstdarstellung passen, das sein Vorgänger wie kein<br />
zweiter Uni-Präsident in Deutschland beherrschte.<br />
Zu wenig charismatisch, zu wenig eitel ist Alt. Präsidiale<br />
Allüren sind nicht die Sache des leidenschaftlichen<br />
Wissenschaftlers. Zur Arbeit kommt er mit<br />
dem Fahrrad. Ein Bekenntnis möchte er aber auch<br />
Illustration: christine spady<br />
daraus nicht machen. Er findet es<br />
schlicht »praktisch«. Und so ist es<br />
dann auch die einzige persönliche<br />
Geschichte, die er erzählt: Dass er<br />
sein 30 Jahre altes Fahrrad so lange<br />
fuhr, bis sich seine Frau und die beiden<br />
Söhne ein Herz fassten und den alten<br />
Drahtesel heimlich entsorgten.<br />
Alt schmunzelt, als hätte er<br />
schon zu viel Privates<br />
gesagt.<br />
aKademisches<br />
grossKaLiBer<br />
Geboren wird der Sohn<br />
eines Steuerberaters im<br />
Berliner Westend.<br />
Nach einem Kurzintermezzo<br />
Medizin<br />
studiert er Germanistik,<br />
Philosophie und<br />
Politik an der FU. Die<br />
Geisteswissenschaften<br />
werden sein Zuhause.<br />
Nach der Habilitation<br />
geht seine wissenschaftliche<br />
Tournee von Berlin<br />
über Rostock nach Bochum.<br />
Mit 35 Jahren geht<br />
es auf die erste Professur.<br />
Alt scheint nicht stillsitzen<br />
zu können. Er forscht weiter<br />
in Princeton und Cambridge.<br />
Hier liebt er die Ruhe, die »klösterliche<br />
Atmosphäre der großen<br />
Bibliotheken«. Man könne dort<br />
wunderbar arbeiten, sagt er etwas<br />
wehmütig.<br />
In Bochum und in Würzburg übernimmt<br />
er erste Leitungsfunktionen. Doch<br />
Berlin lässt ihn nie ganz los. 2005 kehrt er<br />
zu seiner Alma Mater, der FU, zurück. Er wird<br />
Dekan der Geisteswissenschaften und Leiter der<br />
Dahlem Research School, hilft Lenzen das Elitesiegel<br />
an Land zu ziehen und schreibt vielbeachtete Bücher<br />
über Schiller und Kafka. Alt ist ein akademisches Großkaliber,<br />
zweifellos.<br />
Abstürzen verboten. Peter-André Alt in schwindelerregender Höhe.<br />
FUrios <strong>04</strong>/<strong>2010</strong>
»LeNzeN hatte phoBische seiteN«<br />
Mit der Freien Universität ist Alt eng verwachsen: als Student,<br />
Professor und zuletzt als Dekan. So viel Nähe führt auch zu Verstrickungen.<br />
Mit der Streitfigur Lenzen verstand er sich gut, bezeichnet<br />
die gemeinsame Arbeit als »anregend«. Das allein macht<br />
ihn für manche verdächtig. Der FU-Stallgeruch hängt ihm wie<br />
ein schweres Parfum in den Kleidern. Der AStA wittert bereits<br />
eine Fortsetzung des autokratischen Systems Lenzen und poltert<br />
ordentlich gegen den frisch Gewählten.<br />
Doch wer Alt zum <strong>Juni</strong>orpartner von Lenzen stempelt, benutzt<br />
das falsche Etikett. Alt kennt die Schrauben und Apparaturen<br />
in der FU-Maschinerie so exakt wie ein alter Klempner die eigene<br />
Heizung und weiß sich in seinem System zu arrangieren.<br />
So steht er vielleicht nicht für einen Neuanfang, aber für einen<br />
neuen Umgang. Das sieht auch ein scharfer Kritiker des ehemaligen<br />
Präsidiums so: »Alt ist eine herausragende Wahl«, findet Hajo<br />
Funke. »Man merkt, dass er über die einzelnen Statusgruppen hinausdenkt.«<br />
Für ihn ist Alts nüchterne Art ein Vorteil. »Er verliert<br />
nie die Fassung, bleibt argumentativ immer stark. Ganz anders als<br />
Lenzen, der hatte phobische Seiten.« Der Politikprofessor hält den<br />
neuen Präsidenten für kompetenter und mutiger. Ein Mut, der<br />
sich auch in der Zusammenstellung des neuen Präsidiums zeigt.<br />
Mit dem Theologen Michael Bongardt holte Alt eine starke Persönlichkeit<br />
in seine Mannschaft. Einen, der auch mal den Konflikt<br />
sucht und dessen Name eng mit dem Streikforum des Runden<br />
Tisches verbunden ist. Wird Alt also zum großen Versöhner?<br />
Ausgerechnet Kafka bringt das Dilemma seines Biographen auf<br />
den Punkt: »Alles Reden ist sinnlos, wenn das Vertrauen fehlt.«<br />
Und eben dieses ist nach dem rumpligen Wahlkampf bei einigen<br />
Studenten angeknackst. Alt ging als haushoher Favorit ins<br />
Rennen. Die Mitbewerber Rojas und Lemke schwenkten früh<br />
die weiße Fahne. Zu viele Professoren standen hinter dem Literaturwissenschaftler,<br />
die Chancenlosigkeit der Niemals-Präsidenten<br />
war offensichtlich. Der Klüngel-Vorwurf machte die Runde und<br />
PHAbo10_210x74_SpreePresse:Layout 1 25.02.<strong>2010</strong> 14:10 Uhr Seite 1<br />
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poLitiK<br />
die Intransparenz des Verfahrens wurde an den Pranger gestellt.<br />
Laut einem Mitglied des Akademischen Senats gab es sogar eine<br />
interne Absprache zwischen den professoralen Gruppen kurz vor<br />
der Wahl. Man wollte Alt und die neue Vize Monika Schäfer-<br />
Korting im Paket durchwinken. Die, die sich querstellten, wurden<br />
aufgefordert, nicht zur Wahl zu erscheinen. Alt dementiert dies.<br />
Für undemokratisch halte er den Wahlkampf nicht. Trotzdem sagt<br />
er: »Ich hätte mir den Streit mit anderen Persönlichkeiten und<br />
Vorstellungen gewünscht.« Der Vorwurf nagt.<br />
Lehre mUss sich wieder LohNeN<br />
Alt will viel, was Lenzen auch wollte. Daraus macht er keinen<br />
Hehl. Sein Programm steht für die Fortführung von Lenzens<br />
Konzept der »Netzwerkuniversität«. Auch die Idee von Internationalisierung<br />
und strategischer Nachwuchsförderung will er<br />
weiterspinnen, um die nächste Exzellenzrunde zu gewinnen. Alts<br />
ehrgeizigstes Vorhaben ist allerdings, dass endlich auch die Lehre<br />
zum Elitestempel passt. Lehrproben für Professoren sollen eingeführt<br />
und reine Lehrprofessuren geschaffen werden. »Ich möchte<br />
nicht sagen: ›Hier haben wir die Lehrsklaven und dort die Forschungsfürsten.‹<br />
Aber wir brauchen eine Aufwertung dessen, was<br />
in der Lehre geleistet wird«, sagt Alt und setzt sich ein bisschen<br />
aufrechter hin. Dazu gehört auch eine bessere Betreuung der Studenten.<br />
Im Moment kommen auf einen Professor 77 Studenten.<br />
So schlecht ist in Deutschland derzeit keine andere Universität.<br />
Alt redet jetzt schneller. Das Thema ist ihm wichtig. Er spricht<br />
von Mentor-Programmen für Nachwuchswissenschaftler, über<br />
eine stärkere Kooperation mit den Dahlemer Max-Planck-Instituten,<br />
die das Herzstück der neuen Exzellenzbewerbung ausmachen<br />
sollen. Am Ende landet er aber wieder bei der Lehre. Sie mit den<br />
finanziellen Möglichkeiten der FU und dem Forschungsauftrag in<br />
Einklang zu bringen, ist für die Studenten der Prüfstein, an dem<br />
sie den neuen Präsidenten messen werden. Ein echter Balanceakt<br />
für den Seiltänzer. Also dann Herr Alt: Manege frei! ■<br />
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21
22<br />
poLitiK<br />
oppositioN im stimmBrUch<br />
Im StuPa der Freien Universität herrscht der AStA wie ein alter Patriarch. Doch die Opposition<br />
zeigt sich zerrissen, unfähig den Wechsel herbeizuführen. Die Gründe liegen tief verwurzelt.<br />
hendriK pauli auf Spurensuche im Oppositionsgeflecht. — Illustration: anne vanselow<br />
Die Opposition krächzte. Der AStA<br />
auch. Am Ende war es still. Zumindest<br />
auf Seiten der Oppositionellen,<br />
denen lediglich drei klägliche<br />
Stimmen zum Teilerfolg in eigener Sache<br />
fehlten. Einen Grund zu verhaltener Freude<br />
hätten die Verlierer aber eigentlich doch<br />
gehabt. Denn wer die bisherigen Kräfteverhältnisse<br />
im Studierendenparlament (Stu-<br />
Pa) kennt, der weiß, dass dieses Ergebnis<br />
fast schon spektakulär ist. Zum ersten Mal<br />
seit langem hatte sich die chronisch zerstrittene<br />
Opposition zusammengerauft. Ihr<br />
Ziel: Ein eigener Kandidat im Haushaltsausschuss.<br />
De facto ist das StuPa ein schwaches<br />
Organ. Seine Beschlüsse sind nur für sich<br />
selbst bindend; gelegentlich verabschiedet<br />
es Resolutionen, an die sich niemand halten<br />
muss. Aber: Es wählt den AStA und der<br />
AStA verteilt das Geld. Kontrollieren tut er<br />
