Junge Bühne #6 - Mwk-koeln.de
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übernehmen. Dazu, wie solch ein interaktives Theater aussehen<br />
könnte, mangelt es nicht an konkreten Vorschlägen in <strong>de</strong>r Form<br />
von Zeichnungen o<strong>de</strong>r Beschreibungen eines neuartigen <strong>Bühne</strong>nraumes,<br />
<strong>de</strong>r die Teilhabe <strong>de</strong>s Publikums ermöglicht. Es wird<br />
überlegt, dass <strong>de</strong>r Zuschauer etwa am Eingang eine Nebenrolle<br />
auswählt und diese kurz einstudiert o<strong>de</strong>r dass er teilnimmt,<br />
in<strong>de</strong>m er ganz einfach einen Teil <strong>de</strong>s <strong>Bühne</strong>nbilds, etwa einen<br />
Hügel o<strong>de</strong>r Kühlschrank, verkörpert.<br />
Nun hatten wir angekündigt aus <strong>de</strong>n einfallsreichen Einsendungen<br />
einen Gewinner auszuwählen und haben uns für Madita<br />
Kretschmers Geschichte »Wille und Hoffnung« entschie<strong>de</strong>n (siehe<br />
unten). Trotz<strong>de</strong>m möchten wir euch auch an<strong>de</strong>re beson<strong>de</strong>rs<br />
bemerkenswerte Antworten nicht vorenthalten. Auf <strong>de</strong>n fol-<br />
gen<strong>de</strong>n Seiten sind noch ein Gedicht von Paul Bullinger (nächste<br />
Seite), das einen längeren Text einleitet und eine Illustration von<br />
VON MADITA M MMADITA<br />
ADITA K KKRETSCHMER<br />
KRETSCHMER<br />
RETSCHMER<br />
------------------------------<br />
WILLE ILLE UND HO HOFFNUNG<br />
Zwei Menschen in langen, bunten Mänteln, die über und über<br />
mit Bil<strong>de</strong>rn und Geschichten be<strong>de</strong>ckt sind, durchwühlen riesige,<br />
graue Schuttberge. Neben <strong>de</strong>n Trümmern bauen sich Monster <strong>de</strong>s<br />
Kapitalismus und <strong>de</strong>r Verwahrlosung auf. Sie werfen so einen<br />
großen Schatten auf <strong>de</strong>n traurigen Schutthaufen, dass niemand<br />
mehr auf ihn achtet.<br />
»Schon wie<strong>de</strong>r eins. Dass niemand etwas merkt glaube ich<br />
nicht!« Der eine Mensch hat sich verzweifelt auf so etwas wie<br />
einem Gelän<strong>de</strong>r nie<strong>de</strong>rgelassen. »Aber wenn wir jetzt etwas<br />
fin<strong>de</strong>n, können wir vielleicht verhin<strong>de</strong>rn, dass noch mehr Städte<br />
verblassen.« Die Hoffnung geht auf <strong>de</strong>n sitzen<strong>de</strong>n Willen zu.<br />
»Was sollen wir <strong>de</strong>nn hier fin<strong>de</strong>n? Und selbst wenn, die Geier<br />
wer<strong>de</strong>n immer über uns kreisen. Es ist schon die fünfte Stadt in<br />
diesem Monat. Sie zerstören etwas, wo alle Generationen vereint<br />
wer<strong>de</strong>n, wo gelebt wird. Aber was zählt für diese Leute schon,<br />
dass man lebt?« Die Hoffnung sieht sich um. »Sieh dir unsere<br />
Kleidung an, es gibt keine Geschichte dieser Welt, die ich nicht<br />
zeige! Steh mal auf!« Der Wille steht schwerfällig auf, die Hoffnung<br />
beginnt das Gelän<strong>de</strong>r, auf <strong>de</strong>m er eben noch saß, zu polieren.<br />
»Was tust du?« »Ich erinnere dich an <strong>de</strong>inen Namen!« Von<br />
ferne ist das leise brummen von Bulldozern zu hören, die Luft<br />
vibriert ganz schwach. »Los komm! Hilf mir, wir müssen uns<br />
