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FURIOS 04 (Juni 2010): Verhältnisse

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Furios<br />

StudentiScheS campuSmagazin an der Freien univerSität Berlin<br />

StudentiScheS campuSmagazin an der Freien univerSität Berlin<br />

BeziehUNgsweise gestört<br />

Kostenlos<br />

<strong>04</strong><br />

JUN <strong>2010</strong><br />

4Verhaeltnisse$


Für die Optik sOrgen:<br />

Furios <strong>04</strong> impressUm<br />

David Goldwich<br />

studiert Informatik und<br />

Philosophie und besorgt sich<br />

vor Drucktermin immer<br />

eine sehr hungrige Katze –<br />

um wach zu bleiben.<br />

Cora-Mae<br />

Gregorschewski<br />

studiert Biologie, malt leidenschaftlich<br />

gern und hat<br />

ihre Fotos aus <strong>FURIOS</strong><br />

auch schon in der SZ und<br />

im TIP veröffentlicht.<br />

Siona Ksoll<br />

studiert Politikwissenschaft<br />

an der FU und Geographie<br />

an der HU.<br />

Michi Schneider<br />

studiert Kunstgeschichte<br />

und Anthropologie und<br />

zeigt demnächst seine<br />

Bilder in der Ausstellung<br />

»DER ESKAPIST«.<br />

Julia Schönheit<br />

studiert Nordamerikastudien.<br />

Christoph Spiegel<br />

studiert Mathematik und<br />

findet Der Pate 3 unterbewertet.<br />

Herausgeber: Marlene Göring, Claudia Schumacher,<br />

Björn Stephan<br />

Chefredakteurin: Christina Peters (V.i.S.d.P., Petersburger<br />

Straße 66, 10249 Berlin)<br />

Stellvertretender Chefredakteur: Jonas Breng<br />

Ressortleitung Campus: Sophie Jankowski<br />

Ressortleitung Kultur: Carolin Benack<br />

Ressortleitung Politik: Jonas Breng<br />

Chef vom Dienst: Devid Mrusek<br />

� www.furios-campus.de<br />

FUrios <strong>04</strong>/<strong>2010</strong><br />

�<br />

redaktion@furios-campus.de<br />

LieBe KommiLitoNiNNeN,<br />

LieBe KommiLitoNeN,<br />

»no man is an island« erkannte der englische Schriftsteller John<br />

Donne vor knapp 400 Jahren, als er sich krank und allein fühlte.<br />

Heute gibt es nicht einmal mehr einsame Inseln, auf die wir fliehen<br />

könnten. Wir stehen in einem unübersichtlichen Wust an Verbindungen<br />

zu fast jedem Menschen unseres Planeten. Ständig, online,<br />

überall. Mal freiwillig, mal zwanghaft. Und im Bildungsalltag<br />

erfahren wir mit großer Regelmäßigkeit, wie schwierig es werden<br />

kann, wenn die Kommunikation ins Stocken gerät, wir aber auf sie<br />

angewiesen sind.<br />

In das altmodische Verhältnis von Student und Mentor hat die<br />

Massenuniversität ordentlich reingefunkt. Und trotzdem gibt es<br />

immer noch Instanzen, die uns unter ihre Fittiche nehmen, uns<br />

fördern, aber auch beherrschen können. Beziehungen können<br />

Fluch oder Segen bedeuten. Können wir sie noch danach unterscheiden?<br />

Oder sind wir, im wortwörtlichsten Sinne, beziehungsgestört?<br />

Für diese Ausgabe haben wir mit Gesine Schwan das nicht<br />

immer einfache Verhältnis zwischen Lehrenden und Lernenden<br />

beleuchtet. Wie Mentoren uns verändern können, hat Michi<br />

Schneider über die Seiten der Titelgeschichten hinweg illustriert.<br />

Da wir innige Beziehungen, zu denen, die uns lehrten, schon aus<br />

dem Kindergarten kennen, hat sich Marlene Göring mit den Bildungsikonen<br />

ihrer Prä-Unizeit getroffen. Anchalee Rüland fragte<br />

nach, warum sich die FU eigentlich »Internationale Netzwerkuniversität«<br />

nennt. Und Devid Mrusek wagte sich belletristisch in<br />

den Kampf ums Wesen der modernen Bildung: Er schickte die<br />

teilnehmenden Institutionen in Therapie.<br />

In eine ganz neue Beziehung treten jetzt auch unser Heft und<br />

unsere Webseite www.fucampus.de: Zu vielen Heftthemen findet<br />

ihr auf <strong>FURIOS</strong> Online weitere Infos und Geschichten. Und<br />

natürlich gibt es dort weiterhin tagesaktuelle Berichte, Meinungen<br />

und Veranstaltungstipps zum Campusleben.<br />

Wenn du an unserem Redaktionsleben teilnehmen möchtest<br />

und für die <strong>FURIOS</strong> schreiben, zeichnen, fotografieren, layouten<br />

oder einfach dein Organisationstalent einbringen möchtest,<br />

bist du herzlich willkommen! Die Termine unserer Redaktionstreffen<br />

findest du online.<br />

Sommerliche <strong>Verhältnisse</strong> wünscht euch<br />

Eure <strong>FURIOS</strong>-Redaktion<br />

Redaktionelle Mitarbeiter dieser Ausgabe:<br />

Frauke Fentloh, Tanja Goldbecher, Christian Güse,<br />

Simon Haux, Tobias Heimbach, Marvin Henniges,<br />

Daniela Hombach, Yulian Ide, Eva Jirjahlke, Max<br />

Krause, Hendrik Pauli, Konstanze Renken, Janna<br />

Rheinbay, Anchalee Rüland, Filip Tuma, Linn Voß<br />

Illustrationen: Pia Bruer, David Goldwich, Christian<br />

Güse, Jonathan Schmidt, Michi Schneider,<br />

Julia Schönheit, Christine Spady, Anne Vanselow,<br />

Christoph Witt<br />

Fotografen: Tina Conrad, Cora-Mae Gregorschewski,<br />

Filip Tuma, Alexander Ziegler<br />

4)))))))))))))))))))))))))))))))))))$<br />

www.fucampus.de/mitmachen<br />

editoriaL<br />

Layout: David Goldwich, Siona Ksoll, Julia Schönheit,<br />

Christoph Spiegel<br />

Lektorat: Marlene Göring<br />

Inserate: Devid Mrusek – inserate@furios-campus.de<br />

Jeder Autor ist im Sinne des Pressegesetzes für den<br />

Inhalt seines Artikels selbst verantwortlich. Die in<br />

den Artikeln vertretenen Meinungen spiegeln nicht<br />

zwangsläufig die Ansicht der Redaktion wider.<br />

Gemäß dem Urheberrecht liegen die Rechte an den<br />

einzelnen Werken bei den jeweiligen Autoren.<br />

3


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editoriaL<br />

inhalt <strong>04</strong><br />

EmpörtE studEntin 5<br />

titElthEma VErhältnissE<br />

Über studentisch-präsidialen Schlagabtausch: Gesine Schwan 6<br />

4<br />

Die, die mich lehrten: Lehrergeister der Vergangenheit 8<br />

Die Eingebildete: Der FU-Traum von der Netzwerkuniversität 10<br />

Beziehungstherapie: Moderne Hochschule ist eine Zicke 12<br />

4 × 2 / 40 000<br />

4 × 2 / 40 000: 40 000 Menschen an der FU, 4 Paare sind hier 14<br />

Campus<br />

Das Bermudadreieck der FU: Verschwinden in Lankwitz 16<br />

Bandrezension: Slippery Damage 19<br />

politik<br />

Der Seiltänzer: Präsident Peter-André Alt im Porträt 20<br />

Opposition im Stimmbruch: Das StuPa-Gerangel 22<br />

Bildungsstreik: Zwischen Revolte und Campingurlaub 24<br />

kultur<br />

Sibylle Lewitscharoff schreibt nicht ab 26<br />

Der Flaneur: Kaffee im Kaff 28<br />

VEranstaltungskalEndEr 30<br />

WarEnFEtisCh: Brillenaffen blicken dich an 31<br />

BildlEgEndE: Vom Irrglauben der Wissenschaft 32<br />

diE intErnationalE: Guatemala 33<br />

dEr EWigE EhEmaligE: Christian Ströbele 34<br />

FUrios <strong>04</strong>/<strong>2010</strong>


auch empört? schreib an empoert@furios-campus.de!<br />

Liebe Mitstudierenden,<br />

liebe anderen FU-Angehörigen,<br />

liebe BVG!<br />

Vierunddreißig Sekunden sind quälend lang. Vierunddreißig<br />

Sekunden sind eine kleine Ewigkeit. Wer das nicht glaubt, nehme<br />

den Fahrstuhl am U-Bahnhof Dahlem-Dorf. Selbst, wenn die<br />

Wartezeit entfällt, benötigt dieser Lift nämlich unfassbare, unausweichliche<br />

vierunddreißig Sekunden für die geschätzten fünf Meter,<br />

die er zurücklegen muss. Das sind gerade mal fünfzehn Zentimeter<br />

pro Sekunde! Immerhin liefert diese Messung endlich einen<br />

objektiven Wert zu unserem subjektiven Empfinden, das da wäre:<br />

Dieser Fahrstuhl ist unheimlich langsam.<br />

Denn ehrlich, wem an der FU kommt dieses Szenario nicht bekannt<br />

vor? Auf dem Weg von der Rost- und Silberlaube zur heimischen<br />

Couch drücke ich den Knopf, um den Dahlemer Fahrstuhl<br />

– der natürlich immer unten am Bahnsteig wartet – zu rufen.<br />

Plötzlich höre ich aus der Ferne ein Geräusch. Langsam drehe<br />

ich mich vom gläsernen Fahrstuhlgehäuse weg, Schweißperlen<br />

bilden sich auf meiner Stirn und ich erblicke sie – die heraneilende<br />

Bahn (schrilles Streicherstakkato aus Psycho)! Panisch<br />

drehe ich mich wieder um, in der aussichtslosen Hoffnung,<br />

der Lift stünde doch schon vor mir. Natürlich ist er nicht da,<br />

die Seile setzen sich eben erst in Bewegung. Vielleicht, ja<br />

vielleicht schaffe ich es doch noch rechtzeitig, ein kurzer<br />

Blick nach hinten, die Bahn kommt immer näher,<br />

die Türen des Fahrstuhls öffnen sich, da<br />

spüre ich sie unter mir einfahren.<br />

Ich springe in den Lift und drücke<br />

den Nach-unten-Knopf.<br />

Jetzt ereignet sich Folgendes:<br />

Kurz bevor die Türen<br />

schließen, sprintet eine Gruppe<br />

Studenten heran, von denen<br />

einer der festen Überzeugung ist,<br />

sein Fahrrad passe noch in den sowieso<br />

schon überfüllten Fahrstuhl. Nach einigem<br />

Gedrängel und Baucheinziehen, welches<br />

ich nicht aus Freundlichkeit, sondern lediglich in<br />

der naiven Hoffnung auf Zeitersparnis mitmache, ist<br />

auch der Drahtesel drin. Eine Fahrt mit so einem Zwischenfall<br />

dauert eine Minute. Der Fahrstuhl des Berliner<br />

Fernsehturms benötigt vierzig Sekunden, um auf die Aussichtsplattform<br />

zu gelangen. Man kommt tatsächlich schneller zu einem<br />

Kaffee in 207 Metern Höhe als zur U-Bahn in Dahlem-Dorf?<br />

Ich verpasse in diesem Szenario also die Bahn. Doch gehen wir<br />

von einer idealen Fahrt aus: Niemand weiteres steigt ein, der Fahrstuhl<br />

setzt sich in Bewegung, kommt am Bahnsteig an. Während<br />

FUrios <strong>04</strong>/<strong>2010</strong><br />

Die empörte Studentin<br />

Das gläserne Gefängnis: Wie uns der lethargische Fahrstuhl<br />

am U-Bahnhof Dahlem-Dorf in den Wahnsinn treibt. Ein<br />

empörter Appell und Hilfeschrei von Carolin BenaCk.<br />

Illustration: Pia Bruer<br />

die empörte stUdeNtiN<br />

mir die schon seit langem verhasste Frauenstimme erklärt, wo der<br />

Ausgang ist, beobachte ich aus meinem gläsernen Gefängnis heraus,<br />

wie die Türen der Bahn sich schließen.<br />

Warum nur dieser elende Fahrstuhl? Warum keine Leiter? Kein<br />

Sprungtuch? Auf Anfrage, warum man denn keine Treppe bauen<br />

könne, hat <strong>FURIOS</strong> erfahren, dass die BVG keinen wesentlichen<br />