sich dabei selbst. Denn im Haushaltsausschuss,<br />
der über Ausgaben und Einnahmen<br />
wacht, darf die Opposition nicht mitreden.<br />
Durch ein spezielles Wahlrecht wird sie gezielt<br />
aus dem Kontrollgremium herausgehalten.<br />
Ein Schlag ins Gesicht für diejenigen,<br />
denen an Transparenz und Offenheit<br />
gelegen ist.<br />
aUFBrUchstimmUNg oder mUster<br />
ohNe wert?<br />
Seit Jahren kann der AStA auf eine sichere<br />
Zweidrittel-Mehrheit im StuPa bauen.<br />
Sein Alleinvertretungsanspruch ist wie in<br />
Stein gemeißelt. Auch in Haushaltsfragen.<br />
Bei der Kampfabstimmung im Februar<br />
schien es jedoch, als würde die Koalition<br />
der AStA-tragenden Listen erstmalig bröckeln.<br />
Nur knapp schrammten sie an einer<br />
Niederlage vorbei. Denn die äußerst heterogene<br />
Opposition – darunter Grüne, Liberale<br />
und Linke verschiedenster Prägung –<br />
votierten gemeinsam, um endlich mal beim<br />
Geld mitbestimmen zu dürfen. War das geschlossene<br />
Auftreten der Uneinigen nur ein<br />
Zufallsprodukt? Oder das erste Anzeichen<br />
für eine Trendwende? Bei einigen kam tatsächlich<br />
so etwas wie Aufbruchstimmung<br />
auf. Nach den Wahlen im Januar hatte die<br />
Gruppe »Not-my-President« alle Listen des<br />
StuPa zu einem offenen Treffen zusammen-<br />
Auf ewig zerstritten? Selbst bei der Wahl des Nachtischs sieht die Opposition alt aus.<br />
getrommelt. Das Motto: »Für einen linken,<br />
demokratischen und transparenten AStA«.<br />
Gemeinsamkeiten wurden ausgelotet und<br />
Vorschläge für eine Runderneuerung des<br />
AStA gemacht. Immerhin eine neue Idee.<br />
»Zum ersten Mal überhaupt gab es solche<br />
Sondierungsgespräche«, sagt ein Insider<br />
und langjähriger Kenner der FU-<strong>Verhältnisse</strong>,<br />
der den jetzigen AStA lieber heute<br />
als morgen in die Wüste schicken würde.<br />
Für »Not-my-President« an vorderster Stelle<br />
dabei war einer der umtriebigsten Politaktivisten<br />
der FU: Mathias Bartelt hatte<br />
selbst lange Zeit erfolglos versucht, im<br />
AStA etwas zu werden. Mittlerweile ist er<br />
einer seiner erbittertsten Gegner. Er und<br />
seine Mitstreiterin Sarah Walz finden sich<br />
problemlos im Dickicht von Satzungen<br />
und Hochschulbürokratie zurecht – beide<br />
saßen bereits in verschiedenen universitären<br />
Gremien.<br />
traUmpaar mit schöNheitsFehLerN<br />
Trotzdem fällt es schwer, sich dieses<br />
Paar – auch ungeachtet politischer Inhalte<br />
– an der Spitze einer neuen, geeinten<br />
Opposition vorzustellen. Denn: Die Geschichte<br />
mit dem offenen Listentreffen hat<br />
einen Schönheitsfehler. Bereits zuvor hatten<br />
die Juristen vom »Café Tatort«, eine linke,<br />
pragmatische Liste, zu einem solchen Treffen<br />
eingeladen. Unter den Gästen waren<br />
auch nicht-linke Gruppen, wie der konservative<br />
RCDS, die Liberale Hochschulgruppe<br />
oder die »Liste gegen verschulten Bachelor«.<br />
Zum Missfallen von Bartelt, Walz und<br />
anderen Oppositionslinken. Sie fürchteten<br />
um ihre Deutungshoheit und ließen sich<br />
FUrios <strong>04</strong>/<strong>2010</strong>
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auf ein Kräftemessen ein. Das »Café Tatort«<br />
zog zurück. Die Folge: Knapp ein Fünftel<br />
der Opposition wurde ausgeschlossen.<br />
Dieses Hickhack ist ein Sinnbild für die<br />
Opposition an der FU. Sie gleicht einem<br />
pubertierenden Teenager in der Trotzphase:<br />
Launisch, leicht reizbar, unzufrieden<br />
mit seiner Umgebung und mit sich selbst.<br />
Während der Pubertät strukturiert sich<br />
das Gehirn neu, zwischen den Nervenzellen<br />
werden neue Verbindungen geknüpft.<br />
Genauso geht es der Opposition. So langsam<br />
reift sie und wird erwachsen. Doch der<br />
Weg der Adoleszenz ist lang, ideologische<br />
Grabenkämpfe sind längst nicht überwunden.<br />
Noch steckt die Opposition mitten im<br />
Stimmbruch.<br />
im wahLKampF LiegeN die NerVeN BLaNK.<br />
Was die Oppositionellen dennoch eint,<br />
ist ihr Wille zu zeigen, wie man es besser<br />
machen kann als der AStA. Aber anstatt<br />
Argumente zu liefern, hagelt es vor allem<br />
Polemik, Halbwahrheiten und manch böswillige<br />
Unterstellung. Die Opposition erklärt<br />
nicht mit ruhiger Stimme, sondern sie<br />
krakeelt – und der AStA keilt zurück, besonders<br />
vor den Wahlen. Für Falko Grothe<br />
sind das die »üblichen emotionalen Überreaktionen«<br />
des Wahlkampfes. Er ist der<br />
Öffentlichkeitsreferent des AStA, ein aufgeschlossener<br />
Typ mit freundlichem Blick<br />
unter dem schwarzen Basecap. Sehe man<br />
mal von der Wahlkampfzeit ab, komme<br />
man aber im Großen und Ganzen ganz gut<br />
miteinander aus, erklärt er gelassen. »Die<br />
Hauptlast des studentischen Engagements<br />
tragen ohnehin die Fachschaftsinitiativen.«<br />
Dort gebe es gute Kontakte zwischen AStA-<br />
Leuten und denen der Opposition.<br />
Auch wenn es an den Instituten tatsächlich<br />
eine vernünftige Zusammenarbeit ge-<br />
FUrios <strong>04</strong>/<strong>2010</strong><br />
ben mag; im StuPA stehen sich die beiden<br />
Fronten fast unversöhnlich gegenüber. Der<br />
AStA herrscht, trotz anhaltender Kritik an<br />
seinen Strukturen und Finanzpraktiken,<br />
scheinbar unbeeindruckt. Gerade deshalb<br />
lohnt es sich, den Blick auf die Regierung<br />
der Studenten zu richten. Oder, wie es einer<br />
formuliert, der einmal Referent beim AStA<br />
war und anonym bleiben möchte: »Man<br />
kann die Situation der Opposition nicht<br />
verstehen, wenn man die <strong>Verhältnisse</strong> im<br />
AStA nicht kennt.« Vom basisdemokratischen<br />
Ideal, dem sich der AStA verpflichtet<br />
fühlt, bleibt im politischen Alltagsgeschäft<br />
oft nur Utopie. Dort wird mit harten und<br />
sehr irdischen Bandagen gekämpft.<br />
Der AStA-Block verfügt nur über eine<br />
knappe Mehrheit im StuPa. Oberste Maßgabe<br />
ist deshalb die Abstimmungsdisziplin.<br />
Hauptsache: Machterhalt. Interne Missstände<br />
werden von den meisten einfach<br />
runtergeschluckt. Die unterschiedlichen<br />
Strömungen müssen sich der vorgegeben<br />
Linie unterordnen. Schließlich will man<br />
nach außen keine Angriffsfläche bieten. Es<br />
gibt starke Leute innerhalb des AStA und<br />
solche, die mitlaufen und mitstimmen.<br />
Dabei spiele das Sponsoring der einzelnen<br />
Gruppen, aber auch psychologischer Druck<br />
eine Rolle, behauptet der ehemalige AStA-<br />
Referent. Im Klartext: Wären alle Abgeordneten<br />
ihren Überzeugungen und nicht ihren<br />
Listen verpflichtet, hätte es längst einen<br />
politischen Wechsel gegeben.<br />
erschwerte BediNgUNgeN<br />
Das Kommen und Gehen der Jahrgänge<br />
erschwert zudem eine kontinuierliche Arbeit.<br />
»Vieles steht und fällt mit einzelnen<br />
Personen«, resümiert Ronny Patz, ehemaliger<br />
FU-Student und von 2005 bis 2007 für<br />
die LHG im StuPa. »Kürzere Studienzeiten<br />
tun ihr Übriges.« So bleibt zwar manches an<br />
poLitiK<br />
praktischem Wissen auf der Strecke. Aber<br />
weil persönliche Vorbehalte schneller wieder<br />
verflogen sind, entkrampft sich dadurch<br />
auch das politische Klima. Falko Grothe jedenfalls<br />
stellt fest, dass es »von Jahr zu Jahr<br />
besser« wird. Ebenfalls lange beim AStA<br />
aktiv ist Emil von der FSI Geschichte, lilafarbener<br />
Strubbelkopf, legeres Sakko. Auch<br />
er sieht Anzeichen für eine Entspannung:<br />
»Die letzten StuPa-Sitzungen waren richtig<br />
angenehm, kein Vergleich zu früher. Dass<br />
eine Kandidatin der sogenannten Opposition<br />
in die Sitzungsleitung gewählt wurde,<br />
zeigt ja, dass alle mittlerweile besser miteinander<br />
können«, meint er.<br />
Gutes Klima hin, persönliche Kontakte<br />
her. Die Kritiker haben ihre Chance gewittert.<br />
Dass der AStA ihnen den kleinen Finger<br />
entgegen streckt, ist ihnen nicht genug.<br />
Denn am liebsten will die Opposition gleich<br />