beeilen.« Auf <strong>de</strong>m Gelän<strong>de</strong>r kommen ganz zart Buchstaben zum<br />
Vorschein. Der Wille schaut erst etwas erstaunt, aber macht dann<br />
schnell seinem Namen ganze Ehre. Sie beginnen Fenster, Mauerstücke<br />
und an<strong>de</strong>re Trümmerteile zu scheuern. Es leuchtet, nein, es<br />
strahlt, hell, klar und bezaubernd. Die Menschen aus <strong>de</strong>n benachbarten<br />
Häusern schauen es sich an und sind wie gebannt von<br />
<strong>de</strong>m, was sie da sehen. Sie eilen herbei und helfen mit. Unter<strong>de</strong>s<br />
wird das Wummern <strong>de</strong>r Abtransportfahrzeuge immer lauter und<br />
hässliche, schwarze Wolken türmen sich am Horizont auf. Es<br />
stinkt nach Profitgier, nach Dummheit, nach Verstümmelung <strong>de</strong>s<br />
Menschenverstan<strong>de</strong>s! Das, was da naht, ist kalt und trist!<br />
Marie Schmitz (übernächste Seite) abgedruckt, alle weiteren I<strong>de</strong>en<br />
könnt ihr im Internet unter ± www.die-junge-buehne.<strong>de</strong> ansehen.<br />
Eins ist für alle Teilnehmer klar: Eine Zukunft ohne Theater ist<br />
nicht vorstellbar. Wie diese aussehen könnte, darauf darf man bei<br />
solch einem engagierten Nachwuchs gespannt sein, <strong>de</strong>nn, wie<br />
eine Teilnehmerin schreibt: »Grenzen gibt es nur im Schä<strong>de</strong>l«. Bleibt<br />
uns also nur noch, uns erwartungsvoll lächelnd zurückzulehnen<br />
und zu sagen: Vorhang auf für das Theater <strong>de</strong>r Zukunft!<br />
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Wir danken allen Teilnehmern <strong>de</strong>r<br />
Umfrage ganz herzlich! Die Redaktion<br />
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Das zerstörte Bauwerk strahlt jetzt in <strong>de</strong>n allerschönsten Farben.<br />
Buchstaben, Wörter, ja sogar ganze Sätze sind jetzt auf <strong>de</strong>n Gebäu- Gebäu-<br />
<strong>de</strong>teilen zu lesen. Die schweren Bulldozer und Bagger halten vor<br />
<strong>de</strong>m Berg an. Sie haben zwar starke starke Fahrzeuge, doch es es sieht nach<br />
einem einem unüberwindbaren Hin<strong>de</strong>rnis Hin<strong>de</strong>rnis aus. Es ertönt ertönt eine Lautspre<br />
cheransage: »Wir for<strong>de</strong>rn sie auf, diesen diesen Schutthaufen sofort zu<br />
verlassen. Es liegt eine Räumungsklage vor. vor. Bei Bei Missachtung dieser<br />
Auffor<strong>de</strong>rung muss mit körperlicher körperlicher Gewalt Gewalt durch die Exekutive<br />
gerechnet wer<strong>de</strong>n. Sie haben jetzt fünf Minuten Zeit, ihren Standpunkt<br />
zu rechtfertigen.« Eine junge Frau tritt aus <strong>de</strong>r Menge, sie ist<br />
übersät übersät mit winzigen leuchten<strong>de</strong>n Buchstaben. »Lieber gäb ich<br />
mein Leben dafür, als ohne es weiter zu leben. leben. Sehen Sehen Sie das? Das<br />
ist unsere Geschichte, Ihre Geschichte Geschichte genauso wie meine meine Geschich<br />
te. Vielleicht wollen Sie ihre <strong>de</strong>m Erdbo<strong>de</strong>n gleich machen, aber ich<br />
will, dass meine wächst! Sie haben kein Recht, mein Leben zu<br />
bestimmen. Sehen Sie das? Das ist unsere Vergangenheit, Gegenwart<br />
und Zukunft. Vielleicht wollen Sie vergessen, nicht leben und<br />
keine Zukunft haben, aber ich will das Haus, in <strong>de</strong>m alle Generationen<br />
