Energieplan_Sachsen-Anhalt.pdf [1.4 MByte] - Mittelpunkte
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<strong>Energieplan</strong> <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
Beschäftigung und Klimaschutz mit neuer Energie<br />
Untersuchung der Potentiale einer nachhaltigen Energieversorgung im<br />
Strom- und Wärmebereich basierend auf erneuerbaren Energien, hoher<br />
Effizienz und dezentralen Erzeugungsstrukturen in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
Im Auftrag der Fraktion DIE LINKE im Landtag von <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
Autor: Björn Schering<br />
Berlin im April 2010
Auftraggeber<br />
DIE LINKE Fraktion im Landtag von <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
Vertreten durch Angelika Hunger<br />
Stellv. Fraktionsvorsitzende, verbraucherschutz- und energiepolitische Sprecherin<br />
Domplatz 6-9<br />
39104 Magdeburg<br />
Erarbeitet durch<br />
Björn Schering<br />
Seelingstraße 38<br />
14059 Berlin<br />
Telefon: 030-30364909<br />
bjoern.schering@enerpolis.de<br />
www.enerpolis.de<br />
Alle Rechte vorbehalten.<br />
Verwendung der Inhalte auch in Auszügen<br />
nur mit vorheriger schriftlicher Genehmigung.<br />
Berlin, 12. April 2010<br />
2
3
Inhalt<br />
0. Zusammenfassung 6<br />
1. Energiestruktur in Deutschland 9<br />
1.1 Strom- und Wärmeversorgung in Deutschland 9<br />
1.1.1 Stromerzeugung 9<br />
1.1.2 Wärmebereich 13<br />
1.2 Beschäftigungsentwicklung 16<br />
1.3 Klimagas-Emissionen 17<br />
2. Energiestruktur in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> 20<br />
2.1 Energiewirtschaftliche Rahmendaten 20<br />
2.1.1 Flächennutzung und Bevölkerung 20<br />
2.1.2 Wirtschaftskraft 21<br />
2.2 Strom- und Wärmeversorgung in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> 23<br />
2.2.1 Stromerzeugung 23<br />
2.2.2 Wärmebereitstellung 29<br />
2.3 Beschäftigungsentwicklung 31<br />
2.4 Klimagas-Emissionen 32<br />
3. Nachhaltige Energieversorgung für <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> 34<br />
3.1 Windenergie – konfliktarmer Ausbau durch Repowering 36<br />
3.2 Bioenergie stärkt den ländlichen Raum 40<br />
3.2.1 Biogas 41<br />
3.2.2 Reststoffe und Abfälle 42<br />
3.2.3 Holz 43<br />
3.2.4 Getreidestroh 44<br />
3.3 Solarenergie – Dezentraler Energiebaustein 45<br />
3.3.1 Photovoltaik 45<br />
3.3.2 Solarthermie 46<br />
3.4 Geothermie – Strom und Wärme aus der Tiefe 47<br />
3.5 Fossile Energieträger – Klimagaseffizienz als Maßstab 49<br />
3.5.1 Erdgas-Kraftwerke 49<br />
3.5.2 Exkurs: Die Abhängigkeit vom privatwirtschaftlichen Erdgasmarkt 50<br />
3.5.3 Braunkohle-Kraftwerke 51<br />
3.6 Stromverfügbarkeit und Energiespeicher 53<br />
3.7 Beschäftigungs- und Wirtschaftsentwicklung 55<br />
3.8 Klimaschutz durch nachhaltige Energiepolitik 58<br />
4
4. Folgen des Ausbaus der Kohlenstoff-Energiewirtschaft 60<br />
4.1 Geplantes Steinkohlekraftwerk Arneburg 60<br />
4.2 Netzunverträglichkeit von großen Grundlastkraftwerken 62<br />
4.3 Auswirkungen auf Gesundheit und Umwelt 63<br />
4.4 Exkurs: Abscheidung und unterirdische Verbringung von CO2 (CCS) 66<br />
5. Handlungsempfehlungen 70<br />
6. Verzeichnisse und Anhänge 77<br />
6.1 Abkürzungsverzeichnis 77<br />
6.2 Verzeichnis der Grafiken und Tabellen 79<br />
6.3 Quellenverzeichnis 80<br />
6.4 Anhänge 86<br />
5
0. Zusammenfassung<br />
Die Energieerzeugung in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> hat eine dezentrale Ausprägung. Es ist landesweit<br />
nur ein thermisches Großkraftwerk in Betrieb. Braunkohle liefert 43 Prozent der Strommen-<br />
ge. Erdgas befeuerte Anlagen stellen rund 20 Prozent des Stroms bereit. Die regenerative<br />
Erzeugung beträgt bereits mehr als ein Drittel und schließt zum bisher wichtigsten Brennstoff<br />
Braunkohle auf.<br />
Die Wärmenutzung ist wenig energieeffizient. Vor allem bei privaten Haushalten ist die<br />
Fernwärmenutzung trotz guter Infrastruktur rückläufig. Die Erdgasnutzung nimmt mit dem<br />
anhaltenden Trend zu Einzelheizungen zu. In der Industrie steigt der Erdgasverbrauch deut-<br />
lich. Die Fernwärmeauskopplung nimmt bei stark gesteigerter Erdgasverstromung erheblich<br />
ab. Der Anteil erneuerbarer Energien ist im Wärmebereich nach wie vor gering.<br />
Die klassische Energiewirtschaft beschäftigt heute noch 6.320 Menschen. Gut die Hälfte da-<br />
von arbeitet in der Elektrizitätsversorgung. In den letzten zehn Jahren war die Beschäftigung<br />
um 28 Prozent rückläufig. Die erneuerbaren Energien bieten in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> bereits über<br />
20.000 Menschen Arbeit, etwa die Hälfte davon in der Windbranche.<br />
Durch den wendebedingten Strukturwandel halbierte sich der energiebedingte CO2-Ausstoß<br />
in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> schlagartig. Nach 1993 waren dann jedoch keine wesentlichen Verringe-<br />
rungen bei den Emissionen mehr zu verzeichnen. Ab der Jahrtausendwende stieg der CO2-<br />
Ausstoß bis 2006 wieder um sechs Prozent an. Heute beträgt der CO2-Ausstoß bezogen auf<br />
den Primärenergieverbrauch insgesamt 26,5 Mio. Tonnen. Allein die Braunkohleverfeuerung<br />
macht daran 36 Prozent aus.<br />
Im Mittelpunkt einer nachhaltigen Energieversorgung für <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> steht ein effizienter<br />
und sparsamer Umgang mit Energie. Der Ausbau erneuerbarer Energien soll in Verbindung<br />
mit neuer Beschäftigung und hoher regionaler Wertschöpfung konfliktarm erfolgen. Erdgas<br />
soll wirksamer eingesetzt und die Nutzung der Braunkohle auf ein vertretbares Maß zurück<br />
genommen werden, ohne bestehende Arbeitsplätze zu gefährden. Der Zugang zu Strom und<br />
Wärme muss für alle Verbraucherinnen und Verbraucher hindernisfrei und bezahlbar sein.<br />
Unter diesen Maßgaben steigt im <strong>Energieplan</strong> <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> der Anteil erneuerbarer Ener-<br />
gien an der Stromerzeugung bis 2030 auf über zwei Drittel. Die installierte Leistung aus<br />
Windkraft, Biomasse, Solarenergie und Erdwärme wächst dabei um das Zweieinhalbfache.<br />
Einen Bedarf für neue Braun- oder Steinkohlekraftwerke ist nicht vorhanden.<br />
6
Grafik 1: Entwicklung der installierten Leistung nach Energieträgern in MW<br />
14000<br />
12000<br />
10000<br />
8000<br />
6000<br />
4000<br />
2000<br />
Quelle: eigene Berechnungen<br />
0<br />
Während die Lieferung elektrischer Energie aus Braunkohle bis 2030 um knapp ein Drittel<br />
zurückgeht, steigt die Bereitstellung aus Erdgas um ein Drittel an. Insgesamt nimmt die<br />
Strommenge aus fossilen Anlagen über den betrachteten Gesamtzeitraum ab, wobei die in-<br />
stallierte Leistung bei niedrigeren Volllaststundenzahlen leicht ansteigt.<br />
Die erneuerbaren Energien können bereits 2020 mehr Strom mit Grundlast-Charakter bereit-<br />
stellen als das geplante Kraftwerk Profen liefern würde. Um die Kapazität von Stromspei-<br />
chern zu erhöhen, ist die Nutzung ausgekohlter Braunkohletagebaubereiche als Pumpspei-<br />
cherwerke sinnvoll. Damit würde der MIBRAG eine Schlüsselrolle bei der Umsetzung einer<br />
nachhaltigen Energieversorgung zufallen.<br />
Die dezentralere und breitere Aufstellung der Energieversorgung führt zu einem deutlich<br />
besseren Angebot nutzbarer Wärmeenergie. Neben dem vermehrten Einsatz von Solarther-<br />
mie und Wärmepumpen bieten vor allem Biomasse-Kraftwerke ein großes Wärmepotential.<br />
Anlagen mit Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) sollten durchgängig dort errichtet werden, wo die<br />
Wärmenachfrage entsteht.<br />
2010 2015 2020 2025 2030<br />
Braunkohle Erdgas Windenergie Biomasse Solarenergie Wasserkraft Geothermie<br />
Die erneuerbaren Energien können in den kommenden zehn Jahren 18.400 neue Arbeits-<br />
plätze in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> schaffen. Bis 2030 wächst die Zahl der Stellen gegenüber 2009<br />
sogar um 23.200. Die klassische Energiewirtschaft kann in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> auch langfristig<br />
nur wenige hundert Arbeitsplätze schaffen. Gleichzeitig würde ein Zubau von fossilen Groß-<br />
7
kraftwerken den Aufwuchs erneuerbarer Energien blockieren und damit an anderer Stelle die<br />
Schaffung vieler neuer Arbeitsplätze verhindern.<br />
Die vorgeschlagene Entwicklung führt im Energieerzeugungssektor bis 2030 zu einer Sen-<br />
kung des Treibhausgas-Ausstoßes um elf Prozent. Während die Emissionen aus dem Mehr-<br />
einsatz von Erdgas und Biomasse ansteigen, sinkt der braunkohlebedingte CO2-Ausstoß für<br />
sich betrachtet um nahezu ein Drittel. Das Braunkohlekraftwerk Profen hingegen würde zu<br />
einem Anstieg der Emissionen in der Energieerzeugung um 36 Prozent führen. Ginge das<br />
Steinkohlekraftwerk Arneburg ans Netz stiege der CO2-Ausstoß sogar um 80 Prozent.<br />
Es wird empfohlen, im Strom- und Wärmebereich konkrete Mindestziele für den Klimagas-<br />
ausstoß, den Ausbau der erneuerbaren Energien und die Steigerung der Energieeffizienz für<br />
das Jahr 2020 festzulegen: Senkung der CO2-Emissionen im Strom- und Wärmesektor um<br />
10 Prozent gegenüber 2010, Steigerung des Anteils der erneuerbaren Energien im Strombe-<br />
reich auf 60 Prozent, im Wärmesektor auf 40 Prozent und Verbesserung der Energieeffizienz<br />
gegenüber 2010 um 20 Prozent.<br />
Weitere Handlungsempfehlungen sind die Schaffung einer Landesenergieagentur mit dem<br />
Ziel, verbindliche Klimaschutz- und Energieeffizienzziele sowie den geregelten Ausbau er-<br />
neuerbarer Energien voran zu treiben sowie die Einrichtung einer ständigen Arbeitsgruppe<br />
Netze und Erzeugung bei der Landesregierung. Insbesondere unter Einbeziehung ausge-<br />
kohlter Braunkohletagebaue der MIBRAG sollen bis 2020 Stromspeicher mit einer Leistung<br />
von 250 MW aufgebaut werden.<br />
Als „Flächenziel Windenergienutzung“ werden ein Prozent der Landesfläche bzw. 20.450 ha<br />
festgeschrieben. Für Photovoltaik auf vorgenutzten Freiflächen ist ein landesweites Flächen-<br />
nutzungskataster zu erstellen. Ausweisungsziel: 5.000 Hektar. Zur Unterstützung einer mög-<br />
lichst effizienten Verwendung der Biomasse werden die Schwerpunkte auf Biogas, Reststof-<br />
fe und Abfälle, Wald- und Gebrauchtholz sowie Getreidestroh gelegt. Die tiefe Geothermie<br />
soll durch die Förderung von einzelnen Pilotvorhaben unterstützt werden. Im Landesentwick-<br />
lungsplan muss der Technik uneingeschränkt Vorrang vor der möglichen CO2-Speicherung<br />
(CCS) eingeräumt werden.<br />
Darüber hinaus sind die Ausgestaltung einer solaren Bauordnung und die Einführung eines<br />
Landeswärmegesetzes zur Förderung erneuerbarer Energien im Wärmebereich zu empfeh-<br />
len, welche den Gebäudebestand ausdrücklich mit einbeziehen.<br />
Zur Durchsetzung der genannten Ziele und Maßnahmen stellt die Landesregierung bis zum<br />
Jahr 2020 insgesamt 200 Mio. Euro bzw. pro Jahr bis zu 30 Mio. Euro im Landeshaushalt<br />
zur Verfügung.<br />
8
1. Energiestruktur in Deutschland<br />
1.1 Strom- und Wärmeversorgung in Deutschland<br />
1.1.1 Stromerzeugung<br />
Die in Deutschland verfügbaren Kraftwerke haben derzeit eine elektrische Bruttoleistung von<br />
138 GW und stellten im Jahr 2008 insgesamt 639 TWh Strom bereit [BMWi 2009]. Gegen-<br />
über dem Basisjahr 2000 1 ist das ein Anstieg um elf Prozent. Die Strombereitstellung ist<br />
nach wie vor von einer fossilen und atomaren Erzeugung geprägt. Aus Braun- und Steinkoh-<br />
le kommen 46 Prozent der elektrischen Energie. Die 17 deutschen Atomkraftwerke liefern<br />
derzeit 23 Prozent des Stroms. Der vergleichsweise klimafreundliche fossile Energieträger<br />
Erdgas macht 13 Prozent der Erzeugung aus. Mineralöl spielt im Gegensatz zum Verkehrs-<br />
und Wärmebereich bei der Stromerzeugung mit zwei Prozent kaum eine Rolle. Einfuß haben<br />
jedoch die indirekten Auswirkungen des Ölmarktes auf die Brennstoffkosten beim Erdgas.<br />
Der Gaspreis ist an den Handelswert des Öls gekoppelt und wird mit einigen Monaten Ver-<br />
zögerung an dessen Preisentwicklung angeglichen. Die erneuerbaren Energien machen be-<br />
reits 15 Prozent an der Stromgewinnung aus, wovon Windenergie 45 Prozent bereitstellt<br />
[BMU 2009a]. Müll als Brennstoff trägt zu zwei Prozent zum Strommix bei. Er wird hälftig den<br />
erneuerbaren Energien zugeschlagen, da es sich zu dieser Menge um Abfälle aus Biomasse<br />
handelt. Unter den sonstigen Energieträgern befinden sich die Abflüsse aus Pumpspeicher-<br />
werken sowie die Verstromung von Gicht- und Grubengas.<br />
Während die Strommenge aus Kohle gegenüber dem Jahr 2000 nahezu unverändert blieb,<br />
nahm die Erzeugung aus Erdgas im gleichen Zeitraum um 69 Prozent zu. Atomstrom ist seit<br />
der Jahrtausendwende um zwölf Prozent rückläufig. Erneuerbare Energien haben um fast<br />
das Dreifache zugelegt. Bemerkenswert ist der zunehmende Stromexport. Gegenüber dem<br />
Jahr 2000, als Deutschland noch geringe Mengen importierte, stieg die Nettoabgabe ins<br />
Ausland im Jahr 2008 auf den Rekordwert von 23 TWh [AGEB 2009]. Das entspricht der<br />
durchschnittlich erzeugten Strommenge von drei Atomkraftwerken.<br />
<br />
1 Das häufig von der Energiewirtschaft herangezogene Vergleichsjahr 1998 ist bei einer neutralen Betrachtung<br />
von Energiedaten ungeeignet. Die Folgen der im April 1998 eingeleiteten Liberalisierung des Strommarktes in<br />
Deutschland werden dabei noch nicht erfasst. Der Öffnung des Strommarktes folgte zunächst eine massive Kon-<br />
solidierung und Monopolisierung im Bereich der Erzeugung und der Netze. Erst Ende 2000 stellte sich eine nach-<br />
vollziehbare Entwicklung unter den neuen Marktmechanismen ein [Erdmann 2008].<br />
9
Grafik 2: Bruttostromerzeugung nach Energieträgern in Deutschland 2008<br />
Uran 23,3%<br />
Steinkohle 20,1%<br />
Quelle: BMWi 2009, BMU 2009a; * 50% des Abfalls sind als biogene Reststoffe den erneuerbaren Energien zuzurechnen<br />
Die Verstromung von Braunkohle findet unmittelbar an den Tagebaugebieten im Rheinischen<br />
Revier, in der Lausitz und an den Abbaufeldern der MIBRAG in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> und Sach-<br />
sen statt. Die zur Förderung genehmigten Rohstoffmengen reichen aus, um die vorhandenen<br />
Kraftwerke über ihre vorgesehene Betriebsdauer, und damit teilweise noch bis 2050, zu<br />
betreiben [FFU 2008]. Der Abbau und die Verstromung von noch insgesamt rund 6,3 Mrd.<br />
Tonnen Braunkohle in Deutschland bedeutet jedoch auch, dass in dem Zeitraum etwa die<br />
gleiche Menge klimaschädliches Kohlendioxid (CO2) in die Atmosphäre gelangt. Das ent-<br />
spricht dem jährlichen Klimagas-Ausstoß aller 27 EU-Staaten.<br />
Aufgrund hoher Klimabelastungen und massiver Eingriffe in Siedlungs- und Naturräume ist<br />
eine Ausweitung der Braunkohleverstromung umstritten. Neue Kraftwerke sind deshalb nur<br />
dort konkret geplant oder in Bau, wo Tagebaugenehmigungen vorliegen oder die Erkundung<br />
von neu zu erschließenden Vorkommen weit fortgeschritten ist. Die größte Anlage wird der-<br />
zeit von RWE im nordrheinwestfälischen Neurath gebaut. Sie wird eine Leistung von 2.100<br />
MW haben und jährlich 14 Mio. Tonnen CO2 ausstoßen [BDEW 2009a]. Am sächsischen<br />
Kraftwerksstandort Boxberg entsteht derzeit ein zusätzlicher Block zur Braunkohleverstro-<br />
mung mit einer Bruttoleistung von 675 MW. Ob eine von der MIBRAG am sachsen-<br />
anhaltinischen Standort Profen geplante Anlage mit 660 MW brutto gebaut wird, ist derzeit<br />
offen. Insgesamt hält sich der Zuwachs an Braunkohlestrom in Grenzen, zumal im Bestand<br />
ein Kraftwerksanteil von rund 4.000 MW 40 Jahre oder älter ist und in absehbarer Zeit außer<br />
Betrieb geht.<br />
Erdgas 13,0%<br />
Mineralöl 1,6%<br />
Abfall 1,5%*<br />
Sonstige 3,2%<br />
Erneuerbare<br />
Energien<br />
13,8%*<br />
Braunkohle 23,5%<br />
10 <br />
Windenergie 6,3%<br />
Wasserkraft 3,3%<br />
Biomasse 3,5%<br />
Solarenergie 0,7%
Steinkohle wird als Brennstoff weltweit gehandelt. Der Importanteil in Deutschland beträgt<br />
bereits drei Viertel. Durch den von der Bundesregierung beschlossenen Ausstieg aus dem<br />
subventionierten heimischen Steinkohlebergbau wird der Rohstoff in spätestens acht Jahren<br />
vollständig aus anderen Ländern kommen [SteinkohleFinG]. Alle geplanten Steinkohlekraft-<br />
werke sind bereits auf Importe ausgelegt. Neue Anlagen sind oft groß dimensioniert und<br />
meist auf den Grundlastbetrieb zugeschnitten. Neben technischen und betriebswirtschaftli-<br />
chen Überlegungen sind steigende Kosten durch die hohe Weltmarktnachfrage bei Steinkoh-<br />
le und zunehmende Klimaschutzauflagen Gründe für diese Entwicklung. Auch ein begrenz-<br />
tes Flächenangebot zum Bau neuer Anlagen und zunehmende Proteste der betroffenen Be-<br />
völkerung vor Ort spielen eine Rolle. Darüber hinaus veranlasste der Beschluss zum Aus-<br />
stieg aus der Atomenergienutzung die Energiekonzerne zum ersatzweisen Bau großer<br />
Steinkohlekraftwerke. Derzeit gibt es Planungen für bis zu 25 Kohleblöcke mit zusammen<br />
rund 22.000 MW installierter Bruttoleistung [BDEW 2009a]. Das entspricht drei Viertel der<br />
heutigen Kapazität an Steinkohlekraftwerken und stellt einen erheblichen Zubau dar. Selbst<br />
wenn unterstellt wird, dass im Zeitraum bis zum Jahr 2020 alle bestehenden Anlagen nach<br />
40 Betriebsjahren abgeschaltet werden, überwiegt der Zubau den Abgang leistungsbezogen<br />
um das Doppelte. Eine der größten Anlagen will der RWE-Konzern in Arneburg bei Stendal<br />
in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> errichten [Arneburg 2008]. Die Anlage soll brutto 1.600 MW leisten und<br />
wird nahezu neun Mio. Tonnen CO2 ausstoßen 2 .<br />
Atomenergie hatte nach bisheriger Gesetzeslage eine abnehmende Bedeutung [AtG]. Nach<br />
derzeit noch gültigem Beschluss zum Ausstieg aus der Atomenergienutzung wird im Jahr<br />
2022 die letzte Atomanlage abgeschaltet [BMU 2009b]. Derzeit unterliegt die Stromprodukti-<br />
on aus den uranbefeuerten Anlagen teilweise starken Schwankungen [Atomforum 2009].<br />
Hintergrund ist, dass sich die sichere Beherrschbarkeit der alten Kraftwerke als zunehmend<br />
problematisch herausstellt. Störfälle und Sicherheitsmängel führten zeitweise zum gleichzei-<br />
tigen Herunterfahren mehrerer Anlagen. Es ist jedoch auch anzunehmen, dass die Stillstän-<br />
de einzelner Reaktorblöcke von der Atomwirtschaft gezielt in Kauf genommen wurden. Ziel<br />
wäre es, in der 17. Legislaturperiode des Bundestags unter der neuen Regierungszusam-<br />
mensetzung auch für die ältesten Anlagen Laufzeitverlängerungen durchzusetzen. Dennoch<br />
hat Atomstrom insgesamt eine abnehmende Bedeutung, da die technischen Probleme weiter<br />
zunehmen und ein Zubau von Reaktoren in Deutschland auf absehbare Zeit auszuschließen<br />
ist.<br />
<br />
2 Nähere Daten und Informationen zum Kraftwerk Arneburg können der Studie „Energieausblick Altmark“, die im<br />
März 2009 in Berlin veröffentlicht wurde, unter www.enerpolis.de entnommen werden.<br />
11
Gaskraftwerke haben den Vorteil, dass sie im Vergleich zu Kohleblöcken deutlich niedrigere<br />
Investitionskosten verbuchen und im Betrieb schnell regelbar sind. Sie werden in allen Grö-<br />
ßen, oft aber für die dezentrale und gleichzeitige Strom- und Wärmeversorgung eingesetzt.<br />
Nachteilig sind die höheren Brennstoffkosten. Durch die Klimaschutzregelungen im europäi-<br />
schen Emissionshandel, die vor allem die Kohleverstromung verteuern, sowie durch weiter<br />
steigende Steinkohlepreise im Welthandel hebt sich der Preisunterschied zwischen Kohle<br />
und Gas aber zunehmend auf [BMU 2008]. Darüber hinaus bestehen beim Erdgas langfristi-<br />