die ganze Hand in den Schraubstock legen.<br />
Die Kraft dazu reicht aber noch nicht. Um<br />
einen politischen Wechsel herbeizuführen,<br />
muss die Opposition untereinander besser<br />
kooperieren und lernen, Kompromisse<br />
zu schließen. Obwohl sich die Oppositionellen<br />
angenähert haben, sind persönliche<br />
Eitelkeiten und gegenseitige Abneigungen<br />
noch lange nicht überwunden. Wenn sich<br />
dies nicht ändert, werden die gut gemeinten<br />
Ansätze weiter im Niemandsland zwischen<br />
Pragmatismus und Ideologie versanden.<br />
Und die Opposition wird weiter krächzen.<br />
Wie ein Pubertierender im Stimmbruch. ■<br />
Hendrik Pauli studiert<br />
Politikwissenschaft. Für seine<br />
Recherchen rund ums StuPa<br />
brauchte er einen langen<br />
Atem. Im Herbst läuft er<br />
seinen ersten Marathon.<br />
23
24<br />
poLitiK<br />
zwischeN reVoLte<br />
UNd campiNgUrLaUB<br />
Empörung, Demos und ein demoliertes Präsidium –<br />
der Bildungsstreik hat Spuren hinterlassen. Im Sommer<br />
<strong>2010</strong> startet der nächste Anlauf. Doch was ist bisher<br />
passiert? max Krause und tobias heimbach ziehen eine<br />
vorläufige Bilanz.<br />
Illustration: christoph witt<br />
Die Geschichte vom Bildungsstreik<br />
ist die eines Eingeschlafenen.<br />
Wer an seiner Erweckungszeremonie<br />
teilnehmen wollte, musste an einem<br />
frühjährlichen Mittwochnachmittag in die<br />
Mehringhöfe nach Kreuzberg kommen: zur<br />
Strategiebesprechung der Organisatoren des<br />
Bildungsstreiks <strong>2010</strong>.<br />
Die Sorge um den chronisch Kranken tragen<br />
20 Studenten in schwarzen Pullis mit der<br />
Aufschrift »Bildung für alle«. Beseelt von der<br />
Idee des Widerstands sitzen sie in bequemen<br />
Sesseln und rauchen. Sie sprechen mit großer<br />
Geste über all die Dinge, über die schon<br />
so viel gesprochen wurde und die jetzt doch<br />
noch anders werden sollen. Die Schlagworte:<br />
selbstbestimmtes Lernen und Demokratisierung.<br />
Dazu weniger Einfluss der Wirtschaft<br />
auf die Bildung. Es ist eine andächtige<br />
Szene. Das Grüppchen hat sich einiges vorgenommen<br />
in diesem Jahr. Bunter, größer<br />
und lebendiger soll der Streik werden, vor allem<br />
aber erfolgreicher als im letzten Jahr. Auf<br />
die Frage nach neuen Protestideen außer den<br />
üblichen Besetzungen und Demos folgt Ratlosigkeit.<br />
Es haben sich Zweifel eingenistet.<br />
Hat der bisherige Streik überhaupt etwas gebracht?<br />
Da sind sich selbst die Protestler uneinig.<br />
»Ich weiß nicht, ob man wirklich sagen<br />
kann, wir hätten etwas erreicht«, sagt Tobias,<br />
ehemaliger Besetzer des Hörsaals 1a. »Der<br />
Bildungsstreik war ein Erfolg, wir haben viel<br />
erreicht«, meint wiederum Max, auch er<br />
ein Aktiver. »Tiefgreifende Reformen blieben<br />
aber aus«, relativiert er. Ins Feld gezogen<br />
war man mit viel Kritik und der Unter-<br />
Max Krause studiert Mathematik<br />
und Philosophie. Er ist<br />
inoffizieller Bildungsstreik-<br />
Korrespondent der <strong>FURIOS</strong>.<br />
Tobias Heimbach kümmert<br />
sich um <strong>FURIOS</strong> Online. Er<br />
studiert Geschichte und PuK im<br />
vierten Semester.<br />
stützung von mehr als 270<br />
hochschulpolitischen Gruppen.<br />
Auch die Studenten der<br />
FU versuchten damals mit zahlreichen Aktionen,<br />
wie der Besetzung des Otto-Suhr-Instituts<br />
und der Stürmung des Präsidiums, ihren<br />
Forderungen Nachdruck zu verleihen.<br />
gestreicheLt UNd VerstaNdeN<br />
An der Bildungsstreik-Großdemo am 17.<br />
<strong>Juni</strong> 2009 beteiligten sich in Berlin mehr<br />
als 10 000 Menschen, landesweit sogar über<br />
200 000. Kreativster Protest: der symbolische<br />
Banküberfall auf die Hypo Real Estate.<br />
Die Öffentlichkeit und die Politik blieben<br />
davon nicht unberührt. Bildungsministerin<br />
Schavan etwa meinte, die Studenten bräuchten<br />
»klare Signale, dass es Korrekturen gibt«.<br />
Eine grundlegende Reform des Bildungswesens<br />
steht aber immer noch aus. Von überall<br />
wurde gestreichelt und verstanden, konkret<br />
wurde es nicht.<br />
Als der Streik im Laufe des Sommers<br />
schon ergebnislos zu verebben drohte, rollte<br />
im Herbst die zweite Welle des Protestes<br />
an. Hörsaalbesetzer in Österreich inspirierten<br />
die deutschen Streiker zu ihrem sogenannten<br />
»heißen Herbst«. Bald schon befand sich<br />
auch der Hörsaal 1a der FU fest in Studentenhand.<br />
Zelte wurden aufgeschlagen und Diskussionsrunden<br />
ins Leben gerufen. Mitten in<br />
der Silberlaube feierte der Bildungsstreik ein<br />
Comeback, das ihm wohl die wenigsten zugetraut<br />
hätten: Mit Sofas, Tischkicker, Gitarren<br />
und VoKü. Der Streik war plötzlich im<br />
Herzen der FU angekommen. Auch wenn er<br />
manchmal ein wenig an einen Campingurlaub<br />
erinnerte.<br />
der streiK FiNdet seiN gremiUm<br />
Als Reaktion auf die wiederbelebten Bildungsproteste<br />
rief der Akademische Senat<br />
bereits Ende November den Runden Tisch<br />
ins Leben. Dort sollten die Interessen aller<br />
vier Statusgruppen – Professoren, wissenschaftliche<br />
Mitarbeiter, sonstige Mitarbeiter<br />
und Studenten – von einer überschaubaren<br />
Anzahl an Vertretern zusammengeführt werden.<br />
Dagegen begehrten die Studenten auf,<br />
die Zugangs- und Rederecht für alle Interessierten<br />
forderten. Während den ersten Sitzungen<br />
bis zu hundert Studenten beiwohnten,<br />
schrumpfte diese Zahl zuletzt deutlich<br />
auf unter zehn.<br />
Michael Bongardt, Theologieprofessor<br />
und als Professorenvertreter von Anfang an<br />
mit dabei, sieht die Offenheit positiv: »Dass<br />
es von Beginn an ein breites Spektrum von<br />
Meinungen und Lösungsvorschlägen gab,<br />
war ein echter Gewinn für unsere Arbeit.«<br />
Die Anwesenheitspflicht, Sinnbild für ein<br />
starres Fließbandstudium, wurde schon im<br />
Dezember gekippt. Ein Etappensieg von eher<br />
symbolischem Wert. »Die vielen Prüfungen<br />
in kurzen Abständen machen den Studierenden<br />
mehr zu schaffen«, relativiert Bongardt,<br />
»ebenso die beschränkte Modulauswahl.«<br />
Der wirklich große Erfolg des Runden Tisches<br />
sind Leitlinien zur Reform der Studien-<br />
und Prüfungsordnungen. Vom Runden<br />
Tisch ausgearbeitet wurden sie im Akademischen<br />
Senat beschlossen. Mittlerweile sind sie<br />
an die Fachbereiche weitergeleitet, die konkrete<br />
Umsetzungsvorschläge machen sollen.<br />
Zum Wintersemester sollen sie dann in Kraft<br />
treten.<br />
Vielen ist das zu wenig. Die AG Öffentlichkeitsarbeit<br />
zum Beispiel beklagt, dass<br />
die Kernforderungen des Streiks kein Gehör<br />
gefunden hätten. Schon laufen die Vorbereitungen<br />
für eine neue Runde im Bildungsstreik.<br />
Die Studenten sind ungeduldig.<br />
Verständlich, denn sie wollen die Früchte<br />
ihres Engagements auch ernten. Prof. Bongardt<br />
warnt vor Aktionismus, Verständnis für<br />
die Ungeduld der Studenten habe er trotzdem.<br />
»Bologna war auch deswegen ein Problem,<br />
weil es mit heißer Nadel gestrickt worden<br />
ist.« Wieviel Zeit die Reform der Reform<br />
FUrios <strong>04</strong>/<strong>2010</strong>
anzeige<br />
erfordere, müsse man immer wieder neu abwägen.<br />
»Wenn neue Proteste kommen, sollten<br />
sie klug und kreativ sein«, fordert Bongardt.<br />
Wirkungsvoll wären sie aber nur, wenn<br />
sie für eine möglichst große Gruppe sprechen<br />
und – mit Blick auf die letzte Hörsaalbesetzung<br />
– zu einem würdigen Ende kämen.<br />
BLasse resULtate<br />
In der Tat sind die Änderungen am Bachelor-Master-System<br />
für die Verantwortlichen<br />
an der Universität und in der Politik weitgehend<br />
schmerzfrei: Sie kosten kein Geld.<br />
Die Studenten werden angesichts knapper<br />
Mittel auch weiter in überfüllten Seminaren<br />
sitzen. Mehr Einfluss wurde den Studenten<br />
ebenfalls nicht zugestanden, sodass<br />