Bedarf dafür erkennen kann. Dass diese Bürostuhlakrobaten unser<br />

Leiden nicht verstehen, überrascht nicht. Doch das wird sich<br />

ändern! Denn schon bald werden Studenten die Fahrstuhl-Folter<br />

nicht mehr länger ertragen und über das<br />

Dach hinunter in den Bahnhof springen.<br />

Dass dabei der eine oder andere von der<br />

Bahn erwischt wird, ist nicht schön,<br />

erfüllt aber seinen Zweck: Die in die<br />

Höhe schnellende Todesrate wird die<br />

BVG zum Handeln zwingen!<br />

Bald kann ich die<br />

Treppe nehmen,<br />

die durch den<br />

Lift verursachten<br />

Qualen werden<br />

vorbei sein –<br />

vorausgesetzt, ich<br />

gehöre bis dahin<br />

nicht zu seinen<br />

Opfern. ■<br />

5


6<br />

titeL: VerhäLtNisse<br />

Frau Schwan, Sie sind Expertin für Präsidentschaftskandidaturen.<br />

1999 wollten<br />

Sie Präsidentin der Freien Universität<br />

werden. Wieso haben Sie jetzt nicht<br />

wieder kandidiert?<br />

Weil ich hier als Professorin an der<br />

Humboldt-Viadrina<br />

School of Governance ein<br />

Feld gefunden habe, das<br />

mich komplett ausfüllt.<br />

1999 hätte ich das allerdings<br />

gerne gemacht.<br />

Nach den Erfahrungen als<br />

Dekanin an der FU hatte<br />

ich den Eindruck, man<br />

könnte sogar eine Massenuniversität<br />

so leiten, dass<br />

daraus eine Universität mit<br />

persönlichen Beziehungen<br />

entstehen kann. Die FU ist<br />

ein Ort, wo sich geistig-politisch<br />

etwas abspielt. Ich hätte sie gerne zu<br />

einem Akteur in der öffentlichen Debatte<br />

gemacht. Doch die Mehrheiten im Akademischen<br />

Senat waren anderer Meinung.<br />

Dem ehemaligen Präsidenten der FU,<br />

Dieter Lenzen wurde der Vorwurf<br />

gemacht, er hätte den Bezug zu den<br />

Studenten verloren. Wie viel Nähe kann<br />

sich ein Präsident erlauben?<br />

Genau die Nähe, die er auch zu anderen<br />

Menschen hat. Nach meiner Wahrnehmung<br />

habe ich mich gegenüber den<br />

Studierenden genauso verhalten wie<br />

gegenüber den Professoren oder dem<br />

Hausmeister. Es ist für mich grundsätzlich,<br />

dass keine Statusunterschiede gemacht<br />

werden. Für die Entwicklung der Viadrina<br />

waren die Studierenden meine besten<br />

Bündnispartner. Im Gegensatz zu vielen<br />

Professoren, die nur ihre eigenen Arbeitsgebiete,<br />

Karrieren oder Lehrstühlen im<br />

Blick haben, sind die Studierenden mehr<br />

am Gemeinwohl interessiert. Nicht, weil<br />

sie bessere Menschen sind, sondern weil<br />

Björn Stephan ist Herausgeber<br />

von <strong>FURIOS</strong>. Er studiert Geschichte<br />

und Politkwissenschaft.<br />

Nach seinem Bachelor geht er für<br />

ein halbes Jahr nach Ghana.<br />

Jonas Breng studiert Politikwissenschaft<br />

an der FU und leitet<br />

das Politikressort bei <strong>FURIOS</strong>.<br />

Er veröffentlichte bereits in<br />

verschiedenen Printmedien.<br />

sie von dem guten Ruf der Universität im<br />

Ganzen profitieren<br />

Ist für den Ruf heute nicht vor allem das<br />

Exzellenzsiegel entscheidend?<br />

Nein. Ein Ruf, der sich nur aus der Exellenzinitiative<br />

konstituiert, wird in ein paar<br />

Gesine Schwan im Gespräch über blinde Schafsherden, das<br />

Verhältnis zu ihrem Privatprofessor und den studentischpräsidialen<br />

Schlagabtausch.<br />

Das Interview führten björn stephan und jonas breng.<br />

Foto: cora-mae gregorschewsKi<br />

Jahren Schall und Rauch sein. Universitäten,<br />

die Lehre und ihre Studierenden nicht<br />

ganzheitlich im Blick haben, können keine<br />

nachhaltige Reputation entwickeln. Wenn<br />

man im Übrigen Bildung in Konzentration<br />

auf 7,5 Prozent Elite propagiert und<br />

Wettbewerb als ausschließlichen Motor<br />

versteht, dann läuft das auf eine ausgesprochen<br />

autoritäre Gesellschaft hinaus.<br />

Ein paar haben die Führung inne und der<br />

Rest trottet wie eine blinde Schafsherde<br />

hinterher.<br />

Der Bildungsstreik hat offengelegt, dass<br />

das Verhältnis zwischen den Studenten<br />

und den Universitätsleitungen gestört<br />

ist. Wie könnte eine Therapie aussehen?<br />

Mir würde es darum gehen, schnell zu<br />

einer offenen Kommunikation mit der<br />

Studierendenschaft zu kommen, um einen<br />

gewissen Grundkonsens herzustellen. In<br />

der Diskussion sollte die eigene Position<br />

nicht ständig im Vordergrund stehen. Man<br />

muss Freude am Argumentieren haben<br />

und nicht so empfindlich sein, wenn man<br />

mal eine reingewatscht bekommt. Wer<br />

heute als Universitätspräsident keinen<br />

Zugang zur studentischen Vertretung hat,<br />

der hat einen mangelnden Sinn für die<br />

Probleme der Gesellschaft.<br />

Auf Ihrer Homepage ist zu lesen, dass<br />

viele Bildungschancen vertan werden:<br />

Aus Furcht, nicht zu den Besten zu gehören.<br />

Treibt das den heutigen Studen-<br />

»Man bekommt<br />

auch mal eine<br />

reingewatscht«<br />

ten an? Die Angst vor dem Scheitern?<br />

Meine Beobachtung ist, dass die Angst vor<br />

dem Scheitern schon sehr früh das Lernen<br />

behindert. Mich erschreckt, wie viele für<br />

ihr Examen einfach von außen festgelegten<br />

Anforderungen entsprechen wollen. Kommilitonen,<br />

die sich als Konkurrenten und<br />

nicht als Kompagnons betrachten, nehmen<br />

sich selbst eine Chance. Den Wettbewerb<br />

»jeder gegen jeden« halte ich für fatal.<br />

Ein Gedankenspiel: Wer studiert erfolgreicher?<br />

Der Netzwerker, für den das<br />

Semester die Zeit zwischen zwei Praktika<br />

ist, oder der Vollzeitstudent, der<br />

eigentlich noch gar nicht genau weiß,<br />

wo er hin will?<br />

Das hängt von der individuellen Person ab.<br />

Ich könnte mir vorstellen, dass der begeisterte<br />

Vollzeitstudent, der noch nicht genau<br />

weiß, wo er hin will und sich verschiedene<br />

Sachen anschaut, ein erfolgreicher Student<br />

ist. Wenn er allerdings vor lauter Unsicherheit<br />

nur das tut, was man von ihm<br />

verlangt und nicht seine eigenständigen<br />

Ziele verfolgt, dann wird er wahrscheinlich<br />

wenig Erfolg haben.<br />

FUrios <strong>04</strong>/<strong>2010</strong>


Ist »Vitamin B« zu einer Art Modedroge<br />

geworden nach dem Motto: je mehr<br />

desto besser?<br />

Ja. Aber das ist eine gefährliche Droge,<br />

wenn man glaubt, dass man das Studium<br />

damit ersetzen könnte. Und sich durch<br />

möglichst viele Facebook-Freunde optimieren<br />

will. Das halte ich nicht für eine<br />

vernünftige Lebensstrategie.<br />

Sie selbst haben eine rasante Laufbahn<br />

hingelegt. Mit 27 promoviert, mit 31 habilitiert.<br />

Sie wären die perfekte Bologna-<br />

Studentin gewesen.<br />

Ich war schon eine der Schnellsten, aber<br />

nicht weil ich unbedingt so schnell fertig<br />

werden wollte. Immerhin habe ich das<br />

Studienfach gewechselt. Erst habe ich<br />

Romanistik und Geschichte studiert und<br />

wollte Gymnasiallehrerin werden. Aber<br />

das gefiel mir doch nicht und ich bin dann<br />

nach Freiburg gegangen und habe jenseits<br />

einer beruflichen Perspektive getan, was<br />

mir Spaß machte: Philosophie, Politikwissenschaft<br />

und Theologie. Ich musste nicht<br />

arbeiten, um Geld zu verdienen, hatte<br />

Unterstützung von zu Hause und mit<br />

meinem späteren Ehemann quasi einen<br />

Privatprofessor. Ich hatte also sehr günstige<br />

Bedingungen.<br />

Als junge Studentin haben Sie sich in<br />

Ihren Professor und späteren Ehemann<br />

verliebt. Gibt es überhaupt eine normale<br />

Beziehung zwischen Studenten und<br />

Lehrenden?<br />

Einer breiten Öffentlichkeit bekannt wurde Gesine Marianne<br />

Schwan, als die Frau, die gleich zweimal an Horst Köhler<br />

scheiterte. Einen Namen hatte sich die Politikwissenschaftlerin<br />

aber schon lange vorher gemacht: als OSI-Dekanin und<br />

Präsidentin der Viadrina Universität in Frankfurt (Oder).<br />

Die gebürtige Reinickendorferin startete ihre Laufbahn an<br />

der FU, an der sie auch promovierte und gemeinsam mit<br />

ihrem ersten Mann Alexander Schwan unterrichtete. 1999<br />

unterlag sie Peter Gaethgens bei den Präsidentschaftswahlen.<br />

Heute lehrt Schwan an der Humboldt-Viadrana School of<br />

Governance und ist in zweiter Ehe mit Peter Eigen, dem<br />

Gründer von Transparency International verheiratet.<br />

FUrios <strong>04</strong>/<strong>2010</strong><br />

Es gibt fast nichts Normales in dieser<br />

Welt. Wir haben uns in Freiburg in einem<br />

Marx-Seminar kennengelernt. Da war er<br />

allerdings noch Assistent. In unserer späteren<br />

Zeit in Berlin erinnere ich mich an ein<br />

paar 68er, die sich sehr darüber geärgert<br />

haben, dass Alexander Schwan und Gesine<br />

Schneider händchenhaltend in der Cafeteria<br />

des OSI saßen und als vermeintlich<br />

konservative Klassenfeinde etwas taten,<br />

was sie selbst nie gewagt hätten. Aber<br />

grundsätzlich hatte ich auch nach unserer<br />

Heirat nicht das Gefühl, dass sich daran<br />

jemand gestoßen hätte. Es war dann am<br />

OSI einfach das Ehepaar Schwan tätig.<br />

Man kann schon sagen, dass Ihr privates<br />

Netzwerk eine Rolle für Ihre Karriere<br />

gespielt hat?<br />

Wenn Sie die Beziehung von zwei Menschen<br />

als Netzwerk bezeichnen wollen.<br />

Also, ich würde es eher Kommunikation<br />

nennen. »Netzwerk« ist so ein Modebegriff.<br />

Es hilft nichts, wenn Ihre Kompetenz<br />

nur darin besteht, dass Sie Namen nennen<br />

können. Sie müssen auch eigene Fertigkeiten<br />

entwickeln. Das hängt von Ihrer<br />

Persönlichkeit und Ihren Begabungen<br />

ab.<br />

titeL: VerhäLtNisse<br />

Aber mussten Sie sich nicht gerade nach<br />

dem Tod Ihres Mannes mit sehr kruden<br />

Anfeindungen auseinandersetzen?<br />

Konkret ist mir ja ein Verhältnis vorgeworfen<br />

worden. Das ging von der Universitätsspitze<br />

aus. Präsident Gerlach hatte Angst,<br />

dass ich gegen ihn kandidieren würde.<br />

Obwohl ich stets gesagt hatte, das ich dies<br />

aus sehr privaten Gründen nicht täte. Da<br />

muss ich zugeben: Wenn mein Mann noch<br />

gelebt hätte, hätte man das nicht gewagt.<br />

Überhaupt hätte man diese Vorwürfe nicht<br />

gegen einen Mann erhoben. Dass diese<br />

Unterstellungen letztlich keinen Erfolg<br />

hatten, lag sicherlich daran, dass ich kein<br />

unbekannter Mensch war und mich gewehrt<br />

habe bis hin zu juristischen Mitteln.<br />

Zum Abschluss: Die nächsten Bundespräsidentenwahlen<br />

stehen in vier Jahren<br />

an. Aller guten Dinge sind drei, oder?<br />

Manchmal kann drei auch zu viel sein. ■<br />

7


8<br />

titeL: VerhäLtNisse<br />

»H<br />

ahaha!« – Ich will den Hörer auf Armlänge<br />

von mir strecken, so laut ist das Gelächter<br />

meiner ehemaligen Kindergärtnerin. »Mein<br />

Traumberuf? Das kann ich nicht behaupten«,<br />

wundert sie sich. Ich mich erst. Das<br />

liebe, süße Fräulein Zweig, in Wirklichkeit<br />

eine Kinderhasserin? Vergeblich versuche<br />

ich, das glockenhelle Lachen aus meinem<br />

Gedächtnis in der Stimme am Telefon zu<br />

erkennen. Das Vorhaben, die Ikonen meines<br />

Bildungsweges wieder zu treffen, könnte<br />

sich als ziemlich ernüchternd erweisen.<br />

Fräulein Zweig heißt jetzt Frau Schilling<br />

und hat direkt nach der Wende aufgehört,<br />

im »Max und Moritz«-Kindergarten in Jena<br />

zu arbeiten. Vor unserem Gespräch dachte<br />

ich an goldene Zeiten zurück. Die Zeit<br />

der ersten Freunde und Feinde, der ersten<br />

Erinnerungen überhaupt. Und Fräulein<br />

Zweig alias Andrea Schilling spielte darin<br />

die Rolle des gutmütigen Engels. Statt diesem<br />

Engel habe ich jetzt eine gestandene<br />

Senior-Managerin am Telefon. Den Beruf<br />

des Erziehers hatte sie aus rein pragmatischen<br />

Gründen gewählt. Immer noch hört<br />

man ihr den Ärger darüber an, dass sie in<br />

der DDR das (später nachgeholte) Abitur<br />

nicht machen durfte. Sie hat sich dann für<br />

das Ausbildungsziel Kindergärtnerin entschieden,<br />

damals ein angesehener Bildungsberuf.<br />

Von all dem hatte ich natürlich keine<br />

die, die mich lehrten<br />

Wir haben sie geliebt, gehasst und nach Kräften ignoriert. Aber was<br />

ist uns von ihnen geblieben? marlene göring traf die Lehrergeister<br />

ihrer Vergangenheit.<br />

4)))))))))))))))))))))))))))))))))))$<br />

Illustration: Michi Schneider<br />

Ahnung. Wir haben Fräulein Zweig einfach<br />

geliebt. Vor allen anderen Erzieherinnen<br />

hatten wir irgendwie Angst, die waren alt<br />

und streng. Fräulein Zweig sagte einmal, sie<br />

wolle nach uns keine andere Kindergruppe<br />

mehr übernehmen. Ich dachte, weil wir ihr<br />

so ans Herz gewachsen waren. »Eher weil<br />

ich mit der politischen Überwachung und<br />

dem Kindergeschrei nicht klarkam«, gesteht<br />

sie mir heute.<br />

•<br />

Auch das Treffen mit Frau Bestel wird<br />

ein Exkurs in die deutsch-deutsche Geschichte.<br />

Sie war von der ersten bis zur<br />

vierten Klasse meine Klassenlehrerin. Fast<br />

alle meine relevanten Erinnerungen an die<br />

Zeit um 1990 sind mit ihr verbunden. Als<br />

ich zum verabredeten Treffpunkt komme,<br />

ernte ich einen amüsiert strafenden Blick:<br />

Ich bin zu spät. Und von den Socken – statt<br />

der erwarteten gebrechlichen Großmutter<br />

steht vor mir dieselbe resolute Frau wie vor<br />

17 Jahren. Das Café hat sie ausgewählt. Es<br />

riecht nach Wiener Kaffee, aus einer Vitrine<br />

lachen mir Hochzeitstortenfiguren aus<br />

Frack und Baiserkleid entgegen. »Haben<br />

Sie schon gefrühstückt?«, fragt mich Frau<br />

Bestel fürsorglich.<br />

Frau Bestel war die einzige, die uns erklärte,<br />

wieso die Lehrer in den Wendewochen<br />

bedrückt durch das Schulhaus wankten.<br />

Keiner wusste, wie es weitergeht. Irgendwann<br />

lief die Umstellung sehr schnell. Projekttage,<br />

neue Lehrpläne, Fortbildungen<br />

für die Lehrer. »Das war ja alles Neuland<br />

für uns!« Ich selbst hatte die neuen Lehrme-<br />

thoden und den Umzug aus der Polytechnischen<br />

Oberschule in eine Grundschule<br />

nach BRD-Modell einfach hingenommen.<br />

Froh war ich über den schulfreien Samstag<br />

und das Abschaffen der Noten für Ordnung<br />

und Betragen.<br />

Frau Bestel ist nach der Wende die gleiche<br />

für uns geblieben. Das Sammeln von<br />

Fleißbienchen und Altpapier war längst<br />

passé, da wollte sie neben Rechnen und<br />

Schreiben immer noch vor allem eins vermitteln:<br />

Moral. Keiner durfte gemein zu<br />

seinen Mitschülern sein. »Gerade Kinder<br />

aus sozial schwachen Familien waren mir<br />

ans Herz gewachsen«, sagt sie nachdenklich.<br />

»Ich wollte, dass aus denen was wird.<br />

Das Menschliche war mir immer besonders<br />

wichtig.« Unser Gespräch dreht sich dann<br />

auch hauptsächlich um Familie und Bekannte.<br />

Die Kinder auf dem Klassenfoto<br />

kennt sie alle noch mit Vor- und Nachnamen.<br />

Am Ende sind Frau Bestel und ich per<br />

Du.<br />

•<br />

In Vorbereitung auf meinen nächsten<br />

Lehrergeist besuche ich mein altes Gymnasium.<br />

Trotz ausgiebiger Sanierung schlägt<br />

mir das bekannte Geruchsgemisch aus<br />

Kantinenessen und Kinderfuß entgegen.<br />

Immer noch hängen unbeholfen ausgemalte<br />

Quadrate als kubistische Hommage an<br />

der Wand. Die Namen unter den Schülerbildern<br />

sind andere. Ein Ivo, eine Johnette<br />

und ganze zehn Charlottes zeugen von<br />

einer neuen Generation. Im abgelegenen<br />

dritten Stock könnte ich sicher heute noch<br />

FUrios <strong>04</strong>/<strong>2010</strong>


heimlich eine auf dem Schulklo rauchen.<br />

Wie damals in der Fünf-Minuten-Pause,<br />

zwischen der siebten und achten Stunde.<br />

Ethik bei Frau Müller. Unser anstehendes<br />

Treffen bereitet mir Kopfzerbrechen. Sie<br />

hatte es nicht leicht mit mir.<br />

Frau Müller und ich gehen in das szenige<br />

Café Stilbruch und erwischen den letzten<br />

freien Tisch. Wir reden über Journalismus,<br />

Bildungspolitik, die Zusammenlegung der<br />

Jenaer Gymnasien. »Das ARG war etwas<br />

Besonderes«, resümiert sie. Denn das Adolf-<br />

Reichwein-Gymnasium von einst, über<br />

dessen Eingang »Lehrt uns den Frieden« gesprüht<br />

stand, gibt es nicht mehr. Es ist jetzt<br />

eine kooperative Gesamtschule, das frühere<br />

Lehrerkollektiv ist zerbrochen. Gemeinsam<br />

beweinen wir den Verlust. Auch wenn ich<br />

das ARG erst nachträglich liebgewonnen<br />

habe – wegen seiner musisch-sprachlichen<br />

Ausrichtung und der vielen motivierten<br />

Lehrer. Damals hielt ich den Großteil der<br />

Menschen dort für spießig und einfach<br />

blöd. Jedes Mal, wenn ich darauf anspielen<br />

will, weicht Frau Müller aus. Auch von<br />

FUrios <strong>04</strong>/<strong>2010</strong><br />

teenage angst und Rebellion will sie nichts<br />

wissen. Die halb gefürchtete, halb herbeigewünschte<br />

Konfrontation kommt nicht.<br />

Vergeblich versuche ich in ihrem Gesicht<br />

zu lesen. Sie bleibt ganz ruhig, ihre Hände<br />

jedoch spielen nervös mit der Speisekarte.<br />

»Wenn es gut geht, ist der Unterricht auf<br />

Augenhöhe«, sagt sie jetzt. »Da geben dann<br />

eben die den Ton an, die auch Lust haben.«<br />

Langsam wird mir klar: Vor mir sitzt eine<br />

engagierte Lehrerin, die sich ihren Schülern<br />

am liebsten fachlich nähert. Wer sich nicht<br />

begeistert, dem rennt sie auch nicht hinterher.<br />

Als Dozentin und Studentin wären<br />

wir sicher ausgezeichnet miteinander ausgekommen.<br />

Einmal noch werde ich stutzig.<br />

»Da sind Sie die Siegerin geblieben«, sagt<br />

Frau Müller, als ich ihr von den Querelen<br />

mit meiner damaligen Englischlehrerin<br />

erzähle – die hatte mir das Wort »alienated«<br />

nie als Übersetzung von »entfremdet«<br />

durchgehen lassen, ich habe es beharrlich<br />

weiterbenutzt. Sind die Kämpfe von damals<br />

doch nicht überwunden?<br />

•<br />

titeL: VerhäLtNisse<br />

Auch Frau Hager hatte ich am ARG.<br />

Deutsch und Geschichte, von der neunten<br />

bis zur Oberstufe. Als die meisten Lehrer<br />

an meiner jugendlichen Sturköpfigkeit<br />

längst resignierten, hat sie mich immer<br />

wieder aus der Reserve gelockt. Einmal<br />

sollte ich die letzte Stunde zusammenfassen,<br />

obwohl ich geschwänzt hatte. Das<br />

Thema wusste ich, den Rest habe ich mir<br />

zusammengesponnen. »Marlene, das können<br />

Sie gar nicht wissen!«, platzte Frau<br />

Hager heraus, gleichzeitig verärgert und<br />

anerkennend. Von ihr habe ich ein Grundvertrauen<br />

in meine geistigen Fähigkeiten,<br />

das mir an der Uni oft geholfen hat.<br />

Mit Frau Hager sitze ich ebenfalls im<br />

Café Stilbruch, wo auch sonst in Jena.<br />

Ob sie sich besonders freut mich zu sehen,<br />

kann ich schwer sagen. Frau Hager<br />

war immer ein herzlicher Mensch. Sie<br />

sieht frisch aus, kaum älter als vor zehn<br />

Jahren. »Paris, da war ich auch mit!«, ruft<br />

sie plötzlich beim Durchblättern meines<br />

Abihefts. Ich kann mir kaum vorstellen,<br />

dass meine einstige Deutschlehrerin im<br />

Moment an einer Grundschule unterrichtet.<br />

Von ihr habe ich zum ersten Mal von<br />

Motivgeschichte und Freudscher Psychoanalyse<br />

gehört. »Ich war noch nie an einer<br />

Grundschule.« Sie lacht: »Das war schon<br />

ein schöner Kulturschock.« Was denn<br />

wichtiger sei, frage ich: das Zwischenmenschliche<br />

oder die fachliche Bildung?<br />

»Das kann man nicht so wichten«, sagt<br />

sie und benutzt eine seltene adjektivische<br />

Verbkonstruktion, die vor Jahren von ihrem<br />

in meinen Wortschatz übergegangen<br />

ist. »Ich kann nicht nur als Stundenhalter<br />

da vorne stehen, ich muss auch eine Beziehung<br />

zu den Schülern aufbauen«, sagt Frau<br />

Hager und nippt an ihrer Schale Cappuccino.<br />

Für eine Weile verlieren wir uns in einer<br />

Diskussion über die soziale Verantwortung<br />

des Lehrers. Bei Konflikten solle man auch<br />

mal persönlich werden. »Damit die Schüler<br />

merken, die haut hier nicht nur heiße<br />

Luft raus.« An unsere leicht schizophrene<br />

Beziehung damals erinnert sie sich schon.<br />

»Dafür ist man Lehrer, dass man auch mit<br />

Teenagerallüren klarkommt.« Zum Glück<br />

habe ich nicht auf Lehramt studiert. ■<br />

Marlene Göring studiert Literaturwissenschaft<br />

und ist Mitherausgeberin<br />

dieser Ausgabe von <strong>FURIOS</strong>.<br />

Vom Bildungssystem wird sie sich<br />

bald verabschieden.<br />

9


10<br />

titeL: VerhäLtNisse<br />

die eingebildete<br />

»Internationale Netzwerkuniversität« will die FU sein – und weiß nicht mal,<br />