ge Liefervereinbarungen zwischen Deutschland und den Lieferländern, die teilweise Laufzei-<br />
ten von mehr als 20 Jahren haben [BMWi 2007]. Auch während der zurückliegenden Gaskri-<br />
sen, bei denen die Ukraine als Durchleitungsland für russisches Gas im Mittelpunkt stand,<br />
war die Stabilität der Versorgung in Deutschland nicht gefährdet. Entscheidende Mängel wa-<br />
ren das Fehlen eines modernen Röhrennetzes und eines abgestimmten Vorgehens inner-<br />
halb der europäischen Gemeinschaft [SWP 2009]. Unter der Maßgabe einer effizienteren<br />
Nutzung kann Erdgas auch künftig als ein verlässlicher Brennstoff betrachtet werden.<br />
Derzeit sind 18 Erdgasanlagen in einer Größenordnung von 100 bis über 1.000 MW instal-<br />
lierter Leistung mit einer Gesamtkapazität von mindestens 12.000 MW geplant oder in Bau.<br />
Da die Erdgasverstromung in Deutschland im Wesentlichen erst Ende der 1970er Jahre ein-<br />
setzte und erst nach der Wende an Bedeutung gewann, können die Kraftwerksvorhaben der<br />
nächsten Jahre dem Bestand von rund 22.000 MW Bruttoleistung hinzu gerechnet werden.<br />
Das größte Vorhaben mit 1.200 MW brutto plant der Energieversorger Eon gemeinsam mit<br />
dem russischen Gaskonzern Gazprom in Mecklenburg-Vorpommern am Standort Lubmin bei<br />
Greifswald [BDEW 2009a]. Neben den großen Stromkraftwerken, deren Wärmeauskopplung<br />
oft gering ist, leistet das KWK-Gesetz auch dem Ausbau hoch effizienter Erdgaskraftwerke<br />
und Kleinstanlagen zur gleichzeitigen Strom- und Wärmeerzeugung Vorschub [KWKG]. Ins-<br />
gesamt kann in den kommenden zehn Jahre mit einer Verdoppelung der Stromerzeugung<br />
aus Erdgas gerechnet werden.<br />
Der schnell wachsende Anteil erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung wird bis 2020<br />
noch einmal deutlich zunehmen. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), das die Einspei-<br />
sung von Strom aus regenerativen Quellen regelt, sieht bis 2020 einen Anteil von minde-<br />
stens 30 Prozent vor [EEG]. Sofern die Förderbedingungen nicht verschlechtert und Wider-<br />
stände bei der herkömmlichen Stromwirtschaft abgebaut werden, sind die erneuerbaren<br />
Energien sogar in der Lage, in zehn Jahren bis zu 47 Prozent des Stroms zu liefern [BEE<br />
2009]. Das entspräche einer Fortschreibung der bisherigen Entwicklung.<br />
Während sich der Windenergieausbau an Land aufgrund zunehmender Raumkonflikte ver-<br />
langsamt, ist für die Offshore-Windkraft bis 2020 ein Leistungszubau von bis zu 12.000 MW<br />
12
zu erwarten [Bundesregierung 2009]. Wind wird auch künftig den größten Teil der regenera-<br />
tiven Energiequellen ausmachen. Von besonderer Bedeutung ist, dass die Zahl der jährli-<br />
chen Volllaststunden von derzeit unter 2.000 langfristig auf bis zu 3.500 steigen wird. Gründe<br />
sind die höhere seeseitige Windausbeute sowie landseitig das gesetzlich geförderte Austau-<br />
schen von Altanlagen durch moderne, leistungsfähigere Windräder.<br />
An die Nutzung der Biomasse zur Strom- und Wärmeerzeugung werden zunehmend ökolo-<br />
gische und soziale Anforderungen gestellt. Flächenkonflikte sowie konkurrierende Biomas-<br />
senutzungen stehen hier im Vordergrund. Energiepflanzen und Reststoffe sollen deshalb<br />
besser eingesetzt werden [EEG]. Der künftige Zuwachs von Strom aus Biomasse hängt<br />
maßgeblich davon ab, welche Nutzungspfade sich durchsetzen, wie effizient biogene Abfälle<br />
genutzt werden und wie praxisnah die Einspeisung von Biomethan ins Erdgasnetz geregelt<br />
wird.<br />
Solarstrom liefert zwar mit nur vier Prozent die geringste Strommenge aus erneuerbaren<br />
Energien, wächst aber mit über 40 Prozent im Jahr am schnellsten [BSW 2009a]. Gleichwohl<br />
sind entscheidende Neuregelungen zur Förderung der Photovoltaik absehbar. Die hohe Ver-<br />
gütung der Halbleitertechnik steht zunehmend in der Kritik, weshalb mit einer deutlichen Ab-<br />
senkung der Fördersätze zu rechnen ist. Der Ausbau von Solarstrom wird sich deshalb auf<br />
hohem Niveau verlangsamen.<br />
Die Geothermie spielt bei der Stromerzeugung bisher kaum eine Rolle. Haupthemmnisse<br />
waren bisher die hohen Bohrkosten sowie Risiken bei der Aufsuchung und Erschließung tie-<br />
fer Erdwärme. Der Vorteil der Nutzbarmachung von Geothermie liegt in der Grundlastfähig-<br />
keit, da sie durchgängig zur Verfügung steht. Aufgrund einer Anschub-Regelung im EEG<br />
2009 wird es in den kommenden Jahren zu einem deutlichen Wachstum und damit zu einem<br />
spürbaren Markteintritt kommen [BMU 2009c].<br />
1.1.2 Wärmenutzung<br />
Für Raumwärme, Warmwasser und Prozesswärme wurden im Jahr 2007 bundesweit rund<br />
1.335 TWh Energie verbraucht [BMWi 2009] 3 . Beim Endenergieverbrauch in den betrachte-<br />
ten Bereichen Industrie, Gewerbe und Privathaushalte überwiegt die Erdgasnutzung mit 45<br />
Prozent. Mineralöl liefert rund 20 Prozent der Wärme, Strom und Kohle liefern jeweils elf<br />
Prozent. Erneuerbare Energien machen sieben Prozent aus, Fernwärme wird lediglich zu<br />
fünf Prozent genutzt. Die größten Anteile haben die Heizungen in den privaten Haushalten<br />
und die Prozesswärme in der Industrie mit jeweils 34 Prozent. Die Warmwasserbereitung<br />
macht am Endenergieverbrauch insgesamt nur neun Prozent aus.<br />
<br />
3 Ohne Berücksichtigung des Verkehrssektors und einschließlich der Wärmeenergie aus Strom.<br />
13
Grafik 3: Wärme-Endenergieverbrauch nach Energieträgern in Deutschland 2007<br />
Erdgas 45,2%<br />
Quelle: BMWi 2009, BMU 2009a<br />
Erneuerbare Energien im Wärmebereich wachsen derzeit nur langsam. Im Jahr 2008 lieferte<br />
regenerative Wärme 104 TWh [BMU 2009a]. Gegenüber dem Vorjahr ist das lediglich ein<br />
Zuwachs um zwei Prozent. Mit einer Verdoppelung in den letzten zehn Jahren ist langfristig<br />
jedoch eine deutliche Zunahme der Wärmemenge aus Biomasse, Solarenergie und Erdwär-<br />
me zu beobachten. Die Märkte für Solarkollektoren und Wärmepumpen wuchsen dabei am<br />
schnellsten. Ein besseres Fördergerüst für regenerative Wärmenutzung auf Bundesebene,<br />
gesetzliche Neuregelungen, die Pflichtanteile bei der Nutzung erneuerbarer Energien im<br />
Wärmebereich vorgeben [EEWärmeG], sowie eine Wärmeauskopplungspflicht beim Einsatz<br />
von Biomasse und eine Anschubförderung für die tiefe Geothermie [EEG] sprechen hier für<br />
die kommenden Jahre für einen raschen Zuwachs.<br />
Gegenüber dem Vergleichsjahr 1996 4 ist die Wärmenachfrage bundesweit um 20 Prozent<br />
gesunken. Auffällig ist die deutliche Abnahme des Wärmeverbrauchs bei Gewerbe, Handel<br />
und Dienstleistungen um 30 Prozent sowie in den Privathaushalten um 26 Prozent. Der<br />
Energiebedarf in der Industrie stagnierte hingegen. Hier ist über die Jahre ein Wechsel von<br />
Mineralöl hin zu Strom zu beobachten. Der Ölverbrauch bei industrieller Prozesswärme ging<br />
um 44 Prozent zurück, während Strom um fast ein Viertel zulegte. Der gleichzeitige Rück-<br />
gang der Fernwärmenutzung um 36 Prozent weist auf eine ungenügende Effizienzentwick-<br />
lung hin. Im Gewerbe ist der Energieträgerwechsel vom Mineralöl hin zu Erdgas deutlich<br />
ausgeprägt. Trug Öl 1996 noch zu 43 Prozent zur Wärmeversorgung im gewerblichen Be-<br />
reich bei, sank der Anteil 2007 auf 25 Prozent. Die Erdgasnutzung stieg im gleichen Zeit-<br />
<br />
4 Das Vergleichsjahr 1996 basiert auf Daten des BDEW und stellt lediglich einen nicht temperaturbereinigten<br />
Langfristtrend dar.<br />
Strom 10,9%<br />
Kohle 10,6%<br />
Fernwärme 5,3%<br />
Sonstige 1,0%<br />
Mineralöl 19,6%<br />
Erneuerbare<br />
Energien 7,5%<br />
14 <br />
Biomasse 7,0%<br />
Solarthermie 0,3%<br />
Geothermie 0,2%
aum von 35 auf 49 Prozent. Bei Privathaushalten ist die Entwicklung nicht so stark ausge-<br />
prägt. Hier ging Mineralöl im Wärmemix um sieben Prozentpunkte auf 31 Prozent zurück.<br />
Erdgas lieferte 2007 zu 45 Prozent Raumwärme, was einem Zuwachs von zwei Prozent-<br />
punkten entspricht. Der Anschlussgrad von Fernwärme blieb in den vergangenen elf Jahren<br />
sowohl im gewerblichen als auch im privaten Bereich annähernd gleich.<br />
Tabelle 1: Endenergieverbrauch des Wärmesektors in Deutschland nach Anwendungsbereichen<br />
Verwendung<br />
15 <br />
Wärmemenge (TWh)<br />
in 1996 in 2007<br />
Veränderung (%)<br />
Raumwärme 994,7 788,1 - 21<br />
davon Industrie 79,0 61,1 - 23<br />
Private Haushalte 657,8 547,1 - 17<br />
Warmwasser 140,8 132,5 - 6<br />
davon Industrie 4,9 6,5 + 32<br />
Private Haushalte 89,6 87,7 - 2<br />
Prozesswärme 532,5 595,0 + 12<br />
davon Industrie 443,7 495,0 + 12<br />
Endenergieverbrauch insgesamt 1668,0 1515,6 - 9<br />
Quelle: BMWi 2009<br />
Drei Viertel aller Privathaushalte in Deutschland verfügen über eine Zentral- oder Etagenhei-<br />
zung. 16 Prozent der erfassten Wohnungen werden mit Fernwärme versorgt. Dabei ergibt<br />
sich in Ostdeutschland im Vergleich zum früheren Bundesgebiet aufgrund einer anderen<br />
Entwicklung der Energiestruktur ein abweichendes Bild. In den neuen Bundesländern und<br />
Berlin sind die Fernwärmenetze mit einem Anschlussgrad von 37 Prozent deutlich besser<br />
entwickelt als im Westen der Bundesrepublik, wo nur elf Prozent aller Wohnungen über<br />
Fernwärme verfügen [destatis 2009]. In Ostdeutschland bieten sich daher gute Vorausset-<br />
zungen für eine effiziente Energiewirtschaft.<br />
Der Heizwärmebedarf bei den privaten Haushalten betrug 2007 deutschlandweit 165 kWh je<br />
Quadratmeter. Auch hier weichen die ostdeutschen Bundesländer zum Vorteil hin ab. Mit<br />
124 kWh je Quadratmeter im Jahr liegt der Verbrauch ein Viertel niedriger als im Bundes-<br />
durchschnitt [Techem 2007]. Als Grund lässt sich ein wendebedingter Sanierungsvorsprung<br />
ausmachen. Beim Ausblick für den zukünftigen Wärmeverbrauch in Wohnungen ist zwar ein<br />
Rückgang der Bevölkerung um gut vier Prozent bis 2025 zu berücksichtigen [destatis 2007].<br />
Wesentlich ausschlaggebender ist aber der Wandel im Zusammenleben der Menschen. Die<br />
Zahl der Personen, die gemeinsam in einer Wohnung leben, ist rückläufig. Die Ein- und<br />
Zweipersonenhaushalte werden daher zu Lasten der Haushalte mit drei oder mehr Mitglie-
dern bis 2025 um voraussichtlich elf Prozent zulegen. Mit dem Anwachsen der Zahl der<br />
Haushalte nimmt die zu beheizende Wohnfläche pro Person und somit der Wärmebedarf zu.<br />
In Ostdeutschland tritt diese Entwicklung auf andere Weise zutage. Im betrachteten Zeitraum<br />
ist ein Bevölkerungsrückgang um bis zu 13 Prozent anzunehmen. Während die Zahl der<br />
Haushalte mit ein bis zwei Personen dabei nahezu unverändert bleibt, gehen die Wohnun-<br />
gen, in denen drei und mehr Menschen leben, um über 30 Prozent zurück. Dennoch nimmt<br />
auch im Osten die Wohnfläche insgesamt weiter zu.<br />
1.2 Beschäftigungsentwicklung<br />
Die Beschäftigungssituation in der deutschen Energiewirtschaft ist von Umbrüchen gekenn-<br />
zeichnet. Die deutlichste Veränderung ist mit dem Ausstieg aus der heimischen Steinkohle<br />
zu verzeichnen. Ende 2008 beschäftigte der Bergbausektor noch 30.400 Menschen. Das ist<br />
gegenüber dem Jahr 2000 ein Rückgang um 27.700 Beschäftigte [Kohlenstatistik 2009a].<br />
Nach dem Beschluss der Bundesregierung zum Steinkohleausstieg wird es nach 2018 in<br />
Deutschland keinen Bergbau mehr geben. In der Braunkohle ging die Zahl der Arbeitsplätze<br />
insgesamt nur leicht zurück und liegt derzeit bei rund 22.500 Beschäftigten. Im rheinischen<br />
Revier ist aufgrund des Neuaufbruchs von Garzweiler II und des dadurch ermöglichten<br />
Kraftwerkszubaus in Neurath ein leichter Zuwachs zu verzeichnen. Dem steht in den ost-<br />
deutschen Revieren ein leichter aber durchgängiger Rückgang der Arbeitsplätze gegen-<br />
über 5 .<br />
In der Elektrizitätswirtschaft arbeiteten 2008 noch 121.200 Menschen. Das sind 16.000 Be-<br />
schäftigte weniger als noch 2000. Gegenüber 1998, dem Jahr der Strommarktliberalisierung,<br />
sind sogar fast 40.000 Stellen abgebaut worden, obwohl die Stromproduktion deutlich zu-<br />
nahm [BMWi 2009]. Setzt sich der Trend fort, werden bis 2020 weitere 18.000 Arbeitsplätze<br />
abgebaut. Verstärkt wird die Abnahme durch den Bau neuer Kohlekraftwerke. Die geplanten<br />
Stromerzeugungsanlagen laufen mit einem hohen Automatisierungsgrad. Arbeiten in Alt-<br />
kraftwerken je 100 MW installierter Kraftwerkleistung noch 52 Menschen, reichen bei neue-<br />
sten Anlagen sieben Kraftwerksbeschäftigte je 100 MW aus [DIE LINKE 2007]. Die RWE-<br />
Betriebsräte gehen davon aus, dass mit der Erneuerung des Kraftwerksparks vier von fünf<br />
Arbeitsplätzen in der Elektrizitätserzeugung verloren gehen.<br />
Im Fernwärmebereich arbeiten derzeit rund 14.400 Energie-Beschäftigte und damit 1.800<br />
weniger als noch im Jahr 2000. Dies ist der insgesamt leicht rückläufigen Fernwärmenach-<br />
<br />
5 Bei der Entwicklung der Braunkohlewirtschaft wird 2002 als Vergleichsjahr herangezogen, da die Kohlenstatistik<br />
seit diesem Jahr folgerichtig Beschäftigte in den Kraftwerken den Tagebaubeschäftigten hinzurechnet.<br />
16
frage geschuldet. Bei den Beschäftigten der Gasversorgung ist für den gleichen Zeitraum ein<br />
Rückgang von 4.300 Stellen zu verzeichnen, wobei 2008 in diesem Sektor noch rund 33.500<br />
Menschen arbeiteten. Der Rückgang im Gassektor ist auch den monopolartigen Strukturen<br />
geschuldet, die in den letzten Jahren deutlich herausgebildet wurden. Bei fortlaufendem<br />
Trend wird die Entwicklung in den nächsten zehn Jahren weitere 4.700 Stellen kosten.<br />
Zusammen genommen sind in der klassischen Energiewirtschaft im betrachteten Zeitraum<br />
fast 60.000 Stellen verlorengegangen. Bis 2020 werden voraussichtlich noch einmal etwa<br />
60.000 Arbeitsplätze abgebaut.<br />
In der Branche der erneuerbaren Energien ist hingegen ein rasanter Beschäftigungszuwachs<br />
zu verzeichnen. Ende 2008 arbeiteten bereits 278.000 Menschen in diesem Bereich. Das ist<br />
eine Verdreifachung gegenüber dem Jahr 2000. Allein seit 2004 sind 118.000 Stellen hinzu-<br />
gekommen [BMU 2009a]. Bis zum Jahr 2020 wird erwartet, dass mehr als eine halbe Mio.<br />
Menschen durch den Ausbau erneuerbarer Energien Arbeit finden, was den Beschäftigungs-<br />
niedergang in der herkömmlichen Energiewirtschaft mehr als wettmacht: Auf jede wegfallen-<br />
de Stelle bei der fossilen Strom- und Wärmebereitstellung kommen derzeit fünf neue Ar-<br />
beitsplätze im Bereich der erneuerbaren Energien. Die einzelnen Sparten in der neuen<br />
Energiebranche sind unterschiedlich beschäftigungsintensiv. Bezogen auf ein MW installierte<br />
elektrische Leistung stellt sich das Stellenpotential, das direkt mit Herstellung, Installation<br />
und Betrieb der Anlagen in Beziehung steht, wie folgt dar: Strom aus Wasserkraft schafft<br />
zwei und Windenergie rund vier Arbeitsplätze je MW. In der Biomasse entstehen 30 Arbeits-<br />
plätze, wobei bezogen auf die erzeugte Energiemenge vier von fünf Stellen im Wärmebe-<br />
reich liegen. Solarenergie erzeugt je MW installierter Leistung 13 unmittelbare Beschäfti-<br />
gungsverhältnisse, wovon ein Drittel der Stellen auf den Bereich der Solarthermie entfällt<br />
[BSW 2009b]. Für Geothermie können aufgrund der bisher noch geringen Anlagenzahl keine<br />
verlässlichen Zahlen abgeleitet werden.<br />
1.3 Energiebedingte Treibhausgas-Emissionen<br />
Treibhausgase beeinflussen die globale Erdtemperatur. CO2 ist dabei mengenmäßig das<br />
Gas mit dem stärksten Einfluss. Aufgrund menschlicher Aktivitäten ist sein Anteil in der At-<br />
mosphäre gegenüber der vorindustriellen Zeit bereits um 75 Prozent gestiegen. Der Wert<br />
liegt heute höher als in den vergangenen 650.000 Jahren der Erdgeschichte und verursacht<br />
nachweislich Umweltveränderungen, die weltweit die Stabilität von Ökosystemen und Ge-<br />
sellschaften gefährden. Hauptursache für den unnatürlichen Klimawandel ist die massenhaf-<br />
te Verbrennung fossiler Rohstoffe wie Kohle und Erdöl. Derzeit nimmt die Klimagasmenge in<br />
17
der Atmosphäre immer schneller zu. Eines der sichtbarsten Zeichen für die gefährliche Ent-<br />
wicklung ist das Abschmelzen der Gletscher in den Gebirgsregionen und an den Polkappen<br />
[IPCC 2007].<br />
Die Entwicklung bedroht bereits jetzt die Lebensgrundlagen von Menschen in vielen Regio-<br />
nen der Welt. Unter den Folgen des Klimawandels leiden aber zuallererst die Armen. Ihnen<br />
fehlt die Kraft, sich den veränderten Verhältnissen anzupassen. Die Folgen sind auch in<br />
Deutschland sichtbar: Hitzesommer und Versteppung, Zunahme von Starkregen und Über-<br />
schwemmungen, Rückgang heimischer Arten und verschlechterte Anbaubedingungen tradi-<br />
tioneller Obstsorten. Eine zentrale Erkenntnis ist auch, dass uns die Folgen des Klimawan-<br />
dels teurer zu stehen kommen, als dessen wirksame Bekämpfung. Gleichwohl müssen die<br />
Staaten bereits jetzt Anpassungsmaßnahmen vorbereiten. Dies muss als ein Indiz für Hand-<br />
lungsversäumnisse zur wirksamen Bekämpfung der Erderwärmung gewertet werden.<br />
Um deutlich zu machen, welche Staaten eine hohe Verantwortung beim Klimaschutz tragen<br />
muss der Treibhausgasbeitrag jedes Landes pro Kopf bemessen werden. Schließlich hat je-<br />
der Mensch das gleiche Recht auf Nutzung der Atmosphäre. Weltweites Ziel ist ein Pro-<br />
Kopf-Ausstoß von höchstens zwei Tonnen CO2. Deutschland gehört mit jährlich 9,7 Tonnen<br />
je Einwohner zu den weltweit größten Verursachern von Treibhausgasen und muss einen<br />
entsprechenden Beitrag zu deren Minderung leisten [IEA 2009]. Dazu ist es erforderlich den<br />
CO2-Ausstoß hierzulande gegenüber 1990 bis 2020 um mindestens 40 Prozent und bis 2050<br />
um mindestens 80 Prozent zu senken. Da der Energiesektor größter Verursacher der gefähr-<br />
lichen Entwicklung ist, sind hier entscheidende Veränderungen erforderlich. Deutliche Ver-<br />
brauchssenkungen, die wirksame Steigerung der Energieeffizienz und der konsequente<br />
Ausbau erneuerbarer Energien gehören zu den anerkannt wirksamsten Maßnahmen zur Er-<br />
reichung der Klimaschutzziele [BMU 2008a].<br />
Die CO2-Emissionen in Deutschland sind zwischen 1990 6 und 2007 um 18 Prozent zurück-<br />
gegangen. In der Energiewirtschaft ist jedoch trotz des Zubaus erneuerbarer Energien seit<br />
der Jahrtausendwende wieder ein Anstieg des Klimagas-Ausstoßes um elf Prozent zu ver-<br />
zeichnen [BMWi 2009]. Gründe sind der Zubau fossiler Kraftwerke im Zusammenhang mit<br />
einer ungenügend strengen Ausgestaltung des europäischen Emissionshandels. Dennoch ist<br />
der Anteil der erneuerbaren Energien zur Minderung von Treibhausgasen bereits heute<br />
enorm, da ohne ihren Beitrag die Energiebereitstellung fossil erfolgen würde. Ende 2008<br />
vermieden erneuerbare Energien bereits 109 Mio. Tonnen CO2. Zum Vergleich: Der Ausstoß<br />
aller Privathaushalte in Deutschland betrug 2007 86 Mio. Tonnen.<br />
<br />
6 Das Jahr 1990 ist derzeit das international anerkannte Basisjahr zur Beurteilung der Entwicklung von Treib-<br />
hausgasemissionen und wurde auch im Kyoto-Protokoll verankert.<br />
18
Tabelle 2: CO2-Emissionen in Deutschland nach ausgewählten Bereichen 1990 bis 2006<br />
Jahr 1990 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006<br />
Energiebedingt (Mio. t) 948 800 823 808 822 819 799 799<br />
davon Energiewirtschaft (Mio. t) 415 347 356 358 373 370 362 366<br />
Quelle: IEA 2009<br />
Privathaushalte (Mio. t) 129 118 131 121 123 117 115 117<br />
Bei einer Verdoppelung des Anteils der erneuerbaren Energien auf 30 Prozent bis 2020<br />
[EEG] könnte gegenüber dem Ausgangsjahr 1990 die erforderliche CO2-Minderung von 40<br />
Prozent erreicht werden. Voraussetzung ist dabei, dass auch die Treibhausgase aus der fos-<br />