größere studentische Mitbestimmung weiterhin<br />
ein Wunschtraum bleibt. Die bisherigen<br />
Beschlüsse wirken wie zähneknirschend<br />
abgerungene Kompromisse, mit denen die<br />
Universitätsleitung die Studenten beschwichtigen<br />
will. Wirkliche Reformbereitschaft lässt<br />
das nicht erkennen.<br />
Jedoch darf man das Ausbleiben umfassender<br />
Reformen nicht nur den Entscheidungsträgern<br />
anlasten. Der Bildungsstreik schaffte<br />
nie den Sprung zur Massenbewegung und<br />
konnte zu keiner Zeit für sich reklamieren,<br />
für alle Studenten zu sprechen. Der harte<br />
Kern der Bewegung engagierte sich sehr, ihre<br />
Aktionen stießen dagegen oft auf Desinteresse.<br />
Zudem rief die scharfe Rhetorik der Protestierenden<br />
bei vielen Studenten Ablehnung<br />
hervor. Die gingen dann auf Distanz, ohne<br />
sich näher mit den Inhalten zu befassen.<br />
Wie soll es also weitergehen? Für den<br />
Großteil der Studenten sind die bisherigen<br />
Veränderungen zweifellos ein Segen. Ein<br />
Fluch sind sie jedoch für die, die die Proteste<br />
fortsetzen wollen. Nach den Zugeständnissen,<br />
die die Bildungstreik-Aktivisten der Politik<br />
und der Hochschulleitung abgerungen<br />
haben, werden sie es mit weiteren Forderungen<br />
schwer haben. »Einen Streik halte ich in<br />
der jetzigen Phase für ein falsches Mittel«,<br />
meint auch FU-Präsident Peter-André Alt.<br />
Stattdessen hält er die Studenten dazu an,<br />
konstruktiv in den Gremien mitzuarbeiten.<br />
KLeiNere BrötcheN<br />
Ohnehin ist unklar, ob die Mehrzahl der<br />
Studenten überhaupt einen neuen Streik will.<br />
Zwar sind Protestaktionen und eine Großdemonstration<br />
am 9. <strong>Juni</strong> in Planung, doch<br />
die Organisation läuft schleppend. Vorbereitungstreffen<br />
wurden mehrfach wegen geringer<br />
Beteiligung verschoben. Dem Streik geht<br />
Bücher.<br />
Medien.<br />
eBooks.<br />
die Puste aus. Es gelingt kaum noch, Nachwuchs<br />
zu mobilisieren, eine Kundgebung im<br />
April besuchten gerade einmal fünfzig Personen.<br />
Die Wahl des neuen Präsidenten zeigt jedoch,<br />
wie wenig die Studenten immer noch<br />
in die Gestaltung der Universität einbezogen<br />
werden. »Wir brauchen mehr Demokratie<br />
an der Uni, hier hat ein Umdenken noch<br />
nicht stattgefunden«, meint auch Max. Zudem<br />
räumt die Politik trotz beschwichtigender<br />
Worte der Bildung noch immer nicht<br />
den angemessenen Stellenwert ein.<br />
Der Streik hat sein Haltbarkeitsdatum also<br />
noch nicht überschritten. Doch wer den Protest<br />
an den Erfolgen des letzten Semesters<br />
misst, wird eine Enttäuschung erleben. Jetzt,<br />
wo die Motivation der Studenten nachlässt,<br />
müssen wohl kleinere Brötchen gebacken<br />
werden. Das sehen auch manche von denen,<br />
die weiterhin aktiv sind: Ein Insider glaubt,<br />
der Bildungsstreik habe seinen Zenit überschritten,<br />
möchte sich mit dieser Meinung<br />
aber nicht zitieren lassen. Denn die offizielle<br />
Linie des Bildungsstreik-Bündnisses ist klar:<br />
Die Proteste müssen fortgesetzt werden. In<br />
den Mehringhöfen sieht man das genauso.<br />
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FUrios <strong>04</strong>/<strong>2010</strong><br />
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25
26<br />
KULtUr<br />
»ich schreiBe KeiNe seiteN aB«<br />
Die Schriftstellerin Sibylle Lewitscharoff gewann in diesem Jahr den Berliner Literaturpreis.<br />
Damit hat sie die Heiner-Müller-Gastprofessur am Peter-Szondi-Institut inne, wo sie<br />
Jungautoren literarisches Schreiben beibringt.<br />
Das Gespräch führten carolin benacK und frauKe fentloh — Foto: cora-mae gregorschewsKi<br />
Die Schriftstellerin Sibylle Lewitscharoff wurde 1954 in Stuttgart<br />
geboren. Ihr erstes Buch »36 Gerechte« veröffentlichte sie 1994. Für ihren<br />
aktuellen Roman »Apostoloff« erhielt sie im letzten Jahr den Preis der<br />
Leipziger Buchmesse. In diesem Jahr gewann sie den Berliner Literaturpreis<br />
für ihr »ungemein dichtes und originelles Prosawerk«, so die Jury.<br />
FUrios <strong>04</strong>/<strong>2010</strong>
Frau Lewitscharoff, Sie haben einmal<br />
gesagt, dass Sie sich nach dem Studium<br />
nicht vorstellen konnten, an der Uni<br />
zu arbeiten. Jetzt sind Sie doch wieder<br />
hier.<br />
Damals habe ich mich nicht in der Lage<br />
gesehen, den akademischen Anforderungen<br />
zu genügen. Als Professor muss<br />
man forschen können und bereit sein,<br />
mit pädagogischem Eros Menschen etwas<br />
beizubringen – das konnte ich mir nicht<br />
vorstellen, obwohl ich sehr gern studiert<br />
habe. Jetzt arbeite ich ja nicht wirklich<br />
wissenschaftlich, denn das Seminar, das<br />
ich gebe, ist ja vor allem praktischer<br />
Natur.<br />
Wie sieht denn so ein Seminar bei<br />
Ihnen aus?<br />
Wir reden erst einmal über die Texte, die<br />
die Teilnehmer eingereicht haben. Und<br />
entlang der Schwierigkeiten, die sich da<br />
zeigen, versuche ich, das Seminar aufzubauen<br />
und gelungene Texte von großen<br />
Autoren einzuspeisen. Wir stellen keine<br />
wissenschaftliche Untersuchung über<br />
Kafka an, sondern versuchen, anhand<br />
dieses Beispiels zu sehen, was man daraus<br />
für die eigenen Texte nutzbar machen<br />
kann.<br />
Sie haben ihre Studenten aus rund 50<br />
Bewerbern selbst ausgesucht. Haben<br />
Sie schon den nächsten Grass, die<br />
nächste Bachmann gefunden?<br />
Nein, das wäre auch übertrieben. Ich<br />
bezweifle auch, dass jemand, der schon<br />
alles kann, in so einen Kurs gehen würde.<br />
Außerdem ist das ganz große Talent, das<br />
sich schon jung zeigt, eine Illusion. Es<br />
gibt zwar die alle Jahrhunderte einmal erscheinenden<br />
jungen Genies, Franz Kafka<br />
etwa. Aber heute brauchen die Leute einen<br />
langen Anlauf, weil die Ablenkungen<br />
groß sind und der Wortschatz so klein<br />
geworden ist.<br />
Gibt es etwas, das Sie Ihren Studenten<br />
mitgeben möchten?<br />
Ganz pragmatisch: Heute ist es ein sehr<br />
riskantes Spiel, sich schon in jungen<br />
Jahren darauf zu verlassen, sein Leben<br />
lang ein Auskommen als Schriftsteller<br />
zu finden. Man sollte schon gleichzeitig<br />
einem Brotberuf nachgehen. Zumal<br />
das auch Erfahrungen mit sich bringt.<br />
Sie haben sonst nur ihre Kindheit, ein<br />
bisschen Liebesleid und ein bisschen<br />
Universität, worüber wollen Sie denn da<br />
schreiben? Natürlich können Sie sich wie<br />
Bukowski in eine Subkultur begeben und<br />
versuchen, darin aufzugehen und dann<br />
darüber zu schreiben. Das saure Kitsch-<br />
FUrios <strong>04</strong>/<strong>2010</strong><br />
Gewerbe im Alkohol. Aber zu empfehlen<br />
ist das wohl nicht.<br />
Sie haben an der FU Religionswissenschaften<br />
studiert. Wie haben sie damals<br />
die FU erlebt?<br />
Ich habe ja 1974 angefangen zu studieren,<br />
da war die Universität ein riesiger<br />
Freiraum. Die Angst, später kein Geld zu<br />
verdienen, war schlicht und ergreifend<br />
nicht vorhanden. Wir haben alle sehr lange<br />
und gemütlich studiert und standen<br />
kaum unter äußeren Zwängen, abgesehen<br />
von den inneren. Ich fand diese Freiheit<br />
extrem inspirierend. Gewiß hatten diese<br />
Freiräume auch ihre Nachteile; ich habe<br />
ziemlich disziplinlos studiert. Viele sind<br />
dabei auf dem Sofa versackt und wurden<br />
einfach nicht fertig.<br />
Frauke Fentloh studiert<br />
Allgemeine und VergleichendeLiteraturwissenschaft.<br />
Carolin Benack leitet<br />
das Kulturressort für<br />
<strong>FURIOS</strong>. Sie studiert<br />
Nordamerikastudien und<br />
AVL.<br />
Dann dürften Sie die 68er hautnah<br />
miterlebt haben. Haben Sie sich auch<br />
in der Studentenbewegung engagiert?<br />
In der Schulzeit war ich heftig links eingestellt,<br />
geradezu programmiert. Ich war<br />
in einem komischen Trotzkistenverein;<br />
wir haben Umsturzpläne geschmiedet,<br />
uns Decknamen gegeben und geheime<br />