was sie damit meint. anchalee rüland hat ihren beziehungsarmen Campus<br />

durchforstet und nach Initiativen gesucht.<br />

W<br />

enn es um die »Anwesenheitsnotiz« geht,<br />

gerät Johanna ins Schwärmen. Gemeinsam<br />

mit Freunden und Kommilitonen hat die<br />

24-jährige Literaturwissenschaftlerin die<br />

Zeitschrift für Hausarbeiten aus dem Boden<br />

gestampft. In der Arbeit stecken viel<br />

Schweiß und Herzblut. An Geld mangelt<br />

es aber. »Wir haben in der Ernst-Reuter-<br />

Gesellschaft zwar einen Sponsor gefunden«,<br />

sagt Johanna, »aber wir müssen weiter nach<br />

Geldgebern suchen.« Auf die Frage, ob sie<br />

die Uni um Hilfe gebeten haben, entgegnet<br />

sie verblüfft: »An wen hätten wir uns da<br />

denn wenden sollen?«<br />

Fragt man die Pressestelle nach Ansprechpartnern<br />

und Netzwerken, folgt<br />

Ratlosigkeit. Der neue FU-Präsident Peter-<br />

André Alt weiß auch noch nicht recht, was<br />

er dazu sagen soll: »Studentische Netzwerke<br />

sind ein Aspekt der Netzwerkidee, der bisher<br />

nicht im Zentrum stand, da wir Internationalisierung<br />

im Auge hatten.«<br />

Nicht nur die Universität ist überfordert.<br />

Auch den Studenten fehlt der Durchblick.<br />

»Die einzelnen Gruppen sind auf Eigenwerbung<br />

angewiesen«, meint Natalie Pat-<br />

4)))))))))))))))))))))))))))))))))))$<br />

Illustration: Michi Schneider<br />

zek, Geschichtsstudentin an der FU. »So<br />

kennt eigentlich niemand das ganze Angebot.<br />

Von einer Veranstaltung, bei der sich<br />

alle vorstellen, habe ich nichts gehört«, bedauert<br />

Natalie.<br />

Dass es auch anders laufen kann, weiß<br />

Shan Qiao. Eigentlich studierte sie Biochemie<br />

an der FU. Doch als die 23-Jährige<br />

im vergangenen Jahr mit Erasmus nach<br />

Cambridge ging, gefiel es ihr dort zu gut.<br />

Sie entschloss sich, zu bleiben. Inzwischen<br />

hat Shan eine Stelle im Department of<br />

Genetics und schreibt fleißig an ihrer Diplomarbeit.<br />

Anfangs musste sie sich jedoch<br />

wie alle anderen »Freshers« erst zurecht finden.<br />

»In Cambridge wird einem das leicht<br />

gemacht«, findet Shan. Denn es gibt eine<br />

jährliche Messe für die studentischen »Societies«.<br />

Die Projektlandschaft in Cambridge<br />

ist lebendig. Wer sich nur zu Beginn<br />

des Studiums über bestehende Netzwerke<br />

informiert, ist schnell von gestern. »Es gibt<br />

hier einfach alles«, schwärmt Shan. Von<br />

Sport, Sprachen und politischen Gruppen<br />

bis hin zum »Käse-Essen-Club«.<br />

Jedes Jahr präsentieren sich in Cambridge<br />

um die 350 studentischen Clubs über zwei<br />

Tage hinweg. Beim letzten Mal waren es<br />

10 000 Besucher. Die FU bietet kein Äquivalent.<br />

»Bis zum Wintersemester 08/09 gab<br />

es eine zentrale Immatrikulationsveranstal-<br />

tung. Im Anschluss daran konnten sich<br />

Projektgruppen vorstellen«, sagt Carsten<br />

Wette, Pressesprecher der FU. »Mittlerweile<br />

sind für die Vorstellung der Netzwerke<br />

die Institute verantwortlich.« Im Klartext:<br />

Die gesamte Initiative liegt wieder bei den<br />

Studenten. »Wir versuchen bei möglichst<br />

allen Erstsemesterveranstaltungen anwesend<br />

zu sein«, berichtet Kristina Kämpfer<br />

von der Liberalen Hochschulgruppe. Kein<br />

leichtes Unterfangen bei nur 25 aktiven<br />

Mitarbeitern, aber 12 großen Fachbereichen<br />

und unzähligen Instituten. Unter dieser<br />

Anbindungslosigkeit leidet nicht nur das<br />

studentische Projektleben, sondern auch<br />

das Gemeinschaftsgefühl an einer Universität<br />

mit rund 40 000 Angehörigen.<br />

Kann der Verwaltungsapparat nicht wenigstens<br />

online für Klarheit sorgen? Angekommen<br />

im 21. Jahrhundert bietet das<br />

Internet genügend Möglichkeiten, Studenten<br />

zu informieren. Auf der FU-Webseite<br />

forstet man dennoch vergebens nach einer<br />

Auflistung der studentischen Gruppen und<br />

Projekte. Rechtliche Gründe würden der<br />

Universität die Hände binden, weiß FU-<br />

Präsident Alt.<br />

Probleme, die sich eine Universität von<br />

Rang nicht leistet. Eine E-Mail an die Pressestelle<br />

von Cambridge, zehn Minuten<br />

später hat man die Auflistung aller »Socie-<br />

FUrios <strong>04</strong>/<strong>2010</strong>


ties«, über 600 Stück an der Zahl. Beim<br />

Onlineauftritt der Universität St. Gallen,<br />

eine der europäischen Kaderschmieden für<br />

Wirtschafts- und Rechtswissenschaften, ist<br />

der Gesamtüberblick über das studentische<br />

Angebot ebenfalls nur wenige Mausklicks<br />

entfernt.<br />

»Es ist wirklich schade«, sagt Nils Ludwig,<br />

Vizepräsident des Internationalen<br />

Clubs an der FU. »Wir verbringen viel Zeit<br />

mit Öffentlichkeitsarbeit und trotzdem<br />

kennen uns viele nicht.« Dabei klingt das<br />

Konzept der studentischen Organisation<br />

gut. »Mit Veranstaltungen wie Regionalabenden<br />

oder Stammtischen bringen wir<br />

Studenten zusammen, die sich austauschen<br />

und Sprachen lernen können«, legt Nils das<br />

Hauptanliegen dar.<br />

Trotzdem ist das Interesse und Engagement<br />

der Studenten gering. Neben der<br />

fehlenden Unterstützung machen die Organisatoren<br />

das Bachelor/Master-System<br />

verantwortlich. »Vielen, die ihr Studium<br />

ernst nehmen, fehlt die Zeit, sich an der<br />

Uni zu engagieren«, gibt Tatjana Zieher<br />

von der FU-Hochschulgruppe der Jusos zu<br />

bedenken.<br />

Der Zwang zum Durchstudieren ist<br />

groß. Dennoch entstehen ambitionierte<br />

Projekte wie die »Anwesenheitsnotiz«.<br />

Den drei studentischen Gründern geht es<br />

FUrios <strong>04</strong>/<strong>2010</strong><br />

nicht nur darum, in Schubladen verstaubte<br />

Hausarbeiten wiederzubeleben. »Unser Ziel<br />

ist es, ein großes Netzwerk aufzubauen«,<br />

begeistert sich Johanna. »Wir möchten Studenten<br />

zum wissenschaftlichen Austausch<br />

bewegen.« Da die FU solche Projekte angeblich<br />

nicht unterstützen kann, springt die<br />

Ernst-Reuter-Gesellschaft (ERG), Dachverband<br />

der Alumni-Vereinigungen, ein. Mit<br />

einem Budget von 250 000 Euro sind die<br />

Grenzen jedoch eng gesteckt. »Wir können<br />

den Studenten nur den Anschub finanzieren<br />

und Mut machen«, beschreibt Wedigo<br />

de Vivanco, Geschäftsführer der ERG, das<br />

finanzielle Problem. Mit rund 2700 Alumni<br />

ist die Vereinigung im internationalen<br />

Vergleich sehr klein. Die Universität St.<br />

Gallen zählt an die 19 000 Ehemalige und<br />

hat damit allein aus den Mitgliedsbeiträgen<br />

das dreifache Budget. Die Alumniarbeit an<br />

der FU befindet sich in einem Teufelskreis.<br />

Wenig Geld heißt wenig Präsenz. Wenig<br />

Präsenz zieht ein geringes Interesse der<br />

Studenten nach sich, womit die Mitglieder<br />

ausbleiben. »Bisher konnte sich in Deutschland<br />

keine Alumni-Kultur entwickeln«, so<br />

de Vivanco. »Bis vor wenigen Jahren haben<br />

die Studenten mehrmals den Studienort gewechselt.<br />

Wem gehört dann ihre Loyalität?«<br />

Doch de Vivanco räumt ein: »Das Problem<br />

liegt auch in der Mentalität. In den letzten<br />

titeL: VerhäLtNisse<br />

Jahren ist das Interesse gewachsen, ein Umdenken<br />

findet statt.«<br />

Momentan entsprechen die Netzwerke<br />

der FU gerade dem Minimum für ein soziales<br />

und politisches Campusleben. Auch<br />

die Alumni-Arbeit steckt noch in den Kinderschuhen.<br />

Keine optimale Situation, um<br />

sich als »Internationale Netzwerkuniversität«<br />

zu rühmen. Was genau mit dem Begriff<br />

»Netzwerk« gemeint ist, scheint den Verantwortlichen<br />

selbst nicht klar. Der Meinung<br />

ist auch der stellvertretende Direktor<br />

des »Centre for International Cooperation«<br />

Dr. Herbert Grieshop: »Als man das Konzept<br />

erarbeitete, wurde die Bezeichnung bewusst<br />

offen gehalten.«<br />

Dass der Netzwerkgedanke an der FU<br />

unausgegoren ist, scheint auch Präsident<br />

Alt bewusst zu sein. So setzt er in seiner<br />

Mailantwort vorsichtshalber ein paar Gänsefüße:<br />

»Unser »Netzwerk«-Konzept bezieht<br />

sich auf den Anspruch, universitäre<br />

Partnerschaften weltweit zu entwickeln.«<br />

Auf diese Weise stelle die Universität für<br />

alle Statusgruppen weltweite Kontakte zur<br />

Verfügung. »Meine Studierenden in Germanistik«,<br />

so Alt, »können etwa im Master<br />

für ein oder zwei Terms nach Cambridge<br />

gehen, ohne Studiengebühren entrichten<br />

zu müssen«. Das Netzwerk biete den Studenten<br />

Vorteile, die der normale Programmaustausch<br />

nicht eröffne. Im Vordergrund<br />

steht die Internationalisierung. Das sieht<br />

auch de Vivanco so: »Wir suchen Kontakt<br />

zu FU-Alumni im Ausland. Ein Netzwerk,<br />

das sich positiv für die FU ausspricht, ist<br />

viel wert.«<br />

Verglichen mit den Elitestandorten »Oxbridge«<br />

in England und der »Ivy League«<br />

in Amerika ist das Budget der FU schwach.<br />

Trotzdem ist Alt optimistisch: »Wir versuchen,<br />

das nach Kräften durch gute Ideen<br />

auszugleichen.« In der Regel gilt aber: Bevor<br />

man sich auf internationales Parkett<br />

begibt, will das Laufen gelernt sein. Die<br />

Bezeichnung »Internationale Netzwerkuniversität«<br />

ist hohl. Denn von innen heraus<br />

fehlen die nötigen Netzwerke, um sich<br />

auf der Metaebene erfolgreich vernetzen zu<br />

können. In den Worten von Alt braucht<br />

unser beziehungsloser Campus vor allem:<br />

Ideen. Und die präsidiale Bereitschaft, auch<br />

Taten folgen zu lassen. ■<br />

Anchalee Rüland studiert<br />

Geschichte und Politikwissenschaft<br />

im zweiten Semester. Für<br />

<strong>FURIOS</strong> findet sie immer Zeit,<br />

trotz Bachelor.<br />

11


12<br />

titeL: VerhäLtNisse<br />

beziehungstherapie<br />

Moderne Hochschule ist eine Zicke. Ihr Vater Bildung heult sich bei seiner<br />

Therapeutin Geschichte aus. Schuld sind die Verwandten: Politik und Wirtschaft.<br />

Eine Kurzgeschichte von devid mruseK.<br />

4)))))))))))))))))))))))))))))))))))$<br />

Illustration: Michi Schneider<br />

B<br />

ildung liegt mit offenem Hemd und<br />

ohne Schuhe bei Geschichte auf dem Sofa.<br />

Er ist ein jovialer älterer Herr und ungefähr<br />

200 Jahre alt. Während er sich nervös<br />

durch sein schütteres Haar fährt, versucht<br />

er sein Persönlichkeitsproblem in Worte zu<br />

fassen. Seit einiger Zeit erkennt er sich in<br />

seiner Tochter Moderne Hochschule nicht<br />

mehr wieder. »Ich habe den Eindruck, dass<br />

sie mehr nach ihrer Mutter kommt als nach<br />

mir.« Geschichte ist in die Jahre gekommen.<br />

Ihre Praxis befindet sich in einem Neubau<br />

im Stadtteil Neukölln. Von ihrem Schreibtisch<br />

aus hat sie Bildung aufmerksam zugehört<br />

und sich Notizen in ein dickes Buch<br />

mit Ledereinschlag gemacht. »Es ist wichtig«,<br />

sagt sie, »dass du ihr die Freiheit zugestehst,<br />

eine eigene Prägung auszubilden.«<br />

Sie wirft ihm einen aufmunternden Blick<br />

zu. »Du hast als Heranwachsender auch<br />

gespürt, dass Schule und Elternhaus alleine<br />

nicht aufs Leben vorbereiten können, oder<br />

nicht?« Bildung stehen die Selbstzweifel<br />

geradezu ins Gesicht geschrieben. »Dieser<br />

Satz könnte von mir stammen.« Geschichte<br />

blättert in ihrem Buch. »In der Tat. Du hast<br />

das geschrieben, als du zwanzig warst.«<br />

j<br />

Die 19-jährige Moderne Hochschule<br />

schlendert mit ihrem Freund Zeitgeist durch<br />

den Volkspark Friedrichshain. »Meine Eltern<br />

haben einen Dachschaden«, sagt Moderne<br />

Hochschule zwischen zwei Schlucken<br />

FUrios <strong>04</strong>/<strong>2010</strong>


Radler. »Meine Mama meint, ich solle mich<br />

für meinen späteren Beruf bilden. Mein Vater<br />

meint, durch die Ausbildung würde ich<br />

geistige Freiheit erlangen.« Das sei wichtiger,<br />

als nur Fachwissen reinzupauken.<br />

Zeitgeist streicht sich eine Strähne seiner<br />

asymmetrischen Frisur aus der Stirn. »An<br />

unserer Uni? Fünf Prüfungen pro Semester,<br />

Freiheit my ass!«, skandiert er. Im Gehen<br />

dreht er sich eine Zigarette. Moderne Hochschule<br />

ist in Gedanken schon bei Freitag,<br />

dann wird sie mit ihrem Patenonkel Politik<br />

aufs Land fahren. Seine Ansicht über Ausbildung<br />

ist ihr verständlicher als das elterliche<br />

Geschwafel. In seiner letzten E-Mail<br />

schrieb er, dass die Beamten einer Universität<br />

nur dem Staatszweck verpflichtet seien.<br />

Moderne Hochschule bleibt plötzlich stehen:<br />

»Die Ausbildung muss der Bedürfnisse, die<br />

der staatliche Großbetrieb und die Ökonomie<br />

an sie stellen, gerecht werden!« Zeitgeist<br />

gibt ein verächtliches Schnauben von<br />

sich. »Aber Staat und Gesellschaft bieten<br />

nicht mehr eine ›Erweiterung des Ich‹, so<br />

wie einst!« Für ihn üben sie nur Druck darauf<br />

aus. »Ich sage: Für Mündigkeit bist du<br />

selbst verantwortlich, that’s my religion!«<br />

Er setzt sich auf eine freie Stelle der Wiese<br />

und zündet seine Zigarette an. »Siehst du<br />

das nicht auch?«<br />

Bildung hantiert in der Küche herum,<br />

als Wirtschaft nach Hause kommt. Sie<br />

küsst ihn auf dem Weg ins Bad flüchtig,<br />

woraufhin Bildung in der Arbeit innehält.<br />

»Wusstest du, dass Politik und seine Frau<br />

Verwaltung unsere Tochter in ihr Landhaus<br />

eingeladen haben?« Wirtschaft wendet sich<br />

um. »Nein. Etwas Ruhe wird ihr bei ihrem<br />

derzeitigen workload aber guttun.«<br />

»Seine Moralpredigten über die soziale<br />

Verpflichtung der Intellektuellen anzuhören<br />

ist doch nicht erholsam! Außerdem<br />

interessiert sie sich durch ihn nur noch für<br />

Methodik statt für die Inhalte«, erwidert<br />

er. In seinen Augen kombinieren die vorgeblich<br />

vielseitigen Exzellenz-Professoren<br />

bloß Themen aus einem unklaren »Ideenpool«.<br />

Für ihn ist das ein zusammenhangsloses<br />

Aufeinandertreffen von belanglosen<br />

Fragen, über deren inhaltliche Leere sich<br />

der Apparat beständig hinwegevaluiert.<br />

Bildung verzieht das Gesicht. »Diese neumodische<br />

Beschäftigungstherapie, die Politik<br />

propagiert, ist nichtig!«, ruft er. Seine<br />

Ehefrau lässt ihre Business-Handtasche<br />

fallen und geht auf ihn zu. »Deine formation<br />

humaine ist doch von gestern! Was<br />

hilft sie ihr auf dem Weg ins Berufsleben?«,<br />

FUrios <strong>04</strong>/<strong>2010</strong><br />

j<br />

entgegnet Wirtschaft voller Zorn. »Und was<br />

hilft es dir, den besten Stahl zu produzieren,<br />

wenn dein Innerstes voll Schlacke ist?«, gibt<br />

Bildung wütend zurück. Wirtschaft steht<br />

nun dicht vor ihm. »Mit Goethe brauchst<br />

du mir nicht zu kommen!«, sagt sie in einem<br />

schneidenden Ton. »Ein wenig Zweckorientiertheit<br />

im Leben schadet nicht!«<br />

Damit greift sie sich ihre Handtasche und<br />

verschwindet durch die Haustür. Bildung<br />

schaut seiner Frau verdutzt hinterher. Wie<br />

konnte sie behaupten, dass die Ausbildung<br />

ihr Kind auf das Berufsleben vorbereitet,<br />

wenn die Wissenschaft dieses durch neue<br />

Erkenntnisse in der Forschung beständig<br />

verändert? Bildung hat sich wieder gefangen<br />

und wählt eine Handynummer. Verwaltung<br />

nimmt beim fünften Klingelton ab,<br />

ihr Mann ist gerade auf Wahlkampfreise.<br />

»Kann ich zu dir kommen?«, fragt Bildung<br />

mit betont ruhiger Stimme.<br />

j<br />

Als Moderne Hochschule gegen Mitternacht<br />

nach Hause kommt und in die unaufgeräumte<br />

Küche tritt, verdreht sie die<br />

Augen. Das Essen auf dem Tisch verspeist<br />

sie trotzdem dankbar. Zur gleichen Zeit<br />

kniet ihr Vater auf einem Bett in Potsdam<br />

und beugt sich zu Verwaltung hinab, die unbekleidet<br />

daliegt. Er schätzt sie als eine unabhängige<br />

Beraterin und merkt dabei nicht,<br />

wie die Zuneigung zu ihr ihn in seinem<br />

Urteil fehlleitet. Er braucht sie, um seine<br />

Beziehung mit Wirtschaft durchzuhalten,<br />

gleichzeitig kettet ihn seine Begehrlichkeit<br />

auch an Politik. Er muss seinen politischen<br />

Ideen aufgeschlossen gegenüberstehen,<br />

denn er will nicht seine Affäre mit dessen<br />

Frau gefährden. Niemand der Beteiligten<br />

merkt, dass sich alles um Verwaltung dreht.<br />

Deren Prominenz veranlasst Politik zurecht<br />

dazu, gemeinsam mit Wirtschaft von der<br />

ehemals freien Schulbildung ihren Tribut<br />

einzufordern: strukturiertes Studium, mehr<br />

erfolgreiche Abgänger, kein Bummeln. All<br />

dessen ist sich Bildung nicht bewusst, als er<br />

sich Verwaltung hingibt.<br />

j<br />

Wirtschaft sitzt bei Geschichte in einem<br />

bequemen Sessel, auf einem fremden Sofa<br />

zu liegen, kommt ihr ungebührlich vor. Sie<br />

hat die Augen geschlossen und versucht,<br />

Bildung in einem Satz zu beschreiben.<br />

»Mein Mann hängt in einer Nachkriegs-<br />

Schleife fest«, bringt sie schließlich hervor.<br />

Sie sieht ein, dass nach 1945 erziehungstechnisch<br />

auf klassische Werte zurückgegriffen<br />

werden musste. Das war für die<br />

Wiedereinbürgerung der Deutschen in<br />

Europa elementar. Bei der derzeitigen wirtschaftlichen<br />

Lage müsse davon aber Abstand<br />

genommen werden. »Heute muss die<br />

Universität den Anforderungen ihrer Stakeholder<br />

genügen. Ich würde niemals einen<br />

unproduktiven Lehrstuhl kofinanzieren.«<br />

Geschichte ist müde und kann ihr Amusement<br />

über die neuerlichen Eheprobleme<br />

des Paars kaum verbergen. »Das System<br />

der Kofinanzierung hat Politik doch mit<br />

Verwaltung und dir 1911 in Dahlem aus der<br />

Taufe gehoben«, sagt sie. Die Gründung<br />

der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft markierte<br />

den Zeitpunkt, als Firmen die universitäre<br />

Wissenschaft zu unterstützen begannen.<br />

Deren Einflussnahme wurde durch Verwaltung<br />

scharf überwacht. »Schon damals<br />

habt ihr euch gezankt, weil eure Interessen<br />

auseinandergingen«, fährt Geschichte mit<br />

einem Schmunzeln fort. Die Gesichtszüge<br />

von Wirtschaft lassen Erinnern erkennen.<br />

Sie würde tatsächlich gerne mit Politik die<br />

Inhalte der Schulbildung bestimmen. Diese<br />

Konstellation allerdings schätzt Geschichte<br />

als kopflos und verkopft zugleich ein. Es<br />

wäre wie ein eisengepanzertes Schiff, dessen<br />

magnetische Masse den Kompass um seine<br />

Funktionstüchtigkeit bringen würde.<br />

j<br />

titeL: VerhäLtNisse<br />

Um drei Uhr nachts begegnen sich Wirtschaft<br />

und Bildung vor ihrer Wohnung.<br />

Schweigend betrachten sie sich im Licht<br />

der Straßenlaternen, bevor sie hineingehen.<br />

Ihr Einverständnis ist, wie stets, ein labiles.<br />

Die stille Übereinkunft, dass sie sich<br />

brauchen und ihr Kind sie beide braucht,<br />

würde bei der nächsten Gelegenheit wieder<br />

in Streit umschlagen. Geschichte sitzt nun<br />

endlich im Pyjama auf ihrem Bett. Nur sie<br />

hat die nötige Weitsicht, um das schwierige<br />

Verhältnis der beiden zu erkennen: Das<br />

Streben nach Erkenntnis oder materieller<br />

Absicherung bringt sie dazu, auf ewig unzufrieden<br />

in ihrer Beziehung zu bleiben.<br />

»Oder«, denkt Geschichte, als sie sich hinlegt<br />

und das Licht löscht, »vielleicht sollten<br />

sich die beiden eine bessere Therapeutin<br />

suchen. Vielleicht bin ich doch keine gute<br />

Lehrmeisterin.« ■<br />

Devid Mrusek ist Chef vom<br />

Dienst der <strong>FURIOS</strong>. Er<br />

studiert Chemie und Politikwissenschaft<br />

und ist in festen<br />

Händen – der Philosophie.<br />

13


4 2<br />

40 000*<br />

14<br />

* 40 000 Menschen sind an dieser Universität. 4 Paare davon sind hier.<br />

isaBeL UNd daNieL:<br />

»wie eiN ehepaar«<br />

Die beiden Freunde sind zusammen von Köln nach Berlin gezogen<br />

und studieren gemeinsam an der FU.<br />

Isabel: Oh Gott, wie lange kennen wir uns jetzt? Ich muss erst<br />

mal rechnen. Wann bist du nochmal zu uns auf die Schule gekommen?<br />

— Daniel: In der zwölften. Also drei Jahre. Gar nicht so lange.<br />

Ich war der Neue.<br />

Seit wir zusammen wohnen hat sich die Freundschaft schon verändert.<br />

Man lernt die Macken des anderen besser kennen. Auf der<br />

anderen Seite hat unsere Freundschaft jetzt so eine Natürlichkeit<br />

bekommen. — Es passiert auch oft, dass Leute zu uns sagen: »Ach, bei<br />

euch in der Wohnung herrscht pure Harmonie, ihr seid echt wie ein<br />

Ehepaar.« Aber die 14 Stunden bei IKEA waren stressig. — Oh ja, die<br />

Umzugszeit war anstrengend! Wir hatten so viel zu organisieren und<br />

alles musste superschnell gehen. — Drei Wochen lang haben wir nur<br />

über Geld geredet. Aber gestritten haben wir uns nie. Wirklich dramatisch<br />

war das nicht.<br />

Also, ich würde sagen, du bist strukturierter. — Ach, du auch, Isa. —<br />

Nein, nein, ich bin eher hektisch und unkontrolliert. Du bist bodenständiger.<br />