silen Strom- und Wärmeerzeugung zurückgehen, indem hier die Effizienz gesteigert wird.<br />
Die Zahlen zur machbaren Vermeidung von CO2-Emissionen verdeutlichen die Bedeutung<br />
der Auseinandersetzung um den Bau neuer Kohlekraftwerke in Deutschland. Sollten hierzu-<br />
lande alle von der Energiewirtschaft derzeit angedachten Stein- und Braunkohlekraftwerke<br />
bis 2020 in Betrieb gehen, würde der CO2-Ausstoß in diesem Sektor wieder über den Wert<br />
von 1990 ansteigen [BDEW 2009a]. Der europäische Emissionshandel, der den Gesamtaus-<br />
stoß im Energiebereich begrenzen soll, stellt in diesem Zusammenhang keine wirksame<br />
Sperre dar. Das Instrument wird von der Energiewirtschaft mit Unterstützung einzelner Mit-<br />
gliedsstaaten erfolgreich abgeschwächt [EU-Gericht 2009]. Deutschland läuft dann Gefahr,<br />
im Klimaschutz deutlich zurück zu fallen. Dabei muss im Blick behalten werden, dass mit je-<br />
der neuen fossil befeuerten Anlage eine energie- und klimapolitische Festlegung über eine<br />
Betriebsdauer von mindestens 40 Jahren getroffen wird. Sollte die Bundesrepublik anderer-<br />
seits aufgrund der Planungen der Energiekonzerne seine Verpflichtungen gegenüber Europa<br />
im Emissionshandel nicht einhalten können, müssten von den Verursachern zusätzliche Ver-<br />
schmutzungsrechte teuer hinzugekauft werden. Die Folge wäre auch eine deutliche Energie-<br />
preisteuerung [BMU 2008a].<br />
19
2 Energiestruktur in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
2.1 Energiewirtschaftliche Rahmendaten<br />
2.1.1 Flächennutzung und Bevölkerung<br />
<strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> verfügt über eine Fläche von gut zwei Mio. Hektar. Das sind 5,7 Prozent des<br />
Bundesgebiets. [StaLa 2008]. Insgesamt ist das Bundesland durch ländliche Strukturen ge-<br />
prägt. Mit 117 Einwohnern je Quadratkilometer ist das Land nur halb so dicht besiedelt wie<br />
Gesamtdeutschland. <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> umfasst die drei kreisfreien Städte Dessau-Roßlau,<br />
Halle (Saale) und die Hauptstadt Magdeburg, in denen 23 Prozent der Bevölkerung leben,<br />
sowie elf Landkreise mit 848 Städten und Gemeinden [StaLA 2009a]. Die landwirtschaftli-<br />
chen Flächen nehmen mit rund 1.270.000 Hektar 62 Prozent des Landes ein. 92 Prozent<br />
dieser Böden unterliegen einer aktiven landwirtschaftlichen Nutzung, wobei Ackerland mit<br />
fast einer Mio. Hektar dominiert. Dauergrünland umfasst rund 170.000 Hektar und die Wald-<br />
fläche belegt mit 490.000 Hektar knapp ein Viertel des Landes. Der größte Fluss, die Elbe,<br />
fließt auf einer Länge von 302 Kilometern durch <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>. Die Saale weist eine Länge<br />
von 179 Kilometern auf.<br />
Tabelle 3: Bodennutzung in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> 2007<br />
Nutzungsart Fläche (ha) Anteil (%)<br />
Landwirtschaftsfläche 1.271.766 62,2<br />
davon landwirtschaftlich genutzte Fläche 1.169.800 57,2<br />
davon Ackerland 997.500 48,8<br />
Dauergrünland 169.400 8,3<br />
Waldfläche 490.715 24,0<br />
Gebäude- und Freifläche 9<strong>1.4</strong>24 4,5<br />
Verkehrsfläche 76.767 3,8<br />
Sonstige 114.042 5,5<br />
Bodenfläche insgesamt 2.044.714 100,0<br />
Quelle: StaLa 2008<br />
Für die energiepolitische Betrachtung sind vor allem die Agrar- und Waldflächen von Bedeu-<br />
tung. Aus deren Größe und Zusammensetzung lassen sich Schlüsse auf die Biomassepo-<br />
tentiale zur energetischen Verwendung ziehen. Auch die Windenergienutzung findet in der<br />
20
Regel auf landwirtschaftlichen Böden statt. Angaben zu versiegelten oder vorbelasteten aber<br />
ungenutzten Freiflächen, die für große Solarstromanlagen interessant sind, lagen nicht vor.<br />
Von Belang für eine nachhaltige Bodenbewirtschaftung, den Naturschutz und den Erhalt der<br />
Kulturlandschaft sind das Dauergrünland, sechs Naturparke, 80 Landschaftsschutzgebiete,<br />
196 Naturschutzgebiete sowie der Nationalpark Hochharz und die beiden Biosphärenreser-<br />
vate Flusslandschaft Mittelelbe und Karstlandschaft Südharz. Die meisten geschützten Flä-<br />
chen weisen je nach Schutzstatus Überlappungen zueinander und Überschneidungen mit<br />
anderen Nutzungsformen auf. Zweck ihrer Einrichtung ist der Schutz der Artenvielfalt als Le-<br />
bensgrundlage des Menschen sowie unter anderem die Förderung ökologisch verträglicherer<br />
Boden- und Gewässernutzungen. Bei der flächenbezogenen Potentialabbildung der erneu-<br />
erbarer Energien müssen diese Schutzerfordernisse Berücksichtigung finden.<br />
In <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> leben derzeit rund 2.370.000 Menschen [StaLa 2009b]. Gegenüber dem<br />
Jahr 2000 ist das ein Rückgang um neun Prozent. Der Anteil der weiblichen Bevölkerung be-<br />
trägt 51,1 Prozent. Für die Zukunft erwartet das statistische Landesamt einen weiteren<br />
Rückgang der Bevölkerungszahl. Bereits in 15 Jahren kann der Wert unter die Zwei-<br />
Millionen-Grenze sinken. Aus dieser Entwicklung darf jedoch kein Rückgang des Energie-<br />
verbrauchs abgeleitet werden. Aufgrund sich verändernder Lebensstile und der damit ein-<br />
hergehenden deutlichen Abnahme von Haushalten mit drei oder mehr Personen sowie der<br />
Zunahme der Ein- und Zweipersonenhaushalte nehmen die Wohnfläche und damit auch der<br />
Verbrauch von Strom und Wärme pro Haushalt insgesamt zu [destatis 2009].<br />
2.1.2 Wirtschaftskraft<br />
Für eine energiepolitische Weichenstellung in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> ist die wirtschaftliche Entwick-<br />
lung von Bedeutung. Die aktuelle Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise verdeutlicht auf an-<br />
schauliche Weise den Zusammenhang zwischen Wirtschaftskraft und Energienachfrage in<br />
den Industriestaaten [BDEW 2009b]. Als Maßstab für die wirtschaftliche Entwicklung wird im<br />
Allgemeinen das Bruttoinlandsprodukt (BIP) herangezogen. Es umfasst den Wert aller er-<br />
zeugten Waren und Dienstleistungen einer Region über einen bestimmten Zeitraum und gibt<br />
damit indirekt auch Hinweise auf den Strom- und Wärmeverbrauch in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>.<br />
Es ist anzumerken, dass das BIP für die Beurteilung einer nachhaltigen Entwicklung, um die<br />
es im Rahmen dieser Untersuchung letztendlich geht, nur von geringer Aussagekraft ist, da<br />
es die Gemeinwohlinteressen kaum erfasst. So gibt die Erzeugungsleistung keinen Einblick<br />
in die sozialen Bedingungen bei der Produktion, die dabei entstehenden Umweltbelastungen<br />
und die Verlagerung von energie- und klimaintensiven Prozessbestandteilen ins Ausland<br />
[Diefenbacher 2008]. Dennoch lassen sich aus dem BIP grundlegende Aussagen für die zu<br />
erwartende Energienachfrage ableiten. Im Vordergrund steht dabei die Frage, wie effizient<br />
21
mit der zur Verfügung stehenden Energie in der Wirtschaft umgegangen wird. Dazu wird das<br />
BIP zum Primärenergieverbrauch des gleichen Wirtschaftsraumes ins Verhältnis gesetzt. Die<br />
daraus ermittelte Energieproduktivität zeigt die Erzeugungsleistung je Einheit verbrauchter<br />
Energie an.<br />
Energieproduktivität =<br />
Bruttoinlandsprodukt (BIP)<br />
Primärenergieverbrauch (PEV)<br />
Bis zum Jahr 2007 stieg das BIP <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>s gegenüber 2000 um 17,4 Prozent. Der<br />
Primärenergieverbrauch erhöhte sich im selben Zeitraum nahezu parallel um 17,1 Prozent.<br />
Daraus lässt sich erkennen, dass die Energieproduktivität seit der Jahrtausendwende nicht<br />
gesteigert wurde. Bei einer preisbereinigten BIP-Betrachtung ist sogar eine Verschlechterung<br />
der energiebezogenen Erzeugungsleistung erkennbar. Diese Beobachtung stimmt weitge-<br />
hend mit den deutschlandweiten Untersuchungen des Umweltbundesamtes überein. Dort<br />
heißt es: „In den letzten Jahren (2000 bis 2006) hat sich der Anstieg der Energieproduktivität<br />
verlangsamt. Eine Fortsetzung des bisherigen durchschnittlichen Entwicklungstempos würde<br />
nicht ausreichen, um das Ziel einer Verdopplung der Energieproduktivität bis zum Jahr 2020<br />
zu erreichen“ [UBA 2007]. Gleichwohl ist darauf hinzuweisen, dass sich die Energieprodukti-<br />
vität über einen längeren Zeitraum betrachtet auch in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> verbessert hat. Seit<br />
1998 – dem Jahr der Strommarktliberalisierung – stagniert die Entwicklung jedoch weitge-<br />
hend. Deshalb kann die Einschätzung in der Energiestudie 2007 für das Land <strong>Sachsen</strong>-<br />
<strong>Anhalt</strong>, dass es hierzulande der Wirtschaft ständig gelänge, „die benötigte Energie effizienter<br />
einzusetzen“, auf der Grundlage der BIP-Bewertung nicht geteilt werden [IE 2007]. Ein deut-<br />
lich effizienterer Umgang mit Energie ist für die Zielstellung einer nachhaltigen Energiever-<br />
sorgung jedoch unerlässlich, um die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern zu verringern<br />
und die Klimagasemissionen im erforderlichen Maße zu senken.<br />
Tabelle 4: Bevölkerung, Bruttoinlandsprodukt und Primärenergieverbrauch in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
Jahr 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007<br />
Einwohner (Mio.) 2,615 2,581 2,549 2,523 2,494 2,470 2,442 2,413<br />
Veränderung (%) -1,3 -1,3 -1,3 -1,0 -1,1 -1,0 -1,1 -1,2<br />
BIP (Mrd. EUR) 43,28 44,01 45,78 46,06 47,06 47,38 48,71 50,97<br />
Veränderung (%) 1,3 1,7 4,0 0,6 2,2 0,7 2,8 4,6<br />
PEV (TJ) 442.793 445.724 446.836 458.502 453.529 490.839 506.777 518.433*<br />
Veränderung (%) 0,6 0,7 0,2 2,6 -1,1 8,2 3,2 2,3*<br />
Quelle: StaLa 2008/2009; Veränderung gegenüber dem Vorjahr; * prognostiziert<br />
22
2.2 Strom- und Wärmeversorgung in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
2.2.1 Stromerzeugung<br />
Die Stromerzeugung für die allgemeine, industrielle und gewerbliche Versorgung in Sach-<br />
sen-<strong>Anhalt</strong> lag 2007 bei 20.600 GWh brutto und unter Berücksichtigung der Eigenverluste<br />
bei rund 19.300 GWh netto [StaLa 2009c]. Unternehmen der allgemeinen Versorgung leisten<br />
dabei rund 60 Prozent der Erzeugung. Darüber hinaus gibt es einen hohen Anteil industriel-<br />
ler Selbstversorgung. Allein die MIBRAG erzeugte 2008 gut <strong>1.4</strong>00 GWh Strom, der zum Teil<br />
als Überschuss ins öffentliche Netz gespeist wurde [MIBRAG 2009]. Auch die Chemieindu-<br />
strie-Standorte Leuna und Bitterfeld verfügen über mehrere moderne Kraftwerke, um elektri-<br />
sche Energie und Wärme für eigene Industrieprozesse und die allgemeine Versorgung be-<br />
reitzustellen.<br />
Trotz deutlicher Veränderungen seit der Wende erfolgt ein Großteil der Stromproduktion in<br />
<strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> nach wie vor mittels fossiler Energieträger. Braunkohle hat dabei mit rund<br />
8.360 GWh Nettoerzeugung bzw. 43 Prozent den größten Anteil [StaLa 2009d]. Die Nutzung<br />
des Brennstoffs ist aus der historischen Entwicklung des Tagebaus in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> abzu-<br />
leiten, welcher bereits seit den 1940er Jahren in industriellem Maßstab stattfindet. Die Be-<br />
deutung hat nach der Wende erheblich abgenommen und ist seit Mitte der 1990er Jahre<br />
weitgehend gleichbleibend. Die Stromerzeugung aus Erdgas bekam hingegen erst ab 1994<br />
im Rahmen der Kraftwerkserneuerung Gewicht. Derzeit liefern Erdgas befeuerte Anlagen<br />
rund 20 Prozent des Stroms. Heizöl und Abfall spielen bei der elektrischen Erzeugung nur<br />
eine unbedeutende, Steinkohle bisher gar keine Rolle. Hatten die erneuerbaren Energien vor<br />
15 Jahren noch einen verschwindend geringen Anteil, erreicht die Stromproduktion in diesem<br />
Bereich aktuell fast 7.000 GWh [DEWI 2009]. Die regenerative Erzeugung schließt damit<br />
zum bisher wichtigsten Brennstoff Braunkohle auf.<br />
Bei den 160 fossil befeuerten Anlagen der allgemeinen Versorgungsunternehmen 7 und den<br />
zahlreichen industriellen Kraftwerken dominiert eine deutlich dezentrale Erzeugungsstruktur.<br />
Es ist landesweit nur ein thermisches Großkraftwerk in Betrieb. Nur wenige Kraftwerke ha-<br />
ben eine Leistung von mehr als 100 MW. Die meisten Anlagen sind deutlich kleiner und ori-<br />
entieren sich am örtlichen Bedarf. Erneuerbare Energien spielen bei den klassischen Unter-<br />
nehmen der öffentlichen und industriellen Versorgung trotz des erheblichen Zuwachses eine<br />
untergeordnete Rolle. Der regenerative Erzeugungsbeitrag kann deshalb einer neu entstan-<br />
denen Branche zugeordnet werden. Der Verknüpfung der beiden Bereiche kommt im Inter-<br />
esse einer stabilen und planbaren Energieversorgung eine zentrale Bedeutung zu.<br />
<br />
7 Ohne Pumpspeicher- und Laufwasseranlagen.<br />
23
Das einzige große Kraftwerk stellt die Braunkohle-Anlage Schkopau dar, die mit Braunkohle<br />
der MIBRAG aus dem Tagebau Profen beliefert wird. Das Kraftwerk mit einer Gesamtbrutto-<br />
leistung von 980 MW besteht aus zwei Blöcken und ging 1995 bzw. 1996 ans Netz. Der<br />
elektrische Wirkungsgrad ist mit 40 Prozent vergleichsweise hoch. Der erzeugte Strom wird<br />
für die allgemeine Versorgung, aber auch für die Deutsche Bahn (rund 100 MW) und die be-<br />
nachbarte chemische Industrie bereitgestellt [FFU 2008]. Letztere erhält auch Prozesswärme<br />
aus dem Kraftwerk. Anzumerken ist, dass die Anlage in Schkopau mit einem Investitionszu-<br />
schuss des Landes <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> in Höhe von 307 Mio. Euro gefördert wurde. Das stellt<br />
eine direkte Subvention der Braunkohlewirtschaft dar [WI 2004].<br />
Weitere kleinere Anlagen sind die Braunkohle-Kraftwerke Deuben und Mumsdorf, welche die<br />
MIBRAG weitgehend für den Eigenbetrieb der Tagebaue nutzt. Deuben wurde bereits 1936<br />
gebaut. Es hat eine elektrische Bruttoleistung von 86 MW und erzeugte 2008 591 GWh<br />
Elektrizität. Daneben wird Prozesswärme für den Eigenbedarf und für die Ortschaft Deuben<br />
ausgekoppelt. Das Kraftwerk Mumsdorf ging 1968 in Betrieb und leistet brutto 85 MW. Die<br />
Stromproduktion betrug 2008 550 GWh. Fernwärme wird seit Anfang der 1990er Jahre für<br />
Mumsdorf, Staschwitz, Proßdorf, Falkenhain, Meuselwitz und Lukau ausgekoppelt und Pro-<br />
zessdampf für den Industriepark Zeitz bereitgestellt. Die Wärmeleistung beträgt 178 GWh.<br />
Bei beiden Anlagen erfolgte 1996 die Nachrüstung einer Rauchgasentschwefelung. Auch<br />
wird Klärschlamm aus der papierverarbeitenden Industrie mit verbrannt.<br />
Das Kraftwerk Amsdorf wird von dem Unternehmen ROMONTA vorrangig zur Erzeugung<br />
von Prozesswärme für die Montanwachsherstellung aus dem Braunkohletagebau Amsdorf<br />
betrieben. Die elektrische Bruttoleistung beträgt 45 MW. Die Jahresstromproduktion beträgt<br />
rund 320 GWh, wovon 250 GWh ins öffentliche Netz abgegeben werden. Daneben betreibt<br />
die MIBRAG eine braunkohlebefeuerte Anlage in Wählitz mit einer elektrischen Bruttolei-<br />
stung von 37 MW. Das Kraftwerk ging 1994 in Betrieb und lieferte 2008 262 GWh elektrische<br />
Energie, die vorrangig für den Tagebaubetrieb benötigt wird. Die Wärmeabgabe betrug 89<br />
GWh und wird an die Fernwärme GmbH Hohenmölsen sowie die Mitteldeutsche Bitumen-<br />
werk GmbH in Webau geliefert.<br />
Am Standort der Südzucker AG in Zeitz werden zwei weitere industrielle Braunkohlekraft-<br />
werke mit jeweils 20 MW installierter Bruttoleistung betrieben. Die eine Anlage erzeugt rund<br />
90 GWh Strom, der jeweils hälftig dem Industriebetrieb dient und ins öffentliche Netz ge-<br />
speist wird. Die erzeugte Wärmemenge beträgt etwa 320 GWh. Die zweite Anlage dient der<br />
Energieversorgung einer Bioethanol-Fabrik, die jährlich rund 360.000 Kubikmeter Biokraft-<br />
stoff erzeugen kann [crop energies 2009]. Sie liefert 115 GWh Strom und 790 GWh Wärme-<br />
energie. Rund 40 Prozent der elektrischen Energie werden ins Netz abgegeben.<br />
24
Daneben ist noch das Kraftwerk Könnern zu erwähnen, das mit Braunkohlebriketts aus der<br />
Lausitz befeuert und von der Zuckerfabrik Pfeifer & Langen betrieben wird. Die elektrische<br />
Bruttoleistung beträgt 29 MW.<br />
Nach dem Mehrheitskauf der MIBRAG durch den tschechischen Energieversorger ČEZ und<br />
den Finanzdienstleister J&T Anfang 2009 verhandeln die neuen Eigentümer mit dem Land<br />
und der Bundesregierung über den Neubau eines Braunkohlekraftwerks mit 660 MW brutto<br />
am Standort Profen [Bundestag 2009]. Die Anlage soll die bisherigen Betriebskraftwerke<br />
Deuben und Mumsdorf ersetzen. Aufgrund der deutlich höheren Leistung und einer anzu-<br />
nehmenden Laufzeit von 40 Jahren wäre für den wirtschaftlichen Betrieb des Kraftwerks der<br />
Aufbruch neuer Tagebaue in Lützen bei Weißenfels erforderlich [FFU 2008]. Der Einsatz von<br />
Technologien zur CO2-Abscheidung ist dabei bisher nicht im Gespräch. Die Bundesregie-<br />
rung könnte das Vorhaben EU-konform mit rund 110 Mio. Euro in Form von Investitionszu-<br />
schüssen subventionieren [BMU 2009d].<br />
Mitte der 1990er Jahre ging in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> eine Reihe von kleineren Erdgaskraftwerken<br />
in Betrieb. Sie werden von Stadtwerken, Regionalversorgern oder von Industrieunternehmen<br />
betrieben. Hervorzuheben ist, dass damit eine dezentrale Kraftwerksstruktur entstanden ist,<br />
die sich an der Strom- und Wärmenachfrage vor Ort orientiert und zudem gut geeignet ist,<br />
die naturgegebenen Schwankungen bei der Windstromerzeugung auszugleichen. Es handelt<br />
sich meist um kombinierte Anlagen mit Gas- und Dampfturbinen (GuD), die einen hohen<br />
Wirkungsgrad aufweisen.<br />
Ein Beispiel, das die durchschnittliche Leistung dieses Kraftwerkparks widerspiegelt ist die<br />
Anlage in Dessau. Das Kraftwerk verfügt über eine Bruttoleistung von 57 MW elektrisch und<br />
200 MW thermisch. Es wird von den Stadtwerken Dessau als GuD-Anlage hauptsächlich mit<br />
Erdgas betrieben. In den Wintermonaten wird teilweise auch Braunkohle mitverfeuert. Die<br />
Stromproduktion erreichte 2007 219 GWh. An Fernwärme für Dessau wurden 323 GWh be-<br />
reitgestellt. Die Stadtwerke verblieben nach einem Bürgerentscheid im Jahr 2004 zu 100<br />
Prozent in der öffentlichen Hand [DVV 2008].<br />
Eine Besonderheit stellt das Raffineriegas-Kraftwerk am Industriestandort Leuna dar. Es soll<br />
an dieser Stelle genannt werden, auch wenn es sich nicht um eine Erdgas-Anlage handelt.<br />
Das Nebenprodukt der Erdölraffinerie wird eingesetzt, um am Standort Strom und Wärme<br />
bereitzustellen. Die GuD-Anlage ging 1996 in Betrieb und hat eine elektrische Leistung von<br />
160 MW und eine Fernwärmeleistung von 208 MW.<br />
25
Tabelle 5: Ausgewählte konventionelle Kraftwerke in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> 2006/2007<br />
Anlagen-<br />
Standort<br />
Betreiber Leistung el.<br />
(MW)<br />
Strommenge<br />
(GWh)<br />
26 <br />
Wärmemenge<br />
(GWh)<br />
Brennstoff Inbetriebnahme<br />
Schkopau EON/SW Saale 980 k. A. k. A. Braunkohle 1995/1996<br />
Deuben MIBRAG 86 479 k. A. Braunkohle 1936/1996<br />
Mumsdorf MIBRAG 85 545 181 Braunkohle 1968/1996<br />
Amsdorf ROMONTA 45 320 k. A. Braunkohle 1960/1995<br />
Wählitz MIBRAG 37 260 93 Braunkohle 1994<br />
Könnern Pfeifer&Langen 29 48 k. A. Braunkohle k. A.<br />
Zeitz I Südzucker 20 87 315 Braunkohle k. A.<br />
Zeitz II Südzucker 20 115 790 Braunkohle 2005<br />
Dessau SW Dessau 57 207 356 Erdgas/Braunk. 1996<br />
Staßfurt KW Ges. Staßfurt 134 k. A. k. A. Erdgas 1995<br />
Leuna Leuna/Evonik 115 k. A. k. A. Erdgas 1994<br />
Bitterfeld enviaM 114 k. A. k. A. Erdgas 1974/2000<br />
Halle SW Halle/enviaM 83 355 237 Erdgas 1994<br />
Stendal EON 23 120 140 Erdgas 1994<br />
Großkayna enviaM 129 k. A. k. A. Heizöl. leicht 1994<br />