Briefkästen benutzt. Alles wurde mit großer<br />
Leidenschaft betrieben. Das hörte mit<br />
dem Studium allerdings auf. Was noch<br />
an marxistischen Restbeständen an der<br />
KULtUr<br />
Universität zu erleben war, empfand ich<br />
als verknöchert. Die haben ja nur noch<br />
Kapitalstudien betrieben. Da merkte man<br />
schon, dass zumindest diese Abteilung<br />
der linken Bewegung zum Untergang<br />
verurteilt war.<br />
Wie Günter Grass oder Christa Wolf<br />
haben sie im März die Leipziger Erklärung<br />
zum Schutz geistigen Eigentums<br />
unterschrieben. Fühlen Sie sich von<br />
»remixenden« Schriftstellern wie Helene<br />
Hegemann bedroht?<br />
Nein, da vertraue ich dann doch auf die<br />
eigene Kraft und das eigene Können, das<br />
sehr viel mehr wert ist als das Herumgewurschtel<br />
im schon Geschriebenen.<br />
Bedroht kann man sich als Schriftsteller<br />
aber sehr wohl fühlen, nämlich durch<br />
den schweren Stand des Buchs und<br />
die Schleifung des Urheberrechts im<br />
Internet. Das ist für jeden bedrohlich, der<br />
schreibt.<br />
Aber wo verlaufen denn nun die Grenzen<br />
zwischen Zitat und Plagiat?<br />
Erst einmal: Die Hegemann-Debatte ist<br />
ziemlich hoch gekocht und ein bisschen<br />
an den Haaren herbeigezogen. Aber<br />
natürlich, wenn Sie eine ganze Seite abschreiben<br />
und das einfach einpassen, ist<br />
das ein Problem. Ich finde immer noch,<br />
die Leute sollten selber schreiben. Das ist<br />
natürlich anstrengender.<br />
Abschließend noch eine Frage: Worum<br />
wird es in Ihrem nächsten Buch gehen?<br />
Ich plane einen Roman über den Philosophen<br />
Hans Blumenberg. Da werde ich<br />
natürlich auch gewisse Ideen und Gedanken<br />
von ihm in den Roman eintragen.<br />
Aber gewiß nicht, indem ich Seiten aus<br />
seinen Büchern abschreibe. ■<br />
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27
28<br />
KULtUr: FLaNeUr<br />
FLaNeUr:<br />
KaFFee im KaFF<br />
Einen über den Durst: der FLaNeUr besuchte die Cafés auf dem<br />
Campus, goutierte viel und verbrannte sich die Zunge.<br />
Von sophie janKowsKi<br />
Illustration: jonathan schmidt — Fotos: tina conrad<br />
Das osmanische Reich existiert längst nicht mehr,<br />
doch der gute Kaffee, der einst von dort nach Dahlem<br />
schwappte, ist uns erhalten geblieben. Ob Kauderwelsch,<br />
PI- oder Sportler-Café: Das ursprünglich aus Äthiopien<br />
stammende Heißgetränk wurde im 15. Jahrhundert von<br />
den Türken salonfähig gemacht und erreichte über Umwege<br />
auch die höheren Bildungsanstalten. Zunächst etablierte<br />
ein Sultan namens Süleyman das Kaffeekränzchen<br />
in den besseren Gesellschaftschichten von Paris: et voilà,<br />
le Café! Die ihm eigene Atmosphäre, die Einladung zum<br />
Verweilen und zur Observation menschlicher Unzulänglichkeiten<br />
machte das Café zum Ort der Entfaltung kreativen<br />
Esprits. Hier wurden Revolutionen geplant, die<br />
ersten Zeitungen entworfen, Pamphlete geschrieben und<br />
Schach gespielt. Van Gogh malte als eines seiner ersten<br />
Nachtbilder ein Café und vergaß, es zu signieren. Doch<br />
noch mehr als das besondere Flair der Cafés verhalf<br />
kleinen Männern die anregende Wirkung<br />
des Getränks zu Größe: Kant verstand<br />
die Bedeutung seiner eigenen Sätze nur<br />
mit Hilfe von Kaffee. Hartnäckig hält<br />
sich auch das Gerücht, Napoleon sei<br />
bei Waterloo nur darum besiegt worden,<br />
weil er an jenem Morgen keinen Kaffee<br />
getrunken hatte.<br />
BotaNische aFFigKeiteN<br />
Die liebevolle Pflanzensammlung auf der Treppe des PI-<br />
Cafés stammt aus dem momentan unbenutzten Büro eines<br />
Botanikprofessors. 1999 brach er zu einer Expedition zum<br />
Amazonas auf und wurde seitdem nicht mehr gesehen. Allerdings<br />
schreibt er jedes Jahr zu Weihnachten eine Postkarte an<br />
sein Institut, dieser Affe. Die offene Professorenstelle wurde<br />
noch nicht neu besetzt, schließlich wartet man noch auf seine<br />
Rückkehr. Das Café selbst verbirgt sich hinter einer zuplakatierten<br />
Tür, durch die man in eine anachronistische Welt<br />
eintritt: durchgesessene Sofas, ausrangierte Stühle der Uni<br />
und Kaffeebecher mit lustigen Sprüchen, die niemand mehr<br />
haben will. Die Luft ist staubig und riecht nach vergangenen<br />
Tagen. Die Zeitung auf dem Tisch ist von gestern und das<br />
zum Café gehörige Psychologie-Institut ebenfalls. Das Ganze<br />
hat den Charme eines alten Schwarz-Weiß-Fotos mit Kaffeeflecken.<br />
Allein die Bionade im Kühlschrank erinnert daran,<br />
dass wir uns in den Zweitausendern befinden. Allerdings:<br />
Zigaretten sind hier einzeln erhältlich und lobend hervorgehoben<br />
sei auch der Balkon, auf dem man sie qualmen kann.<br />
FUrios <strong>04</strong>/<strong>2010</strong>
KUss mit mUNdgerUch<br />
Langsam, aber sicher breitete sich das Baci’s in den<br />
letzten Jahren auf dem Dahlemer Gehweg aus. Anfangs<br />
war es nur ein einfacher Wagen, der zwei Sorten<br />
Kaffee verkaufte. Vor dem Wagen wurden Stühle<br />
aufgestellt, aus dem Wagen wurde ein Zelt, das Zelt<br />
wurde zu einem größeren Gartenhaus. Die Expansion<br />
des Cafés schreitet immer weiter voran, im letzten<br />
Sommer eroberten Stühle und Tische bereits den<br />
Platz vor dem Copy-Shop und auch das Territorium<br />
der benachbarten Buchhandlung Schleichers wurde<br />
vom Baci’s-Mobiliar anvisiert. In Italien sind Baci die<br />
Schokoladenversion des chinesischen Glückskekses mit<br />
sinnentleerten Ratschlägen für die Liebe: »In amore<br />
troppo è ancora poco.« 1922 wurde die Süßigkeit vom<br />
»Buitoni«-Gründer erfunden und wird seitdem vom<br />
Pastaimperium mit unveränderter Rezeptur hergestellt.<br />
So alt ist der Dahlemer Kuss noch nicht und statt<br />
auf süße Orakel ist er auf amerikanische Kaffeekunst<br />
spezialisiert, das heißt auf Mundgeruch. Trotzdem<br />
ist das Baci’s auf dem besten Wege, ganz Dahlem zu<br />
erobern. Denn eine Werbeaktion à la »CoffeeCompany«<br />
ist schon in Planung, um die Bekanntheit bei den<br />
Studenten zu erhöhen: Wer einen Baci-Werbe-Slide in<br />
die Powerpointpräsentation seines Referates einbaut<br />
und dies per Foto oder besser per Video dokumentiert,<br />
bekommt einen Kaffee for free.<br />
FUrios <strong>04</strong>/<strong>2010</strong><br />
Die Gedanken des Flaneurs notierte Sophie<br />
Jankowski. Für ihre Richtigkeit übernimmt<br />
sie keine Verantwortung.<br />
KULtUr: FLaNeUr<br />
KoFFeiNgeträNKte VergäNgLichKeit<br />
In der Studentenwerk-Café-Bar wird hinter der<br />
Theke mit hastig zugerufenen Anweisungen zu dritt im<br />
Akkord gearbeitet. Schließlich sammelt sich davor eine<br />
lange Reihe von Mitarbeitern, Studenten und Universitätsgästen.<br />
Tatsächlich existiert eine Überlieferung zur<br />
längsten Warteschlange, die sich hier einmal gebildet<br />
haben soll: Im Jahre 1979 reichte sie bis in den Gang K,<br />
Straße 27 – dort, wo heute die ZEDAT zu finden ist.<br />
Dieser To-Go-Andrang zeigt auch schon, dass es sich<br />
eher um einen reinen Kaffeeausschank als um ein echtes<br />
Café handelt. Unbequeme Holzklötze und hektische<br />
Mensa-Atmosphäre laden nicht gerade zum Philosophieren<br />
und Verweilen ein. Hier zählt allein das Koffein, das<br />
die gleiche Strukturformel wie Teein hat und nur auf<br />
Grund einer Phosphorylierung am dritten C-Atom eine<br />
polyklonale Kardiobrachykardie auslösen kann. Diese<br />
von FU-Biologen entwickelte Struktur sorgt dafür, dass<br />
der Konsument dreimal länger wach bleibt. Wenn schon<br />
nicht philosophieren, so kann man immerhin eines hier:<br />
den Puls des Studiums fühlen, das emsige Hin-und Her-<br />
Hetzen zwischen Seminaren, Vorlesungen und Klausuren<br />
erleben. Zwischen dem ameisenstockartigen Herumlaufen<br />
der Studenten wird man sich auch der eigenen kaffeegetränkten<br />
Vergänglichkeit bewusst. Am Ende des Tages<br />
liegt nur noch ein müder Donut in der Auslage und die<br />