— Bodenständig? Ist das gut? — Ja, das ist gut. Du bist so<br />

ein ruhender Pol. — Aber bin ich das wirklich? Ich denke, ich mache<br />

immer alle nervös. — Nein, überhaupt nicht. Mich zumindest nicht.<br />

FLoriaN UNd seBastiaN:<br />

»mit dem KopF dUrch die waNd«<br />

Die Zwillinge haben gemeinsam an der FU Veterinärmedizin studiert,<br />

zusammen gewohnt und schreiben nun ihre Doktorarbeiten<br />

in Erlangen.<br />

Sebastian: Naja, wir kennen uns eben seit unserer Geburt … oder<br />

kurz danach, Florian ist zwölf Minuten älter. — Florian: Ja, und das<br />

fand ich früher immer ganz toll. Aber inzwischen hab ich ein paar graue<br />

Haare mehr. — Wir sind zusammen zur Schule gegangen. Danach<br />

haben wir an der FU Veterinärmedizin studiert, und dann in Potsdam<br />

Biologie. — Mittlerweile machen wir unsere Doktorarbeiten in<br />

Erlangen. Zwar auch im gleichen Institut, aber wir haben schon darauf<br />

bestanden, dass es unterschiedliche Themen sind. — Ja, da wollte jeder<br />

sein eigenes Ding machen. Er weiß gar nicht so genau, was ich mache<br />

und umgekehrt. — In der Schule hatten wir einen großen gemeinsamen<br />

Freundeskreis. Das hat sich aber geändert, als wir studiert haben. —<br />

Stimmt, inzwischen hat jeder seine eigenen Freunde. — Wir haben<br />

immer zusammen in einer Wohnung gelebt, aber der Drang, auseinander<br />

zu ziehen, war da. — Schon seit dem Abitur und auch trotz unserer<br />

Gehbehinderung. — Es war aber schwierig zwei geeignete Wohnungen<br />

zu finden, die dann auch noch behindertengerecht sein mussten. — Ja,<br />

alle haben immer gesagt: »Das schaffen die doch nie.« — Das hat<br />

jeden eigenständiger gemacht. Aber mit dem Kopf durch die Wand wollen<br />

wir immer noch beide!<br />

FUrios <strong>04</strong>/<strong>2010</strong>


taNJa BörzeL UNd thomas risse:<br />

»wir siNd Beide heFtig«<br />

Die beiden Professoren lernten sich kennen, als sie noch Studentin<br />

und er schon Professor war. Heute sind sie verheiratet und am OSI.<br />

Tanja Börzel: Zum ersten Mal traf ich ihn Weihnachten 1993 an der<br />

Uni Konstanz. Ich kam aus Kanada, musste meine Diplomarbeit schreiben<br />

und hatte plötzlich diesen jungen Professor vor mir. — Thomas<br />

Risse: Ich bot ihr eine Promotionsstelle an, aber sie lehnte ab. — Wir<br />

sahen uns erst drei Jahre später wieder, in Florenz. — Sie zeigte mir<br />

die Stadt. — Das war so ein Ebenenwechsel. — Dann ging alles recht<br />

schnell, wir machten sofort alles öffentlich und heirateten im folgenden<br />

Jahr.<br />

Beim Auswahlverfahren an der FU hatte ich nie das Gefühl, dass ich<br />

hier als »Familienticket« behandelt werde. Die Stelle wurde nicht extra<br />

geschaffen um mich an die FU zu holen. — Ich war zunächst der Meinung,<br />

dass das zu früh kommt und sie sich gar nicht bewerben sollte. Ein<br />

Kollege hatte ihr dazu geraten. Wir hatten aber auch beide ein Angebot<br />

von der LSE – das hat ihrer Verhandlungsposition sicher nicht geschadet.<br />

Wir sind beide sehr engagiert im Beruf und haben eine starke Durchsetzungskraft,<br />

aber wir sind nicht immer einer Meinung – es kracht<br />

auch mal. — Mit Partnern, die nichts mit Politikwissenschaft zu tun haben,<br />

wäre es viel schwieriger Beruf und Privates zusammenzubringen. —<br />

Die Übergänge verschwimmen zwar, aber vieles wird auch einfacher.<br />

Ich habe unheimlich viel von ihm gelernt. — Und ich von ihr.<br />

saKharet UNd daVid: »Bäm!«<br />

Sie haben sich im Sinologiestudium kennen gelernt, in China sind<br />

sie ein Paar geworden. Beide sind ordentlicher als der jeweils andere.<br />

Sakharet: Wir kennen uns seit 2003, wir haben zusammen angefangen<br />

zu studieren, im Chinesischsprachkurs bei Frau Brexendorff. —<br />

David: Ich hätte gesagt bei Professor Deng. Unsere Beziehung hat sich<br />

langsam entwickelt. Wir waren lange befreundet, dann waren wir ein<br />

Jahr lang zusammen in China und BÄM!, waren wir zusammen. —<br />

Vorher haben wir uns jahrelang angeschmachtet.<br />

Der größte Unterschied zwischen uns ist unsere Haarfarbe. — Ich bin<br />

mehr Chinese als Sakhi, Sakhi ist tendenziell eher Italienerin. — Wir<br />

sind total langweilig. Wir streiten uns nie. — Doch, wir streiten uns<br />

andauernd. — Ich bin ordentlicher. — Ich bin ordentlicher! — Du<br />

weißt, wer jetzt lügt.<br />

In zehn Jahren mache ich entweder Folk-Musik in einer schäbigen Kneipe,<br />

wo mich versoffene Gäste vom Spielen abhalten wollen, oder ich werde<br />

meine Seele an eine große Firma verkaufen, hoffentlich für einen nicht<br />

unerheblichen Betrag. Sakhi ist auf jeden Fall Teil meiner Pläne. Wenn<br />

sie mitmacht … — Ich habe absolut keinen Plan, was die Zukunft für<br />

mich bringt. Vielleicht werde ich irgendwo in China etwas machen,<br />

im Bereich Kultur, bilaterale Beziehungen … ich weiß es nicht. Ich<br />

würde dabei schon Rücksicht auf David nehmen, so wichtig ist mir<br />

die Beziehung dann doch. Ein guter Schlusssatz, ne?<br />

FUrios <strong>04</strong>/<strong>2010</strong><br />

Notiert von carolin benacK, filip tuma und daniela hombach<br />

Fotos: filip tuma<br />

15


16<br />

campUs<br />

das BermUdadreiecK<br />

der FU<br />

In Lankwitz kann man meditieren, Cordhosen tragen und seine Hobbys Wissenschaft werden<br />

lassen. <strong>FURIOS</strong> hat sich far far away mal umgesehen.<br />

Von claudia schumacher und tanja goldbecher — Illustration: pia bruer<br />

Es ist schon wieder eine Weile her und<br />

fast vergessen, da war dieser Hilferuf<br />

aus Lankwitz. <strong>FURIOS</strong> fuhr hin. Es<br />

dauerte eine Weile, bis wir im seltsamen<br />

Gebäude-Buchstaben-Labyrinth das richtige<br />

Haus gefunden hatten. Ahh! L. Endlich<br />

da. Und dann ging es nach oben, in einem<br />

schäbigen Lastenaufzug. Wir stiegen ein<br />

in den Osten im Westen: dubiose Grünpflanzen,<br />

abgetretene Teppiche und ein<br />

paar orange-braune Geschmacklosigkeiten<br />

an der Wand. Zwei von insgesamt drei<br />

Menschen, die wir antrafen, trugen Cord-<br />

Schlaghosen und Hornbrillen – wobei: Da<br />

hatten die Glück, das ist ja jetzt wieder in.<br />

Im Sekretariat hing ein gerahmtes Häkelbild,<br />

ein Sonnenuntergang. Schließlich begrüßte<br />

uns der sympathische Emeritierte in<br />

seinem Büro.<br />

Der Medienforscher, der uns stark an Alfred<br />

Biolek erinnerte, sprach über sein Lebenswerk.<br />

Er hatte pädagogisch im Bereich<br />

E-Learning viel geleistet. Auch ein persönliches<br />

Interesse hatte er nebenbei mit der<br />

Forschung verbunden und den Medienbegriff<br />

auf menschliche Medien ausgeweitet.<br />

Da waren dann Hellseher und ähnlich Begabte<br />

in seinen Vorlesungen. Als er schließlich<br />

in den Ruhestand trat, sollte kein Neuer<br />

seinen Platz einnehmen. Erklären konnte<br />

er sich das nicht. Aber er orakelte, dass ein<br />

ranghoher Professor, ebenfalls Erziehungswissenschaftler<br />

und medienaffin, die Stelle<br />

eventuell blockiere, weil er sie selbst gern<br />

in absehbarer Zukunft womöglich bekleiden<br />

wolle. Ob wir nicht darüber berichten<br />

wollten? Lankwitzer Intrigen. So richtig hat<br />

die Story bei uns nie reingepasst.<br />

Aber als Aufhänger für eine Campus-<br />

Lankwitz-Reportage hat das Treffen doch<br />

einige Symbolkraft. Schon lange ist Lankwitz<br />

ein Bermudadreieck für Professoren.<br />

Die Publizistik wäre dort beinahe gestorben.<br />

Am Ende waren es noch vier Profes-<br />

soren für 2500 Studenten. 2006 schrieb die<br />

Süddeutsche Zeitung über Lankwitz: »Wer<br />

sich in diese triste Dependance der Freien<br />

Universität wagt, gewinnt den Eindruck,<br />

hier breche eine Hochschule bald zusammen.<br />

Baulich, mental, finanziell. Sie steht<br />

abseits, wenn Rektoren, Studenten und<br />

Wissenschaftler vom Aufstieg in die erste<br />

akademische Weltliga träumen.« Zumindest<br />

was das Stiefkind Publizistik anging, erbarmte<br />

sich das FU-Hauptquartier schließlich<br />

und nahm es an seine Dahlemer Brust,<br />

wo es sich mittlerweile erholen konnte.<br />

Zurück in Lankwitz blieben die Geologen,<br />

die Geographen, die Meteorologen und ein<br />

paar kleinere Forschungsprojekte.<br />

Es gibt kaum Studenten, die zwischen<br />

den Häusern A und P umher eilen. Anzahl<br />

der Fahrräder auf dem gesamten Campus:<br />

4. Anzahl der Freizeitangebote und WG-<br />

Suchzettel an den Pinnwänden in Haus<br />

L: 0. Wir hören unser eigenes Echo in<br />

den Fluren verhallen. Es ist seltsam, aber<br />

die Geowissenschaftler scheinen sich hier<br />

wohlzufühlen. Dass es 1,5 Stunden vom<br />

durchschnittlichen Berliner Szeneviertel<br />

nach Lankwitz braucht, stört hier niemanden.<br />

Der gewissenhafte Geowissenschaftler<br />

wohnt ohnehin gern abseits, in der Natur.<br />

Wegen der Gesteinsproben. Geographiestudent<br />

Martin Theilich versichert uns,<br />

Lankwitz sei seine »Insel des Friedens«.<br />

Und Dr. Thomas Traute, wissenschaftlicher<br />

Mitarbeiter an der Arbeitsstelle Hydrogeologie<br />

stimmt mit ein: »Zum Arbeiten und<br />

Forschen ist die Atmosphäre in Lankwitz<br />

genau richtig.« Auch Miriam Paprotzki,<br />

sechstes Semester Geographie, findet den<br />

Campus Lankwitz besser als Dahlem, weil<br />

er nicht so »überlaufen und riesig« sei.<br />

Das ist dann doch sehr viel Lob für einen<br />

Ort wie Lankwitz. Sperrige Betonklötze,<br />

das Innere haben wir ja schon erwähnt.<br />

Okay: Vor einigen Jahren hat ein Land-<br />

schaftsarchitekt den Geologen die Grünflächen<br />

aufgehübscht. Dabei sprangen<br />

auch ein geologischer Lehrpfad und<br />

eine Sammelstation für Regenwasser<br />

raus. Jedem das seine. Und dann<br />

sind da noch Hügel und viele Bäume<br />

und ein Fußballplatz. Ja, das<br />

gefällt dann sogar uns Besuchern<br />

aus der Großstadt. Aber es<br />

bleibt dabei, aus einem Bauern<br />

wird kein Model. Also:<br />

Haben hier alle Angst, die<br />

Wahrheit zu sagen? Angst<br />

davor, dass dieses Biotop<br />

für Wahrsager und<br />

angehende Kachelmänner<br />

geschlossen<br />

werden könnte?<br />

Zumindest<br />

wäre das eine<br />

rationale Erklärung.<br />

Seit<br />

die FU in<br />

den 80ern<br />

nach<br />

Lankwitz<br />

aus-<br />

rutschte, versucht sie diesem plumpen<br />

Faux-Pas einen Sinn zu verleihen. Mitte<br />

der 90er liebäugelte sie damit, ihr lautes<br />

Politikinstitut nach Lankwitz abzuschieben.<br />

Frei nach dem Ruf des Kinderhassers<br />

Richtung Spielplatz: »Ruhe da draußen!«<br />

Aber weil das OSI nicht nur laut, sondern<br />

auch furchtbar gescheit und vorzeigbar ist,<br />

haben die entscheidenden Herren es dann<br />

doch bei sich behalten. Also heute geht jetzt<br />

halt in Lankwitz wirklich gar nichts. Wenn<br />

die Pressestelle der FU zum Thema Lankwitz<br />

esoterisch antwortet: »Alles ist möglich«,<br />

dann meint sie wahrscheinlich nicht:<br />

Lankwitz ist das Land der unbegrenzten<br />

Möglichkeiten. Sondern dass sie es sich<br />

FUrios <strong>04</strong>/<strong>2010</strong>


vorbehält, den Laden samt neuer teurer Regensammelrinne<br />

dem Erdboden gleich zu<br />

machen. Oder dass sie die Häuser A bis L<br />

für ein groß angelegtes Altenpflege-Resort<br />

an ein expandierendes Altenpflege-Privatunternehmen<br />

verkaufen wird. Die Alten<br />

sind schließlich Deutschlands Zukunft –<br />

das muss auch die FU langsam einsehen.<br />

Wir werden immer mürrischer. Aber<br />

wir haben eine Verabredung: Es gibt Kaffee!<br />

Im Café Flugschotter, welches von der<br />

Fachschaftsinitiative betrieben wird, lässt<br />

sich Jon Richter genüsslich auf die Couch<br />

fallen. Sonst ist niemand da. Zur Zeit des<br />

Bildungsstreiks sei im Café mehr los gewesen,<br />

berichtet der Geographiestudent. Er<br />

FUrios <strong>04</strong>/<strong>2010</strong><br />

zeigt auf einen mit leeren Flaschen gefüllten<br />

Einkaufswagen. »Lost in Lankwitz« fühle er<br />

sich aber nicht. Alle wichtigen Einrichtungen<br />

seien vor Ort und schnell zu erreichen,<br />

lediglich der Weg nach Dahlem nehme viel<br />

Zeit in Anspruch.<br />

Wir gehen dann mal wieder. Aber Halt:<br />

Da ist noch Herr Saygin Ahmet, der Hausmeister.<br />

Seit 36 Jahren ist er hier schon beschäftigt<br />

und die Pensionierung steht kurz<br />

Claudia Schumacher ist Herausgeberin<br />

von <strong>FURIOS</strong> und schreibt für<br />

verschiedene Tageszeitungen. Nach<br />

ihrem Bachelor arbeitet sie erst einmal<br />

in einer Istanbuler Galerie.<br />

diE ruhE<br />

in BildErn: auF<br />

FuCampus.dE<br />

campUs<br />

bevor. Früher teilte er sich die Arbeit mit<br />

20 anderen Arbeitern, inzwischen ist er allein<br />

für die Instandhaltung zuständig. Als<br />

Herr Ahmet Autofahrer durch die Schranke<br />

winkt, sagt er mit einem Lächeln und Blick<br />

auf die nahende Pensionierung: »Ich würde<br />

aber auch noch länger bleiben!« Wir sind<br />

dann mal weg. ■<br />

Tanja Goldbecher studiert Politikwissenschaft<br />

und ist nebenher in der<br />

Jungen Presse Berlin aktiv.<br />

17


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zertrümmerte hoteLzimmer<br />