Leuna Evonik/MIDER 158 609 294 Raffineriegas 1996<br />
Quelle: FFU 2008, IE 2007, EEX 2009; k.A.: keine Angaben<br />
Der Anteil erneuerbarer Energien in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> hat mittlerweile eine bundesweite Spit-<br />
zenposition erreicht. Bezogen auf die Nettostromerzeugung betrug der Anteil aus Wasser,<br />
Wind, Sonne und Biomasse sowie Deponie- und Klärgas 2008 rund ein Drittel. Damit hat<br />
sich die Erzeugungsleistung in diesem Bereich gegenüber dem Jahr 2000 verneunfacht. Be-<br />
deutendster erneuerbarer Stromlieferant ist mit einem Anteil von fast drei Vierteln die Wind-<br />
energie. Mitte 2009 drehten sich 2.143 Windräder im Land [DEWI 2009]. Die installierte Lei-<br />
stung betrug 3.153 MW. Dabei nimmt <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> Platz drei im bundesweiten Vergleich<br />
ein. Der jährliche Zubau liegt derzeit bei 278 MW. Nach Angaben der Energiestudie 2007 für<br />
das Land <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> lastet der jetzige Ausbaustand die Eignungsgebiete für Windener-<br />
gie größtenteils aus. Dabei wurde gegenüber Ende 2006 ein noch möglicher Zubau von rund<br />
1.300 MW installierter Leistung angenommen. Bis Mitte 2009 waren bereits 620 MW hinzu-<br />
gekommen. Bei etwa gleichbleibender Entwicklung wäre der prognostizierte Grenzwert Ende<br />
2011 bei einer Installationsleistung von etwa 4.000 MW erreicht. Die Windbranche hält einen<br />
Ausbau auf knapp 8.000 MW für machbar, wofür die flächenbezogene Leistungsdichte er-<br />
höht werden soll, ohne dass die erforderliche Landesfläche wesentlich zunimmt [Enercon<br />
2009]. Dabei wird vor allem auf das Repowering, größere Einzelanlagen und den Abbau von<br />
Genehmigungshemmnissen gesetzt. Tatsächlich sind die ausgewiesenen Eignungsgebiete
für Windenergie in den Gemeinden gegenüber dem Jahr 2000 durch behördliche Eingren-<br />
zungen wie Abstandsregelungen zur Wohnbebauung um 8.900 auf 17.400 Hektar ge-<br />
schrumpft, was derzeit rund 0,8 Prozent der Landesfläche entspricht. Insgesamt ist festzu-<br />
stellen, dass die derzeit restriktiven Vorgaben der regionalen Planungsverbände dem weite-<br />
ren Ausbau der Windenergie ab 2012 trotz Repowering deutliche Grenzen setzen.<br />
Wasserkraft liefert zwei Prozent des erneuerbaren Stroms. Er kommt aus 34 Laufwasser-<br />
und drei Speicherkraftwerken. Derzeit liegen weitere Anträge für den Bau von kleinen Was-<br />
serkraftanlagen vor. Dennoch kann generell davon ausgegangen werden, dass das Potential<br />
weitgehend erschlossen ist. Hauptgründe sind das insgesamt vergleichsweise geringe Was-<br />
serkraftangebot in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> und die zunehmend hohen Anforderungen, die an die<br />
Gewässerökologie gestellt werden.<br />
Strom aus Sonnenlicht, der mittels Photovoltaik gewonnen wird, macht mit derzeit weniger<br />
als einem Prozent an der Nettostromerzeugung nur einen geringen Anteil unter den erneuer-<br />
baren Energien aus. Langfristig hat die moderne Halbleiter-Technik aber ein hohes Potential<br />
und sichert in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> schon heute eine bedeutende Zahl von Arbeitsplätzen. Im<br />
Vergleich zum Bundesdurchschnitt gehört das Land zwar zu den Spitzenreitern bei der Pro-<br />
duktion. Die installierte Leistung ist aber sowohl im Bezug auf die Landesfläche als auch auf<br />
die Nettostromerzeugung im Vergleich zu anderen Bundesländern gering [DIW/ZSW 2008].<br />
Der jährliche Zubau beträgt bundesweit derzeit 2.000 MW pro Jahr. Diese Entwicklung kann<br />
aufgrund deutlicher Kostensenkungseffekte bei der Herstellung und verbesserter Leistungs-<br />
merkmale auch für die kommenden Jahre fortgeschrieben werden. Aufgrund der zäsurhaften<br />
Krise in der deutschen Photovoltaik-Industrie und zu erwartenden Neuregelungen im EEG<br />
zum Jahr 2011, die eine drastische Absenkung der Vergütung mit sich bringen wird, ist je-<br />
doch nicht mit einer weiter zunehmenden Wachstumsrate zu rechnen [CDU/CSU/FDP 2009].<br />
Die Energieerzeugung aus Biomasse nimmt im Flächenland <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> eine hohe Be-<br />
deutung ein. Bereits jetzt kommt ein Viertel des regenerativen Stroms aus den nachwach-<br />
senden Rohstoffen. Energielieferanten zur Verstromung sind hauptsächlich Agroöle, wie<br />
Rapsöl bzw. Biodiesel, Holz und Holzreststoffen sowie Biogas, insbesondere aus Silomais,<br />
Gülle und Grünlandschnitt. Bei den Biogasanlagen ist der deutlichste Zuwachs zu beobach-<br />
ten. Gegenüber 2007 ist bis Ende 2010 eine Zunahme der Stromerzeugung aus Biogas um<br />
das Zweieinhalbfache zu erwarten [MLU 2007]. Die energetische Nutzung von Holz unter-<br />
liegt ebenfalls einer zunehmenden Bedeutung. Altholz, Biomasse der holzverarbeitenden<br />
Unternehmen sowie Wald- und Waldrestholz werden dabei gleichermaßen zur Strom- und<br />
Wärmeerzeugung eingesetzt. Die größte dieser Anlagen ist das Biomasse-Kraftwerk des<br />
Zellstoffwerks Arneburg bei Stendal. Das Kraftwerk hat eine installierte Leistung von 100 MW<br />
und liefert bis zu 650 GWh Strom im Jahr [Thiel 2008]. Davon werden abzüglich der Eigen-<br />
27
versorgung des Industriebetriebs mit Strom und Wärme 45 Prozent ins Netz gespeist. 20<br />
MW der Anlage werden über das EEG gefördert.<br />
Die Erzeugung von Agrokraftstoffen, wie Biodiesel und Bioethanol, aus Raps, Getreide und<br />
Zuckerrüben ist in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> nicht unerheblich. Das ist bei der Betrachtung der energe-<br />
tischen Biomassepotentiale insgesamt, die maßgeblich von den zur Verfügung stehenden<br />
Land- und Forstwirtschaftsflächen abhängen, zu berücksichtigen. Die weitere Entwicklung<br />
bei der Energie-Biomasse muss dabei viel deutlicher als bisher an die Bedingungen einer<br />
nachhaltigen Entwicklung gekoppelt werden. Im Vordergrund stehen dabei Flächenkonkur-<br />
renzen zur Nahrungsmittelerzeugung, ein ökologisch verträglicher Anbau von Energiepflan-<br />
zen sowie die Erfordernis nach einer möglichst energieeffizienten und klimaschonenden<br />
Verwendung der nachwachsenden Rohstoffe. Der gleichzeitigen Strom- und Wärmeerzeu-<br />
gung sollte dabei künftig eine höhere Bedeutung zukommen als dem vergleichsweise ineffi-<br />
zienten Einsatz flüssiger Agrokraftstoffe zur Verbrennung in Fahrzeugmotoren.<br />
Erdwärme zur Stromgewinnung wird derzeit in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> nicht eingesetzt. Gleichwohl<br />
liegen vor allem im Norden des Landes hohe Potentiale für die Nutzung der tiefen Geother-<br />
mie. Dabei bieten sich petrothermale Systeme, auch Hot-Dry-Rock-Verfahren (HDR) ge-<br />
nannt, an, die heißes Gestein in mehreren tausend Metern Tiefe mittels Wassererhitzung<br />
nutzbar machen. Durch Neuregelungen im EEG sowie eine geeignete Landesförderung kann<br />
<strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> künftig in hohem Maße von tiefen Geothermie profitieren.<br />
Tabelle 6: Nettostromerzeugung aus erneuerbaren Energieträgern in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> 2007<br />
Energieträger Strommenge (GWh) Anteil (%)<br />
Nettostromerzeugung insgesamt 19.295 100,0<br />
davon Erneuerbare Energien 6.200 32,1<br />
davon Wasser (ohne Pumpspeicher) 120 0,6<br />
Quelle: StaLa 2008<br />
Windenergie 4.425 22,9<br />
Photovoltaik 32 0,2<br />
Biomasse 1.551 8,0<br />
davon Biogas 273<br />
Feste Biomasse 566<br />
Flüssige Biomasse 712<br />
Deponiegas 52 0,3<br />
Klärgas 20 0,1<br />
Geothermie 0 0,0<br />
28
Nicht unerwähnt bleiben soll das Pumpspeicher-Kraftwerk Wendefurth. Es hat eine installier-<br />
te Leistung von zweimal 40 MW und wurde 1967 gebaut. Betreiber ist der Stromkonzern Vat-<br />
tenfall Europe. Wasserspeicher werden genutzt, um kurzfristig entstehende Lastspitzen im<br />
Elektrizitätsnetz auszugleichen. Sie können aber auch an windreichen Tagen Strom aufneh-<br />
men, indem sie den Wasserspeicher vollpumpen.<br />
2.2.2 Wärmebereitstellung<br />
Die erforderliche Wärmemenge für Heizung, Warmwasser und industrielle Prozesse hängt<br />
an zwei wesentlichen Strukturelementen: Zum einen an den Kraftwerken, die meist auch<br />
Strom erzeugen und die Energie über Fernwärmenetze verteilen. Zum anderen liefern de-<br />
zentrale Einzelheizanlagen, gespeist aus fossilen und zunehmend auch erneuerbaren Ener-<br />
gieträgern, die benötigte Wärme.<br />
Die Fernwärmeerzeugung in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> geht seit Jahren zurück. Während im Jahr<br />
2000 noch 10.400 GWh Fernwärme erzeugt wurden, sank die Menge bis 2006 um 17 Pro-<br />
zent auf 8.700 GWh. Auffällig ist, dass die industrielle Prozesswärme meist gut genutzt wird,<br />
indem wärmeintensive Betriebe sich in unmittelbarer Nähe von Kraftwerken angesiedelt ha-<br />
ben (Schkopau) oder selbst Energie erzeugen und Überschüsse ins öffentliche Netz abge-<br />
ben (MIBRAG, Leuna, Mercier). Daher bleibt hier die Nachfrage weitgehend stabil. Bei priva-<br />
ten Haushalten aber ist die für eine effiziente Energienutzung vorteilhafte Fernwärmenutzung<br />
unverhältnismäßig stark rückläufig [IE 2007]. Die Haushalte verbrauchten 2006 elf Prozent<br />
weniger Fernwärme als noch im Jahr 2000, obwohl gute Voraussetzungen für eine dezentra-<br />
le Energiestruktur mit zahlreichen kleineren Energieerzeugungsanlagen, die gleichzeitig<br />
Strom und Wärme erzeugen können, vorhanden sind. Gründe für die abnehmende Entwick-<br />
lung der Fernwärmestruktur sind eine niedrige Besiedelungsdichte und der Trend insbeson-<br />
dere zu ergasbefeuerten Einzelheizungen.<br />
Tabelle 7: Fernwärmeerzeugung und Verwendung in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> 2006<br />
Verwendung<br />
29 <br />
Wärmemenge (GWh)<br />
in 2000 in 2006<br />
Veränderung (%)<br />
Fernwärmeerzeugung insgesamt 10.417 8.653 - 17<br />
davon Industrie einschl. Bergbau 3.444 3.478 + 1<br />
Gewerbe, Handel, Dienstleistungen 1.528 <strong>1.4</strong>42 - 7<br />
Private Haushalte 2.528 2.252 - 11<br />
Quelle: StaLa 2008, IE 2007
Das einzige Großkraftwerk in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>, Schkopau, erzeugt nur geringe Wärmemen-<br />
gen für die benachbarte Industrie. Etwa die Hälfte der eingesetzten Braunkohle-Energie wird<br />
über zwei Kühltürme ungenutzt in die Umgebung abgegeben.<br />
Ein Schwerpunkt bei der Betrachtung des Wärmebereichs ist Erdgas, da fast jede zweite<br />
Einzelheizung mit diesem Brennstoff betrieben wird und das vergleichsweise klimafreundli-<br />
che Gas für die zukünftige Bewertung der Strom- und Wärmestruktur von besonderem Inter-<br />
esse ist. Im Jahr 2007 wurden insgesamt 32.800 GWh Erdgas verbraucht. Unter Berücksich-<br />
tigung witterungsbedingter Schwankungen, stellt das gegenüber 2000 einen Zuwachs von<br />
fast einem Drittel dar. Der industrielle Einsatz von Erdgas macht 30 Prozent der Entnahme<br />
aus und hat sich fast verdoppelt. Der Verbrauch in den Privathaushalten stieg nur leicht und<br />
nimmt – wie die Stromerzeugung auch – rund ein Viertel des Erdgases in Anspruch. Dem<br />
deutlichen Zuwachs bei der Erdgasverstromung um zwei Drittel steht ein Rückgang bei der<br />
Fernwärmeabgabe aus Erdgas um ein Drittel gegenüber. Diese Entwicklung deutet auf feh-<br />
lende Anreize für eine effiziente Nutzung des teuren Importrohstoffs hin.<br />
In der Industrie kann der Verbrauchszuwachs bei Erdgas meist durch eine bessere Energie-<br />
produktivität gebremst werden, indem Prozesse und Herstellungsverfahren energieeffizienter<br />
gestaltet werden. In den Haushalten können hingegen noch erhebliche Energieeinsparpoten-<br />
tiale gehoben werden. Der Erdgasverbrauch privater Haushalte in ostdeutschen Städten<br />
(außer Berlin) liegt derzeit bei rund 120 kWh pro Quadratmeter im Jahr [techem 2007]. Bis<br />
2030 kann der Wärmebedarf mittels Gebäudedämmung, moderner Heiztechnik und durch<br />
den Einsatz erneuerbarer Energien auf 70 kWh pro Quadratmeter im Jahr gesenkt werden.<br />
Das entspricht gegenüber heute einer eingesparten Heizleistung in den Haushalten von<br />
3.250 GWh pro Jahr.<br />
Tabelle 8: Erdgasverbrauch nach Sektoren in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> 2007<br />
Endabnehmer<br />
30 <br />
Erdgasmenge (GWh)<br />
2000 2005 2006 2007<br />
Veränderung<br />
zu 2000 (%)<br />
Erdgasentnahme insgesamt 24.813 34.220 34.256 32.799 + 32<br />
davon Elektrizitätserzeugung 5.101 8.113 8.449 8.618 + 69<br />
Quelle: StaLa 2008<br />
Fernwärmeversorgung 4.705 4.513 4.018 3.272 - 31<br />
Industrie einschl. Bergbau 5.196 9.174 9.908 10.013 + 93<br />
Private Haushalte 7.479 9.278 8.945 7.826 + 5
Erneuerbare Energien im Wärmebereich kommen vor allem durch Solarthermie, bodennahe<br />
Erdwärme und Biomasse zu Anwendung. Die Solarkollektoren finden derzeit im Gebäudebe-<br />
reich eine schnelle Verbreitung. Die Anlagen sind sowohl bei Neubauten als auch beim Alt-<br />
bau vergleichsweise einfach zu installieren und können konventionelle Heizungen ergänzen.<br />
Dabei sparen sie, je nach Gebäudeauslegung, zehn bis 20 Prozent der fossiler Energie ein.<br />
Größere Anlagen können für Siedlungen in den Sommermonaten einen Saisonspeicher mit<br />
Wärme aufladen, der die Heizenergie dann im Winter zur Verfügung stellt.<br />
Bodennahe Erdwärme wird durch Sonden oder Flächenkollektoren dem Boden entnommen<br />
und mittels einer Wärmepumpe nutzbar gemacht. Das Prinzip ist landesweit anwendbar,<br />
setzt aber zur effizienten Anwendung aufgrund des vergleichsweise großen Strombedarfs<br />
beim Betrieb hohe Wirkungsgrade bei den Wärmepumpen voraus. Derzeit werden jährlich<br />
mehrere hundert Erdwärme-Heizungen installiert [IE 2007]. Bei richtiger Gebäudeauslegung<br />
können sie rund 80 Prozent des Wärmebedarfs eines Hauses decken.<br />
Im ländlichen Raum wird traditionell Holz zur Wärmeerzeugung eingesetzt. Durch die Pro-<br />
duktion von Holzpellets gewann die Holzheizung in den letzten Jahren auch in Ortskernen<br />
und Städten an Bedeutung. Biogas wurde bisher oft nur für die elektrische Energieerzeugung<br />
verwendet. Durch eine Neuregelung im EEG sind die Anlagenbetreiber künftig aber zur<br />
KWK-Nutzung verpflichtet, was die dezentrale Wärmebereitstellung aus erneuerbaren Ener-<br />
gien deutlich verbessert.<br />
2.3 Beschäftigungsentwicklung<br />
Das Bundesland <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> zählte Ende 2007 rund 1,1 Mio. Erwerbstätige. Von den<br />
815.000 sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten gingen 734.000 Menschen innerhalb<br />
des Landes einer Tätigkeit nach. Der Frauenanteil daran beträgt 47,3 bzw. 49,5 Prozent.<br />
Gleichwohl leidet das Land unter einer hohen Arbeitslosigkeit. Die Quote beträgt 17,4 Pro-<br />
zent, ist aber gegenüber den Vorjahren gesunken. Mehr als 200.000 Menschen haben der-<br />
zeit keine Arbeit. 51,2 Prozent der Betroffenen sind Frauen. Hinzu kommen 11.350 Men-<br />
schen, die in Kurzarbeit bzw. in Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen oder Weiterbildungen un-<br />
tergebracht sind. [StaLa 2008]<br />
Der Energiesektor spielt bei der Entwicklung der Beschäftigungssituation in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
eine wichtige Rolle. Der Wandel, in dem sich die Energiewirtschaft befindet, entscheidet zu-<br />
künftig auch maßgeblich über die Chancen vieler Menschen auf dem Arbeitsmarkt. Deutlich<br />
wird die Situation an der Braunkohle im Vergleich zur Windenergiebranche.<br />
31
Die Braunkohleverstromung im Land wird von der MIBRAG durchgeführt, die nur noch dem<br />
Namen nach ein heimisches Unternehmen ist. Es wurde 1994 von der Treuhandanstalt an<br />
zwei US-amerikanische Konzerne verkauft, welche es im Februar 2009 an das tschechische<br />
Unternehmen ČEZ weiterveräußerten. Das Unternehmen besitzt kleinere Kraftwerke zur<br />
Energieerzeugung für den Eigenbetrieb, liefert aber Braunkohle vorrangig für nichteigene<br />
Kraftwerke [FFU 2008]. Für die MIBRAG arbeiten heute 2.525 Menschen. Das ist ein Rück-<br />
gang um 16 Prozent gegenüber dem Jahr 2000 [Kohlenstatistik 2009b]. In <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
beschäftigt das Unternehmen derzeit rund 1.600 Menschen in der Braunkohleförderung und<br />
170 in den betriebseigenen Kraftwerken Wählitz, Deuben und Mumsdorf [IE 2007].<br />
Der Hersteller für Windenergieanlagen ENERCON beteiligte sich 1998 an der SKET Maschi-<br />
nen- und Anlagenbau GmbH in Magdeburg und baute den Standort für die Anlagenprodukti-<br />
on aus. Heute beschäftigt ENERCON in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> 4.000 Menschen, die alle Bereiche<br />
der Anlagenproduktion abdecken. Das Unternehmen erzeugte dabei im Jahr 2007 ein Zulie-<br />
fervolumen von rund 330 Mio. Euro aus dem Wirtschaftsraum <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>s. Jede im<br />
Land aufgebaute Windkraftanlage führt darüber hinaus zu einer Gewerbesteuereinnahme<br />
von rund 115.000 Euro über eine Betriebszeit von 20 Jahren. [Brand-Schock 2009]<br />
Weitere 3.000 neue Arbeitsplätze entstanden in den letzten Jahren in der Solarstrom-<br />
Industrie in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> [DIW/ZSW 2008]: Beispiele sind die Unternehmen Q-Cells mit<br />
mehr als 2.000 [Q-Cells 2009] und First Solar mit 500 Beschäftigten [First Solar 2007]. Hinzu<br />
kommen zahlreiche weitere Unternehmen zur Herstellung und zum Betrieb von Erneuerba-<br />
ren-Energien-Anlagen sowie zahlreiche Handwerksbetriebe, die vom Zubau Erneuerbarer-<br />
Energien-Anlagen profitieren. Insgesamt bieten die erneuerbaren Energien in <strong>Sachsen</strong>-<br />
<strong>Anhalt</strong> über 20.000 Menschen Arbeit, etwa die Hälfte davon in der Windbranche.<br />
Die klassische Energiewirtschaft beschäftigt demgegenüber heute noch 6.320 Menschen.<br />
Gut die Hälfte davon arbeitet in der Elektrizitätsversorgung sowie je rund ein Viertel in der<br />
Gas- und in der Fernwärmeversorgung. In den letzten zehn Jahren war die Beschäftigung in<br />
dem Sektor um 28 Prozent rückläufig.<br />
2.4 Klimagas-Emissionen<br />
Der energiebedingte CO2-Ausstoß am Primärenergieverbrauch in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> betrug<br />
2007 insgesamt 26,5 Mio. Tonnen. Allein die Braunkohleverbrennung macht daran mit 9,6<br />
Mio. Tonnen 36 Prozent aus. Der Zubau des geplanten Braunkohlekraftwerks Profen und<br />
eines geplanten Steinkohlekraftwerks am Standort Arneburg mit einer jährlichen Klimagas-<br />
emission von zusammen 13,6 Mio. Tonnen würde den landesweiten CO2-Ausstoß im Ener-<br />
32
giesektor um fast 50 Prozent erhöhen. Damit würde <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> den wendebedingten<br />
Vorsprung in der CO2-Minderung wieder weitgehend verspielen und auf das Niveau von<br />
1991 zurückfallen.<br />
Durch den Strukturwandel sank der Klimagasausstoß von 50,9 Mio. Tonnen im Jahr 1990<br />
schlagartig auf 38,1 Mio. Tonnen im Folgejahr. Nach 1993 waren dann jedoch keine wesent-<br />
lichen Verringerungen bei den Emissionen mehr zu verzeichnen. Ab der Jahrtausendwende<br />
stieg der CO2-Ausstoß bis 2006 wieder um sechs Prozent an. Dem gegenüber stehen die<br />
internationalen Verpflichtungen zur Bekämpfung der Erderwärmung sowie die Anforderun-<br />
gen aus dem EU-Emissionshandel, den CO2-Ausstoß weiter zu senken. Das ist in <strong>Sachsen</strong>-<br />
<strong>Anhalt</strong> im Wesentlichen nur zu erreichen, indem weniger Energie verbraucht wird, die Ener-<br />
gieträger so effizient wie möglich genutzt werden und der Anteil erneuerbarer Energie weiter<br />
steigt. Die Verwendung der CO2-intensiven Braunkohle muss dabei langfristig zurück ge-<br />