Pappbecher stapeln sich in den umliegenden Mülleimern.<br />
29
30<br />
KULtUr: VeraNstaLtUNgsKaLeNder<br />
got plans?<br />
Veranstaltungen von, für und mit Studenten der FU. Gesammelt von carolin benacK,<br />
marvin henniges, yulian ide, sophie janKowsKi, Konstanze renKen und janna rheinbay<br />
Mehr Veranstaltungstipps unter www.furios-campus.de/Kalender Eure Veranstaltungen an redaKtion@furios-campus.de<br />
<strong>Juni</strong><br />
VampirE, mEhl und FEuErWEhr<br />
Die Lange Nacht der Wissenschaften, an 70 Hochschulen<br />
und Forschungseinrichtungen in ganz Berlin und Potsdam,<br />
am 5. <strong>Juni</strong> <strong>2010</strong>, 17.00 bis 1.00 Uhr<br />
Samstagabend in die Uni? Warum? So absurd es auch klingt: An<br />
diesem Wochenende gibt dafür es einen guten Grund. Denn<br />
bei der 10. Langen Nacht der Wissenschaften gibt es an der FU<br />
Spannendes zu erleben: So kann man sich an einen Lügendetektor<br />
anschließen lassen, eine Vorlesung zum »Twilight-Fieber und<br />
Vampir-Boom« besuchen und explodierendes Mehl in der Chemie<br />
bewundern. Oder auch bei einem Live-Feuerwehreinsatz in<br />
der Informatik mal provokant einfach nicht den Saal verlassen.<br />
www.langenachtderwissenschaften.de<br />
okt.<br />
sChWEdisCh, göttliCh<br />
Fünf mal Gott, tik – Theater im Kino, Boxhagener Straße<br />
18, 2. Hinterhof, 3. Etage, 09. und 10. Oktober <strong>2010</strong>, 20.00<br />
Uhr, Eintritt 4 € (für Studenten), Kartenvorbestellung<br />
unter tiktheater@googlemail.com<br />
Ein Schauspiellehrer, vier Schüler und das »Traumspiel« des<br />
Schriftstellers August Strindberg: Aus diesen Zutaten hat Regisseurin<br />
Julia Beil ein sympathisches Stück Schweden auf die<br />
Friedrichshainer tik-Bühne gezaubert. Jeder der fünf Protagonisten<br />
verkörpert der Reihe nach Gott und erschafft in seiner Szene<br />
seine eigene Wahrheit. Der gescheiterte Schauspiellehrer lebt<br />
den Traum einer Hollywoodkarriere, die egozentrische Blanca<br />
wird von allen bewundert. Mit dem Auftreten der unsicheren<br />
Sanoj verschwimmen schließlich Realität und Fiktion gänzlich.<br />
Und man ist sich nicht mehr sicher, ob man da gerade wirklich<br />
noch ein Theaterstück sieht. www.theater-im-kino.de<br />
<strong>Juni</strong><br />
kaFFEE BEi lukE<br />
»Town Meetings of the Imagination: Gilmore Girls and<br />
Northern Exposure«, John-F.-Kennedy-Institut, Lansstraße<br />
7-9, Raum 201, 10. <strong>Juni</strong> <strong>2010</strong>, 18.00 Uhr<br />
Einmal in Stars Hollow Taylor Doose bei einem cholerischen<br />
Anfall zu sehen, danach bei Luke einen Kaffee trinken – für die<br />
Fans der Fernsehserie »Gilmore Girls«, die den Alltag des Mutter-<br />
Tochter-Gespanns Lorelai und Rory Gilmore erzählt, ein echter<br />
Traum. Auch der Kleinstadt Cicely aus »Northern Exposure«,<br />
einer amerikanischen Serie mit ebenso skurrilen Charakteren,<br />
würde man wohl gern einen Besuch abstatten. Jane Feuer von<br />
der University of Pittsburgh erklärt im Forschungskolloquium<br />
die Anziehungskraft der fiktiven amerikanischen Kleinstadt. Wer<br />
Stars Hollow besser kennen lernen möchte, sollte hingehen.<br />
http://www.jfki.fu-berlin.de/faculty/culture/dates/colloquium<br />
<strong>Juni</strong>/<br />
Juli<br />
malErEiEn dEs ChEFillustrators<br />
Ausstellung »DER ESKAPIST«, Mat’s Laden, Christburger<br />
Straße 39, Vernissage am 10. <strong>Juni</strong>, Ausstellungsdauer<br />
bis 10. Juli <strong>2010</strong><br />
Er verleiht der <strong>FURIOS</strong> ihr Gesicht: Michi<br />
Schneider, Urheber der Illustrationen, die bisher<br />
jedes Titelblatt zierten. Selbst, wer der <strong>FURIOS</strong><br />
sonst kritisch gegenüber steht, wird die Großartigkeit<br />
seiner Bilder anerkennen. Nun ergibt sich<br />
die Möglichkeit, in der Ausstellung »DER ESKAPIST« auch<br />
einmal seine Malereien zu bewundern. Wer einen ersten<br />
Blick darauf werfen möchte, sollte auf Michis MySpace-Seite<br />
vorbeischauen. www.myspace.com/michi_schneider<br />
JEdEn<br />
di<br />
du hast Ein oriEntiEr-<br />
ungslos gEZogEn<br />
Kreuzberg Slam, Lido, Cuvrystraße 7, jeden ersten<br />
Dienstag im Monat, 20.30 Uhr<br />
Wer sich unter der Woche mit Bier oder<br />
Mate in der Hand von Reimen über den Sinn<br />
des Essens, emotional tief schürfender bis<br />
sozialkritischer Lyrik oder auch mal von einer<br />
ungewollt komischen Aufeinanderfolge von<br />
Plattitüden unterhalten lassen will, ist in der Poetry Slam Szene<br />
von Berlin genau richtig. Besonders erfolgreich ist der von<br />
FU-Studenten organisierte Kreuzberg Slam, der mittlerweile<br />
seit einem Jahr im Lido stattfindet. Solltest du selbst deine<br />
Reimkünste zum Besten geben wollen, melde dich bis um 20<br />
Uhr an der Abendkasse an – dem Gewinner winkt neben der<br />
Gunst des Publikums ein Megaphon. www.kreuzbergslam.de<br />
<strong>Juni</strong>/<br />
Juli<br />
mEhr Zur ausstEllungdEmnäChst<br />
auF<br />
FuCampus.dE<br />
in kürZE auF<br />
FuCampus.dE: dEr<br />
kampF um Wodka,<br />
mEgaphon und<br />
EhrE – slamkultur<br />
in BErlin.<br />
uni maCht opEr<br />
Konzert des Großen Chors und des Sinfonieorchesters<br />
des Collegium Musicums – Philharmonie Berlin,<br />
Herbert-von-Karajan-Str. 1, 30. <strong>Juni</strong> und 1. Juli <strong>2010</strong>,<br />
20 Uhr, Karten 9 €, erm. 6 €<br />
Schon mal für 6 Euro eine Oper in der Philharmonie<br />
Berlin gesehen? Jetzt bietet sich die Gelegenheit dazu!<br />
Denn der gemeinsame Chor und das Sinfonieorchester<br />
der FU und TU führen dort Rossinis Oper »Wilhelm<br />
Tell« als Konzertant auf. Also raus aus dem Großstadtlärm<br />
und rein in den Zirkus Karajani, um den bekannten<br />
Nokia-Klingelton mal in echt zu hören und der berühmten<br />
Apfelschuss-Szene beizuwohnen. Auf geht’s, Kultur tanken.<br />
www.collegium-musicum.tu-berlin.de<br />
FUrios <strong>04</strong>/<strong>2010</strong>
dEr pollEn als ZEugE<br />
Die beiden frisch gebackenen Diplom-<br />
Biologinnen Sarah Gulinski und<br />
Kira Schmidt (beide 25) haben eine<br />
Vortragsreihe im Rahmen des Offenen<br />
Hörsaals organisiert. Das Thema:<br />
»Forensische Biologie – Wissenschaft<br />
im Dienste der Verbrechensaufklärung«.<br />
Fragen von lynn voss.<br />
Wie seid ihr darauf gekommen, eine<br />
Vortragsreihe zum Thema Forensik zu<br />
organisieren?<br />
Sarah: Wir beide haben uns seit dem ersten<br />
Semester dafür interessiert, nur leider war<br />
es kaum möglich, unser Studium danach<br />
auszurichten.<br />
Kira: Und dann sind wir auf das Konzept<br />
des Offenen Hörsaals gestoßen. Jeder, der<br />
möchte und eine Idee hat, kann ein Konzept<br />
einreichen. Dann werden einige dieser Konzepte<br />
ausgewählt und in Zusammenarbeit<br />
mit einem Professor organisiert. Bei uns war<br />
das Herr Prof. Dr. Todt.<br />
Wart ihr auch an der Gestaltung der Vortragsreihe<br />
beteiligt?<br />
Sarah: Von der Auswahl der Themen bis zur<br />
Unterbringung der Dozenten haben wir alles<br />
mitbestimmt und organisiert.<br />
Braucht man bereits ein gewisses Fachwissen,<br />
um den Veranstaltungen folgen zu<br />
können?<br />
Kira: Nein, die Dozenten wissen, dass die<br />
Vorträge ein breites Publikum ansprechen<br />
sollen. Daher sind die Vorträge so angelegt,<br />
dass jeder, der Interesse mitbringt, sie<br />
verstehen kann.<br />
Auf welche Vorträge freut Ihr Euch am<br />
meisten?<br />
Kira: Ich bin gespannt auf den Vortrag von<br />
Hilja Hoevenberg über Rekonstruktion von<br />
Gesichtern.<br />
Sarah: Einer meiner Favoriten ist die Veranstaltung<br />
zum Thema Pollen. Darüber habe<br />
ich bereits einen Vortrag gehört und war<br />
überrascht, wie spannend das ist!<br />
Wird es über den Offenen Hörsaal hinaus<br />
noch weitere Angebote zum Thema Forensik<br />
geben?<br />
Sarah: Wir planen, für das nächste Semester<br />
ein affines Modul anzubieten. Das würden<br />
wir dann als Praktikum nutzen, in dem wir<br />
Forensik an praktischen Versuchen erläutern.<br />