UNd UNi-LeKtüre<br />

Sie leben unter uns, getarnt als Juristen, Chemiker, Bauingenieure, Politiker<br />

und Rechtspflegerinnen, doch eigentlich wollen sie nur eins: auf der Bühne<br />

stehen und Musik machen. Von christian güse — Foto: alexander ziegler<br />

Rosafarbenes Poloshirt, geknoteter Kaschmirpulli über den<br />

Schultern und dazu eine schnöselige Attitüde – so sieht der<br />

Stereotyp des Jurastudenten aus. Mit Röhrenjeans und Chucks<br />

passt Felix nicht in das Klischee, erst recht nicht als Gitarrist der<br />

Rockband »Slippery Damage«. Mit Schlagzeuger Max studiert er<br />

an der Freien Universität.<br />

Die Verbindung von Jura und Rockerdasein findet Felix gar<br />

nicht schlecht. »Wenn das Hotelzimmer in Trümmern liegt, ist<br />

das Jurastudium das Beste, was man in diesem Augenblick gebrauchen<br />

kann«, erklärt er grinsend. Gegründet hat sich die Band um<br />

Frontfrau Leila Bekri zu Schulzeiten, vor sechs Jahren. Sie hat das<br />

übliche Bandschicksal durchlaufen, mit Auftritten, Wettbewerben<br />

und Ab- und Zuwanderungen diverser Mitglieder. Heute spielen<br />

Felix, Leila und Max ihren grungigen Alternativ-Rock zusammen<br />

mit Zweitgitarrist Stefan und Bassist Fischa. Die EP »Solid Cure«<br />

haben sie im letzten Jahr aufgenommen. Diesen Sommer wird sie<br />

von der Band im Tourbus durch Deutschland gekarrt.<br />

Ihrer Musik hört man ein bisschen frühe »Guano Apes« an. Eine<br />

Vermutung liegt nahe und wird bestätigt. »Slippery Damage« speisen<br />

ihren Sound aus der Ära, als Rock noch ehrlich war und man<br />

ungestraft zerrissene Jeans und Lederjacke tragen durfte: den späten<br />

80ern. Damit liegen sie nicht im Trend der Indie-Spaßbands.<br />

Dafür wecken sie selten gewordene Assoziationen zu den großen<br />

Zeiten von Pearl Jam & Co. Das leistet auch Leilas raue Stimme,<br />

campUs<br />

niCht nur<br />

lEsEn, auCh<br />

hörEn! auF<br />

FuCampus.dE<br />

die zwar tonal mal daneben liegt, den Titel »Rockröhre« aber noch<br />

ohne Schamesröte tragen kann.<br />

Die Semesterferien nutzt »Slippery Damage« oft für Proben,<br />

Albumaufnahmen und Konzerte statt für Hausarbeiten und Klausuren.<br />

»Es kommt schon zum Prioritätengewürfel«, gibt Max zu.<br />

Nach Auftritten bis in die frühen Morgenstunden wird auch mal<br />

eine Vorlesung sausen gelassen. Dieses Opfer müsse man für eine<br />

tolle Show und neue Fans eben bringen, meint Max. Die Aufgaben<br />

des Alltags nehmen aber alle fünf immer noch ernst. Statt in der<br />

Seminarpause ein kühles Blondes zu schlürfen, bereiten sie sich auf<br />

den nächsten Kurs vor. Nur mit Zeitmanagement klappt der Spagat<br />

zwischen Studium und Musik.<br />

Für »Slippery Damage« ist der ganz große Durchbruch eine Option,<br />

die bedacht sein will. Studium oder volles Rohr Risiko? »Die<br />

Wahl zwischen Leidenschaft und Vernunft ist verdammt schwer<br />

– aber ich glaube, letztlich wird eher die Leidenschaft gewinnen«,<br />

sagt Max. Na klar! Wem der Rock-Olymp winkt, der schmeißt den<br />

Gemeinsinn über Bord. ■<br />

Christian Güse studiert Nordamerikastudien und<br />

träumt seit der Kindheit von der eigenen Band. Da<br />

das nicht geklappt hat, schaut er sich nun an, wie<br />

andere Musik machen.<br />

FUrios <strong>04</strong>/<strong>2010</strong><br />

19


20<br />

poLitiK<br />

Auf den ersten Blick hat der neue FU-Präsident mit einem Seiltänzer<br />

nichts gemeinsam. Peter-André Alts Bewegungen wirken<br />

steif und hölzern, ein bisschen wie eine Fremdsprache, die er<br />

nicht fließend beherrscht.<br />

Erst, wenn er zu sprechen beginnt, zeigt sich, wie gut das<br />

Bild des umsichtigen Artisten passt. Alt formuliert in langen,<br />

wohldosierten Sätzen, schmeckt jedes Wort vorher<br />

ab. Immer bedacht, immer<br />

kontrolliert. Bloß nicht das<br />

Gleichgewicht verlieren. Das<br />

war man im Zirkuszelt FU<br />

vom ruppigen Dompteur<br />

Lenzen anders gewohnt. Das<br />

Peitschenknallen hat ein Ende,<br />

es lebe der gute Ton.<br />

ohNe aLLüreN<br />

Der Präsident der FU sitzt in seinem<br />

alten Büro im Philologischen Institut.<br />

Über eines ist auch er sich im Klaren:<br />

Präsident sein ist ein undankbarer Job.<br />

Man könne es niemandem recht machen, sagt<br />

er und lächelt freundlich. Einige Studenten sehen<br />

in der Verkörperung der Macht ihren natürlichen<br />

Feind und die Politik erwartet die Quadratur des<br />

Kreises: Leistungssteigerung bei gekürzten Geldern.<br />

»Im Prinzip ist es nicht möglich, als Lichtgestalt<br />

aus diesem Amt zu gehen«, glaubt Alt<br />

und blickt über die Ränder seiner rahmenlosen<br />

Brille hinweg. Im Kopf hat er dabei seinen<br />

Vorgänger Lenzen, der sich mit Schimpf und<br />

Schande nach Hamburg verabschiedete.<br />

der seiLtäNzer<br />

Im FU-Zirkus wagt ein Literaturwissenschaftler den Balanceakt. jonas breng<br />

über Professor Peter-André Alt, den neuen Präsidenten der Freien Universität.<br />

Eines wird deutlich: Alt will kein Politiker<br />

sein. Jetzt nicht und nach der Amtszeit<br />

schon gar nicht. Er spricht von der »Macht<br />

der Fiktion«, die in der Realpolitik zu finden<br />

sei und meint das Aufgeblasene, das<br />

Heuchlerische und die schmutzigen Tricks.<br />

Solchen »Drohkulissen« will der Theaterliebhaber<br />

Alt nicht auf den Leim gehen. So richtig würde<br />

er auch nicht ins affektierte Spiel der politischen<br />

Selbstdarstellung passen, das sein Vorgänger wie kein<br />

zweiter Uni-Präsident in Deutschland beherrschte.<br />

Zu wenig charismatisch, zu wenig eitel ist Alt. Präsidiale<br />

Allüren sind nicht die Sache des leidenschaftlichen<br />

Wissenschaftlers. Zur Arbeit kommt er mit<br />

dem Fahrrad. Ein Bekenntnis möchte er aber auch<br />

Illustration: christine spady<br />

daraus nicht machen. Er findet es<br />

schlicht »praktisch«. Und so ist es<br />

dann auch die einzige persönliche<br />

Geschichte, die er erzählt: Dass er<br />

sein 30 Jahre altes Fahrrad so lange<br />

fuhr, bis sich seine Frau und die beiden<br />

Söhne ein Herz fassten und den alten<br />

Drahtesel heimlich entsorgten.<br />

Alt schmunzelt, als hätte er<br />

schon zu viel Privates<br />

gesagt.<br />

aKademisches<br />

grossKaLiBer<br />

Geboren wird der Sohn<br />

eines Steuerberaters im<br />

Berliner Westend.<br />

Nach einem Kurzintermezzo<br />

Medizin<br />

studiert er Germanistik,<br />

Philosophie und<br />

Politik an der FU. Die<br />

Geisteswissenschaften<br />

werden sein Zuhause.<br />

Nach der Habilitation<br />

geht seine wissenschaftliche<br />

Tournee von Berlin<br />

über Rostock nach Bochum.<br />

Mit 35 Jahren geht<br />

es auf die erste Professur.<br />

Alt scheint nicht stillsitzen<br />

zu können. Er forscht weiter<br />

in Princeton und Cambridge.<br />

Hier liebt er die Ruhe, die »klösterliche<br />

Atmosphäre der großen<br />

Bibliotheken«. Man könne dort<br />

wunderbar arbeiten, sagt er etwas<br />

wehmütig.<br />

In Bochum und in Würzburg übernimmt<br />

er erste Leitungsfunktionen. Doch<br />

Berlin lässt ihn nie ganz los. 2005 kehrt er<br />

zu seiner Alma Mater, der FU, zurück. Er wird<br />

Dekan der Geisteswissenschaften und Leiter der<br />

Dahlem Research School, hilft Lenzen das Elitesiegel<br />

an Land zu ziehen und schreibt vielbeachtete Bücher<br />

über Schiller und Kafka. Alt ist ein akademisches Großkaliber,<br />

zweifellos.<br />

Abstürzen verboten. Peter-André Alt in schwindelerregender Höhe.<br />

FUrios <strong>04</strong>/<strong>2010</strong>


»LeNzeN hatte phoBische seiteN«<br />

Mit der Freien Universität ist Alt eng verwachsen: als Student,<br />

Professor und zuletzt als Dekan. So viel Nähe führt auch zu Verstrickungen.<br />

Mit der Streitfigur Lenzen verstand er sich gut, bezeichnet<br />

die gemeinsame Arbeit als »anregend«. Das allein macht<br />

ihn für manche verdächtig. Der FU-Stallgeruch hängt ihm wie<br />

ein schweres Parfum in den Kleidern. Der AStA wittert bereits<br />

eine Fortsetzung des autokratischen Systems Lenzen und poltert<br />

ordentlich gegen den frisch Gewählten.<br />

Doch wer Alt zum <strong>Juni</strong>orpartner von Lenzen stempelt, benutzt<br />

das falsche Etikett. Alt kennt die Schrauben und Apparaturen<br />

in der FU-Maschinerie so exakt wie ein alter Klempner die eigene<br />

Heizung und weiß sich in seinem System zu arrangieren.<br />

So steht er vielleicht nicht für einen Neuanfang, aber für einen<br />

neuen Umgang. Das sieht auch ein scharfer Kritiker des ehemaligen<br />

Präsidiums so: »Alt ist eine herausragende Wahl«, findet Hajo<br />

Funke. »Man merkt, dass er über die einzelnen Statusgruppen hinausdenkt.«<br />

Für ihn ist Alts nüchterne Art ein Vorteil. »Er verliert<br />

nie die Fassung, bleibt argumentativ immer stark. Ganz anders als<br />

Lenzen, der hatte phobische Seiten.« Der Politikprofessor hält den<br />

neuen Präsidenten für kompetenter und mutiger. Ein Mut, der<br />

sich auch in der Zusammenstellung des neuen Präsidiums zeigt.<br />

Mit dem Theologen Michael Bongardt holte Alt eine starke Persönlichkeit<br />

in seine Mannschaft. Einen, der auch mal den Konflikt<br />

sucht und dessen Name eng mit dem Streikforum des Runden<br />

Tisches verbunden ist. Wird Alt also zum großen Versöhner?<br />

Ausgerechnet Kafka bringt das Dilemma seines Biographen auf<br />

den Punkt: »Alles Reden ist sinnlos, wenn das Vertrauen fehlt.«<br />

Und eben dieses ist nach dem rumpligen Wahlkampf bei einigen<br />

Studenten angeknackst. Alt ging als haushoher Favorit ins<br />

Rennen. Die Mitbewerber Rojas und Lemke schwenkten früh<br />

die weiße Fahne. Zu viele Professoren standen hinter dem Literaturwissenschaftler,<br />

die Chancenlosigkeit der Niemals-Präsidenten<br />

war offensichtlich. Der Klüngel-Vorwurf machte die Runde und<br />

PHAbo10_210x74_SpreePresse:Layout 1 25.02.<strong>2010</strong> 14:10 Uhr Seite 1<br />

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poLitiK<br />

die Intransparenz des Verfahrens wurde an den Pranger gestellt.<br />

Laut einem Mitglied des Akademischen Senats gab es sogar eine<br />

interne Absprache zwischen den professoralen Gruppen kurz vor<br />

der Wahl. Man wollte Alt und die neue Vize Monika Schäfer-<br />

Korting im Paket durchwinken. Die, die sich querstellten, wurden<br />

aufgefordert, nicht zur Wahl zu erscheinen. Alt dementiert dies.<br />

Für undemokratisch halte er den Wahlkampf nicht. Trotzdem sagt<br />

er: »Ich hätte mir den Streit mit anderen Persönlichkeiten und<br />

Vorstellungen gewünscht.« Der Vorwurf nagt.<br />

Lehre mUss sich wieder LohNeN<br />

Alt will viel, was Lenzen auch wollte. Daraus macht er keinen<br />

Hehl. Sein Programm steht für die Fortführung von Lenzens<br />

Konzept der »Netzwerkuniversität«. Auch die Idee von Internationalisierung<br />

und strategischer Nachwuchsförderung will er<br />

weiterspinnen, um die nächste Exzellenzrunde zu gewinnen. Alts<br />

ehrgeizigstes Vorhaben ist allerdings, dass endlich auch die Lehre<br />

zum Elitestempel passt. Lehrproben für Professoren sollen eingeführt<br />

und reine Lehrprofessuren geschaffen werden. »Ich möchte<br />

nicht sagen: ›Hier haben wir die Lehrsklaven und dort die Forschungsfürsten.‹<br />

Aber wir brauchen eine Aufwertung dessen, was<br />

in der Lehre geleistet wird«, sagt Alt und setzt sich ein bisschen<br />

aufrechter hin. Dazu gehört auch eine bessere Betreuung der Studenten.<br />

Im Moment kommen auf einen Professor 77 Studenten.<br />

So schlecht ist in Deutschland derzeit keine andere Universität.<br />

Alt redet jetzt schneller. Das Thema ist ihm wichtig. Er spricht<br />

von Mentor-Programmen für Nachwuchswissenschaftler, über<br />

eine stärkere Kooperation mit den Dahlemer Max-Planck-Instituten,<br />

die das Herzstück der neuen Exzellenzbewerbung ausmachen<br />

sollen. Am Ende landet er aber wieder bei der Lehre. Sie mit den<br />

finanziellen Möglichkeiten der FU und dem Forschungsauftrag in<br />

Einklang zu bringen, ist für die Studenten der Prüfstein, an dem<br />

sie den neuen Präsidenten messen werden. Ein echter Balanceakt<br />

für den Seiltänzer. Also dann Herr Alt: Manege frei! ■<br />

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21


22<br />

poLitiK<br />

oppositioN im stimmBrUch<br />

Im StuPa der Freien Universität herrscht der AStA wie ein alter Patriarch. Doch die Opposition<br />

zeigt sich zerrissen, unfähig den Wechsel herbeizuführen. Die Gründe liegen tief verwurzelt.<br />

hendriK pauli auf Spurensuche im Oppositionsgeflecht. — Illustration: anne vanselow<br />

Die Opposition krächzte. Der AStA<br />

auch. Am Ende war es still. Zumindest<br />

auf Seiten der Oppositionellen,<br />

denen lediglich drei klägliche<br />

Stimmen zum Teilerfolg in eigener Sache<br />

fehlten. Einen Grund zu verhaltener Freude<br />

hätten die Verlierer aber eigentlich doch<br />

gehabt. Denn wer die bisherigen Kräfteverhältnisse<br />

im Studierendenparlament (Stu-<br />

Pa) kennt, der weiß, dass dieses Ergebnis<br />

fast schon spektakulär ist. Zum ersten Mal<br />

seit langem hatte sich die chronisch zerstrittene<br />

Opposition zusammengerauft. Ihr<br />

Ziel: Ein eigener Kandidat im Haushaltsausschuss.<br />

De facto ist das StuPa ein schwaches<br />

Organ. Seine Beschlüsse sind nur für sich<br />

selbst bindend; gelegentlich verabschiedet<br />

es Resolutionen, an die sich niemand halten<br />

muss. Aber: Es wählt den AStA und der<br />

AStA verteilt das Geld. Kontrollieren tut er<br />

sich dabei selbst. Denn im Haushaltsausschuss,<br />

der über Ausgaben und Einnahmen<br />

wacht, darf die Opposition nicht mitreden.<br />

Durch ein spezielles Wahlrecht wird sie gezielt<br />

aus dem Kontrollgremium herausgehalten.<br />

Ein Schlag ins Gesicht für diejenigen,<br />

denen an Transparenz und Offenheit<br />

gelegen ist.<br />

aUFBrUchstimmUNg oder mUster<br />

ohNe wert?<br />

Seit Jahren kann der AStA auf eine sichere<br />

Zweidrittel-Mehrheit im StuPa bauen.<br />

Sein Alleinvertretungsanspruch ist wie in<br />

Stein gemeißelt. Auch in Haushaltsfragen.<br />

Bei der Kampfabstimmung im Februar<br />

schien es jedoch, als würde die Koalition<br />

der AStA-tragenden Listen erstmalig bröckeln.<br />

Nur knapp schrammten sie an einer<br />

Niederlage vorbei. Denn die äußerst heterogene<br />

Opposition – darunter Grüne, Liberale<br />

und Linke verschiedenster Prägung –<br />

votierten gemeinsam, um endlich mal beim<br />

Geld mitbestimmen zu dürfen. War das geschlossene<br />

Auftreten der Uneinigen nur ein<br />

Zufallsprodukt? Oder das erste Anzeichen<br />

für eine Trendwende? Bei einigen kam tatsächlich<br />

so etwas wie Aufbruchstimmung<br />

auf. Nach den Wahlen im Januar hatte die<br />

Gruppe »Not-my-President« alle Listen des<br />

StuPa zu einem offenen Treffen zusammen-<br />

Auf ewig zerstritten? Selbst bei der Wahl des Nachtischs sieht die Opposition alt aus.<br />

getrommelt. Das Motto: »Für einen linken,<br />

demokratischen und transparenten AStA«.<br />

Gemeinsamkeiten wurden ausgelotet und<br />

Vorschläge für eine Runderneuerung des<br />

AStA gemacht. Immerhin eine neue Idee.<br />

»Zum ersten Mal überhaupt gab es solche<br />

Sondierungsgespräche«, sagt ein Insider<br />

und langjähriger Kenner der FU-<strong>Verhältnisse</strong>,<br />

der den jetzigen AStA lieber heute<br />

als morgen in die Wüste schicken würde.<br />

Für »Not-my-President« an vorderster Stelle<br />

dabei war einer der umtriebigsten Politaktivisten<br />

der FU: Mathias Bartelt hatte<br />

selbst lange Zeit erfolglos versucht, im<br />

AStA etwas zu werden. Mittlerweile ist er<br />

einer seiner erbittertsten Gegner. Er und<br />

seine Mitstreiterin Sarah Walz finden sich<br />

problemlos im Dickicht von Satzungen<br />

und Hochschulbürokratie zurecht – beide<br />

saßen bereits in verschiedenen universitären<br />

Gremien.<br />

traUmpaar mit schöNheitsFehLerN<br />

Trotzdem fällt es schwer, sich dieses<br />

Paar – auch ungeachtet politischer Inhalte<br />

– an der Spitze einer neuen, geeinten<br />

Opposition vorzustellen. Denn: Die Geschichte<br />

mit dem offenen Listentreffen hat<br />

einen Schönheitsfehler. Bereits zuvor hatten<br />

die Juristen vom »Café Tatort«, eine linke,<br />

pragmatische Liste, zu einem solchen Treffen<br />

eingeladen. Unter den Gästen waren<br />

auch nicht-linke Gruppen, wie der konservative<br />

RCDS, die Liberale Hochschulgruppe<br />

oder die »Liste gegen verschulten Bachelor«.<br />

Zum Missfallen von Bartelt, Walz und<br />

anderen Oppositionslinken. Sie fürchteten<br />

um ihre Deutungshoheit und ließen sich<br />

FUrios <strong>04</strong>/<strong>2010</strong>


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auf ein Kräftemessen ein. Das »Café Tatort«<br />