drängt werden.<br />
Tabelle 9: Energiebedingte CO2-Emissionen in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> nach ausgewählten Bereichen<br />
Jahr 1990 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006<br />
Gesamtausstoß (Mio. t) 50,9 26,3 28,8 27,5 28,2 27,1 27,8 27,8<br />
davon Stromerzeugung (Mio. t) 9,3 9,2 9,5 10,6 11,2 10,2 10,8 11,0<br />
Quelle: StaLa 2008<br />
Fernwärme (Mio. t) 4,7 2,6 2,7 2,7 2,3 2,2 2,0 2,0<br />
Industrie (Mio. t) 17,9 3,5 3,3 3,6 3,6 3,7 4,1 4,3<br />
Haushalte & GHD (Mio. t) 13,3 4,9 5,5 5,0 4,9 4,7 4,9 4,9<br />
33
3 Nachhaltige Energieversorgung für <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
Die Ausrichtung der Energieversorgung auf eine nachhaltige Entwicklung in dem Sinne, dass<br />
die heutige Gesellschaft ihre Bedürfnisse nicht auf Kosten kommender Generationen befrie-<br />
digt, orientiert sich an den vier Leitlinien der Nachhaltigkeitsstrategie Deutschlands [Bundes-<br />
regierung 2002]:<br />
� Generationengerechtigkeit,<br />
� Lebensqualität,<br />
� sozialer Zusammenhalt und<br />
� internationale Verantwortung.<br />
Diese Rahmenbedingungen umfassen mit Blick auf den Energiesektor einen schonenden<br />
Umgang mit dem Naturhaushalt und den Ressourcen, ein größtmögliches Maß an Klimagas-<br />
und Schadstoffminderung, aber auch den unbeschränkten und bezahlbaren Zugang zu<br />
Energie sowie Versorgungssicherheit und die Aussicht auf gute Beschäftigung.<br />
Ein effizienter und sparsamer Umgang mit Energie sowie der Ausbau erneuerbarer Energien<br />
in Verbindung mit hoher regionaler Wertschöpfung stehen daher im Mittelpunkt dieser Be-<br />
trachtung. Die Nutzung des fossilen Brennstoffs Braunkohle soll auf ein vertretbares Maß<br />
zurück genommen werden. Die Auskohlung bestehender bzw. genehmigter Tagebaue wird<br />
zugebilligt. Aufschlüsse neuer Braunkohlefelder bleiben unberücksichtigt. Besonders ineffi-<br />
ziente und emissionsstarke Energieerzeugungsanlagen sollen zügig außer Betrieb gehen,<br />
sofern dies wirtschaftlich vertretbar ist. Die Nutzung von Erdgas soll insgesamt abnehmen,<br />
die vorhandenen Mengen sollen effizienter eingesetzt werden. Der Einsatz erneuerbarer<br />
Energien muss konfliktarm erfolgen, auch indem die Bodennutzung nicht verschlechtert wird.<br />
Das erfordert, auch erneuerbare Ressourcen möglichst energie- und klimaeffizient einzuset-<br />
zen.<br />
Unter diesen Maßgaben ist es in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> möglich, eine Strom- und Wärmebereitstel-<br />
lung zu entwickeln, die einen deutlichen Zuwachs der Energiemengen ermöglicht und dabei<br />
eine weitere Minderung des Klimagas-Ausstoßes mit sich bringt. Gleichzeitig kann ein hohes<br />
Maß an Beschäftigung und wirtschaftlicher Wertschöpfung innerhalb des Bundeslandes er-<br />
zeugt werden. Nach der vorliegen Betrachtungen steigt der Anteil erneuerbarer Energien an<br />
der Stromerzeugung von derzeit 40 bis 2020 auf über 60 Prozent und bis 2030 auf fast 70<br />
Prozent. Dabei steigt die regenerativ erzeugte Strommenge im Jahr 2020 um das Zweiein-<br />
halbfache, bzw. in 2030 um das Dreifache. Während die Lieferung elektrischer Energie aus<br />
Braunkohle um ein Viertel bzw. um knapp ein Drittel zurückgeht, steigt die Bereitstellung aus<br />
34
Erdgas bis 2020 um ein Fünftel und bis 2030 um ein Drittel. Insgesamt nimmt die Strom-<br />
menge aus fossilen Anlagen über den betrachteten Gesamtzeitraum um 12 Prozent ab, wo-<br />
bei die installierte Leistung bei niedrigeren Volllaststundenzahlen um fünf Prozent ansteigt.<br />
Die installierte Leistung aus den erneuerbaren Energien nimmt um das 2,7fache zu.<br />
Grafik 4: Entwicklung der Bruttostromerzeugung nach Energieträgern in GWh<br />
45000<br />
40000<br />
35000<br />
30000<br />
25000<br />
20000<br />
15000<br />
10000<br />
5000<br />
Quelle: eigene Berechnungen<br />
0<br />
2010 2015 2020 2025 2030<br />
Braunkohle Erdgas Windenergie Biomasse Photovoltaik Wasserkraft Geothermie<br />
Die dezentralere und breitere Aufstellung der Energieversorgung führt zu einem deutlich<br />
besseren Angebot nutzbarer Wärmeenergie. Neben dem vermehrten Einsatz von Solarther-<br />
mie und oberflächennaher Geothermie bzw. Wärmepumpen zur Speisung von Einzelheizun-<br />
gen bieten vor allem Biomasse-Kraftwerke ein zunehmendes Wärmenutzungspotential. Der-<br />
zeit liefern Braunkohle und Erdgas mit 8.200 GWh 70 Prozent der kraftwerksabhängigen<br />
Wärmeenergie, Biomasse kann bereits ein Viertel des Heizangebots stellen.<br />
Im Jahr 2020 kann gegenüber 2009 rund 36 Prozent mehr Wärme abgegeben werden, 2030<br />
fast doppelt so viel. Dabei verschiebt sich die Energieerzeugung hin zu dezentralen Kraft-<br />
werken. Das verbessert eine wirksame Wärmenutzung, da die Anlagen bedarfsgerecht aus-<br />
gelegt und dort errichtet werden können, wo die Wärmenachfrage entsteht. Voraussetzung<br />
für eine effiziente Wärmenutzung ist der Ausbau der Fernwärmenetze und die Entwicklung<br />
einer guten Nahwärmeverteilung. In den kommenden zehn Jahren geht der kraftwerksge-<br />
koppelte Wärmeanteil aus Braunkohle und Erdgas auf 46 Prozent zurück, während der Anteil<br />
erneuerbarer Energien deutlich steigt. Allein Biomasse kann dann über 40 Prozent der Wär-<br />
meenergie liefern. Bis 2030 geht die Wärmebereitstellung aus fossilen Brennstoffen der<br />
35
Kraftwerke auf 36 Prozent zurück, wobei eine Verschiebung hin zu Erdgas zu verzeichnen<br />
ist. Biomasse liefert dann noch 37 Prozent, da die Bedeutung von Solarthermie und tiefer<br />
Geothermie mit jeweils rund zehn Prozent der Heizenergie zunimmt. Das enorme Wärmepo-<br />
tential bei einer auf Energieeffizienz und erneuerbaren Energien ausgerichteten Versorgung<br />
weist darauf hin, in welch hohem Maße fossile Brennstoffe, wie Mineralöl und Erdgas, im<br />
Wärmebereich insbesondere bei Einzelheizungen eingespart werden können.<br />
Grafik 5: Entwicklung der bereitgestellten Wärmemenge nach Energieträgern in GWh<br />
25000<br />
20000<br />
15000<br />
10000<br />
5000<br />
Quelle: eigene Berechnungen<br />
0<br />
2010 2015 2020 2025 2030<br />
Braunkohle Erdgas Biomasse Solarthermie Wärmepumpen Geothermie<br />
3.1 Windenergie – konfliktarmer Ausbau durch Repowering<br />
Die Nutzung der Windenergie unterliegt in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> nicht nur einem rasanten Ausbau:<br />
In den letzten Jahren kamen pro Jahr knapp 280 MW installierte Leistung oder etwa 150 An-<br />
lagen hinzu. Auch nehmen die raumordnerischen Konflikte um die Windräder deutlich zu.<br />
Ohne Frage stehen die weithin erkennbaren Türme mit zum Teil deutlich über 100 Metern<br />
Höhe und Rotordurchmesser im Mittelpunkt der Diskussion. Kritik macht sich an der Sicht-<br />
veränderung der Kulturlandschaft, möglichen Beeinträchtigen von ökologischen Schutzge-<br />
bieten und deren Arten sowie optischen und akustischen Belästigungen fest. In der Praxis<br />
führt das zu Einschränken bei der Vorhabensplanung. Die Planungsverbände der regionalen<br />
Raumordnungsregionen beschließen dazu oft pauschale Abstandsregelungen und Höhen-<br />
begrenzungen, um der konkreten Auseinandersetzung vor Ort aus dem Weg zu gehen.<br />
36
Am Beispiel der Planungsregion der Altmark ist der Widerspruch zwischen dem erforderli-<br />
chen Ausbau erneuerbarer Energien und der Raumordnungspraxis deutlich erkennbar. Im<br />
Norden <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>s sind 17 Eignungsräume für Windenergie ausgewiesen, die 20 Pro-<br />
zent der landesweiten Windflächen ausmachen. Das Ausmaß der Eignungsräume liegt damit<br />
leicht unter dem Durchschnitt <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>s. Die Ausbauzahlen zeigen gegenüber den<br />
anderen windertragsreichen Regionen Deutschlands auch keine überdurchschnittliche Bela-<br />
stung der Altmark durch Windräder auf. Auffällig ist lediglich die Bündelung von Anlagen in<br />
großen Windparks, was insgesamt zu einer Entlastung der Schutzgüter und der Landschaft<br />
führt und deshalb landesplanerisch ausdrücklich gewollt ist.<br />
Der Regionale Entwicklungsplan Altmark zählt rund 40 einschränkende Kriterien für die<br />
Windenergienutzung auf und macht eine auffällig kritische Haltung deutlich, die nicht immer<br />
sachgerecht ist [RPA 2005]. So wird gleich zu Anfang auf die „Vermeidung der potentiellen<br />
negativen Auswirkungen von Windkraftanlagen“ abgezielt, jedoch im Zusammenhang mit<br />
dem möglichen Zubau fossiler Kraftwerke dem landschaftszerschneidenden Ausbau von<br />
Hoch- und Höchstspannungsfreileitungen Vorrang gegeben. Gleichwohl wird als Hauptar-<br />
gument zur Eingrenzung der Windenergienutzung der Landschaftsschutz angeführt. Es wird<br />
unterstellt, dass Windenergie dem Erhalt der Kulturlandschaft entgegensteht. Die bis Ende<br />
2008 vom Planungsverband beschlossenen umfassenden Beschränkungen für die Wind-<br />
energienutzung stellen gegenüber dem Jahr 2000 faktisch eine Halbierung der ausgewiese-<br />
nen Eignungsräume dar [RPA 2008]. Die Abstands- und Begriffsfestlegungen weisen dabei<br />
auf eine zum Teil nicht nachvollziehbare und rechtlich fragwürdige Vorgehensweise hin:<br />
� Abstände zur Wohnbebauung: bis zu 1.500 Meter,<br />
� Pufferzone zu Kurgebieten und Luftkurorten: 5.000 Meter,<br />
� Abstände zu Verkehrstraßen: 300 Meter,<br />
� Abstände zu Hochspannungsfreileitungen: 400 Meter,<br />
� Pufferbereich zu Waldflächen: 200 Meter,<br />
� Abstände zwischen einzelnen Windeignungsräumen: 5.000 Meter,<br />
� Mindestgröße für Windflächen: 20 Hektar,<br />
� Keine Windenergienutzung auf Erholungsflächen,<br />
� Keine Windenergienutzung auf Landwirtschaftsböden mittlerer und höherer Güte,<br />
� Ausschluss von Windenergienutzung auf Flächen unter denen die Verbringung von<br />
CO2 aus fossilen Großkraftwerken möglich ist.<br />
Dieser Tenor setzt sich im ersten Entwurf für den neuen Landesentwicklungsplan weitge-<br />
hend fort [MLV 2008]. Hier wird darüber hinaus eine eindeutige energiepolitische Richtungs-<br />
bestimmung vorgenommen: Langfristige Nutzung der Braunkohle, raumordnerische Siche-<br />
rung von Standorten für neue fossile Kraftwerke und weiterer Ausbau der großen Stromtras-<br />
sen. Bleibt es bei diesen Vorraussetzungen, sind der Windkraft die Ausbaupotentiale weitge-<br />
37
hend verstellt. Selbst das Ersetzen mehrerer älterer Anlagen durch moderne Anlagen in ge-<br />
ringerer Stückzahl, das so genannte „Repowering“, gestaltet sich unter diesen Rahmenbe-<br />
dingungen schwierig.<br />
Eine besondere Rolle kommt auch der zuständigen Genehmigungsbehörde, dem Landes-<br />
verwaltungsamt, zu [Brand-Schock 2009b]. Sie greift auch außerhalb raumplanerischer Er-<br />
fordernisse in die Windparkauslegung ein. So wurde der Mindestabstand zwischen einzelnen<br />
Windenergieanlagen innerhalb eines Eignungsraumes pauschal vergrößert, obwohl die Ab-<br />
stände ausschließlich von technischen und windanalytischen Bedingungen abhängen. Die<br />
Folge ist eine „Ausdünnung“ des Windparks durch unnötig große Abstände. Auch legt die<br />
Behörde Anträge derzeit grundsätzlich zum Nachteil der Windenergie aus, wenn Eigentümer<br />
von umliegenden Grundflächen nicht zu ermitteln sind. Dadurch können mehrere Vorhaben<br />
nicht verwirklicht werden. In der aktuellen Bauordnung des Landes <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>s ist die<br />
Einbeziehung öffentlicher Straßen in die erforderlichen Abstandsflächen ausgeschlossen<br />
[BauO LSA]. Jede Annäherung einer Windkraftanlage zu einem öffentlich gewidmeten Weg<br />
einschließlich der darauf bezogenen Abstandsvorschriften stellt damit ein Hindernis dar. In-<br />
nerhalb von Eignungsflächen, die Ausdrücklich für die Nutzung der Windenergie ausgewie-<br />
sen wurden, sind derartige Regelungen jedoch wenig sachgerecht. Die Landesregierung<br />
könnte diese Blockaden jederzeit aufheben.<br />
Unter den genannten Bedingungen ist eine Flächenausweitung zugunsten der Windenergie<br />
wenig realistisch. Für die weitere Entwicklung der Windenergie werden daher die bestehen-<br />
den Eignungsräume unter Berücksichtigung verbesserter Genehmigungsbedingungen be-<br />
trachtet. Nicht sachgerechte Hemmnisse sollen Schritt für Schritt abgebaut und konfliktmin-<br />
dernde Maßnahmen, wie das Repowering, gezielt unterstützt werden. Dazu ist es erforder-<br />
lich, der Raumordnung bzw. Bebauungsplanung den technischen und planerischen Fort-<br />
schritt bei der Windenergienutzung zugrunde zu legen. Innerhalb von Windeignungsgebieten<br />
sind Hemmnisse durch Klarstellungen gegenüber dem Landesverwaltungsamt und in der<br />
Landesbauordnung zu beseitigen. Bezüglich begründeter Störungen und Belästigungen ge-<br />
genüber anwohnenden Menschen und betroffenen Schutzgütern sind pauschale Eingren-<br />
zungen durch Einzelfallprüfungen zu ersetzen.<br />
Mit Blick auf die hohe Bedeutung der Windenergie für den Klimaschutz, das Wirtschafts-<br />
wachstum und die Schaffung neuer Arbeitsplätze sollte grundsätzlich ein flächenbezogenes<br />
Landesausbauziel für die Windenergie im Landesentwicklungsplan formuliert werden. Es<br />
wird empfohlen, ein Prozent der Landesfläche oder 20.450 ha als „Flächenziel Windenergie-<br />
nutzung“ festzulegen. Damit bleibt die Entwicklung der Windkraft im Rahmen der bereits<br />
ausgewiesenen Flächen. Innerhalb dieser Bereiche sollte der behördliche Einfluss auf eine<br />
sachgerechte Abwägung der Belange beschränkt sein.<br />
38
Grafik 6: Entwicklung der Windenergie nach installierter Leistung und jährlichem Zubau in MW<br />
<br />
7000<br />
6000<br />
5000<br />
4000<br />
3000<br />
2000<br />
1000<br />
0<br />
2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014 2016 2018 2020 2022 2024 2026 2028 2030<br />
Leistung (MW) Zubau (MW)<br />
Quellen: DEWI 2009, BWE 2009, EI 2007, eigene Berechnungen<br />
Auf dieser Grundlage ist ein geregelter und konfliktarmer Windenergieausbau möglich. Dabei<br />
kann die erzeugte Windstrommenge gegenüber dem derzeitigen Ausbaustand bis 2020 na-<br />
hezu verdoppelt und bis 2030 auf das Zweieinhalbfache gesteigert werden. Die installierte<br />
Leistung verdoppelt sich dabei im Laufe der nächsten 20 Jahre. Daraus lässt sich ablesen,<br />
dass die durchschnittliche jährliche Volllaststundenzahl von derzeit 1.900 bis 2030 auf 2.450<br />
zunimmt. Zunächst ist von einer Fertigstellung geplanter Vorhaben unter den bestehenden<br />
Genehmigungsbedingungen auszugehen. Nach 2011 wird zum einen durch eine Verbesse-<br />
rung der raumordnerischen Regelungen ein weiterer aber abnehmender Zubau bis 2020 er-<br />
möglicht. Zum anderen greift ab 2012 die gesetzliche Regelung des Repowerings. Das Er-<br />
setzen von Windenergieanlagen, die mindestens 10 Jahre in Betrieb waren, durch Windräder<br />
neuesten Typs bedeutet im Durchschnitt eine Verringerung der Anlagenzahl an einem kon-<br />
kreten Standort auf ein Viertel, wobei sich die Leistung mindestens verdoppelt. Dabei werden<br />
auch optische und akustische Störwirkungen erheblich gemindert. Der jährliche Repowering-<br />
Anteil bleibt aber in der Praxis gering. Aufgrund örtlicher, raumordnerischer bzw. wirtschaftli-<br />
cher Gegebenheiten wird nur ein Zehntel aller Windenergieanlagen, die länger als zehn Jah-<br />
re in Betrieb sind, ersetzt werden. Spätestens nach 2020 ist aufgrund der zunehmenden<br />
Rentabilität des Windstroms von einer Abschaffung der Repowering-Regelung im EEG aus-<br />
zugehen. Der Leistungszuwachs durch den Anlagentausch nimmt daher in den kommenden<br />
zehn Jahren auf 130 MW pro Jahr zu und geht bis 2030 langsam auf 100 MW zurück. Ein<br />
Drittel der bis dahin installierten Leistung unterliegt dann dem Repowering.<br />
39
Es ist anzumerken, dass mit dem EEG auf Bundesebene überaus positive Rahmenbedin-<br />
gungen zum weiteren Ausbau der Windenergie geschaffen wurden. Ein deutlicher Zubau von<br />
Anlagen zur Stromerzeugung aus Wind ist in Deutschland absehbar. Ob die Investitionen der<br />
Branche in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> zu mehr Klimaschutz, Wirtschaftskraft und Beschäftigung führen,<br />
liegt allein in der Hand der Landesregierung und der Landkreise.<br />
3.2 Bioenergie – Stärkung des ländlichen Raums<br />
Die ländlich geprägten Strukturen Sachen-<strong>Anhalt</strong>s weisen auf ein hohes Potential zur ener-<br />
getischen Nutzung von Biomasse hin. Die Beschaffenheit der Kulturlandschaft ist durchweg<br />
von der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung geprägt. Die Hälfte der Bodenfläche des<br />
Bundeslandes ist Ackerland, ein Viertel von Wald bedeckt. Im Wesentlichen dienen die<br />
Agrar- und Forstflächen der Nahrungs- und Futtermittelerzeugung, der Viehhaltung sowie<br />
der stofflichen Nutzung. Auch die Energieerzeugung aus Biomasse nimmt einen immer grö-<br />
ßeren Raum ein.<br />
Um Nutzungs- und Versorgungskonflikte sowie eine Überforderung des Naturhaushaltes zu<br />
vermeiden, kann die Bioenergienutzung nur aus frei verfügbaren oder frei werdenden Flä-<br />
chen bzw. Masseströmen entwickelt werden. Auch muss über die im EEG festgelegten<br />
Nachhaltigkeitskriterien hinaus ein besonderes Augenmerk auf die möglichst effiziente Ver-<br />
wendung der Biomasse gerichtet werden, da die Ressourcen und Flächen begrenzt sind. Im<br />
Mittelpunkt der Betrachtung stehen deshalb:<br />
� die Erzeugung von Biogas aus Anbaupflanzen, Mahd und Gülle,<br />
� Reststoffe und Abfälle im engeren Sinne,<br />
� die Nutzung von Wald-, Rest-, Alt- und Industrieholz sowie<br />
� Getreidestroh.<br />
Dabei zeigt sich, dass Biogas und Abfälle das größte Nutzungspotential für die Strom- und<br />
Wärmeerzeugung haben und Stroh bisher zu wenig in den Energiekreislauf eingeflossen ist.<br />
Die nachhaltig verwendbaren Holzmengen sind hingegen weitgehend ausgeschöpft, werden<br />
aber ineffizient genutzt. Insgesamt kann Bioenergie in zehn Jahren mehr als doppelt so viel<br />
Strom bereitstellen wie derzeit. Nach 2020 sind die Potentiale zu einem großen Teil ausge-<br />
schöpft, so dass sich der weitere Zuwachs bis 2030 verlangsamt und nur noch um knapp ein<br />
Viertel zunimmt.<br />
40
Grafik 7: Entwicklung der Strombereitstellung aus Biomasse nach installierter Leistung in MW<br />
1200<br />
1000<br />
800<br />
600<br />
400<br />
200<br />
Quelle: eigene Berechnungen<br />
0<br />
3.2.1 Biogas<br />
2010 2015 2020 2025 2030<br />
Biogas Wald- / Altholz Reststoffe / Abfall Zellstoffwerk Stendal Getreidestroh<br />
Die Inanspruchnahme landwirtschaftlicher Flächen fokussiert sich derzeit im Wesentlichen<br />
auf die Biogas- und Agrokraftstofferzeugung. In diesem Zusammenhang ist hervorzuheben,<br />
dass je Hektar Anbaufläche der Energieertrag aus Biogas um das Dreifache höher liegt als<br />
bei den Biokraftstoffen [SRU 2007]. Schon jetzt werden jedoch für die Herstellung von Bio-<br />
ethanol und Biodiesel mehr Flächen gebunden als zur Biogaserzeugung [MLU 2007]. Insbe-<br />
sondere die Bioethanol-Herstellung orientiert sich dabei nicht an regionalen Wertschöp-<br />
fungsketten, sondern am bundesweiten Markt zur Deckung der Biokraftstoffquote [BioKraft-<br />
QuG] und am europaweiten E85-Markt. Lediglich die Rohstofferzeugung (Getreide, Zucker-<br />
rübe) und ortsnah dazu die Herstellung von Bioethanol, sind die Teile der Wertschöpfungs-<br />
kette, die an <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> gebunden sind. Das Produkt, die daran gebundenen Energie-<br />
und Rohstoffmengen sowie ein wesentlicher Teil des Ertrags fließen in andere Regionen ab.<br />
Ein aus der Nachhaltigkeitsbetrachtung heraus besonders nachteiliges Beispiel ist die Bio-<br />
ethanol-Anlage der Südzucker AG in Zeitz. Zur Herstellung des biogenen Kraftstoffs wird<br />