Dazu zählen beispielsweise Blutspuranalysen<br />
oder die Untersuchung von Knochen.<br />
Die Vortragsreihe findet immer donnerstags<br />
von 18.15 bis 20 Uhr im großen Hörsaal der<br />
Pflanzenphysiologie (Königin-Luise-Straße<br />
12-16) statt.<br />
FUrios <strong>04</strong>/<strong>2010</strong><br />
wareNFetisch:<br />
BriLLeNaFFeN<br />
BLicKeN dich aN<br />
Dem Hässlichkeitshype erlegen: Viele Studenten tragen<br />
etwas unsagbar Großes und Eckiges.<br />
Von devid mruseK<br />
Illustration: julia schönheit<br />
An der FU muss mit harten<br />
Bandagen kämpfen, wer<br />
aus der Masse herausstechen<br />
will. Dankbar greifen Studenten<br />
dafür obskure Ideen aus irgendwelchen<br />
Szenebezirken Berlins<br />
auf. Hornbrillen der fünfziger<br />
Jahre zum Beispiel, sei es auch in<br />
Wirklichkeit ein Kunststoffimitat.<br />
Die Modehersteller befeuern diese<br />
Entwicklung erwartungsgemäß:<br />
Der Absatz der Ray-Ban Wayfarer<br />
erlebte 2007 mit der Neuauflage der<br />
Brille einen märchenhaften Anstieg.<br />
<strong>2010</strong>, Tatort Silberlaube: Jeder Zweite<br />
versteckt sein Gesicht hinter einem<br />
dunklen, robusten Plastikbrillengestell.<br />
Statt Individualität herrscht<br />
vollständige Austauschbarkeit.<br />
Wie konnte es zu so einem<br />
Trend-GAU kommen?<br />
Zu Beginn war es ganz einfach:<br />
Intellektuelle wurden ob<br />
des vielen Lesens kurzsichtig,<br />
woraufhin sie sich eine geeignete<br />
Sehhilfe suchten. Runde und eckige<br />
Hornbrillen kamen in den zwanziger<br />
und dreißiger Jahren richtig in Mode.<br />
Plötzlich trug man Brillen mit Selbstbewusstsein:<br />
Das unansehliche Monstrum<br />
strahlte Funktionalität ohne jeden<br />
Schnickschnack aus. Ein Erkennungszeichen<br />
der verkopften Minderheitsgesellschaft<br />
war geboren.<br />
Die minimalistische Modeentwicklung<br />
der Achtziger machte aber vor<br />
dem Intellektuellentum nicht Halt. Ihre<br />
Hoheitsinsignie, die Hornbrille, wurde<br />
einer strengen Diät unterzogen. Akademiker<br />
des öffentlichen Interesses gaben<br />
sich mit randlosen Brillen modern.<br />
Wer weiterhin durch viereckiges Horn<br />
schaute, war plötzlich ein Außenseiter.<br />
Eine Haltung, die von einigen Leuten<br />
trotzig bedient wurde. Man denke bloß<br />
an Woody Allen, Bill Gates und andere<br />
Ikonen der damaligen Intelligenzia.<br />
KULtUr: wareNFetisch<br />
In den letzten Jahren sind<br />
modische Alleinstellungsmerkmale<br />
enorm wichtig geworden.<br />
Der einstige Außenseiterstatus<br />
dieser Brille war also ein gefundenes<br />
Fressen für Individualisten.<br />
Sie wird heute als Requisit<br />
benutzt, das dem Träger nicht<br />
nur einen besonders eigenwilligen<br />
Geschmack attestiert, sondern ihm<br />
auch die Intelligenz der einstigen Zielgruppe<br />
auf den Nasenrücken transplantieren<br />
soll. Mit so einer Brille gewinnt<br />
man optisch locker 30 IQ-Punkte dazu.<br />
Mittlerweile werden Hornimitate durch<br />
unzählige Nachahmerprodukte – insbesondere<br />
mit Fensterglas – dermaßen<br />
inflationär zur Schau gestellt, dass sie<br />
ihre ursprünglichen Attribute verloren<br />
haben. Ihre Träger demonstrieren weder<br />
Individualität noch Klugheit, selbst<br />
die Funktion als Sehhilfe ist abhanden<br />
gekommen. Attraktiv sind diese Brillen<br />
damit eigentlich nur noch für neu zugezogene<br />
Studenten. Denn die halten das<br />
Hornbrillen-Imitat, neben Jutebeuteln<br />
und Polaroidkameras, nach wie vor für<br />
das vermeintliche Ticket in die Modeszene<br />
an der Spree. ■<br />
31
32<br />
BiLdLegeNde<br />
Vom irrgLaUBeN der wisseNschaFt<br />
Menschliche Erblehre am lebenden Objekt und Mittelpunkt<br />
der Studentenproteste – die bewegte Vergangenheit eines<br />
Dahlemer Gebäudes.<br />
Von frauKe fentloh<br />
Die Tafel am Eingang der Ihnestraße 22 ist unscheinbar,<br />
Studenten laufen achtlos vorbei.<br />
Wissenschaftler, so steht da, haben Inhalt und<br />
Folgen ihrer Arbeit zu verantworten. Sie sollen<br />
dem Fortschritt dienen oder der Erkenntnis, der<br />
Gesundheit oder der Kunst – in jedem Fall<br />
aber dem Leben. Die Gedenktafel ist eine<br />
Erinnerung an die bewegte Geschichte<br />
des alten Gebäudes, das heute zum Otto-<br />
Suhr-Institut gehört. Bis 1945 wehte dort<br />
die Hakenkreuzflagge, unter dem riesigen<br />
Banner residierte eines der Institute der<br />
Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft. Sein Forschungsgebiet:<br />
Anthropologie, menschliche Erblehre und Eugenik.<br />
Gegründet wurde das Institut 1926 – mit dem Anspruch auf<br />
Überparteilichkeit. Doch mit diesem Leitbild wurde ziemlich<br />
rasch gebrochen. Spätestens seit der Machtübernahme 1933 wurde<br />
das vermeintlich »rein theoretische« Institut zu einem Zentrum der<br />
nationalsozialistischen Rassenforschung, dessen Wissenschaftler<br />
16. 16. Juli Juli<br />
Studententickets<br />
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Bernd<br />
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BildquEllE: archiv der max-plancK-gesellschaft, berlin-dahlem<br />
mehrheitlich ihr Fähnchen nach dem<br />
Wind hängten. Sie gehörten NS-Expertenstäben an,<br />
stellten Gutachten aus, die zu Zwangssterilisationen führten,<br />
und rechtfertigten die nationalsozialistische Rassenpolitik auf<br />
dem internationalen Wissenschaftsparkett. Im Gegenzug erhielten<br />
sie nicht nur staatliche Finanzspritzen, sondern auch spezielle<br />
Forschungsobjekte: Institutsleiter Otmar Freiherr von Verschuer<br />
arbeitete mit menschlichem »Material«, das ihm von einem seiner<br />
Schüler zur Verfügung gestellt wurde. Das »Material« kam<br />
aus Auschwitz, Verschuers Schüler hieß Joseph Mengele.<br />
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges war das Aus des<br />
Instituts besiegelt, nur eine einzige Abteilung wurde von der<br />
Max-Planck-Gesellschaft übernommen. Doch Aufarbeitung<br />
und Vergangenheitsbewältigung ließen auf sich warten. Mit dem<br />
ehemaligen Kaiser-Wilhelm-Institut wurde zunächst genauso<br />
verfahren wie mit dem Großteil des nationalsozialistischen Erbes:<br />
Besser erst mal nicht drüber reden. Als die Dahlemer Verstrickungen<br />
in den siebziger Jahren zum Thema wurden, war<br />
bereits das Otto-Suhr-Institut eingezogen – das Herzstück der<br />
68er-Bewegung. Gerade in dieser linken Ideenschmiede sollte<br />
der »Muff unter den Talaren« beseitigt werden. Die Mittel dafür:<br />
eine rigorose Aufarbeitung der NS-Vergangenheit und ein klarer<br />
Kurswechsel. In den Räumen, in denen einst die Rassentheoretiker<br />
forschten, sollte von jetzt an eine kritische Politikwissenschaft<br />
gelehrt werden. Zudem nistete sich das linksautonome<br />
Café »Geschwulst« ein. Die Studenten eroberten den historisch<br />
beladenen Ort also auf ihre Weise zurück.<br />
Heute liegen die Akten der damaligen Zeit in Dahlem, sechs<br />
Jahre lang haben sich die Historiker intensiv mit der Rolle der<br />
Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft im Nationalsozialismus befasst. Die<br />
Verbrechen in der Ihnestraße 22 wurden indes nicht gesühnt –<br />
viele der beteiligten Wissenschaftler lehrten noch Jahrzehnte später<br />
unbehelligt an deutschen Universitäten. Institutsleiter Verschuer<br />
etwa wurde von den Alliierten lediglich als »Mitläufer«<br />
eingestuft und zu einer Strafe von 600 Reichsmark verurteilt.<br />
Später war er Dekan in Münster. An der medizinischen Fakultät.<br />
■<br />
FUrios <strong>04</strong>/<strong>2010</strong>
Ein Länderspiel mal anders: Auch am Rande eines guatemaltekischen Vulkankraters kommuniziert<br />
man am einfachsten mit einem Ball. simon haux dokumentierte eine spannende Begegnung.<br />
a<br />
las quince horas, Juan hace su entrada en la cancha y deposita<br />
su machete en el suelo, junto a las pistolas de sus<br />
compañeros. El ata sus pesadas botas de cuero, enciende<br />