zog zurück. Die Folge: Knapp ein Fünftel<br />

der Opposition wurde ausgeschlossen.<br />

Dieses Hickhack ist ein Sinnbild für die<br />

Opposition an der FU. Sie gleicht einem<br />

pubertierenden Teenager in der Trotzphase:<br />

Launisch, leicht reizbar, unzufrieden<br />

mit seiner Umgebung und mit sich selbst.<br />

Während der Pubertät strukturiert sich<br />

das Gehirn neu, zwischen den Nervenzellen<br />

werden neue Verbindungen geknüpft.<br />

Genauso geht es der Opposition. So langsam<br />

reift sie und wird erwachsen. Doch der<br />

Weg der Adoleszenz ist lang, ideologische<br />

Grabenkämpfe sind längst nicht überwunden.<br />

Noch steckt die Opposition mitten im<br />

Stimmbruch.<br />

im wahLKampF LiegeN die NerVeN BLaNK.<br />

Was die Oppositionellen dennoch eint,<br />

ist ihr Wille zu zeigen, wie man es besser<br />

machen kann als der AStA. Aber anstatt<br />

Argumente zu liefern, hagelt es vor allem<br />

Polemik, Halbwahrheiten und manch böswillige<br />

Unterstellung. Die Opposition erklärt<br />

nicht mit ruhiger Stimme, sondern sie<br />

krakeelt – und der AStA keilt zurück, besonders<br />

vor den Wahlen. Für Falko Grothe<br />

sind das die »üblichen emotionalen Überreaktionen«<br />

des Wahlkampfes. Er ist der<br />

Öffentlichkeitsreferent des AStA, ein aufgeschlossener<br />

Typ mit freundlichem Blick<br />

unter dem schwarzen Basecap. Sehe man<br />

mal von der Wahlkampfzeit ab, komme<br />

man aber im Großen und Ganzen ganz gut<br />

miteinander aus, erklärt er gelassen. »Die<br />

Hauptlast des studentischen Engagements<br />

tragen ohnehin die Fachschaftsinitiativen.«<br />

Dort gebe es gute Kontakte zwischen AStA-<br />

Leuten und denen der Opposition.<br />

Auch wenn es an den Instituten tatsächlich<br />

eine vernünftige Zusammenarbeit ge-<br />

FUrios <strong>04</strong>/<strong>2010</strong><br />

ben mag; im StuPA stehen sich die beiden<br />

Fronten fast unversöhnlich gegenüber. Der<br />

AStA herrscht, trotz anhaltender Kritik an<br />

seinen Strukturen und Finanzpraktiken,<br />

scheinbar unbeeindruckt. Gerade deshalb<br />

lohnt es sich, den Blick auf die Regierung<br />

der Studenten zu richten. Oder, wie es einer<br />

formuliert, der einmal Referent beim AStA<br />

war und anonym bleiben möchte: »Man<br />

kann die Situation der Opposition nicht<br />

verstehen, wenn man die <strong>Verhältnisse</strong> im<br />

AStA nicht kennt.« Vom basisdemokratischen<br />

Ideal, dem sich der AStA verpflichtet<br />

fühlt, bleibt im politischen Alltagsgeschäft<br />

oft nur Utopie. Dort wird mit harten und<br />

sehr irdischen Bandagen gekämpft.<br />

Der AStA-Block verfügt nur über eine<br />

knappe Mehrheit im StuPa. Oberste Maßgabe<br />

ist deshalb die Abstimmungsdisziplin.<br />

Hauptsache: Machterhalt. Interne Missstände<br />

werden von den meisten einfach<br />

runtergeschluckt. Die unterschiedlichen<br />

Strömungen müssen sich der vorgegeben<br />

Linie unterordnen. Schließlich will man<br />

nach außen keine Angriffsfläche bieten. Es<br />

gibt starke Leute innerhalb des AStA und<br />

solche, die mitlaufen und mitstimmen.<br />

Dabei spiele das Sponsoring der einzelnen<br />

Gruppen, aber auch psychologischer Druck<br />

eine Rolle, behauptet der ehemalige AStA-<br />

Referent. Im Klartext: Wären alle Abgeordneten<br />

ihren Überzeugungen und nicht ihren<br />

Listen verpflichtet, hätte es längst einen<br />

politischen Wechsel gegeben.<br />

erschwerte BediNgUNgeN<br />

Das Kommen und Gehen der Jahrgänge<br />

erschwert zudem eine kontinuierliche Arbeit.<br />

»Vieles steht und fällt mit einzelnen<br />

Personen«, resümiert Ronny Patz, ehemaliger<br />

FU-Student und von 2005 bis 2007 für<br />

die LHG im StuPa. »Kürzere Studienzeiten<br />

tun ihr Übriges.« So bleibt zwar manches an<br />

poLitiK<br />

praktischem Wissen auf der Strecke. Aber<br />

weil persönliche Vorbehalte schneller wieder<br />

verflogen sind, entkrampft sich dadurch<br />

auch das politische Klima. Falko Grothe jedenfalls<br />

stellt fest, dass es »von Jahr zu Jahr<br />

besser« wird. Ebenfalls lange beim AStA<br />

aktiv ist Emil von der FSI Geschichte, lilafarbener<br />

Strubbelkopf, legeres Sakko. Auch<br />

er sieht Anzeichen für eine Entspannung:<br />

»Die letzten StuPa-Sitzungen waren richtig<br />

angenehm, kein Vergleich zu früher. Dass<br />

eine Kandidatin der sogenannten Opposition<br />

in die Sitzungsleitung gewählt wurde,<br />

zeigt ja, dass alle mittlerweile besser miteinander<br />

können«, meint er.<br />

Gutes Klima hin, persönliche Kontakte<br />

her. Die Kritiker haben ihre Chance gewittert.<br />

Dass der AStA ihnen den kleinen Finger<br />

entgegen streckt, ist ihnen nicht genug.<br />

Denn am liebsten will die Opposition gleich<br />

die ganze Hand in den Schraubstock legen.<br />

Die Kraft dazu reicht aber noch nicht. Um<br />

einen politischen Wechsel herbeizuführen,<br />

muss die Opposition untereinander besser<br />

kooperieren und lernen, Kompromisse<br />

zu schließen. Obwohl sich die Oppositionellen<br />

angenähert haben, sind persönliche<br />

Eitelkeiten und gegenseitige Abneigungen<br />

noch lange nicht überwunden. Wenn sich<br />

dies nicht ändert, werden die gut gemeinten<br />

Ansätze weiter im Niemandsland zwischen<br />

Pragmatismus und Ideologie versanden.<br />

Und die Opposition wird weiter krächzen.<br />

Wie ein Pubertierender im Stimmbruch. ■<br />

Hendrik Pauli studiert<br />

Politikwissenschaft. Für seine<br />

Recherchen rund ums StuPa<br />

brauchte er einen langen<br />

Atem. Im Herbst läuft er<br />

seinen ersten Marathon.<br />

23


24<br />

poLitiK<br />

zwischeN reVoLte<br />

UNd campiNgUrLaUB<br />

Empörung, Demos und ein demoliertes Präsidium –<br />

der Bildungsstreik hat Spuren hinterlassen. Im Sommer<br />

<strong>2010</strong> startet der nächste Anlauf. Doch was ist bisher<br />

passiert? max Krause und tobias heimbach ziehen eine<br />

vorläufige Bilanz.<br />

Illustration: christoph witt<br />

Die Geschichte vom Bildungsstreik<br />

ist die eines Eingeschlafenen.<br />

Wer an seiner Erweckungszeremonie<br />

teilnehmen wollte, musste an einem<br />

frühjährlichen Mittwochnachmittag in die<br />

Mehringhöfe nach Kreuzberg kommen: zur<br />

Strategiebesprechung der Organisatoren des<br />

Bildungsstreiks <strong>2010</strong>.<br />

Die Sorge um den chronisch Kranken tragen<br />

20 Studenten in schwarzen Pullis mit der<br />

Aufschrift »Bildung für alle«. Beseelt von der<br />

Idee des Widerstands sitzen sie in bequemen<br />

Sesseln und rauchen. Sie sprechen mit großer<br />

Geste über all die Dinge, über die schon<br />

so viel gesprochen wurde und die jetzt doch<br />

noch anders werden sollen. Die Schlagworte:<br />

selbstbestimmtes Lernen und Demokratisierung.<br />

Dazu weniger Einfluss der Wirtschaft<br />

auf die Bildung. Es ist eine andächtige<br />

Szene. Das Grüppchen hat sich einiges vorgenommen<br />

in diesem Jahr. Bunter, größer<br />

und lebendiger soll der Streik werden, vor allem<br />

aber erfolgreicher als im letzten Jahr. Auf<br />

die Frage nach neuen Protestideen außer den<br />

üblichen Besetzungen und Demos folgt Ratlosigkeit.<br />

Es haben sich Zweifel eingenistet.<br />

Hat der bisherige Streik überhaupt etwas gebracht?<br />

Da sind sich selbst die Protestler uneinig.<br />

»Ich weiß nicht, ob man wirklich sagen<br />

kann, wir hätten etwas erreicht«, sagt Tobias,<br />

ehemaliger Besetzer des Hörsaals 1a. »Der<br />

Bildungsstreik war ein Erfolg, wir haben viel<br />

erreicht«, meint wiederum Max, auch er<br />

ein Aktiver. »Tiefgreifende Reformen blieben<br />

aber aus«, relativiert er. Ins Feld gezogen<br />

war man mit viel Kritik und der Unter-<br />

Max Krause studiert Mathematik<br />

und Philosophie. Er ist<br />

inoffizieller Bildungsstreik-<br />

Korrespondent der <strong>FURIOS</strong>.<br />

Tobias Heimbach kümmert<br />

sich um <strong>FURIOS</strong> Online. Er<br />

studiert Geschichte und PuK im<br />

vierten Semester.<br />

stützung von mehr als 270<br />

hochschulpolitischen Gruppen.<br />

Auch die Studenten der<br />

FU versuchten damals mit zahlreichen Aktionen,<br />

wie der Besetzung des Otto-Suhr-Instituts<br />

und der Stürmung des Präsidiums, ihren<br />

Forderungen Nachdruck zu verleihen.<br />

gestreicheLt UNd VerstaNdeN<br />

An der Bildungsstreik-Großdemo am 17.<br />

<strong>Juni</strong> 2009 beteiligten sich in Berlin mehr<br />

als 10 000 Menschen, landesweit sogar über<br />

200 000. Kreativster Protest: der symbolische<br />

Banküberfall auf die Hypo Real Estate.<br />

Die Öffentlichkeit und die Politik blieben<br />

davon nicht unberührt. Bildungsministerin<br />

Schavan etwa meinte, die Studenten bräuchten<br />

»klare Signale, dass es Korrekturen gibt«.<br />

Eine grundlegende Reform des Bildungswesens<br />

steht aber immer noch aus. Von überall<br />

wurde gestreichelt und verstanden, konkret<br />

wurde es nicht.<br />

Als der Streik im Laufe des Sommers<br />

schon ergebnislos zu verebben drohte, rollte<br />

im Herbst die zweite Welle des Protestes<br />

an. Hörsaalbesetzer in Österreich inspirierten<br />

die deutschen Streiker zu ihrem sogenannten<br />

»heißen Herbst«. Bald schon befand sich<br />

auch der Hörsaal 1a der FU fest in Studentenhand.<br />

Zelte wurden aufgeschlagen und Diskussionsrunden<br />

ins Leben gerufen. Mitten in<br />

der Silberlaube feierte der Bildungsstreik ein<br />

Comeback, das ihm wohl die wenigsten zugetraut<br />

hätten: Mit Sofas, Tischkicker, Gitarren<br />

und VoKü. Der Streik war plötzlich im<br />

Herzen der FU angekommen. Auch wenn er<br />

manchmal ein wenig an einen Campingurlaub<br />

erinnerte.<br />

der streiK FiNdet seiN gremiUm<br />

Als Reaktion auf die wiederbelebten Bildungsproteste<br />

rief der Akademische Senat<br />

bereits Ende November den Runden Tisch<br />

ins Leben. Dort sollten die Interessen aller<br />

vier Statusgruppen – Professoren, wissenschaftliche<br />

Mitarbeiter, sonstige Mitarbeiter<br />

und Studenten – von einer überschaubaren<br />

Anzahl an Vertretern zusammengeführt werden.<br />

Dagegen begehrten die Studenten auf,<br />

die Zugangs- und Rederecht für alle Interessierten<br />

forderten. Während den ersten Sitzungen<br />

bis zu hundert Studenten beiwohnten,<br />

schrumpfte diese Zahl zuletzt deutlich<br />

auf unter zehn.<br />

Michael Bongardt, Theologieprofessor<br />

und als Professorenvertreter von Anfang an<br />

mit dabei, sieht die Offenheit positiv: »Dass<br />

es von Beginn an ein breites Spektrum von<br />

Meinungen und Lösungsvorschlägen gab,<br />

war ein echter Gewinn für unsere Arbeit.«<br />

Die Anwesenheitspflicht, Sinnbild für ein<br />

starres Fließbandstudium, wurde schon im<br />

Dezember gekippt. Ein Etappensieg von eher<br />

symbolischem Wert. »Die vielen Prüfungen<br />

in kurzen Abständen machen den Studierenden<br />

mehr zu schaffen«, relativiert Bongardt,<br />

»ebenso die beschränkte Modulauswahl.«<br />

Der wirklich große Erfolg des Runden Tisches<br />

sind Leitlinien zur Reform der Studien-<br />

und Prüfungsordnungen. Vom Runden<br />

Tisch ausgearbeitet wurden sie im Akademischen<br />

Senat beschlossen. Mittlerweile sind sie<br />

an die Fachbereiche weitergeleitet, die konkrete<br />

Umsetzungsvorschläge machen sollen.<br />

Zum Wintersemester sollen sie dann in Kraft<br />

treten.<br />

Vielen ist das zu wenig. Die AG Öffentlichkeitsarbeit<br />

zum Beispiel beklagt, dass<br />

die Kernforderungen des Streiks kein Gehör<br />

gefunden hätten. Schon laufen die Vorbereitungen<br />

für eine neue Runde im Bildungsstreik.<br />

Die Studenten sind ungeduldig.<br />

Verständlich, denn sie wollen die Früchte<br />

ihres Engagements auch ernten. Prof. Bongardt<br />

warnt vor Aktionismus, Verständnis für<br />

die Ungeduld der Studenten habe er trotzdem.<br />

»Bologna war auch deswegen ein Problem,<br />

weil es mit heißer Nadel gestrickt worden<br />

ist.« Wieviel Zeit die Reform der Reform<br />

FUrios <strong>04</strong>/<strong>2010</strong>


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erfordere, müsse man immer wieder neu abwägen.<br />

»Wenn neue Proteste kommen, sollten<br />

sie klug und kreativ sein«, fordert Bongardt.<br />

Wirkungsvoll wären sie aber nur, wenn<br />

sie für eine möglichst große Gruppe sprechen<br />

und – mit Blick auf die letzte Hörsaalbesetzung<br />

– zu einem würdigen Ende kämen.<br />

BLasse resULtate<br />

In der Tat sind die Änderungen am Bachelor-Master-System<br />

für die Verantwortlichen<br />

an der Universität und in der Politik weitgehend<br />

schmerzfrei: Sie kosten kein Geld.<br />

Die Studenten werden angesichts knapper<br />

Mittel auch weiter in überfüllten Seminaren<br />

sitzen. Mehr Einfluss wurde den Studenten<br />

ebenfalls nicht zugestanden, sodass<br />

größere studentische Mitbestimmung weiterhin<br />

ein Wunschtraum bleibt. Die bisherigen<br />

Beschlüsse wirken wie zähneknirschend<br />

abgerungene Kompromisse, mit denen die<br />

Universitätsleitung die Studenten beschwichtigen<br />

will. Wirkliche Reformbereitschaft lässt<br />

das nicht erkennen.<br />

Jedoch darf man das Ausbleiben umfassender<br />

Reformen nicht nur den Entscheidungsträgern<br />

anlasten. Der Bildungsstreik schaffte<br />

nie den Sprung zur Massenbewegung und<br />

konnte zu keiner Zeit für sich reklamieren,<br />

für alle Studenten zu sprechen. Der harte<br />

Kern der Bewegung engagierte sich sehr, ihre<br />

Aktionen stießen dagegen oft auf Desinteresse.<br />

Zudem rief die scharfe Rhetorik der Protestierenden<br />

bei vielen Studenten Ablehnung<br />

hervor. Die gingen dann auf Distanz, ohne<br />

sich näher mit den Inhalten zu befassen.<br />

Wie soll es also weitergehen? Für den<br />

Großteil der Studenten sind die bisherigen<br />

Veränderungen zweifellos ein Segen. Ein<br />

Fluch sind sie jedoch für die, die die Proteste<br />

fortsetzen wollen. Nach den Zugeständnissen,<br />

die die Bildungstreik-Aktivisten der Politik<br />

und der Hochschulleitung abgerungen<br />

haben, werden sie es mit weiteren Forderungen<br />

schwer haben. »Einen Streik halte ich in<br />

der jetzigen Phase für ein falsches Mittel«,<br />

meint auch FU-Präsident Peter-André Alt.<br />

Stattdessen hält er die Studenten dazu an,<br />

konstruktiv in den Gremien mitzuarbeiten.<br />

KLeiNere BrötcheN<br />

Ohnehin ist unklar, ob die Mehrzahl der<br />

Studenten überhaupt einen neuen Streik will.<br />

Zwar sind Protestaktionen und eine Großdemonstration<br />

am 9. <strong>Juni</strong> in Planung, doch<br />

die Organisation läuft schleppend. Vorbereitungstreffen<br />

wurden mehrfach wegen geringer<br />

Beteiligung verschoben. Dem Streik geht<br />

Bücher.<br />

Medien.<br />

eBooks.<br />

die Puste aus. Es gelingt kaum noch, Nachwuchs<br />

zu mobilisieren, eine Kundgebung im<br />

April besuchten gerade einmal fünfzig Personen.<br />

Die Wahl des neuen Präsidenten zeigt jedoch,<br />

wie wenig die Studenten immer noch<br />

in die Gestaltung der Universität einbezogen<br />

werden. »Wir brauchen mehr Demokratie<br />

an der Uni, hier hat ein Umdenken noch<br />

nicht stattgefunden«, meint auch Max. Zudem<br />

räumt die Politik trotz beschwichtigender<br />

Worte der Bildung noch immer nicht<br />

den angemessenen Stellenwert ein.<br />

Der Streik hat sein Haltbarkeitsdatum also<br />

noch nicht überschritten. Doch wer den Protest<br />

an den Erfolgen des letzten Semesters<br />

misst, wird eine Enttäuschung erleben. Jetzt,<br />

wo die Motivation der Studenten nachlässt,<br />

müssen wohl kleinere Brötchen gebacken<br />

werden. Das sehen auch manche von denen,<br />

die weiterhin aktiv sind: Ein Insider glaubt,<br />

der Bildungsstreik habe seinen Zenit überschritten,<br />

möchte sich mit dieser Meinung<br />

aber nicht zitieren lassen. Denn die offizielle<br />

Linie des Bildungsstreik-Bündnisses ist klar:<br />

Die Proteste müssen fortgesetzt werden. In<br />

den Mehringhöfen sieht man das genauso.<br />

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FUrios <strong>04</strong>/<strong>2010</strong><br />

poLitiK<br />

Open<br />

Montag bis Freitag<br />

10.00 - 19.00 h<br />

Samstag<br />

12.00 - 15.00 h<br />

25


26<br />

KULtUr<br />

»ich schreiBe KeiNe seiteN aB«<br />

Die Schriftstellerin Sibylle Lewitscharoff gewann in diesem Jahr den Berliner Literaturpreis.<br />

Damit hat sie die Heiner-Müller-Gastprofessur am Peter-Szondi-Institut inne, wo sie<br />

Jungautoren literarisches Schreiben beibringt.<br />

Das Gespräch führten carolin benacK und frauKe fentloh — Foto: cora-mae gregorschewsKi<br />