CO2-intensive Braunkohle eingesetzt, was zu einer negativen Klimabilanz des mit Umwelt-<br />
vorteilen etikettierten Produktes führt.<br />
Das ungünstige Flächen-Energie-Verhältnis sowie die ineffiziente Verbrennung in Fahr-<br />
zeugmotoren sind der Grund für die schlechte CO2-Bilanz von Biosprit insgesamt. Es wird<br />
empfohlen, sich zukünftig auf eine Biokraftstofferzeugung für die land- und forstwirtschaftli-<br />
che Eigennutzung zu beschränken. Energiepflanzen für Agrokraftstoffe sollten künftig nicht<br />
41
mehr als ein Viertel der für Bioenergie vorgesehenen landwirtschaftlichen Fläche belegen.<br />
Auch sind sieben Prozent dieser Landwirtschaftsfläche für den Schutz des Naturhaushaltes<br />
und der Artenvielfalt in der Kulturlandschaft zu sichern, um europäischen Verpflichtungen im<br />
Naturschutz nachzukommen [SRU 2007].<br />
Im Mittelpunkt der flächenbezogenen Betrachtung liegt die Erzeugung von Biogas. Es kann<br />
dezentral zur Strom- und Wärmeerzeugung eingesetzt oder in das Erdgasnetz eingespeist<br />
werden, um ortsfernere KWK-Kraftwerke zu befeuern. Für die Abgabe ins Netz müssen noch<br />
die erforderlichen gesetzlichen Rahmenbedingungen geschaffen werden, damit sich die<br />
technische Aufbereitung und Einspeisung ins Netz für die Biogasanlagenbetreiber lohnt.<br />
Derzeit ist ein Biogaseinspeisegesetz in Vorbereitung.<br />
Von der landwirtschaftlichen Fläche in Deutschland mit 15,8 Mio. Hektar könnten nach Un-<br />
tersuchungen des Sachverständigenrats für Umweltfragen (SRU) unter Berücksichtigung so-<br />
zialer und ökologischer Belange langfristig 19 Prozent oder drei Mio. Hektar für die Bioener-<br />
gienutzung bereitgestellt werden. Bezogen auf <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> stehen für die Biogaserzeu-<br />
gung damit 132.600 Hektar zur Verfügung. Dabei sind die Flächen des Dauergrünlandes und<br />
des Naturschutzes ausgenommen und der Anteil für die Agrokraftstoff-Herstellung ist be-<br />
rücksichtigt. Für die Vorausschau bis zum Jahr 2030 sind verschiedene Entwicklungen bei<br />
den Haupteingangsstoffen der Methangewinnung zu beachten. Der Viehbestand und damit<br />
der Gülleanteil werden langfristig zurückgehen. Damit steht für nachwachsende Rohstoffe<br />
mehr Fläche zur Verfügung. Auch der Grünlandschnitt wird zunehmen. Dieser Flächenzu-<br />
sammenhang hebt sich im summarischen Energiegehalt des Biogases jedoch weitgehend<br />
wieder auf. Deshalb wird statisch mit einer erzeugbaren Strommenge von 15,8 MWh pro<br />
Jahr und Hektar Anbaufläche gerechnet [FNR 2003]. Biogas kann damit rund 2.100 GWh<br />
Strom bereitstellen.<br />
3.2.2 Reststoffe und Abfälle<br />
Ein Großteil des biogenen Abfalls bleibt derzeit energetisch ungenutzt. Der SRU verweist in<br />
seinem Sondergutachten „Klimaschutz durch Biomasse“ darauf, dass Reststoffe und Abfälle<br />
zusammengenommen die Hälfte des Bioenergie-Potentials ausmachen. Für die vorliegende<br />
Untersuchung wird der Rahmen deutlich enger gefasst. So wird Gülle und Grünlandmahd<br />
dem Biogas zugerechnet. Industrie- und Altholz sowie Pflegeschnitt der Holzverfeuerung zu-<br />
geordnet und die energetische Nutzung von Stroh für sich betrachtet. Reststoffe und Abfälle<br />
im hier betrachteten Sinne sind Stoffe der Siedlungsabfälle und aus der Lebensmittelproduk-<br />
tion, die getrennt gesammelt werden, sowie Schwarzlauge, Klärschlämme und Deponie- und<br />
Klärgase [MLU 2007]. Bei durchgängiger Erfassung und Sammlung können diese Reststoffe<br />
42
und Abfälle im Jahr 2030 bis zu 1.900 GWh Strom liefern. Das entspricht dem Zweieinhalb-<br />
fachen gegenüber heute.<br />
Das eingangs erwähnte Biomasse-Kraftwerk des Zellstoffwerks Stendal bei Arneburg soll an<br />
dieser Stelle berücksichtigt werden. Es nutzt die biogenen Neben- und Abfallprodukte der<br />
Zellstoffherstellung zur Strom- und Wärmeerzeugung. Der Großteil des Holzrohstoffes<br />
kommt jedoch nicht aus <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>. Allerdings stellt die Anlage mit 300 GWh pro Jahr<br />
relevante Strommengen aus Biomasse für die allgemeine Versorgung zur Verfügung.<br />
3.2.3 Holz<br />
Geht man im Energiebereich von einer nachhaltigen Holznutzung aus, sind die Mengen be-<br />
reits heute weitgehend gebunden. Holz wird vor allem der stofflichen Verwertung zugeführt,<br />
aber auch umfänglich zur Wärme- und Stromerzeugung genutzt. Dabei ist der Anteil der<br />
Holzentnahme aus den zahlreichen Privatwaldbereichen kaum erfasst. Eine möglichst ener-<br />
gieeffiziente Nutzung ist aber auch hier wünschenswert. Die zunehmend stringenten Immis-<br />
sionsschutzauflagen bei Kleinfeuerungsanlagen [1. BImSchV] lassen künftig aber eine Ein-<br />
schätzung der zur Einzelfeuerung genutzten Mengen für den Heizbedarf zu. Von zunehmen-<br />
der Bedeutung ist die Verwendung von Holzpellets zur Verwendung in Einzelheizungen.<br />
Deutschlandweit wurden 2009 rund 1,6 Mio. Tonnen Pellets produziert und 1,1 Mio. Tonnen<br />
in 125.000 Anlagen verheizt [DEPV 2009]. Allein 2009 gingen 20.000 neue Pellets-<br />
Heizungen in Betrieb. Bis 2020 sollen es nach Branchenvorstellungen eine Millionen Anla-<br />
gen sein. Bezogen auf die Anzahl der Haushalte in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> beträgt der Verbrauch<br />
landesweit derzeit etwa 33.220 Tonnen oder 67.800 Festmeter Waldholz. Bei einer ange-<br />
strebten Vervierfachung der Pellets-Anlagen bis 2020 würde die Entwicklung eine erhebliche<br />
Holzentnahme bedeuten. Bei dieser Verwendungsweise stünde der Rohstoff für eine effi-<br />
ziente gleichzeitige Strom- und Wärmeerzeugung nicht zur Verfügung. Es wird daher emp-<br />
fohlen, diesen Pfad nicht durch Landesmitteln oder Öffentlichkeitsarbeit zu fördern. Hersteller<br />
und Besitzer von Pelletsheizungen sollten alternativ mittels eines Marktanreizprogramms auf<br />
Landesebene bei der Verwendung von Strohpellets unterstützt werden. Bei gleichem Heiz-<br />
wert gibt es hier noch erhebliche ungenutzte Potentiale.<br />
Die Ermittlung der energetisch nutzbaren Waldholzmengen in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> zeigt die be-<br />
grenzten Potentiale und erfordert eine Lenkung hin zur effizienten Verwendung des Roh-<br />
stoffs. Auf Grundlage der Waldzusammensetzung und der Entnahme zur energetischen<br />
Verwendung nach Holzarten ergibt sich im Landesdurchschnitt ein mittlerer Heizwert von<br />
2.400 kWh je Festmeter.<br />
43
Tabelle 10: Heizwert je Festmeter Waldholz nach Baumarten und Feuchtegrad<br />
Baumart Nutzungsanteil (%) Heizwert bei 15% Feuchte (kWh) Heizwert bei 30% Feuchte (kWh)<br />
Fichte 23 1.925 1.860<br />
Kiefer 20 2.189 2.116<br />
Buche 23 2.723 2.627<br />
Eiche 34 2.786 2.689<br />
Durchschnitt 100 2.454 2.369<br />
Quelle: LWF 2003, MLU 2007<br />
Unter der Voraussetzung einer nachhaltigen Waldwirtschaft stehen in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> je<br />
Hektar Waldfläche im Jahr 6,65 Festmeter zur stofflichen und energetischen Verwertung zur<br />
Verfügung [MLU 2007]. Von der Gesamtwaldfläche sind 54.200 Hektar geschützte oder<br />
schutzwürdige Flächen auszuklammern. Künftig wird es darüber hinaus erforderlich sein, ei-<br />
ne „Klimaschutzbevorratung“ von einem Festmeter je Hektar zu berücksichtigen, um trotz<br />
bereits eintretender Folgen des Klimawandels eine ausreichende Stabilität der Waldökologie<br />
zu gewährleisten. Die nachhaltig nutzbare Holzmenge beträgt damit 5,65 Festmeter je Hek-<br />
tar im Jahr. Davon werden derzeit 1,18 Festmeter je Hektar oder 515.000 Festmeter insge-<br />
samt zur Wärme- und Stromerzeugung genutzt, wobei die Zufuhr aus anderen Bundeslän-<br />
dern bzw. dem Ausland nicht berücksichtigt sind. Langfristig sollten zwei Ziele festgelegt<br />
werden: Zum einen soll die maximale Holzentnahme zur Energieerzeugung 1,65 Festmeter<br />
je Hektar oder absolut 718.000 Festmeter nicht übertreffen. Zum anderen soll die Versor-<br />
gung weitgehend aus landeseigener Waldbewirtschaftung erfolgen. Wird bezogen auf den<br />
Heizwert ein Zufluss von Industrie-, Alt und Schnittholz von 50 Prozent angenommen, kön-<br />
nen Holzkraftwerke derzeit im Jahr gut 700 GWh Strom bereitstellen. Bis 2030 kann die<br />
Energiemenge auf 1.100 GWh gesteigert werden.<br />
3.2.4 Getreidestroh<br />
Die Nutzung von Getreidestroh zur Erzeugung von Wärme und elektrischer Energie ist ein<br />
bisher zu wenig berücksichtigter Bereich. In <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> fallen nach dem Verband Deut-<br />
scher landwirtschaftlicher Untersuchungs- und Forschungsanstalten (FDLUFA), der eine<br />
ökologisch sensible Humusbilanz berücksichtigt, 1,3 Mio. Tonnen frei verfügbares Stroh an.<br />
Selbst unter der Annahme, dass für den Viehbestand bis zu 5.000 Tonnen zurück gehalten<br />
werden, ist das Potential erheblich. Wird davon ausgegangen, dass bis 2030 ein Viertel des<br />
verfügbaren Strohs in KWK-Anlagen zur gleichzeitigen Strom- und Wärmeerzeugung ein-<br />
setzbar ist, kann der Ernte-Reststoff dann rund 1.300 GWh elektrische Energie pro Jahr lie-<br />
fern.<br />
44
3.3 Solarenergie – Dezentraler Energiebaustein<br />
3.3.1 Photovoltaik<br />
Photovoltaik zur Stromerzeugung aus Sonnenlicht ist in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> vorrangig durch<br />
Produktionsstätten der Zellen- und Modulfertigung bekannt. Bei der installierten Leistung<br />
liegt das Land im Bundesvergleich zurück [DIW/ZSW 2008]. Der Zubau von Solarstrom<br />
hängt im Wesentlichen an der weiteren Ausgestaltung der Förderung und an der Preisent-<br />
wicklung der Module. Das EEG vergütet die Einspeisung von Solarstrom ins Netz und nicht<br />
die Herstellung der Anlagen. Die Krise bei einzelnen in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> ansässigen Solarun-<br />
ternehmen ist daher für die Entwicklung der Strombereitstellung zunächst ohne Belang.<br />
Im Zusammenhang mit der Beschäftigungsentwicklung ist eine Betrachtung der gesamten<br />
Wertschöpfungskette jedoch unerlässlich. Im Photovoltaik-Bereich binden der Bereich Her-<br />
stellung und Zulieferung 56 Prozent der Arbeitskräfte. Auf das für die Montage und War-<br />
tungsarbeiten zuständige Handwerk entfallen 35 Prozent der Beschäftigten. Knapp zehn<br />
Prozent liegen beim Großhandel [BSW 2009a]. Derzeit kommen Solarstrommodule zuneh-<br />
mend aus Asien. Deren Kosten liegen um bis zu 30 Prozent unter dem Herstellungsaufwand<br />
der ostdeutschen Hersteller. Bei näherer Betrachtung sind die Probleme, die vor allem das<br />
Thalheimer Unternehmen Q-Cells betreffen, jedoch hausgemacht. Die heimische Branche<br />
verweist zwar auf die höheren Arbeitsplatzkosten und eine bessere Standortförderung, bei-<br />
spielsweise in Malaysia oder China. Die Ursache für teure Solaranlagen „Made in Germany“<br />
liegt jedoch nachweislich in einer verfehlten Rohstoffstrategie der Unternehmen. Noch vor<br />
zwei Jahren war Silizium aufgrund der hohen Nachfrage knapp. Zellenhersteller wie Q-Cells<br />
deckten sich damals aus Sorge vor Engpässen mit langfristigen Lieferverträgen ab [Q-Cells<br />
2008]. Dabei gingen sie Verpflichtungen über eine Dauer von bis zu zehn Jahren ein. Am<br />
Spotmarkt kostete polykristalines Silizium 2008 noch bis zu 500 US-Dollar je Kilogramm. Seit<br />
2009 wird der Markt mit Rohstoff überflutet und der Preis hat sich etwa halbiert. Das rasante<br />
Wachstum der Solarindustrie in Asien fiel mit dieser Entwicklung zusammen. Während chi-<br />
nesische Hersteller derzeit billig einkaufen, muss Q-Cells teure Abnahmeverträge erfüllen<br />
und Modulbauer wie Aleo Solar, die wiederum Verträge zur Abnahme der in Thalheim gefer-<br />
tigten Zellen eingegangen sind, setzen hochpreisige Produkte zusammen. In der Folge fallen<br />
die betroffenen deutschen Anbieter im internationalen Vergleich zurück. Q-Cells konnte die<br />
Belegschaft jedoch bisher weitgehend durch Kurzarbeit halten. Der Silizium-Modulhersteller<br />
Solarworld in Bonn oder das Unternehmen First Solar, das in Frankfurt (Oder) Dünnschicht-<br />
Module ohne Silizium herstellt, können auch deshalb dem Kostendruck standhalten, weil sie<br />
einen größeren Teil der Wertschöpfungskette kontrollieren und zunehmend in Malaysia, Chi-<br />
na oder USA produzieren, wo sich auch die neuen Absatzmärkte befinden. Ob es in<br />
45
Deutschland künftig wieder zu einem deutlichen Zuwachs der Beschäftigung im Bereich der<br />
Herstellung kommt, ist fraglich, zumal derzeit mit einer Anpassung der EEG-Förderung an<br />
die sinkenden Preise der Solarstromanlagen zu rechnen ist.<br />
In dieser Untersuchung wird unter Berücksichtigung der zu beobachtenden Entwicklungen<br />
ein gleichbleibender Zuwachs von Strom aus Photovoltaik angenommen. Bundesweit nimmt<br />
die installierte Leistung um rund 2.000 MW im Jahr zu. Unter Bezugnahme auf die Flächen-<br />
größe kann damit ein jährlicher Zubau von 114 MW in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> als gesichert betrach-<br />
tet werden. Die Sonnenstundenzahl lässt in dem Bundesland 900 Volllaststunden im Jahr zu.<br />
Bis 2020 kann die Stromerzeugung aus Photovoltaik gegenüber heute auf 1.200 GWh ver-<br />
zehnfacht werden. Unter gleichbleibenden Rahmenbedingungen ist danach bis 2030 eine<br />
Verdoppelung der Solarstrommenge machbar. Photovoltaik macht dann fast 20 Prozent an<br />
der installierten Leistung und sechs Prozent an der Strombereitstellung aus. Es ist davon<br />
auszugehen, dass Photovoltaik noch vor 2020 elektrische Energie günstiger zur Verfügung<br />
stellen kann, als Haushaltsstrom dann voraussichtlich kostet. Für private Haushalte, insbe-<br />
sondere mit Wohneigentum, wird die Anschaffung einer dezentralen Solaranlage zur Eigen-<br />
versorgung dadurch zunehmend wirtschaftlicher. Kleinanlagen und Großprojekte werden<br />
sich bei der installierten Leistung etwa die Waage halten. Wird die Hälfte des Solarstromzu-<br />
wachses durch Freiflächenanlagen verwirklicht, muss dafür eine Fläche von bis zu 3.700<br />
Hektar zur Verfügung gestellt werden. Da nur vorversiegelte Böden zum Aufbau großer Pho-<br />
tovoltaik-Kraftwerke genutzt werden sollen, ist es sinnvoll, verwendbare Flächen landesweit<br />
frühzeitig in einem Kataster zu erfassen und raumordnerisch zu sichern.<br />
3.3.2 Solarthermie<br />
Die Wärmebereitstellung aus Sonnenenergie erlebt deutschlandweit ein durchgehendes<br />
Wachstum von durchschnittlich 14 Prozent im Jahr. Hauptsächlich kommt Solarthermie in<br />
dezentraler Anwendung zur Unterstützung von Einzelheizungen in Gebäuden vor. Wesentli-<br />
che Rahmenbedingungen waren bisher die Teuerung fossiler Heizbrennstoffe, sowie das<br />
Marktanreizprogramm der Bundesregierung, das den Bau solarthermischer Anlagen über die<br />
Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) mit Zuschüssen fördert. Hinzu kommen nun das EE-<br />
WärmeG auf Bundesebene sowie konkreter ausgestaltete Landesgesetze, welche künftig die<br />
Nutzung erneuerbarer Energien im Wärmebereich zu einem Mindestanteil am Wärmebedarf<br />
vorschreiben. Die Nutzung der Solarthermie für die Erwärmung von Brauchwarmwasser bzw.<br />
zur Unterstützung der Gebäudeheizung ist dabei in vielen Fällen eine vergleichsweise ein-<br />
fach umzusetzende Maßnahme. Von zunehmendem Interesse ist die Möglichkeit, größere<br />
Saisonspeicher zur Abfrage im Winter solarthermisch über die sonnenreichen Monate aufzu-<br />
laden, um Nahwärmenetze zu betreiben.<br />
46
Insgesamt kann die bisherige Entwicklung aufgrund guter Rahmenbedingungen fortge-<br />
schrieben werden. In den nächsten zehn Jahren ist demnach eine Vervierfachung der solar-<br />
thermischen Wärmemenge zu erwarten, wobei dann 600 GWh bereitgestellt werden. Ge-<br />
genüber 2020 kann die Wärmeleistung bis 2030 dann noch einmal um den Faktor 3,7 ge-<br />
steigert werden. Die nutzbare Wärmemenge beträgt dann mehr als 2.200 GWh.<br />
3.4 Geothermie – Strom und Wärme aus der Tiefe<br />
Von besonderer Bedeutung für <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> kann die Nutzung der natürlichen Erdwärme<br />
zur Strom- und Heizwärmeerzeugung sein. Die Altmark weist nach Veröffentlichungen des<br />
Landesamtes für Geologie und Bergwesen besonders gute Geothermiepotentiale auf [LAGB<br />
2009]. Grund ist der Übergang der geologischen Großstruktur in den Senkungsraum des<br />
Norddeutschen Beckens. Dabei stehen petrothermale Verfahren, die tief liegende, trockene<br />
Gesteinsschichten nutzen, im Vordergrund. Sie haben den Vorteil, dass im Untergrund kein<br />
Thermalwasser vorhanden sein muss. Stattdessen wird kaltes Wasser über eine Injektions-<br />
bohrung zugeführt, das erhitzt über eine Förderbohrung wieder an die Oberfläche gelangt.<br />
Die Stromausbeute ist dabei stark von der Temperatur des erhitzten Wassers abhängig. In-<br />
teressant ist der Bereich oberhalb von 150 Grad Celsius. Dazu sind Bohrtiefen von minde-<br />
stens 4.000 Metern erforderlich.<br />
Tabelle 11: Nutzbare Strom- und Wärmeleistung verschiedener Geothermie-Anlagen<br />
Anlage Prozesstemperatur (°C) el. Leistung (MW) Wärmeleistung (MW) Stromanteil (%)<br />
Neustadt-Glewe 98 0,23 7,0 3,2<br />
Unterhaching 122 3,36 38,0 8,1<br />
Landau 155 3,80 6,0 38,8<br />
Quelle: BMU 2009c<br />
Die Bedeutung der tiefen Geothermie im Energiemix mit einem hohen Anteil erneuerbarer<br />
Energien liegt darin begründet, dass sie Strom und Wärme durchgängig als Grundlast lie-<br />
fert. Darüber hinaus kann im Winter die Stromgestehung zugunsten einer höheren Heizwär-<br />
mebereitstellung heruntergeregelt werden. Das ist auch dann von Interesse, wenn an kalten<br />
Tagen eine hohe Windlast im Stromnetz anliegt.<br />
Unter Berücksichtigung der langen Umsetzungszeiträume können in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> die er-<br />
sten petrothermalen Anlagen in fünf Jahren in Betrieb gehen. Bei gezielter Förderung von<br />
Pilotvorhaben durch die Landesregierung ist bis 2020 eine installierte elektrische Leistung<br />
47
von 30 MW zu erwarten. Wird danach die gleiche Entwicklungsgeschwindigkeit wie bei der<br />
Windenergie angenommen, kann der Beitrag der tiefen Geothermie auf 186 MW elektrisch<br />
ansteigen. Die erzeugte Strommenge beträgt 2020 unter Bezug auf vorhandene Lastdaten<br />
knapp 200 GWh und steigt bis 2030 auf rund 1.200 GWh. Für die Wärmebereitstellung wird<br />
im Verhältnis zur Stromgewinnung der Faktor zwei angenommen.<br />
Die Realisierungsbedingungen für Geothermiekraftwerke sind aufgrund verbesserter Förder-<br />
bedingungen gut [BMU 2009c]. Mit dem EEG 2009 erhöhte sich die Einspeisevergütung für<br />
Strom aus Geothermie. Auch wurden ein Wärmenutzungs- sowie ein Technologiebonus ein-<br />
geführt. Das Marktanreizprogramm des Bundes fördert Geothermie gezielt, um die Bohr- und<br />
Fündigkeitsrisiken zu senken. Das ist von hoher Bedeutung, da über die Hälfte der Projekt-<br />
kosten für die Bohrungen aufgebracht werden müssen. Auch das im Rahmen des Konjunk-<br />
turpaketes geschaffene KfW-Sonderkreditprogramm fördert Geothermieprojekte noch bis<br />
Ende 2010. Um die Anwendung der Technik besser zu unterstützen, müssen jedoch die<br />
bergrechtlichen Bedingungen vereinheitlicht und vereinfacht werden. Vor allem sollten Geo-<br />
thermievorhaben von der Betriebsplanpflicht befreit sein. Auch müssen vorhandene Daten<br />
zur Beschaffenheit des Untergrundes schnell und hindernisfrei zur Verfügung gestellt wer-<br />
den.<br />
Ein bisher unterschätztes Risiko sind erdbebenähnliche Erschütterungen, die während der<br />
Projektrealisierung im Umfeld von petrothermalen Geothermieanlagen auftreten können. Ei-<br />
ne Ursache sind die sogenannten Stimulationsverfahren. Mittels hohem Drucks werden da-<br />