arbeiten, ich will immer neues ent<strong>de</strong>cken, ich will die Kunst,<br />
ich will Freiheit, ich will leben, ich will das Theater und ihr braucht<br />
es! Und wer das noch will, <strong>de</strong>r helfe mir. Und wenn ihr es <strong>de</strong>nnoch<br />
vernichtet, verklage ich euch auf Massenmord und <strong>de</strong>n Zwang <strong>de</strong>r<br />
Menschen auf Verwahrlosung.« Immer mehr Menschen sind jetzt<br />
dazu gekommen und beginnen das Gebäu<strong>de</strong> wie<strong>de</strong>r aufzubauen.<br />
So zieht sich ein glänzen<strong>de</strong>s Netz aus Menschen durch die Lan<strong>de</strong>,<br />
sie polieren alle Häuser, die ähnliches schaffen wie dieses. Die<br />
Hoffnung neigt <strong>de</strong>n Kopf leicht zum Willen und lächelt »Manchmal<br />
braucht es einfach jeman<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>r die Augen wie<strong>de</strong>r ein bisschen<br />
weiter öffnet. Und dafür sind wir doch Mensch, o<strong>de</strong>r?«<br />
Franziska Anz, die Autorin dieser Zusammenfassung, hat im<br />
April/Mai 2012 ein Praktikum in <strong>de</strong>r Redaktion <strong>de</strong>r Deutschen<br />
<strong>Bühne</strong> absolviert. Im vergangenen Jahr kehrte sie von einer<br />
knapp dreijährigen Weltreise zurück, arbeitet seit<strong>de</strong>m als<br />
selbstständige Übersetzerin und hospitierte u. a. in <strong>de</strong>r Requisite<br />
<strong>de</strong>r Komischen Oper Berlin. Im Herbst beginnt sie in<br />
Berlin ein Studium <strong>de</strong>r Dokumentarfilmregie.<br />
VON PAUL BULLINGER<br />
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THEATER VERGEHT NICHT.<br />
Theater geht.<br />
Immer nach vorne,<br />
immer neue Wege,<br />
neue Abzweige<br />
neue Herausfor<strong>de</strong>rungen.<br />
Theater entwickelt sich weiter, weiter,<br />
sucht, prescht vorwärts,<br />
verläuft sich, kehrt zurück<br />
und fängt von Neuem an,<br />
drückt sich in je<strong>de</strong>n Winkel und guckt, ob es bleiben kann,<br />
ständig getrieben<br />
von <strong>de</strong>r Suche nach <strong>de</strong>n Grenzen <strong>de</strong>s Möglichen.<br />
Im Anhang meine Vision <strong>de</strong>s Theaters <strong>de</strong>r Zukunft.<br />
Eine Maschinerie.<br />
Eine Hamlet-Maschinerie,<br />
die <strong>de</strong>n Zuschauer einsaugt und ihn als<br />
Hamlet wie<strong>de</strong>r ausspuckt. Allein, nackt, ängstlich.<br />
Ich, Hamlet – Installation in <strong>de</strong>n Tod.<br />
Und die die Frage bleibt. bleibt.<br />
WARTE NICHT<br />
AUF BESSERE ZEITEN!<br />
. . K INDER-<br />
KINDER- UND JUGENDTHEATER . UND JUGENDTHEATER .<br />
. KINDER- UND JUGENDTHEATER .<br />
CHATROOM<br />
ENDA WALSH<br />
AB 14 JAHRE<br />
INSZENIERUNG PEDRO MARTINS BEJA<br />
AB 19. O KTOBER 2012, D ECK 3<br />
ALADIN UND<br />
DIE WUNDERLAMPE<br />
IN EINER FASSUNG VON M ARCUS M ISLIN<br />
AB 5 J AHRE<br />
I NSZENIERUNG M ARCUS M ISLIN<br />
AB 22. N OVEMBER 2012, GROSSES H AUS<br />
IN EINEM TIEFEN,<br />
DUNKLEN WALD<br />
PAUL M AAR<br />
AB 5 J AHRE<br />
I NSZENIERUNG J OACHIM VON B URCHARD<br />
AB 28. FEBRUAR 2013, D ECK 3<br />
TO DO!<br />
JUGENDCLUBPRODUKTION<br />
LEITUNG M IRKO SCHOMBERT<br />
PREMIERENTERMIN IN PLANUNG<br />
WWW.STAATSTHEATER-MAINZ.DE<br />
Illustration: www.vonzubinski.<strong>de</strong>; Gestaltung: www.nordisk-buero.com