Die Schriftstellerin Sibylle Lewitscharoff wurde 1954 in Stuttgart<br />

geboren. Ihr erstes Buch »36 Gerechte« veröffentlichte sie 1994. Für ihren<br />

aktuellen Roman »Apostoloff« erhielt sie im letzten Jahr den Preis der<br />

Leipziger Buchmesse. In diesem Jahr gewann sie den Berliner Literaturpreis<br />

für ihr »ungemein dichtes und originelles Prosawerk«, so die Jury.<br />

FUrios <strong>04</strong>/<strong>2010</strong>


Frau Lewitscharoff, Sie haben einmal<br />

gesagt, dass Sie sich nach dem Studium<br />

nicht vorstellen konnten, an der Uni<br />

zu arbeiten. Jetzt sind Sie doch wieder<br />

hier.<br />

Damals habe ich mich nicht in der Lage<br />

gesehen, den akademischen Anforderungen<br />

zu genügen. Als Professor muss<br />

man forschen können und bereit sein,<br />

mit pädagogischem Eros Menschen etwas<br />

beizubringen – das konnte ich mir nicht<br />

vorstellen, obwohl ich sehr gern studiert<br />

habe. Jetzt arbeite ich ja nicht wirklich<br />

wissenschaftlich, denn das Seminar, das<br />

ich gebe, ist ja vor allem praktischer<br />

Natur.<br />

Wie sieht denn so ein Seminar bei<br />

Ihnen aus?<br />

Wir reden erst einmal über die Texte, die<br />

die Teilnehmer eingereicht haben. Und<br />

entlang der Schwierigkeiten, die sich da<br />

zeigen, versuche ich, das Seminar aufzubauen<br />

und gelungene Texte von großen<br />

Autoren einzuspeisen. Wir stellen keine<br />

wissenschaftliche Untersuchung über<br />

Kafka an, sondern versuchen, anhand<br />

dieses Beispiels zu sehen, was man daraus<br />

für die eigenen Texte nutzbar machen<br />

kann.<br />

Sie haben ihre Studenten aus rund 50<br />

Bewerbern selbst ausgesucht. Haben<br />

Sie schon den nächsten Grass, die<br />

nächste Bachmann gefunden?<br />

Nein, das wäre auch übertrieben. Ich<br />

bezweifle auch, dass jemand, der schon<br />

alles kann, in so einen Kurs gehen würde.<br />

Außerdem ist das ganz große Talent, das<br />

sich schon jung zeigt, eine Illusion. Es<br />

gibt zwar die alle Jahrhunderte einmal erscheinenden<br />

jungen Genies, Franz Kafka<br />

etwa. Aber heute brauchen die Leute einen<br />

langen Anlauf, weil die Ablenkungen<br />

groß sind und der Wortschatz so klein<br />

geworden ist.<br />

Gibt es etwas, das Sie Ihren Studenten<br />

mitgeben möchten?<br />

Ganz pragmatisch: Heute ist es ein sehr<br />

riskantes Spiel, sich schon in jungen<br />

Jahren darauf zu verlassen, sein Leben<br />

lang ein Auskommen als Schriftsteller<br />

zu finden. Man sollte schon gleichzeitig<br />

einem Brotberuf nachgehen. Zumal<br />

das auch Erfahrungen mit sich bringt.<br />

Sie haben sonst nur ihre Kindheit, ein<br />

bisschen Liebesleid und ein bisschen<br />

Universität, worüber wollen Sie denn da<br />

schreiben? Natürlich können Sie sich wie<br />

Bukowski in eine Subkultur begeben und<br />

versuchen, darin aufzugehen und dann<br />

darüber zu schreiben. Das saure Kitsch-<br />

FUrios <strong>04</strong>/<strong>2010</strong><br />

Gewerbe im Alkohol. Aber zu empfehlen<br />

ist das wohl nicht.<br />

Sie haben an der FU Religionswissenschaften<br />

studiert. Wie haben sie damals<br />

die FU erlebt?<br />

Ich habe ja 1974 angefangen zu studieren,<br />

da war die Universität ein riesiger<br />

Freiraum. Die Angst, später kein Geld zu<br />

verdienen, war schlicht und ergreifend<br />

nicht vorhanden. Wir haben alle sehr lange<br />

und gemütlich studiert und standen<br />

kaum unter äußeren Zwängen, abgesehen<br />

von den inneren. Ich fand diese Freiheit<br />

extrem inspirierend. Gewiß hatten diese<br />

Freiräume auch ihre Nachteile; ich habe<br />

ziemlich disziplinlos studiert. Viele sind<br />

dabei auf dem Sofa versackt und wurden<br />

einfach nicht fertig.<br />

Frauke Fentloh studiert<br />

Allgemeine und VergleichendeLiteraturwissenschaft.<br />

Carolin Benack leitet<br />

das Kulturressort für<br />

<strong>FURIOS</strong>. Sie studiert<br />

Nordamerikastudien und<br />

AVL.<br />

Dann dürften Sie die 68er hautnah<br />

miterlebt haben. Haben Sie sich auch<br />

in der Studentenbewegung engagiert?<br />

In der Schulzeit war ich heftig links eingestellt,<br />

geradezu programmiert. Ich war<br />

in einem komischen Trotzkistenverein;<br />

wir haben Umsturzpläne geschmiedet,<br />

uns Decknamen gegeben und geheime<br />

Briefkästen benutzt. Alles wurde mit großer<br />

Leidenschaft betrieben. Das hörte mit<br />

dem Studium allerdings auf. Was noch<br />

an marxistischen Restbeständen an der<br />

KULtUr<br />

Universität zu erleben war, empfand ich<br />

als verknöchert. Die haben ja nur noch<br />

Kapitalstudien betrieben. Da merkte man<br />

schon, dass zumindest diese Abteilung<br />

der linken Bewegung zum Untergang<br />

verurteilt war.<br />

Wie Günter Grass oder Christa Wolf<br />

haben sie im März die Leipziger Erklärung<br />

zum Schutz geistigen Eigentums<br />

unterschrieben. Fühlen Sie sich von<br />

»remixenden« Schriftstellern wie Helene<br />

Hegemann bedroht?<br />

Nein, da vertraue ich dann doch auf die<br />

eigene Kraft und das eigene Können, das<br />

sehr viel mehr wert ist als das Herumgewurschtel<br />

im schon Geschriebenen.<br />

Bedroht kann man sich als Schriftsteller<br />

aber sehr wohl fühlen, nämlich durch<br />

den schweren Stand des Buchs und<br />

die Schleifung des Urheberrechts im<br />

Internet. Das ist für jeden bedrohlich, der<br />

schreibt.<br />

Aber wo verlaufen denn nun die Grenzen<br />

zwischen Zitat und Plagiat?<br />

Erst einmal: Die Hegemann-Debatte ist<br />

ziemlich hoch gekocht und ein bisschen<br />

an den Haaren herbeigezogen. Aber<br />

natürlich, wenn Sie eine ganze Seite abschreiben<br />

und das einfach einpassen, ist<br />

das ein Problem. Ich finde immer noch,<br />

die Leute sollten selber schreiben. Das ist<br />

natürlich anstrengender.<br />

Abschließend noch eine Frage: Worum<br />

wird es in Ihrem nächsten Buch gehen?<br />

Ich plane einen Roman über den Philosophen<br />

Hans Blumenberg. Da werde ich<br />

natürlich auch gewisse Ideen und Gedanken<br />

von ihm in den Roman eintragen.<br />

Aber gewiß nicht, indem ich Seiten aus<br />

seinen Büchern abschreibe. ■<br />

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27


28<br />

KULtUr: FLaNeUr<br />

FLaNeUr:<br />

KaFFee im KaFF<br />

Einen über den Durst: der FLaNeUr besuchte die Cafés auf dem<br />

Campus, goutierte viel und verbrannte sich die Zunge.<br />

Von sophie janKowsKi<br />

Illustration: jonathan schmidt — Fotos: tina conrad<br />

Das osmanische Reich existiert längst nicht mehr,<br />

doch der gute Kaffee, der einst von dort nach Dahlem<br />

schwappte, ist uns erhalten geblieben. Ob Kauderwelsch,<br />

PI- oder Sportler-Café: Das ursprünglich aus Äthiopien<br />

stammende Heißgetränk wurde im 15. Jahrhundert von<br />

den Türken salonfähig gemacht und erreichte über Umwege<br />

auch die höheren Bildungsanstalten. Zunächst etablierte<br />

ein Sultan namens Süleyman das Kaffeekränzchen<br />

in den besseren Gesellschaftschichten von Paris: et voilà,<br />

le Café! Die ihm eigene Atmosphäre, die Einladung zum<br />

Verweilen und zur Observation menschlicher Unzulänglichkeiten<br />

machte das Café zum Ort der Entfaltung kreativen<br />

Esprits. Hier wurden Revolutionen geplant, die<br />

ersten Zeitungen entworfen, Pamphlete geschrieben und<br />

Schach gespielt. Van Gogh malte als eines seiner ersten<br />

Nachtbilder ein Café und vergaß, es zu signieren. Doch<br />

noch mehr als das besondere Flair der Cafés verhalf<br />

kleinen Männern die anregende Wirkung<br />

des Getränks zu Größe: Kant verstand<br />

die Bedeutung seiner eigenen Sätze nur<br />

mit Hilfe von Kaffee. Hartnäckig hält<br />

sich auch das Gerücht, Napoleon sei<br />

bei Waterloo nur darum besiegt worden,<br />

weil er an jenem Morgen keinen Kaffee<br />

getrunken hatte.<br />

BotaNische aFFigKeiteN<br />

Die liebevolle Pflanzensammlung auf der Treppe des PI-<br />

Cafés stammt aus dem momentan unbenutzten Büro eines<br />

Botanikprofessors. 1999 brach er zu einer Expedition zum<br />

Amazonas auf und wurde seitdem nicht mehr gesehen. Allerdings<br />

schreibt er jedes Jahr zu Weihnachten eine Postkarte an<br />

sein Institut, dieser Affe. Die offene Professorenstelle wurde<br />

noch nicht neu besetzt, schließlich wartet man noch auf seine<br />

Rückkehr. Das Café selbst verbirgt sich hinter einer zuplakatierten<br />

Tür, durch die man in eine anachronistische Welt<br />

eintritt: durchgesessene Sofas, ausrangierte Stühle der Uni<br />

und Kaffeebecher mit lustigen Sprüchen, die niemand mehr<br />

haben will. Die Luft ist staubig und riecht nach vergangenen<br />

Tagen. Die Zeitung auf dem Tisch ist von gestern und das<br />

zum Café gehörige Psychologie-Institut ebenfalls. Das Ganze<br />

hat den Charme eines alten Schwarz-Weiß-Fotos mit Kaffeeflecken.<br />

Allein die Bionade im Kühlschrank erinnert daran,<br />

dass wir uns in den Zweitausendern befinden. Allerdings:<br />

Zigaretten sind hier einzeln erhältlich und lobend hervorgehoben<br />

sei auch der Balkon, auf dem man sie qualmen kann.<br />

FUrios <strong>04</strong>/<strong>2010</strong>


KUss mit mUNdgerUch<br />

Langsam, aber sicher breitete sich das Baci’s in den<br />

letzten Jahren auf dem Dahlemer Gehweg aus. Anfangs<br />

war es nur ein einfacher Wagen, der zwei Sorten<br />

Kaffee verkaufte. Vor dem Wagen wurden Stühle<br />

aufgestellt, aus dem Wagen wurde ein Zelt, das Zelt<br />

wurde zu einem größeren Gartenhaus. Die Expansion<br />

des Cafés schreitet immer weiter voran, im letzten<br />

Sommer eroberten Stühle und Tische bereits den<br />

Platz vor dem Copy-Shop und auch das Territorium<br />

der benachbarten Buchhandlung Schleichers wurde<br />

vom Baci’s-Mobiliar anvisiert. In Italien sind Baci die<br />

Schokoladenversion des chinesischen Glückskekses mit<br />

sinnentleerten Ratschlägen für die Liebe: »In amore<br />

troppo è ancora poco.« 1922 wurde die Süßigkeit vom<br />

»Buitoni«-Gründer erfunden und wird seitdem vom<br />

Pastaimperium mit unveränderter Rezeptur hergestellt.<br />

So alt ist der Dahlemer Kuss noch nicht und statt<br />

auf süße Orakel ist er auf amerikanische Kaffeekunst<br />

spezialisiert, das heißt auf Mundgeruch. Trotzdem<br />

ist das Baci’s auf dem besten Wege, ganz Dahlem zu<br />

erobern. Denn eine Werbeaktion à la »CoffeeCompany«<br />

ist schon in Planung, um die Bekanntheit bei den<br />

Studenten zu erhöhen: Wer einen Baci-Werbe-Slide in<br />

die Powerpointpräsentation seines Referates einbaut<br />

und dies per Foto oder besser per Video dokumentiert,<br />

bekommt einen Kaffee for free.<br />

FUrios <strong>04</strong>/<strong>2010</strong><br />

Die Gedanken des Flaneurs notierte Sophie<br />

Jankowski. Für ihre Richtigkeit übernimmt<br />

sie keine Verantwortung.<br />

KULtUr: FLaNeUr<br />

KoFFeiNgeträNKte VergäNgLichKeit<br />

In der Studentenwerk-Café-Bar wird hinter der<br />

Theke mit hastig zugerufenen Anweisungen zu dritt im<br />

Akkord gearbeitet. Schließlich sammelt sich davor eine<br />

lange Reihe von Mitarbeitern, Studenten und Universitätsgästen.<br />

Tatsächlich existiert eine Überlieferung zur<br />

längsten Warteschlange, die sich hier einmal gebildet<br />

haben soll: Im Jahre 1979 reichte sie bis in den Gang K,<br />

Straße 27 – dort, wo heute die ZEDAT zu finden ist.<br />

Dieser To-Go-Andrang zeigt auch schon, dass es sich<br />

eher um einen reinen Kaffeeausschank als um ein echtes<br />

Café handelt. Unbequeme Holzklötze und hektische<br />

Mensa-Atmosphäre laden nicht gerade zum Philosophieren<br />

und Verweilen ein. Hier zählt allein das Koffein, das<br />

die gleiche Strukturformel wie Teein hat und nur auf<br />

Grund einer Phosphorylierung am dritten C-Atom eine<br />

polyklonale Kardiobrachykardie auslösen kann. Diese<br />

von FU-Biologen entwickelte Struktur sorgt dafür, dass<br />

der Konsument dreimal länger wach bleibt. Wenn schon<br />

nicht philosophieren, so kann man immerhin eines hier:<br />

den Puls des Studiums fühlen, das emsige Hin-und Her-<br />

Hetzen zwischen Seminaren, Vorlesungen und Klausuren<br />

erleben. Zwischen dem ameisenstockartigen Herumlaufen<br />

der Studenten wird man sich auch der eigenen kaffeegetränkten<br />

Vergänglichkeit bewusst. Am Ende des Tages<br />

liegt nur noch ein müder Donut in der Auslage und die<br />

Pappbecher stapeln sich in den umliegenden Mülleimern.<br />

29


30<br />

KULtUr: VeraNstaLtUNgsKaLeNder<br />

got plans?<br />

Veranstaltungen von, für und mit Studenten der FU. Gesammelt von carolin benacK,<br />

marvin henniges, yulian ide, sophie janKowsKi, Konstanze renKen und janna rheinbay<br />

Mehr Veranstaltungstipps unter www.furios-campus.de/Kalender Eure Veranstaltungen an redaKtion@furios-campus.de<br />

<strong>Juni</strong><br />

VampirE, mEhl und FEuErWEhr<br />

Die Lange Nacht der Wissenschaften, an 70 Hochschulen<br />

und Forschungseinrichtungen in ganz Berlin und Potsdam,<br />

am 5. <strong>Juni</strong> <strong>2010</strong>, 17.00 bis 1.00 Uhr<br />

Samstagabend in die Uni? Warum? So absurd es auch klingt: An<br />

diesem Wochenende gibt dafür es einen guten Grund. Denn<br />

bei der 10. Langen Nacht der Wissenschaften gibt es an der FU<br />

Spannendes zu erleben: So kann man sich an einen Lügendetektor<br />

anschließen lassen, eine Vorlesung zum »Twilight-Fieber und<br />

Vampir-Boom« besuchen und explodierendes Mehl in der Chemie<br />

bewundern. Oder auch bei einem Live-Feuerwehreinsatz in<br />

der Informatik mal provokant einfach nicht den Saal verlassen.<br />

www.langenachtderwissenschaften.de<br />

okt.<br />

sChWEdisCh, göttliCh<br />

Fünf mal Gott, tik – Theater im Kino, Boxhagener Straße<br />

18, 2. Hinterhof, 3. Etage, 09. und 10. Oktober <strong>2010</strong>, 20.00<br />

Uhr, Eintritt 4 € (für Studenten), Kartenvorbestellung<br />

unter tiktheater@googlemail.com<br />

Ein Schauspiellehrer, vier Schüler und das »Traumspiel« des<br />

Schriftstellers August Strindberg: Aus diesen Zutaten hat Regisseurin<br />

Julia Beil ein sympathisches Stück Schweden auf die<br />

Friedrichshainer tik-Bühne gezaubert. Jeder der fünf Protagonisten<br />

verkörpert der Reihe nach Gott und erschafft in seiner Szene<br />

seine eigene Wahrheit. Der gescheiterte Schauspiellehrer lebt<br />

den Traum einer Hollywoodkarriere, die egozentrische Blanca<br />

wird von allen bewundert. Mit dem Auftreten der unsicheren<br />

Sanoj verschwimmen schließlich Realität und Fiktion gänzlich.<br />

Und man ist sich nicht mehr sicher, ob man da gerade wirklich<br />

noch ein Theaterstück sieht. www.theater-im-kino.de<br />

<strong>Juni</strong><br />

kaFFEE BEi lukE<br />

»Town Meetings of the Imagination: Gilmore Girls and<br />

Northern Exposure«, John-F.-Kennedy-Institut, Lansstraße<br />

7-9, Raum 201, 10. <strong>Juni</strong> <strong>2010</strong>, 18.00 Uhr<br />

Einmal in Stars Hollow Taylor Doose bei einem cholerischen<br />

Anfall zu sehen, danach bei Luke einen Kaffee trinken – für die<br />

Fans der Fernsehserie »Gilmore Girls«, die den Alltag des Mutter-<br />

Tochter-Gespanns Lorelai und Rory Gilmore erzählt, ein echter<br />

Traum. Auch der Kleinstadt Cicely aus »Northern Exposure«,<br />

einer amerikanischen Serie mit ebenso skurrilen Charakteren,<br />

würde man wohl gern einen Besuch abstatten. Jane Feuer von<br />

der University of Pittsburgh erklärt im Forschungskolloquium<br />

die Anziehungskraft der fiktiven amerikanischen Kleinstadt. Wer<br />

Stars Hollow besser kennen lernen möchte, sollte hingehen.<br />

http://www.jfki.fu-berlin.de/faculty/culture/dates/colloquium<br />

<strong>Juni</strong>/<br />

Juli<br />

malErEiEn dEs ChEFillustrators<br />

Ausstellung »DER ESKAPIST«, Mat’s Laden, Christburger<br />

Straße 39, Vernissage am 10. <strong>Juni</strong>, Ausstellungsdauer<br />

bis 10. Juli <strong>2010</strong><br />

Er verleiht der <strong>FURIOS</strong> ihr Gesicht: Michi<br />

Schneider, Urheber der Illustrationen, die bisher<br />

jedes Titelblatt zierten. Selbst, wer der <strong>FURIOS</strong><br />

sonst kritisch gegenüber steht, wird die Großartigkeit<br />

seiner Bilder anerkennen. Nun ergibt sich<br />

die Möglichkeit, in der Ausstellung »DER ESKAPIST« auch<br />

einmal seine Malereien zu bewundern. Wer einen ersten<br />

Blick darauf werfen möchte, sollte auf Michis MySpace-Seite<br />

vorbeischauen. www.myspace.com/michi_schneider<br />

JEdEn<br />

di<br />

du hast Ein oriEntiEr-<br />

ungslos gEZogEn<br />

Kreuzberg Slam, Lido, Cuvrystraße 7, jeden ersten<br />

Dienstag im Monat, 20.30 Uhr<br />

Wer sich unter der Woche mit Bier oder<br />

Mate in der Hand von Reimen über den Sinn<br />

des Essens, emotional tief schürfender bis<br />

sozialkritischer Lyrik oder auch mal von einer<br />

ungewollt komischen Aufeinanderfolge von<br />

Plattitüden unterhalten lassen will, ist in der Poetry Slam Szene<br />

von Berlin genau richtig. Besonders erfolgreich ist der von<br />

FU-Studenten organisierte Kreuzberg Slam, der mittlerweile<br />

seit einem Jahr im Lido stattfindet. Solltest du selbst deine<br />

Reimkünste zum Besten geben wollen, melde dich bis um 20<br />

Uhr an der Abendkasse an – dem Gewinner winkt neben der<br />

Gunst des Publikums ein Megaphon. www.kreuzbergslam.de<br />

<strong>Juni</strong>/<br />

Juli<br />

mEhr Zur ausstEllungdEmnäChst<br />

auF<br />

FuCampus.dE<br />

in kürZE auF<br />

FuCampus.dE: dEr<br />

kampF um Wodka,<br />

mEgaphon und<br />

EhrE – slamkultur<br />

in BErlin.<br />

uni maCht opEr<br />

Konzert des Großen Chors und des Sinfonieorchesters<br />

des Collegium Musicums – Philharmonie Berlin,<br />

Herbert-von-Karajan-Str. 1, 30. <strong>Juni</strong> und 1. Juli <strong>2010</strong>,<br />