un cigarrillo. Los hombres acaban de ser desafiados a un duelo.<br />
Nosotros, los provocadores, venimos de la lejana capital, de la<br />
embajada de Alemania en la Ciudad de Guatemala, dónde estamos<br />
trabajando. Una excursión nos dejó aquí, en un escenario espectacular:<br />
unos 1500 metros sobre el nivel del mar, en la cumbre del<br />
volcán extinguido Ipala. Hoy en día, su cráter gigante alberga un<br />
lago azul oscuro. El pueblito de unas diez casitas en su orilla parece<br />
tan tranquilo, pacífico y soñoliento que ni el impresionante arsenal<br />
de armas de nuestros anfitriones puede menoscabar el ambiente de<br />
vacaciones.<br />
Pasando por la aldea en camino hacia el lago, encontramos un<br />
solo kiosquito, ofreciendo nada más que Coca-Cola, chicles y papitas.<br />
El vendedor dormita en una silla de jardín. De facto no hay<br />
ningún indicio de cualquier actividad económica en todo el pueblo:<br />
ningunas instituciones turísticas, ninguna tierra de cultivo. Unos<br />
hombres en la flor de sus vidas juegan a las cartas, un niño ahuyenta<br />
unos de los pocos pollos escarbando en el suelo polvoriento. No se<br />
aclara cómo este pueblo se gana el sustento. Ni siquiera sabemos si<br />
tiene un nombre. No parece importar mucho.<br />
Juan se dirige a mi, la colilla dejadamente sujetada en la comisura<br />
de los labios. Es un hombre pequeño y vigoroso. Debe tener<br />
treinta y tantos años, pero su cara se ve más vieja. Probablemente<br />
nunca ha conocido otra parte de Guatemala. Y todos los sábados<br />
está aquí en la cancha, con los otros hombres que prefieren el fútbol<br />
a las cartas. Me estrecha la mano y me pregunta: “¿Son gringos?”<br />
Respondo negativamente y se lo aclaro. ¿Alemania? Su cara se despeja<br />
un poquito, susurra algo de Mercedes y Matthäus, yo asiento<br />
con la cabeza, él sonría. Nos entendemos. Se nota el hecho de que<br />
huéspedes tan exóticos por aquí no son observados con mucha frecuencia.<br />
Pero otra vez es el fútbol que rompe el hielo y contribuye al<br />
entendimiento entre los pueblos. En terreno fragoso comienza un<br />
encuentro amistoso de mediana calidad futbolística, pero gran in-<br />
anzeige<br />
FUrios <strong>04</strong>/<strong>2010</strong><br />
die iNterNatioNaLe<br />
Simon Haux studiert Politikwissenschaft und war zwei Monate lang<br />
Praktikant in der deutschen Botschaft in Guatemala-Stadt<br />
doCh liEBEr<br />
auF dEutsCh<br />
lEsEn? diE üBEr-<br />
sEtZung FindEt ihr<br />
onlinE auF<br />
FuCampus.dE!<br />
tensidad. Pese al calzado poco profesional de todos los jugadores,<br />
se desarrolla un partido con muchos goles y de mucho suspense.<br />
Durante el juego, incluso se juntan un par de espectadores: unos<br />
niños, dos perros y hasta un pollo se atreve a acercarse a la cancha.<br />
En el fondo brilla el lago, unos reses se refrescan en el agua clara.<br />
En este momento, los titulares de los meses pasados que todavía<br />
tuvimos en la mente subiendo al volcán, los asaltos a grupos<br />
de turistas, a excursionistas y a camionetas, están lejísimos, hasta<br />
que uno de los jugadores toma la palabra: “El próximo gol gana.<br />
Deberían de volver a su auto y llegar a la ciudad antes del atardecer.”<br />
Poco después, Juan sella nuestra derrota con el tiro decisivo,<br />
su cigarrillo todavía en la mano. Luego de posar para una foto de<br />
grupo, los lugareños victoriosos se despiden cortesmente, recogen<br />
sus armas y desaparecen. Cuando emprendemos el descenso, solo<br />
los reses nos miran una última vez, disfrutando de la tranquilidad<br />
restablecida. ■<br />
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33
34<br />
ewige ehemaLige<br />
Ist es schwer, sich treu zu bleiben? Er nickt, ja, ganz gewiss.<br />
Bleibt sich aber nicht gerade derjenige treu, der sich<br />
auch verändert? Hans-Christian Ströbele sieht das nicht<br />
so. Seine ehemaligen Weggefährten haben Metamorphosen<br />
hinter sich, wurden Innenminister, Berater bei BMW, auch<br />
NPD-Mitglieder. Ströbele aber bleibt. Stur.<br />
Wie ein 70-Jähriger wirkt der Mann in Jeans beim Besuch<br />
in seinem Abgeordnetenbüro nicht. Aufmerksam, angriffslustig<br />
und etwas lausbubenhaft blitzen seine auffallend blauen Augen<br />
unter den buschigen Brauen hervor. Es ist ein warmer Aprilnachmittag,<br />
das Fenster in Ströbeles Büro steht offen.<br />
Als der Mann mit den weißen Haaren 1961 aus Heidelberg<br />
an die Freie Universität wechselte, sah es nicht so aus, als sollte<br />
50 Jahre später »MdB« an seiner Tür stehen. Während seines<br />
Jura-Studiums hatte er das »Studentenleben und natürlich<br />
Frauen« im Sinn. In seiner Freizeit half er Ostberlinern bei der<br />
Flucht in den Westen. Für ihn eine »Mischung aus Abenteuerlust<br />
und humanitärem Engagement«.<br />
An der FU ging es zunächst weniger aufregend zu. Studentenproteste<br />
gab es Anfang der 60er Jahre noch nicht. Die Urabstimmung<br />
zum Sturz des Burschenschaftlers und späteren<br />
Berliner CDU-Bürgermeisters Eberhard Diepgen als Vorsitzender<br />
des rechts dominierten AStAs bleibt vorerst die einzige<br />
poltische Initiative, die Ströbele aktiv unterstützt.<br />
Sein Erweckungserlebnis kommt, wie für so viele seiner Generation,<br />
als am 2. <strong>Juni</strong> 1967 der Polizist Karl-Heinz Kurras den<br />
wehrlosen Demonstranten Benno Ohnesorg erschießt. Noch<br />
am selben Abend tritt Ströbele in das Anwaltsbüro von Horst<br />
Mahler ein und wird schlagartig in die Studentenbewegung<br />
katapultiert. »Von da an war ich bei allen Demonstrationen<br />
dabei und habe viele Studenten vor Gericht vertreten.« Damals<br />
der ewige<br />
reVoLUzzer<br />
RAF-Anwalt, passionierter Fahrradfahrer,<br />
Kreuzberg-Maskottchen, Mitbegründer von<br />
taz und den Grünen. Ein Portrait über Hans-<br />
Christian Ströbele von tobias heimbach.<br />
Foto: cora-mae gregorschewsKi<br />
FU-Veteran mit bewegter Vergangenheit:<br />
Hans-Christian Ströbele<br />
lernt er auch Rudi Dutschke kennen, von dem er heute noch<br />
mit großer Bewunderung spricht. »Mit seinem Charisma und<br />
politischen Reden hat er uns begeistert. So einen gab es danach<br />
nicht wieder.« Später vertritt Ströbele RAF-Mitglieder in<br />
Stammheim. Diese Jahre haben ihn geprägt, bis heute.<br />
»Ich glaube, dass eine neue Art sozialistischer Gesellschaft<br />
kommen wird. Die Entwicklung der Menschheit führt dahin,<br />
davon gehe ich aus.« Ströbele ist seiner Überzeugung ein Leben<br />
lang treu geblieben. Andere knickten ein, er aber blieb stehen<br />
wie der trotzige Gegenbeweis auf die Phrase »Wer mit 20 Jahren<br />
nicht Sozialist ist, der hat kein Herz, wer es mit 40 Jahren<br />
noch immer ist, hat kein Hirn.«<br />
Doch einfach war es nicht immer. Als Bundeskanzler Gerhard<br />
Schröder 2001 die Abstimmung über die Teilnahme am<br />
Afghanistaneinsatz an die Vertrauensfrage band, sprach sich<br />
Ströbele gegen den Krieg und somit auch gegen die rot-grüne<br />
Koalition aus: »Es ist nicht leicht bei seiner Meinung zu bleiben,<br />
wenn alle um einen herum auf eine andere Entscheidung<br />
drängen.«<br />
Die Grünen wandelten sich mit der Zeit, Ströbele nicht.<br />
Obwohl ideologisch näher, will er mit der Linkspartei nichts<br />
zu tun haben. Vielleicht ist er zu alt für einen erneuten Frontwechsel,<br />
vielleicht zu unbeweglich. Vielleicht brauchen Idealisten<br />
immer auch eine Portion Sturheit.<br />
Wie soll es nun weitergehen? Kehrt so jemand der Politik<br />
einfach den Rücken? »So lange es geht, werde ich mich für meine<br />
politischen Ziele einsetzen«, sagt er. Statt Busreisen in den<br />
Harz und Golfplätze interessieren ihn Afghanistan und die Finanzkrise.<br />
»Manche Sachen bringen mich immer noch auf die<br />
Palme. Da kann ich nicht ruhig vorm Fernseher sitzen und nur<br />
zusehen.« ■<br />
FUrios <strong>04</strong>/<strong>2010</strong>
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