bei in der Tiefe Risse und Klüfte erzeugt, die das Gestein für den Wasserdurchfluss porös<br />
machen. Die so auftretenden Spannungen können zu Erschütterungen führen. Beim Geo-<br />
thermieprojekt Landau in Rheinland-Pfalz kam es am 15. August 2009 zu einem Erdbeben<br />
der Stärke 2,8. Grund war offenbar das Abschalten der Injektionspumpen, woraufhin der<br />
aufgebaute Druck nachließ und das Gestein sich entspannte [Pfälzischer Merkur 2009]. Es<br />
kam zwar nicht zu Schäden in der Umgebung. Gleichwohl geriet die Geothermie in die Kritik.<br />
Das Projekt verzögerte und verteuerte sich erheblich: Die Betreiberfirma musste den Injekti-<br />
onsdruck der Anlage senken, womit die Förderleistung und damit die Energieausbeute sin-<br />
ken. Auch mussten ein Messnetz zur Erfassung seismischer Aktivitäten aufgebaut und die<br />
Haftungssumme deutlich erhöht werden [GEOX 2009]. Eine sorgfältige Projektplanung und<br />
gute Datengrundlage sowie nachvollziehbare Informationen für die Öffentlichkeit sind daher<br />
für den Ausbau der Geothermie in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> unabdingbar.<br />
48
3.5 Fossile Energieträger – Klimagaseffizienz als Maßstab<br />
Fossile Energieträger bleiben in dem betrachteten Zeitraum von hoher, aber insgesamt ab-<br />
nehmender Bedeutung. Aufgrund des zu erwartenden Aufwuchses bei den erneuerbaren<br />
Energien geht der prozentuale Anteil fossiler Energieträger zurück. Der Regelbedarf im Netz<br />
wird darüber hinaus zu einem weiteren Rückgang des Braunkohlestroms führen. Ein Bedarf<br />
für neue Braun- oder Steinkohlekraftwerke ist nicht vorhanden. Lediglich der Zubau kleinerer,<br />
schnell regelbarer Erdgaskraftwerke, die gleichzeitig Strom und Wärme liefern, wird beför-<br />
dert. Hinzu kommt, dass die klimagasbezogenen Kosten der Energieerzeugung in den näch-<br />
sten zehn Jahren deutlich steigen werden. In der Folge verschieben sich die Kosten der<br />
Stromgestehung zugunsten des Brennstoffs Erdgas, da hier der CO2-Ausstoß gegenüber<br />
Braunkohle nur ein Drittel beträgt.<br />
3.5.1 Erdgas-Kraftwerke<br />
Bereits in den vergangenen Jahren fand ein bedarfsgerechter Zubau von effizienten Erdgas-<br />
Kraftwerken statt. Sie dienen meist der gleichzeitigen Strom- und Wärmeerzeugung. Sach-<br />
sen-<strong>Anhalt</strong> verfügt dadurch über gute Voraussetzungen für die Gestaltung einer dezentralen<br />
und klimafreundlichen Energiewirtschaft. Nachteilig ist der Rückgang der Fernwärmeversor-<br />
gung. Diese Fehlentwicklung hat seine Ursachen in der privatwirtschaftlichen, oligopolen<br />
Struktur der Gaswirtschaft. Die Erhöhung des Anschlussgrades von Einzelheizungen an das<br />
Erdgasnetz ist dabei lohnender als die Belieferung von Kraftwerken. In der Folge wird Erd-<br />
gas zunehmend ineffizient genutzt, da es nur zur Erzeugung von Heizwärme dient. Um den<br />
Trend umzukehren, ist es erforderlich den Ausbau des Fernwärmenetzes raumordnerisch<br />
und durch Annreize zu fördern. Auch sollte ein Anschlussvorrang für Fernwärmenetze gel-<br />
ten. Darüber hinaus können kommunale Energieversorgungsunternehmen, die sich in öffent-<br />
lichem Eigentum befinden, Entscheidungen zur besseren Eigenversorgung mittels effizienter<br />
Kraft-Wärme-Kopplung und des Ausbaus von Netzen zur Wärmeversorgung treffen.<br />
Die bessere Ausnutzung von Erdgas zur gleichzeitigen Strom- und Wärmeerzeugung liegt<br />
zunächst auf der Hand. Erdgas befeuerte Kraftwerke sind schnell regelbar, um Wind- und<br />
Solarstromschwankungen jederzeit auszugleichen. Erdgas erreicht bei gleichzeitiger Strom-<br />
und Wärmeerzeugung Wirkungsgrade von bis zu 90 Prozent und kann im Gegensatz zu<br />
Kohlekraftwerken auch in kleinen Anlagen wirtschaftlich genutzt werden, was kommunale<br />
Stadtwerke stärkt.<br />
Dem gegenüber steht die Befürchtung, dass mit einem vermehrten Einsatz von Erdgas die<br />
Abhängigkeit von großen Lieferstaaten wie Russland steigt und die Versorgungssicherheit<br />
gefährdet wird. Die Erdgasteuerung der letzten Jahre und der wiederholte Streit zwischen<br />
49
Russland und Ukraine über die Durchleitung von Erdgas nach Westeuropa haben die Unsi-<br />
cherheiten verstärkt. Bei näherer Betrachtung sind die Befürchtungen gegenüber dem russi-<br />
schen Energieriesen Gazprom jedoch unbegründet. Ziel muss es vielmehr sein, eine Ver-<br />
brauchssteigerung zu vermeiden und den Brennstoff möglichst effizient zu nutzen. Auf der<br />
Grundlage bestehender gesetzlicher Rahmenbedingungen ist es möglich, den Gasverbrauch<br />
in den Haushalten bis 2030 nahezu zu halbieren und so die Verstromung bei gleichzeitiger<br />
Wärmeauskopplung deutlich zu steigern. Durch den zusätzlichen Ausbau der Fernwärme<br />
können dabei weitere Öl- und Gasheizungen ersetzt werden. Das führt zu sinkenden Kosten<br />
bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern und der Erdgasbedarf insgesamt geht zurück.<br />
Die installierte Leistung von Erdgas-Kraftwerken steigt im betrachteten Szenario bis 2030 um<br />
340 MW. Das entspricht dem Zubau von fünf Anlagen der derzeit durchschnittlichen Größe.<br />
Die Strommenge steigt bei 4.200 Volllaststunden demnach um <strong>1.4</strong>00 GWh. In etwa dem<br />
gleichen Maße kann zusätzliche Wärmeenergie bereitgestellt werden. Damit ersetzt das kli-<br />
mafreundliche Erdgas kleinere Braunkohlekraftwerke, die alterungs- oder betriebsbedingt<br />
außer Betrieb gehen, strommengenbezogen vollständig.<br />
3.5.2 Exkurs: Die Abhängigkeit vom privatwirtschaftlichen Erdgasmarkt<br />
Der wachsenden europäischen Abhängigkeit von russischem Gas steht eine wachsende<br />
russische Abhängigkeit von europäischen Geschäftspartnern gegenüber. Anzunehmen, dass<br />
sich diese deswegen gegenseitig ausgleichen, ist aber falsch. Da der europäische Gaspreis<br />
an den Ölpreis gekoppelt ist, kann das Abhängigkeitsverhältnis von Produzent und Verbrau-<br />
cher je nach Wirtschaftslage zur einen oder anderen Seite ausschlagen. So ist durch die<br />
Wirtschaftskrise die Nachfrage nach fossilen Energieträgern deutlich zurückgegangen und<br />
die Öl- und Gaspreise sanken.<br />
Das Modell, wonach in der Situation mangelnder Gewinnmöglichkeiten Produzenten Investi-<br />
tionen nicht tätigen und eine stagnierende Förderung dann wiederum erhöhte Preise nach<br />
sich ziehen, funktioniert beim Gasmarkt nicht, da es keinen effektiven Wettbewerb gibt.<br />
Durch langfristige Lieferverträge verpflichten sich beide Seiten bestimmte Mengen zu liefern<br />
bzw. abzunehmen. Das heißt, der Produzent ist mehr oder weniger gezwungen unabhängig<br />
von der Wirtschaftslage Investitionen zu tätigen, um die festgelegte Gasmenge liefern zu<br />
können. Der Abnehmer ist im Gegenzug zur Abnahme des Gases verpflichtet, um dem Pro-<br />
duzenten das Einkommen zu garantieren. Während der 20 bis 30 Jahre dauernden Liefer-<br />
verträge kann auch kaum Verhandlungsdruck ausgeübt werden.<br />
Der russisch-ukrainische Gasstreit Anfang 2007 und Anfang 2009 sorgte für eine kritische<br />
Haltung gegenüber Russlands Zuverlässigkeit als Gaslieferant. Weitgehend unerwähnt bleibt<br />
50
jedoch die Tatsache, dass zu diesen Zeitpunkten jederzeit ausreichende Erdgasmengen Eu-<br />
ropa erreichten. Aufgrund einer teilweise rückständigen und wenig vernetzten Gasinfrastruk-<br />
tur konnte es innerhalb der EU 27 jedoch nicht bedarfsgerecht verteilt werden. Gazprom<br />
machte durch die Lieferausfälle innerhalb von 18 Tagen rund 1,5 Mrd. Dollar Verlust. Das<br />
Unternehmen hat also ein hohes Interesse an der Einhaltung der Verträge. Vor diesem Hin-<br />
tergrund ist die einseitige Sorge Deutschlands vor einer hohen Importabhängigkeit und vor<br />
politischer Erpressbarkeit nicht nachvollziehbar. Entscheidend ist vielmehr die starke wirt-<br />
schaftliche Verflechtung Gazproms mit deutschen Energiekonzernen. So beteiligen sich bei-<br />
spielsweise die deutschen Firmen EON und BASF mit Kapital und Wissenstransfer an För-<br />
derprojekten in Russland. Im Gegenzug erhält Gazprom Zugang zum Endkundengeschäft<br />
und damit Anteile am Vertrieb. Ziel ist es, mehrere Bereiche der Prozesskette zu kontrollie-<br />
ren, um die eigene Marktmacht auszubauen. Es stellt sich nicht die Frage, ob Erdgas nach<br />
Europa geliefert wird. Vielmehr stehen die Preisbildung und die fehlende staatliche Einfluss-<br />
nahme darauf im Mittelpunkt. Eine deutlich effizientere Nutzung des Energieträgers Gas und<br />
gleichzeitige Verbrauchsminderungen sind deshalb unerlässlich, um den auf Nachfragezu-<br />
wachs ausgerichteten privatwirtschaftlichen Erdgasmarkt in Grenzen zu halten und ein Ge-<br />
gengewicht zur Konzentration in dem Sektor zu schaffen.<br />
Deutsche Konzerne sind an der jetzigen Situation auf dem europäisch-russischen Gasmarkt<br />
nicht unbeteiligt. Bei einem näheren Vergleich von Gasimport- und Endkundenpreisen fällt<br />
auf, dass die Entwicklung seit dem Jahr 2000 weitgehend parallel verlief. Damit sind die<br />
Preiserhöhungen vor allem auf höhere Importpreise zurückzuführen. Dennoch wird bereits<br />
vor dem Import ein großer Teil des Geschäfts durch hohe Transitgebühren gemacht. Diese<br />
werden sowohl von staatlichen Unternehmen, wie der Naftogaz in der Ukraine, als auch von<br />
privaten international aktiven Konzernen, wie RWE Transgas in Tschechien, erhoben. Bei<br />
Letzteren ist verstärkt die Tendenz zu erkennen, neben dem Kerngeschäft des Vertriebs die<br />
Bereiche Transit und Förderung stärker auszubauen. Das sich in Umsetzung befindliche<br />
Nord-Stream-Projekt (Ostsee-Pipeline), an dem die deutschen Unternehmen BASF-<br />
Wintershall und EON-Ruhrgas beteiligt sind, ist ein gutes Beispiel dafür. Es ist hervorzuhe-<br />
ben, dass die hohen Gebühren vor der deutschen Grenze vom Endkunden bezahlt werden.<br />
3.5.3 Braunkohle-Kraftwerke<br />
Die weitere Entwicklung der Braunkohleverstromung ist von verschiedenen Faktoren abhän-<br />
gig. Die hier gewählte Herangehensweise orientiert sich am Klimaschutz und an technisch-<br />
wirtschaftlichen Bedingungen. Insgesamt geht die Stromerzeugung gegenüber 2009 bis<br />
2020 um 2.300 GWh und bis 2030 um 3.000 GWh zurück. Dabei gehen 200 MW installierte<br />
Leistung vom Netz und der Volllastbetrieb nimmt ab.<br />
51
Das große Braukohlekraftwerk Schkopau ging Mitte der 1990er Jahre in Betrieb und wird für<br />
mindestens 40 Jahre am Netz bleiben. Einziger wesentlicher Einflussfaktor im betrachteten<br />
Zeitraum ist die Zunahme von Strom aus fluktuierenden Quellen, insbesondere also der<br />
Windenergie. Bereits jetzt führt eine hohe Windlast im Übertragungsnetz an einzelnen Tagen<br />
zu einer Minderung der Volllaststundenzahl bei dem Kraftwerk. Da der Windstromanteil künf-<br />
tig weiter zunehmen wird, muss auch Schkopau zunehmend Regelaufgaben übernehmen<br />
und sich in der Betriebsführung auf eine abnehmende Volllaststundenzahl einstellen. Danach<br />
geht der Jahresvollbetrieb von derzeit rund 7.700 auf fast 6.000 Stunden im Jahr 2030 zu-<br />
rück. Die Strommenge sinkt dabei von 7.600 auf rund 5.900 GWh.<br />
Der Neubau eines weiteren Braunkohlekraftwerks Profen und der damit zwingend verbunde-<br />
ne Aufbruch weiterer Kohlefelder über die bestehenden Betriebspläne hinaus werden hier<br />
nicht berücksichtigt. Neben den sozialen und ökologischen Konflikten, den neue Tagebaue<br />
mit sich bringen, wird angenommen, dass künftige Anforderungen an den Klimaschutz sowie<br />
die steigende Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Energien den wirtschaftlichen Be-<br />
trieb eines zusätzlichen Braunkohlekraftwerks in der geplanten Dimensionierung nicht dar-<br />
stellbar machen.<br />
Zwar hat das Unternehmen MIBRAG angekündigt, für die Anlage in Profen die alten Be-<br />
triebskraftwerke Deuben und Mummsdorf stillzulegen. Da sich der geplante Neubau aber<br />
nicht unmittelbar auf dem Tagebaugelände der MIBRAG befindet, fallen für die Stromüber-<br />
tragung zu den Betriebsanlagen in den Braunkohlefeldern über das Hochspannungsnetz der<br />
allgemeinen Versorgung Netzgebühren an. Auch ist davon auszugehen, dass die beiden<br />
Kraftwerke ohnehin abgeschaltet werden, da sie aufgrund ihres Alters hohe Betriebskosten<br />
mit sich bringen. Auch im Emissionshandel könnte die MIBRAG Vorteile aus der Stilllegung<br />
der Anlagen Deuben und Mummsdorf ziehen, da die Emissionen im Verhältnis zur erzeugten<br />
Strommenge hoch sind. Es wird hier deshalb davon ausgegangen, dass die beiden Kraft-<br />
werke unabhängig von Neubauplänen nach 2012 vom Netz gehen. Die von der MIBRAG er-<br />
zeugte Strommenge sinkt dadurch von <strong>1.4</strong>00 GWh auf 250 GWh pro Jahr. Aufgrund der Un-<br />
sicherheiten bei der Nutzbarmachung weiterer Braunkohletagebaue sowie bei der Entwick-<br />
lung der Kosten im Emissionshandel und bei technischen Lösungen zur Klimagasminderung<br />
(CCS) stellt sich für die MIBRAG der zunehmende Strombezug von Außen nicht generell als<br />
nachteilig dar.<br />
Die weiteren Braunkohleanlagen betreffen zum einen das Kraftwerk Amsdorf, das an die<br />
Montanwachsherstellung gebunden ist. Das Betriebsende durch vollständige Auskohlung<br />
des zugehörigen Tagebaus wird für Ende 2016 erwartet. Ein Neuaufbruch der Oberröblinger<br />
Braunkohlenmulde könnte einen Weiterbetrieb bis Ende 2025 ermöglichen, ist aber mit Blick<br />
auf die politischen Rahmenbedingungen eher unwahrscheinlich. Es wird davon ausgegan-<br />
gen, dass Amsdorf nach 2016 vom Netz geht. Zum anderen versorgen die drei Kraftwerke in<br />
52
Zeitz und in Könnern die zuckerverarbeitende Industrie. Unsicherheiten ergeben sich maß-<br />
geblich aus der staatlich geförderten Bioethanol-Herstellung. Es wird jedoch von einem kon-<br />
tinuierlichen Weiterbetrieb über den betrachteten Zeitraum ausgegangen.<br />
3.6 Stromverfügbarkeit und Energiespeicher<br />
Aufgrund des Auseinanderspreizens der Volllaststundenzahlen in dem dann breit angelegen<br />
Erzeugungsmix ist die Frage der Verfügbarkeit von elektrischer Energie von entscheidender<br />
Bedeutung. Derzeit stehen 11.600 GWh oder 50 Prozent der Bruttostromerzeugung deutlich<br />
oberhalb von jährlich 5.000 Volllaststunden im Grundlastbereich zur Verfügung. Windstrom,<br />
der etwa 2.000 Volllaststunden im Jahr aufweist, macht 28 Prozent am Strommix aus. Dieser<br />
Anteil wird künftig deutlich wachsen, weshalb der Anteil der Regelenergie im Mittellastbe-<br />
reich deutlich zunehmen und der Anteil des Grundlaststromes zurückgehen muss.<br />
In diesem Zusammenhang ist es erforderlich, die Strombereitstellung künftig an der fluktuie-<br />
renden Windenergie zu orientieren. Hier wird davon ausgegangen, dass im Jahr 2020 neben<br />
den verbleibenden fossilen Grundlastkraftwerken eine weitere Strommenge stabil bereitge-<br />
stellt werden soll, die das geplanten Kraftwerk Profen liefern würde. Das entspricht rund 80<br />
Prozent der in den kommenden zehn Jahren zugebauten Windleistung. Theoretisch müssten<br />
demnach vier Fünftel des dann erzeugbaren Windstroms an 7.500 Stunden im Netz verfüg-<br />
bar sein. Durch den gleichzeitigen Aufwuchs anderer erneuerbarer Energien kann dies auch<br />
tatsächlich geleistet werden, indem die einzelnen Stromlieferanten als Kombikraftwerk zu-<br />
sammengeschaltet bzw. geregelt werden. 2020 beträgt die Volllaststundenzahl der installier-<br />
ten Windenergieanlagen mindestens 2.200. Durch den Zubau an Erdgasanlagen mit 4.200<br />
mittleren Volllaststunden, Biomasse- und Geothermie-Kraftwerken, die an rund 6.500 Stun-<br />
den im Jahr voll laufen, sowie in geringerem Maße den Zuwachs an Solarstrom kann die er-<br />
forderliche Strommenge jederzeit bereitgestellt werden.<br />
Bis zum Jahr 2030 kann unter den selben Rahmenbedigungen sogar eine zusätzliche<br />
Strommenge von über 8.000 GWh mit Grundlastcharakter zur Verfügung gestellt werden.<br />
Voraussetzung ist, dass die Netzinfrastruktur nicht durch den Zubau fossiler Grundlastkraft-<br />
werke blockiert wird. Durch die Zuhilfenahme moderner Speichertechnologien kann die<br />
Strombereitstellung weiter verbessert werden.<br />
53
Grafik 8: Entwicklung der Gewichtung von Volllaststunden in GWh<br />
unter 1.000<br />
bis 3.000<br />
bis 5.000<br />
bis 6.500<br />
über 6.500<br />
Quelle: eigene Berechnungen<br />
Stromspeicher gewinnen beim vermehrten Einsatz erneuerbarer Energien zunehmend an<br />
Bedeutung. Sie dienen der Aufnahme von Lastspitzen im Netz bedingt durch den schwan-<br />
kenden Erzeugungsanteil aus Wind- und Solarenergie und können kurzfristig Strom zur Ver-<br />
fügung stellen, um Netzengpässe zu vermeiden. Derzeit werden vorrangig Pumpspeicher-<br />
kraftwerke genutzt, da sie bei Wirkungsgraden von bis zu 80 Prozent hohe Kapazitäten er-<br />
reichen. Aufgrund des erheblichen Eingriffes in die Landschaft sind die Ausbaumöglichkeiten<br />
jedoch begrenzt. Als Alternative bieten sich unterirdische Druckluftspeicher an. Dabei wird<br />
Luft mit überschüssiger Energie in poröses Gestein oder künstlich geschaffene Hohlräume<br />
gepresst und bei Bedarf über eine Turbine wieder entspannt. Konzepte mit Wirkungsgraden<br />
bis 75 Prozent sind derzeit in der Erprobung, jedoch noch recht teuer. Auch können Batterie-<br />
systeme genutzt werden. Diese eigenen sich jedoch meist nur als Kurzzeitspeicher da sie<br />
deutlich geringere Kapazitäten aufweisen und die Kosten derzeit noch sehr hoch sind. Be-<br />
sonders teuer mit bis zu 6.000 Euro je kWh ist auch mittelfristig noch die Realisierung von<br />
Wasserstoffspeichern. Pumpspeicher lassen sich hingegen bereits für 600 Euro je kWh um-<br />
setzen [ifeu 2009].<br />
0 2000 4000 6000 8000 10000 12000 14000 16000 18000<br />
2008 2020 2030<br />
In <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> steht derzeit mit dem Pumpspeicher-Kraftwerk Wendefurth ein maximales<br />
Arbeitsvermögen von 523 MWh zur Verfügung. Um die Kapazität von Stromspeichern zu er-<br />
höhen, sollten die vorhandenen Braunkohletagebaue sowie einzelne Restseen in die Be-<br />
trachtung einbezogen werden. Die MIBRAG verfügt mit ihren Tagebauen über große Felder,<br />
die nach der Auskohlung im Rahmen der Rekultivierung auch als Pumpspeicherkraftwerke<br />
genutzt werden könnten. Damit würde dem Braunkohleunternehmen trotz nachlassender<br />
54
Bedeutung des Rohstoffs, eine Schlüsselrolle bei der Umsetzung einer nachhaltigen Ener-<br />
gieversorgung zufallen. Die Realisierung großer Pumpwasserspeicher in ehemaligen Tage-<br />
bauen hat gegenüber anderen Standorten auch einen betriebswirtschaftlichen Vorteil. Die<br />
Kosten zum Bau der Anlagen können sich aufgrund der vorhandenen Auskohlung und der<br />
Rekultivierungspflicht halbieren [Schulz 2009].<br />
3.7 Beschäftigungs- und Wirtschaftsentwicklung<br />
Mit Blick auf die Beschäftigungsentwicklung in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> ist eine nachhaltige Energie-<br />
politik, die auf Energieeffizienz und erneuerbaren Energien basiert von außerordentlich ho-<br />
her Bedeutung. In kaum einem Sektor ist der technologische Wandel deutlicher an der Zahl<br />
der Arbeitsplätze abzulesen. Bleibt die Landesregierung bei der Auffassung, den Schwer-<br />
punkt weiter auf die kohlenstoffbasierte Energiewirtschaft zu legen, wird es kaum Zuwächse<br />
bei der Beschäftigung geben. Selbst der Neubau von Kohlekraftwerken wird keine zusätzli-<br />
chen Arbeitsplätze mit sich bringen. Sollte das geplante Kraftwerk Profen tatsächlich gebaut<br />
werden, kann es für den Betrieb höchstens 50 Arbeitsplätze schaffen. In der Bauphase fin-<br />
den höchstens 130 Menschen aus <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> arbeit, da bei Großprojekten in der Regel<br />
nur zehn Prozent der Aufträge in der Region verbleiben. Dem gegenüber steht die Abschal-<br />