20 Uhr, Karten 9 €, erm. 6 €<br />

Schon mal für 6 Euro eine Oper in der Philharmonie<br />

Berlin gesehen? Jetzt bietet sich die Gelegenheit dazu!<br />

Denn der gemeinsame Chor und das Sinfonieorchester<br />

der FU und TU führen dort Rossinis Oper »Wilhelm<br />

Tell« als Konzertant auf. Also raus aus dem Großstadtlärm<br />

und rein in den Zirkus Karajani, um den bekannten<br />

Nokia-Klingelton mal in echt zu hören und der berühmten<br />

Apfelschuss-Szene beizuwohnen. Auf geht’s, Kultur tanken.<br />

www.collegium-musicum.tu-berlin.de<br />

FUrios <strong>04</strong>/<strong>2010</strong>


dEr pollEn als ZEugE<br />

Die beiden frisch gebackenen Diplom-<br />

Biologinnen Sarah Gulinski und<br />

Kira Schmidt (beide 25) haben eine<br />

Vortragsreihe im Rahmen des Offenen<br />

Hörsaals organisiert. Das Thema:<br />

»Forensische Biologie – Wissenschaft<br />

im Dienste der Verbrechensaufklärung«.<br />

Fragen von lynn voss.<br />

Wie seid ihr darauf gekommen, eine<br />

Vortragsreihe zum Thema Forensik zu<br />

organisieren?<br />

Sarah: Wir beide haben uns seit dem ersten<br />

Semester dafür interessiert, nur leider war<br />

es kaum möglich, unser Studium danach<br />

auszurichten.<br />

Kira: Und dann sind wir auf das Konzept<br />

des Offenen Hörsaals gestoßen. Jeder, der<br />

möchte und eine Idee hat, kann ein Konzept<br />

einreichen. Dann werden einige dieser Konzepte<br />

ausgewählt und in Zusammenarbeit<br />

mit einem Professor organisiert. Bei uns war<br />

das Herr Prof. Dr. Todt.<br />

Wart ihr auch an der Gestaltung der Vortragsreihe<br />

beteiligt?<br />

Sarah: Von der Auswahl der Themen bis zur<br />

Unterbringung der Dozenten haben wir alles<br />

mitbestimmt und organisiert.<br />

Braucht man bereits ein gewisses Fachwissen,<br />

um den Veranstaltungen folgen zu<br />

können?<br />

Kira: Nein, die Dozenten wissen, dass die<br />

Vorträge ein breites Publikum ansprechen<br />

sollen. Daher sind die Vorträge so angelegt,<br />

dass jeder, der Interesse mitbringt, sie<br />

verstehen kann.<br />

Auf welche Vorträge freut Ihr Euch am<br />

meisten?<br />

Kira: Ich bin gespannt auf den Vortrag von<br />

Hilja Hoevenberg über Rekonstruktion von<br />

Gesichtern.<br />

Sarah: Einer meiner Favoriten ist die Veranstaltung<br />

zum Thema Pollen. Darüber habe<br />

ich bereits einen Vortrag gehört und war<br />

überrascht, wie spannend das ist!<br />

Wird es über den Offenen Hörsaal hinaus<br />

noch weitere Angebote zum Thema Forensik<br />

geben?<br />

Sarah: Wir planen, für das nächste Semester<br />

ein affines Modul anzubieten. Das würden<br />

wir dann als Praktikum nutzen, in dem wir<br />

Forensik an praktischen Versuchen erläutern.<br />

Dazu zählen beispielsweise Blutspuranalysen<br />

oder die Untersuchung von Knochen.<br />

Die Vortragsreihe findet immer donnerstags<br />

von 18.15 bis 20 Uhr im großen Hörsaal der<br />

Pflanzenphysiologie (Königin-Luise-Straße<br />

12-16) statt.<br />

FUrios <strong>04</strong>/<strong>2010</strong><br />

wareNFetisch:<br />

BriLLeNaFFeN<br />

BLicKeN dich aN<br />

Dem Hässlichkeitshype erlegen: Viele Studenten tragen<br />

etwas unsagbar Großes und Eckiges.<br />

Von devid mruseK<br />

Illustration: julia schönheit<br />

An der FU muss mit harten<br />

Bandagen kämpfen, wer<br />

aus der Masse herausstechen<br />

will. Dankbar greifen Studenten<br />

dafür obskure Ideen aus irgendwelchen<br />

Szenebezirken Berlins<br />

auf. Hornbrillen der fünfziger<br />

Jahre zum Beispiel, sei es auch in<br />

Wirklichkeit ein Kunststoffimitat.<br />

Die Modehersteller befeuern diese<br />

Entwicklung erwartungsgemäß:<br />

Der Absatz der Ray-Ban Wayfarer<br />

erlebte 2007 mit der Neuauflage der<br />

Brille einen märchenhaften Anstieg.<br />

<strong>2010</strong>, Tatort Silberlaube: Jeder Zweite<br />

versteckt sein Gesicht hinter einem<br />

dunklen, robusten Plastikbrillengestell.<br />

Statt Individualität herrscht<br />

vollständige Austauschbarkeit.<br />

Wie konnte es zu so einem<br />

Trend-GAU kommen?<br />

Zu Beginn war es ganz einfach:<br />

Intellektuelle wurden ob<br />

des vielen Lesens kurzsichtig,<br />

woraufhin sie sich eine geeignete<br />

Sehhilfe suchten. Runde und eckige<br />

Hornbrillen kamen in den zwanziger<br />

und dreißiger Jahren richtig in Mode.<br />

Plötzlich trug man Brillen mit Selbstbewusstsein:<br />

Das unansehliche Monstrum<br />

strahlte Funktionalität ohne jeden<br />

Schnickschnack aus. Ein Erkennungszeichen<br />

der verkopften Minderheitsgesellschaft<br />

war geboren.<br />

Die minimalistische Modeentwicklung<br />

der Achtziger machte aber vor<br />

dem Intellektuellentum nicht Halt. Ihre<br />

Hoheitsinsignie, die Hornbrille, wurde<br />

einer strengen Diät unterzogen. Akademiker<br />

des öffentlichen Interesses gaben<br />

sich mit randlosen Brillen modern.<br />

Wer weiterhin durch viereckiges Horn<br />

schaute, war plötzlich ein Außenseiter.<br />

Eine Haltung, die von einigen Leuten<br />

trotzig bedient wurde. Man denke bloß<br />

an Woody Allen, Bill Gates und andere<br />

Ikonen der damaligen Intelligenzia.<br />

KULtUr: wareNFetisch<br />

In den letzten Jahren sind<br />

modische Alleinstellungsmerkmale<br />

enorm wichtig geworden.<br />

Der einstige Außenseiterstatus<br />

dieser Brille war also ein gefundenes<br />

Fressen für Individualisten.<br />

Sie wird heute als Requisit<br />

benutzt, das dem Träger nicht<br />

nur einen besonders eigenwilligen<br />

Geschmack attestiert, sondern ihm<br />

auch die Intelligenz der einstigen Zielgruppe<br />

auf den Nasenrücken transplantieren<br />

soll. Mit so einer Brille gewinnt<br />

man optisch locker 30 IQ-Punkte dazu.<br />

Mittlerweile werden Hornimitate durch<br />

unzählige Nachahmerprodukte – insbesondere<br />

mit Fensterglas – dermaßen<br />

inflationär zur Schau gestellt, dass sie<br />

ihre ursprünglichen Attribute verloren<br />

haben. Ihre Träger demonstrieren weder<br />

Individualität noch Klugheit, selbst<br />

die Funktion als Sehhilfe ist abhanden<br />

gekommen. Attraktiv sind diese Brillen<br />

damit eigentlich nur noch für neu zugezogene<br />

Studenten. Denn die halten das<br />

Hornbrillen-Imitat, neben Jutebeuteln<br />

und Polaroidkameras, nach wie vor für<br />

das vermeintliche Ticket in die Modeszene<br />

an der Spree. ■<br />

31


32<br />

BiLdLegeNde<br />

Vom irrgLaUBeN der wisseNschaFt<br />

Menschliche Erblehre am lebenden Objekt und Mittelpunkt<br />

der Studentenproteste – die bewegte Vergangenheit eines<br />

Dahlemer Gebäudes.<br />

Von frauKe fentloh<br />

Die Tafel am Eingang der Ihnestraße 22 ist unscheinbar,<br />

Studenten laufen achtlos vorbei.<br />

Wissenschaftler, so steht da, haben Inhalt und<br />

Folgen ihrer Arbeit zu verantworten. Sie sollen<br />

dem Fortschritt dienen oder der Erkenntnis, der<br />

Gesundheit oder der Kunst – in jedem Fall<br />

aber dem Leben. Die Gedenktafel ist eine<br />

Erinnerung an die bewegte Geschichte<br />

des alten Gebäudes, das heute zum Otto-<br />

Suhr-Institut gehört. Bis 1945 wehte dort<br />

die Hakenkreuzflagge, unter dem riesigen<br />

Banner residierte eines der Institute der<br />

Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft. Sein Forschungsgebiet:<br />

Anthropologie, menschliche Erblehre und Eugenik.<br />

Gegründet wurde das Institut 1926 – mit dem Anspruch auf<br />

Überparteilichkeit. Doch mit diesem Leitbild wurde ziemlich<br />

rasch gebrochen. Spätestens seit der Machtübernahme 1933 wurde<br />

das vermeintlich »rein theoretische« Institut zu einem Zentrum der<br />

nationalsozialistischen Rassenforschung, dessen Wissenschaftler<br />

16. 16. Juli Juli<br />

Studententickets<br />

14 Euro*<br />

Bernd<br />

Begemann<br />

Konzert<br />

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Tel.: 030 / 30 67 30 11<br />

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BildquEllE: archiv der max-plancK-gesellschaft, berlin-dahlem<br />

mehrheitlich ihr Fähnchen nach dem<br />

Wind hängten. Sie gehörten NS-Expertenstäben an,<br />

stellten Gutachten aus, die zu Zwangssterilisationen führten,<br />

und rechtfertigten die nationalsozialistische Rassenpolitik auf<br />

dem internationalen Wissenschaftsparkett. Im Gegenzug erhielten<br />

sie nicht nur staatliche Finanzspritzen, sondern auch spezielle<br />

Forschungsobjekte: Institutsleiter Otmar Freiherr von Verschuer<br />

arbeitete mit menschlichem »Material«, das ihm von einem seiner<br />

Schüler zur Verfügung gestellt wurde. Das »Material« kam<br />

aus Auschwitz, Verschuers Schüler hieß Joseph Mengele.<br />

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges war das Aus des<br />

Instituts besiegelt, nur eine einzige Abteilung wurde von der<br />

Max-Planck-Gesellschaft übernommen. Doch Aufarbeitung<br />

und Vergangenheitsbewältigung ließen auf sich warten. Mit dem<br />

ehemaligen Kaiser-Wilhelm-Institut wurde zunächst genauso<br />

verfahren wie mit dem Großteil des nationalsozialistischen Erbes:<br />

Besser erst mal nicht drüber reden. Als die Dahlemer Verstrickungen<br />

in den siebziger Jahren zum Thema wurden, war<br />

bereits das Otto-Suhr-Institut eingezogen – das Herzstück der<br />

68er-Bewegung. Gerade in dieser linken Ideenschmiede sollte<br />

der »Muff unter den Talaren« beseitigt werden. Die Mittel dafür:<br />

eine rigorose Aufarbeitung der NS-Vergangenheit und ein klarer<br />

Kurswechsel. In den Räumen, in denen einst die Rassentheoretiker<br />

forschten, sollte von jetzt an eine kritische Politikwissenschaft<br />

gelehrt werden. Zudem nistete sich das linksautonome<br />

Café »Geschwulst« ein. Die Studenten eroberten den historisch<br />

beladenen Ort also auf ihre Weise zurück.<br />

Heute liegen die Akten der damaligen Zeit in Dahlem, sechs<br />

Jahre lang haben sich die Historiker intensiv mit der Rolle der<br />

Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft im Nationalsozialismus befasst. Die<br />

Verbrechen in der Ihnestraße 22 wurden indes nicht gesühnt –<br />

viele der beteiligten Wissenschaftler lehrten noch Jahrzehnte später<br />

unbehelligt an deutschen Universitäten. Institutsleiter Verschuer<br />

etwa wurde von den Alliierten lediglich als »Mitläufer«<br />

eingestuft und zu einer Strafe von 600 Reichsmark verurteilt.<br />

Später war er Dekan in Münster. An der medizinischen Fakultät.<br />

■<br />

FUrios <strong>04</strong>/<strong>2010</strong>


Ein Länderspiel mal anders: Auch am Rande eines guatemaltekischen Vulkankraters kommuniziert<br />

man am einfachsten mit einem Ball. simon haux dokumentierte eine spannende Begegnung.<br />

a<br />

las quince horas, Juan hace su entrada en la cancha y deposita<br />

su machete en el suelo, junto a las pistolas de sus<br />

compañeros. El ata sus pesadas botas de cuero, enciende<br />

un cigarrillo. Los hombres acaban de ser desafiados a un duelo.<br />

Nosotros, los provocadores, venimos de la lejana capital, de la<br />

embajada de Alemania en la Ciudad de Guatemala, dónde estamos<br />

trabajando. Una excursión nos dejó aquí, en un escenario espectacular:<br />

unos 1500 metros sobre el nivel del mar, en la cumbre del<br />

volcán extinguido Ipala. Hoy en día, su cráter gigante alberga un<br />

lago azul oscuro. El pueblito de unas diez casitas en su orilla parece<br />

tan tranquilo, pacífico y soñoliento que ni el impresionante arsenal<br />

de armas de nuestros anfitriones puede menoscabar el ambiente de<br />

vacaciones.<br />

Pasando por la aldea en camino hacia el lago, encontramos un<br />

solo kiosquito, ofreciendo nada más que Coca-Cola, chicles y papitas.<br />

El vendedor dormita en una silla de jardín. De facto no hay<br />

ningún indicio de cualquier actividad económica en todo el pueblo:<br />

ningunas instituciones turísticas, ninguna tierra de cultivo. Unos<br />

hombres en la flor de sus vidas juegan a las cartas, un niño ahuyenta<br />

unos de los pocos pollos escarbando en el suelo polvoriento. No se<br />

aclara cómo este pueblo se gana el sustento. Ni siquiera sabemos si<br />

tiene un nombre. No parece importar mucho.<br />

Juan se dirige a mi, la colilla dejadamente sujetada en la comisura<br />

de los labios. Es un hombre pequeño y vigoroso. Debe tener<br />

treinta y tantos años, pero su cara se ve más vieja. Probablemente<br />

nunca ha conocido otra parte de Guatemala. Y todos los sábados<br />

está aquí en la cancha, con los otros hombres que prefieren el fútbol<br />

a las cartas. Me estrecha la mano y me pregunta: “¿Son gringos?”<br />

Respondo negativamente y se lo aclaro. ¿Alemania? Su cara se despeja<br />

un poquito, susurra algo de Mercedes y Matthäus, yo asiento<br />

con la cabeza, él sonría. Nos entendemos. Se nota el hecho de que<br />

huéspedes tan exóticos por aquí no son observados con mucha frecuencia.<br />

Pero otra vez es el fútbol que rompe el hielo y contribuye al<br />

entendimiento entre los pueblos. En terreno fragoso comienza un<br />

encuentro amistoso de mediana calidad futbolística, pero gran in-<br />

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FUrios <strong>04</strong>/<strong>2010</strong><br />

die iNterNatioNaLe<br />

Simon Haux studiert Politikwissenschaft und war zwei Monate lang<br />

Praktikant in der deutschen Botschaft in Guatemala-Stadt<br />

doCh liEBEr<br />

auF dEutsCh<br />

lEsEn? diE üBEr-<br />

sEtZung FindEt ihr<br />

onlinE auF<br />

FuCampus.dE!<br />

tensidad. Pese al calzado poco profesional de todos los jugadores,<br />

se desarrolla un partido con muchos goles y de mucho suspense.<br />

Durante el juego, incluso se juntan un par de espectadores: unos<br />

niños, dos perros y hasta un pollo se atreve a acercarse a la cancha.<br />

En el fondo brilla el lago, unos reses se refrescan en el agua clara.<br />

En este momento, los titulares de los meses pasados que todavía<br />

tuvimos en la mente subiendo al volcán, los asaltos a grupos<br />

de turistas, a excursionistas y a camionetas, están lejísimos, hasta<br />

que uno de los jugadores toma la palabra: “El próximo gol gana.<br />

Deberían de volver a su auto y llegar a la ciudad antes del atardecer.”<br />

Poco después, Juan sella nuestra derrota con el tiro decisivo,<br />

su cigarrillo todavía en la mano. Luego de posar para una foto de<br />

grupo, los lugareños victoriosos se despiden cortesmente, recogen<br />

sus armas y desaparecen. Cuando emprendemos el descenso, solo<br />

los reses nos miran una última vez, disfrutando de la tranquilidad<br />

restablecida. ■<br />

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33


34<br />

ewige ehemaLige<br />

Ist es schwer, sich treu zu bleiben? Er nickt, ja, ganz gewiss.<br />

Bleibt sich aber nicht gerade derjenige treu, der sich<br />

auch verändert? Hans-Christian Ströbele sieht das nicht<br />

so. Seine ehemaligen Weggefährten haben Metamorphosen<br />

hinter sich, wurden Innenminister, Berater bei BMW, auch<br />

NPD-Mitglieder. Ströbele aber bleibt. Stur.<br />

Wie ein 70-Jähriger wirkt der Mann in Jeans beim Besuch<br />

in seinem Abgeordnetenbüro nicht. Aufmerksam, angriffslustig<br />

und etwas lausbubenhaft blitzen seine auffallend blauen Augen<br />

unter den buschigen Brauen hervor. Es ist ein warmer Aprilnachmittag,<br />

das Fenster in Ströbeles Büro steht offen.<br />

Als der Mann mit den weißen Haaren 1961 aus Heidelberg<br />

an die Freie Universität wechselte, sah es nicht so aus, als sollte<br />

50 Jahre später »MdB« an seiner Tür stehen. Während seines<br />

Jura-Studiums hatte er das »Studentenleben und natürlich<br />

Frauen« im Sinn. In seiner Freizeit half er Ostberlinern bei der<br />

Flucht in den Westen. Für ihn eine »Mischung aus Abenteuerlust<br />

und humanitärem Engagement«.<br />

An der FU ging es zunächst weniger aufregend zu. Studentenproteste<br />

gab es Anfang der 60er Jahre noch nicht. Die Urabstimmung<br />

zum Sturz des Burschenschaftlers und späteren<br />

Berliner CDU-Bürgermeisters Eberhard Diepgen als Vorsitzender<br />

des rechts dominierten AStAs bleibt vorerst die einzige<br />

poltische Initiative, die Ströbele aktiv unterstützt.<br />

Sein Erweckungserlebnis kommt, wie für so viele seiner Generation,<br />

als am 2. <strong>Juni</strong> 1967 der Polizist Karl-Heinz Kurras den<br />

wehrlosen Demonstranten Benno Ohnesorg erschießt. Noch<br />

am selben Abend tritt Ströbele in das Anwaltsbüro von Horst<br />

Mahler ein und wird schlagartig in die Studentenbewegung<br />

katapultiert. »Von da an war ich bei allen Demonstrationen<br />

dabei und habe viele Studenten vor Gericht vertreten.« Damals<br />

der ewige<br />

reVoLUzzer<br />

RAF-Anwalt, passionierter Fahrradfahrer,<br />

Kreuzberg-Maskottchen, Mitbegründer von<br />

taz und den Grünen. Ein Portrait über Hans-<br />

Christian Ströbele von tobias heimbach.<br />

Foto: cora-mae gregorschewsKi<br />

FU-Veteran mit bewegter Vergangenheit:<br />

Hans-Christian Ströbele<br />

lernt er auch Rudi Dutschke kennen, von dem er heute noch<br />

mit großer Bewunderung spricht. »Mit seinem Charisma und<br />

politischen Reden hat er uns begeistert. So einen gab es danach<br />

nicht wieder.« Später vertritt Ströbele RAF-Mitglieder in<br />

Stammheim. Diese Jahre haben ihn geprägt, bis heute.<br />

»Ich glaube, dass eine neue Art sozialistischer Gesellschaft<br />

kommen wird. Die Entwicklung der Menschheit führt dahin,<br />

davon gehe ich aus.« Ströbele ist seiner Überzeugung ein Leben<br />

lang treu geblieben. Andere knickten ein, er aber blieb stehen<br />

wie der trotzige Gegenbeweis auf die Phrase »Wer mit 20 Jahren<br />

nicht Sozialist ist, der hat kein Herz, wer es mit 40 Jahren<br />

noch immer ist, hat kein Hirn.«<br />

Doch einfach war es nicht immer. Als Bundeskanzler Gerhard<br />

Schröder 2001 die Abstimmung über die Teilnahme am<br />

Afghanistaneinsatz an die Vertrauensfrage band, sprach sich<br />

Ströbele gegen den Krieg und somit auch gegen die rot-grüne<br />

Koalition aus: »Es ist nicht leicht bei seiner Meinung zu bleiben,<br />

wenn alle um einen herum auf eine andere Entscheidung<br />

drängen.«<br />

Die Grünen wandelten sich mit der Zeit, Ströbele nicht.<br />

Obwohl ideologisch näher, will er mit der Linkspartei nichts<br />

zu tun haben. Vielleicht ist er zu alt für einen erneuten Frontwechsel,<br />

vielleicht zu unbeweglich. Vielleicht brauchen Idealisten<br />

immer auch eine Portion Sturheit.<br />

Wie soll es nun weitergehen? Kehrt so jemand der Politik<br />

einfach den Rücken? »So lange es geht, werde ich mich für meine<br />

politischen Ziele einsetzen«, sagt er. Statt Busreisen in den<br />

Harz und Golfplätze interessieren ihn Afghanistan und die Finanzkrise.<br />

»Manche Sachen bringen mich immer noch auf die<br />

Palme. Da kann ich nicht ruhig vorm Fernseher sitzen und nur<br />

zusehen.« ■<br />

FUrios <strong>04</strong>/<strong>2010</strong>


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