tung der Betriebskraftwerke Deuben und Mummsdorf, für deren Betrieb aufgrund des Alters<br />
der Anlagen ebenfalls etwa 50 Beschäftigte eingesetzt sind. Kraftwerksseitig sind durch die<br />
Anlage in Profen deshalb keine positiven Beschäftigungseffekte zu erwarten. Selbst durch<br />
den Neuaufbruch im Braunkohletagebau kann nicht mit einem Stellenzuwachs gerechnet<br />
werden, da die geförderte Kohlemenge insgesamt kaum gesteigert wird. Der Leistungserhö-<br />
hung durch eine Neuanlage in Profen steht ein sinkender Volllastbetrieb beim Kraftwerk<br />
Schkopau gegenüber. Käme auch das Steinkohlekraftwerk Arneburg hinzu, wäre insgesamt<br />
mit einem Beschäftigungszuwachs von 120 Stellen in dieser Anlage zu rechnen. Durch lau-<br />
fende Auftragsvergaben könnten nach Angaben von RWE deutschlandweit noch einmal 600<br />
indirekte Arbeitsplätze hinzukommen [RWE 2009a]. Während der fünfjährigen Bauphase ist<br />
mit 300 zusätzlichen Stellen in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> zu rechnen. Bestenfalls kann die klassische<br />
Energiewirtschaft in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> also auch langfristig nur wenige hundert Arbeitsplätze<br />
schaffen. Gleichzeitig würde ein derart massiver Zubau von fossilen Großkraftwerken den<br />
machbaren Ausbau der erneuerbaren Energien blockieren und damit an anderer Stelle die<br />
Schaffung vieler neuer Arbeitsplätze verhindern.<br />
In Bezug auf die Beschäftigung ist der Ausbau der Kohlewirtschaft daher nicht sinnvoll. Ziel<br />
sollte es sein, die bestehenden Arbeitsplätze, insbesondere bei der MIBRAG, zu sichern und<br />
gleichzeitig den Wandel hin zu einer nachhaltigen Energieversorgung einzuleiten. Nach dem<br />
55
vorliegenden Konzept bleibt die Beschäftigung in der Braunkohlewirtschaft annähernd gleich.<br />
Insbesondere durch die Außerbetriebnahme der Altkraftwerke Deuben und Mummsdorf sinkt<br />
die Zahl der Beschäftigten bis 2020 um sieben Prozent und bleibt danach unverändert. Im<br />
Bereich der Stadtwerke hingegen ist mit dem Zubau von dezentralen Erdgaskraftwerken ein<br />
leichter Stellenzuwachs zu erwarten.<br />
Die positiven Beschäftigungseffekte ergeben sich aus dem Zubau der erneuerbaren Energi-<br />
en. Bereits jetzt hat diese Branche in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> in den Bereichen Herstellung, Installa-<br />
tion, Betrieb und Wartung rund 22.400 Arbeitsplätze geschaffen bzw. gesichert. Allein die<br />
Windenergie macht dabei die Hälfte aller Stellen aus. Die rund 8.500 Arbeitsplätze im Be-<br />
reich der Bioenergie zeigen die hohe Bedeutung zur Sicherung der Beschäftigung in den<br />
Agrarbetrieben und im ländlichen Raum an. Trotz der krisenhaften Situation in der Photovo-<br />
taik-Industrie sind in der Solarenergie heute mehr als 3.300 Menschen beschäftigt, davon ein<br />
großer Teil im regionalen Handwerk.<br />
In den kommenden zehn Jahren kann eine nachhaltige Energieversorgung im Bereich der<br />
erneuerbaren Energien 18.400 neue Arbeitsplätze in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> schaffen. Das ent-<br />
spricht im deutschlandweiten Vergleich den Prognosen der Bundesregierung. Bis 2030<br />
wächst die Zahl der Stellen gegenüber 2009 um 23.200. Die langsamere Zunahme in der<br />
zweiten Dekade ist den erheblichen Skaleneffekten geschuldet, die nach 2020 deutlich zu<br />
Tage treten. Durch zunehmend bessere Produktionsmethoden, Massenfertigung und den<br />
effizienteren Betrieb nimmt die Beschäftigung bezogen auf eine hergestellte Leistungseinheit<br />
Jahr für Jahr ab. Bei der Windenergie beträgt der jährliche Skaleneffekt ein Prozent, in der<br />
Bioenergiebranche zwei Prozent und bei der Solarenergie sogar vier Prozent. Gleichwohl ist<br />
auch nach 2030 noch langfristig ein Beschäftigungsaufwuchs zu prognostizieren.<br />
Die Vorausschau auf die Arbeitsplatzeffekte bei den erneuerbaren Energien orientiert sich an<br />
der installierten Leistung. Demnach schafft die Windenergie je Megawatt aufgerundet vier<br />
Stellen. Im Bereich der Bioenergie wurde der Beschäftigungsanteil, der an die Erzeugung<br />
von Biokraftstoffen gebunden ist, nicht berücksichtigt. Gleichwohl bindet ein Megawatt Anla-<br />
genleistung im Biomassebereich 21 Arbeitsplätze. In der Solarenergie ist ein Arbeitsplatzef-<br />
fekt von zwölf Stellen je Megawatt angegeben. Die tiefe Geothermie orientiert sich aufgrund<br />
einer ungenügenden Datengrundlage am Bereich der Windenergie. Die Beschäftigungseffek-<br />
te in der Branche der erneuerbaren Energien fangen damit den fortgeschriebenen Stellen-<br />
rückgang in der herkömmlichen Energiewirtschaft auf, sichern darüber hinaus eine Vielzahl<br />
an Arbeitsplätzen im Handwerk und in der Landwirtschaft und können die Gesamtzahl der<br />
Beschäftigten in der Energiewirtschaft verdoppeln.<br />
56
Grafik 9: Entwicklung der Arbeitsplätze in der Energieerzeugung in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
60000<br />
50000<br />
40000<br />
30000<br />
20000<br />
10000<br />
Quelle: eigene Berechnungen<br />
0<br />
2010 2015 2020 2025 2030<br />
Bergbau Braunkohle Erdgas Windenergie Biomasse Solarenergie Wasserkraft Geothermie<br />
Beeindruckend ist auch die zu erwartende Wirtschaftsleistung, die der konsequente Zubau<br />
der erneuerbaren Energien mit sich bringt. Der Umsatzausblick aus dem Betrieb und den In-<br />
vestitionen der erneuerbaren Energien lässt sich bezogen auf den Geldwert von 2008 gut<br />
aus den Daten der Bundesregierung zur deutschlandweiten Brancheentwicklung abschätzen<br />
[BMU 2009a]. Mit über 1,6 Mrd. Euro Umsatz im Jahr 2009 leistet die Branche in den Berei-<br />
chen Strom- und Wärmebereitstellung bereits jetzt einen wichtigen Beitrag zum Bruttoin-<br />
landsprodukt <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>s. Bis 2020 kann der jährliche Branchenumsatz um 86 Prozent<br />
auf 3,0 Mrd. Euro und bis 2030 um das Zweieinhalbfache auf 4,1 Mrd. Euro steigen. Allein<br />
die Investitionen der kommenden zehn Jahre zur Errichtung von Anlagen der erneuerbaren<br />
Energien betragen jährlich im Durchschnitt 930 Mio. Euro. Zum Vergleich: Das Unternehmen<br />
MIBRAG investierte 2008 rund 42 Mio. Euro bei einem Umsatz von 360 Mio. Euro. Es zeigt<br />
sich, dass die Branche der erneuerbaren Energien zur wichtigsten Triebfeder der Wirtschaft<br />
in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> werden kann.<br />
Tabelle 12: Umsatz aus Betrieb und Neuerrichtung von Anlagen der erneuerbaren Energien<br />
Umsatz 2010 (Mio. EUR) 2015 (Mio. EUR) 2020 (Mio. EUR) 2025 (Mio. EUR) 2030 (Mio. EUR)<br />
Anlagenbetrieb 1.005 1.609 2.144 2.564 2.979<br />
Neuerrichtung 835 954 897 945 1.117<br />
Summe 1.840 2.563 3.041 3.509 4.096<br />
Quellen: BMU 2009a, BSW 2009b<br />
57
3.8 Klimaschutz durch nachhaltige Energiepolitik<br />
Bei der Entwicklung der energiebedingten Klimagas-Emissionen in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> müssen<br />
entscheidende Rahmenbedingungen berücksichtigt werden: Zum einen ist der überwiegende<br />
Beitrag zur CO2-Minderung wendebedingt dem massiven Rückgang der Braunkohleverfeue-<br />
rung geschuldet. Zum anderen ist der größte Teil des heutigen CO2-Ausstoßes an das<br />
Braunkohlekraftwerk Schkopau und die Betriebsanlagen der MIBRAG zur Aufrechterhaltung<br />
des Tagebaus gebunden. Sowohl das Großkraftwerk als auch der Braunkohleabbau werden<br />
über den Betrachtungszeitrum weiterbetrieben. Weitere Klimagas-Minderungen ergeben sich<br />
deshalb nur aus einer Reduzierung der Volllaststunden von Schkopau und der Abschaltung<br />
von zwei kleineren Betriebskraftwerken der MIBRAG. Gleichzeitig muss eine leichte Zunah-<br />
me der CO2-Minderung durch den Zubau dezentraler Erdgaskraftwerke berücksichtigt wer-<br />
den. Auch der Einsatz von Biomasse zur Strom- und Wärmeerzeugung ist nicht vollständig<br />
klimaneutral. Hier wird angenommen, dass die CO2-Minderung gegenüber dem klimafreund-<br />
lichsten fossilen Energieträger Erdgas 50 Prozent beträgt. Insgesamt führt die vorgeschlage-<br />
ne Entwicklung im Energieerzeugungssektor bis 2020 zu einer Senkung des Treibhausgas-<br />
Ausstoßes um zehn Prozent auf 11 Mio. Tonnen gegenüber dem Jahr 2009. Danach ist<br />
durch den Zuwachs von Biomasse- und Erdgas-Anlagen zunächst nur noch ein geringer<br />
Rückgang auf 10,8 Mio. Tonnen im Jahr 2030 zu verzeichnen. Die braunkohlebedingten<br />
CO2-Emissionen für sich betrachtet liegen 2020 gegenüber heute um fast ein Viertel und bis<br />
2030 um nahezu ein Drittel niedriger.<br />
Grafik 10: Entwicklung der CO2-Emissionen in der Energieerzeugung in Mo. Tonnen<br />
14,00<br />
12,00<br />
10,00<br />
8,00<br />
6,00<br />
4,00<br />
2,00<br />
0,00<br />
Quelle: eigene Berechnungen<br />
2010 2015 2020 2025 2030<br />
Braunkohle Erdgas Biomasse<br />
58
Die vorhandene Struktur der Strom- und Wärmeerzeugung in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> weist im Be-<br />
reich der Klimagase darauf hin von welcher Tragweite die Entscheidung über den Zubau von<br />
Kohlekraftwerken ist. Ein hoher CO2-Ausstoß über eine Betriebsdauer von mindestens 40<br />
Jahren wäre nicht zu vermeiden. Bei einer Inbetriebnahme im Jahr 2015 würde das Braun-<br />
kohlekraftwerk Profen zu einem Anstieg der Emissionen in der Energieerzeugung um 36<br />
Prozent bedeuten. Ginge das Steinkohlekraftwerk Arneburg ans Netz, stiege der CO2-<br />
Ausstoß sogar um 80 Prozent. Zusammen hätten die beiden Anlagen einen jährlichen CO2-<br />
Ausstoß von 13,6 Mio. Tonnen. Nur ein Verzicht auf neue Kohlekraftwerke schafft in Sach-<br />
sen-<strong>Anhalt</strong> also den erforderlichen Spielraum für eine nachhaltige am Klimaschutz orientierte<br />
Energieversorgung.<br />
59
4. Folgen des Ausbaus der Kohlenstoff-Energiewirtschaft<br />
Neben der Entwicklung einer dezentralen Energieversorgung, die auf erneuerbaren Energien<br />
und effizienten KWK-Anlagen gründet, ist auch der Ausbau der kohlenstoffbasierten Strom-<br />
wirtschaft vorstellbar. Der MIBRAG-Eigentümer ČEZ prüft den Bau eines Braunkohlekraft-<br />
werks mit einer Bruttoleistung von 660 MW am Standort Profen. Die abgegebene Strom-<br />
menge würde bei 7.500 Volllaststunden 4.500 GWh betragen. Abzüglich der Abschaltung<br />
älterer Betriebskraftwerke stiege die Grundlaststrommenge um 3.350 GWh. Die von der MI-<br />
BRAG erzeugte Strommenge würde um annähernd das Zweieinhalbfache zunehmen. Der zu<br />
erwartende CO2-Ausstoß wird mit 4,7 Mio. Tonnen pro Jahr angegeben.<br />
Des Weiteren plant der Energieversorger RWE ein Steinkohlekraftwerk mit einer Bruttolei-<br />
stung von 1.600 MW am Standort Arneburg bei Stendal. Die bereitstellbaren Strommengen<br />
betragen 11.500 GWh im Grundlastbereich, die zu erwartenden CO2-Emissionen bis zu 8,9<br />
Mio. Tonnen jährlich. Gemeinsam würden die beiden geplanten fossilen Kraftwerke die<br />
Strommenge und auch die Klimagas-Emissionen aller vorhandenen fossilen Anlagen in<br />
<strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> übertreffen. Eine Integration der Anlagen in eine nachhaltige Energieversor-<br />
gung ist damit kaum vorstellbar.<br />
4.1 Geplantes Steinkohlekraftwerk Arneburg<br />
Mitte 2008 stellte der Energiekonzern RWE im Stadtrat der Stadt Arneburg im Landkreis<br />
Stendal während einer nicht öffentlichen Sitzung das Konzept zum Bau eines Steinkohle-<br />
kraftwerks mit einer installierten Bruttoleistung von 1.600 MW auf dem Industriegelände am<br />
Standort Arneburg vor [Arneburg 2008]. Es handelt sich dabei offensichtlich um die Anlage,<br />
die ursprünglich im saarländischen Ensdorf gebaut werden sollte, dort aber am Widerstand<br />
der Bürgerinnen und Bürger scheiterte [Ensdorf 2007]. Den technischen Daten nach ist die<br />
Anlage baugleich mit den bereits in Errichtung befindlichen Kraftwerksblöcken D und E am<br />
Standort Westfalen in Nordrhein-Westfalen, die 2012 ans Netz gehen werden [RWE 2009a].<br />
Die möglichen Auswirkungen der Anlage auf die betroffene Region in der Altmark können<br />
daher sehr gut nachvollzogen werden.<br />
Zur Absicherung der Pläne hat sich der Essener Konzern bereits die vollständigen Eigen-<br />
tumsrechte des Grundstück in Arneburg gesichert [Dow Jones 2009]. Für die Umsetzung des<br />
Vorhabens waren wesentliche Änderungen des Bebauungsplans erforderlich, womit die Ent-<br />
scheidung über die Verwirklichung des Kraftwerks prinzipiell in der Hand des Stadtrates von<br />
Arneburg lag. Obwohl es sich bei dem Kraftwerksvorhaben um eine für die Stadt und die<br />
60
Altmark weitreichende Entscheidung handelt, fand hier zunächst keine Beschlussfassung<br />
statt. Die notwendigen Änderungen am Bebauungsplan wurden nur von einem untergeord-<br />
neten Gremium, dem Planungsverband Industrie und Gewerbepark Altmark, beschlossen [BI<br />
Arneburg]. Das führte zu erheblichen Rechtsunsicherheiten, weshalb die erforderlichen Vor-<br />
aussetzungen zugunsten des Kohlekraftwerks mittels Neufassung des Flächennutzungs-<br />
plans geschaffen werden sollten. Tatsächlich wurde in dem Planentwurf den Vorgaben von<br />
RWE entsprochen. Eine Beschlussfassung kam 2009 aufgrund von Formfehlern bei der öf-<br />
fentlichen Auslegung nicht mehr zustande. Aufgrund der Gemeindeneuordnung, bei der Ar-<br />
neburg mit anderen Gemeinden zusammengefasst wird, ist erst Ende 2010 mit einem neuen<br />
Flächennutzungsplan für Arneburg zu rechnen. Die anfängliche Ausklammerung der Öffent-<br />
lichkeit und die einseitige Ausrichtung des Entwurfs für die Neufassung des Flächennut-<br />
zungsplans Arneburg zugunsten des Großvorhabens führen in der Altmark zu einer intensi-<br />
ven Auseinandersetzung um den Bau eines Steinkohlekraftwerks. Bisher hält RWE jedoch<br />
an dem Vorhaben fest und wird auch vom Bürgermeister der Stadt unterstützt.<br />
Als Gründe für das Kraftwerk werden die durch Bau und Betrieb entstehenden Arbeitsplätze,<br />
eine Aufwertung des Industrie- und Gewerbeparks Altmark Arneburg sowie damit verbunde-<br />
ne Gewerbesteuereinnahmen angeführt. Ein wesentlicher Grund für den Bau des Großkraft-<br />
werks in der Altmark ist auch die Option, das bei der Verstromung anfallende CO2 durch spä-<br />
tere Nachrüstungen zum Teil abzuscheiden und in der Region unterirdisch in ehemalige<br />
Erdgasfelder zu verbringen. Von Bedeutung ist auch, dass die Schienenanbindung zum Ge-<br />
lände von der Stadt Arneburg gepachtet wurde, so dass eine Befahrung zur Steinkohleanlie-<br />
ferung einfacher erscheint als über den Elbeweg, zumal der Fluss durch ausgeprägte Som-<br />
merniedrigwasser gekennzeichnet ist. Um die Elbe an den Betrieb des Kraftwerks anzu-<br />
schließen, müssen dennoch die Kanäle zur Wasserentnahme und die Hafenanbindung er-<br />
weitert werden.<br />
Folgenden Daten sind zu dem geplanten Steinkohlekraftwerk bekannt:<br />
� Elektrische Bruttoleistung: 1.600 MW (2x 800 MW),<br />
� Elektrische Nettoleistung: 1.530 (2x 765 MW),<br />
� Volllastbetrieb: 7.000 bis 7.500 Stunden pro Jahr (Grundlast),<br />
� Wirkungsgrad: bis zu 46%,<br />
� Nettostromerzeugung: 10.700 bis 11.500 GWh pro Jahr,<br />
� Betriebsdauer: 40 Jahre,<br />
� Kohlebedarf: bis zu 3,6 Mio. Tonnen pro Jahr,<br />
� CO2-Ausstoß pro Jahr: 8,3 bis 8,9 Mio. Tonnen,<br />
� CO2-Ausstoß über 40 Betriebsjahre: 332 bis 356 Mio. Tonnen,<br />
� Höhe der zwei Kühltürme: 165 Meter,<br />
� Wasserentnahme aus der Elbe: 15 Mio. Kubikmeter pro Jahr,<br />
61
� Arbeitsplätze: 120, während der Bauarbeiten bis zu 3.000 Arbeitskräfte,<br />
� Baubeginn: 2011, Bauzeit: 4 bis 5 Jahre,<br />
� Auftragsvolumen: 1,2 Mrd. Euro, anteiliger Verbleib in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>: 10%,<br />
� An- und Abtransport über die Bahn: 13 Zugpaare pro Tag für Kohle, Kalksteinmehl,<br />
Flugasche, Gips und Ammoniak,<br />
� Stromeinspeisung ins Höchstspannungsnetz der Vattenfall Europe AG,<br />
� Regelbrennstoff: Import-Steinkohle, Petrokoks.<br />
Als nachteilig bezüglich des Kraftwerksprojektes werden gesundheitliche und ökologische<br />
Beeinträchtigungen in der Umgebung, insbesondere durch den Ausstoß großer Mengen von<br />
Luftschadstoffen und die erhebliche Wasserentnahme aus der Elbe genannt. Auch ist das<br />
Vorhaben kaum in die bestehende und sich derzeit dezentral entwickelnde Versorgungs-<br />
struktur für Strom und Wärme einzugliedern. Die Verwirklichung des Kraftwerks in Arneburg<br />
würde daher die Einspeisung erneuerbarer Energien erheblich beeinträchtigt und deren Aus-<br />
bau bremsen. Das führt zu erheblichen Einnahmeausfällen und Beschäftigungshemmnissen<br />
in der Region, da die Wertschöpfung bei Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien in der<br />
Regel vor Ort stattfindet.<br />
Auch wird aus dem Bau des RWE-Doppelblocks kein klimapolitischer Vorteil erkennbar. Für<br />
das neue Kraftwerk werden keine alten CO2-intensiveren Anlagen vom Netz gehen, da RWE<br />
eigene Anlagen nicht vorzeitig abschaltet und auch Marktkonkurrenten nicht zwingen kann,<br />
alte Kohleblöcke herunter zu fahren. Das einzige fossile Großkraftwerk in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>,<br />
Schkopau, ist erst Mitte der 1990er Jahre in Betrieb gegangen und wird noch für mindestens<br />
25 Jahre Strom aus Braunkohle liefern und dabei jährlich rund sieben Mio. Tonnen CO2 aus-<br />
stoßen [Dehst 2008]. Der Klimagas-Ausstoß wird deshalb insgesamt deutlich steigen. In der<br />
Folge des für die Energiestruktur des Landes ungünstigen Kraftwerksvorhabens steigen<br />
auch die Strompreise für private und gewerbliche Kunden in Ostdeutschland [BNA 2007] und<br />
der monopolartige Charakter der Energiewirtschaft mit wenigen dominierenden Marktteil-<br />
nehmern verfestigt sich. Insgesamt ist festzustellen, dass die konkreten Planungen für das<br />
fossile Großkraftwerk und raumordnerische Ausrichtungen zugunsten der Anlage einer<br />
nachhaltigen Energieversorgung im Wege stehen.<br />
4.2 Netzunverträglichkeit von großen Grundlastkraftwerken<br />
Zu diskutieren ist im Zusammenhang mit den Steinkohlekraftwerk Arneburg die offensichtli-<br />
che Erfordernis, für das geplante RWE-Kraftwerk das Höchstspannungsnetz auf der 380-kV-<br />
Ebene auszubauen. Die Anlage würde als Grundlastkraftwerk soviel Strom ins Netz einspei-<br />
62
sen, wie derzeit alle Kraftwerke <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>s für die allgemeine Versorgung bereitstellen<br />
[StaLa 2008]. Der Neubau ist nicht geeignet, den hohen Anteil schwankender Windlasten<br />
auszugleichen. Dazu sind dezentrale Kraftwerke mit Kraft-Wärme-Kopplung auf Erdgas-<br />
oder Biomassebasis erforderlich. Bereits in der Vergangenheit meldete das Land <strong>Sachsen</strong>-<br />
<strong>Anhalt</strong> der Bundesnetzagentur starke Netzauslastungen, die sich zeitweise aus dem hohen<br />
Anteil erneuerbarer Energien ergeben [BNA 2006].<br />
Die zusätzliche Strommenge von bis zu 11.500 GWh entspricht fast dem bis 2030 realisier-<br />
baren Zuwachs an Wind- und Solarstrom von dann 12.300 GWh im Jahr. Eine langsame Zu-<br />
nahme der Strommenge in Netz aus erneuerbaren Energien kann zu einem großen Teil auf<br />
der 110-kV-Ebene mittels Erdkabelverlegung sowie durch eine last- und temperaturorientier-<br />
te Netzsteuerung aufgefangen werden. In Bezug auf das geplante Großkraftwerk in Arne-<br />
burg muss von der Durchsetzung einer zusätzlichen 380-kV-Freileitungstrasse ausgegangen<br />
werden. Mit Blick auf eine angestrebte Inbetriebnahme im Jahr 2015 ist dies nur unter der<br />
Zurücknahme von Beteiligungsrechten bei den betroffenen Gemeinden und Menschen<br />
durchsetzbar.<br />
Nach dem aktuellen Entwurf des Landesentwicklungsplans <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> sind in der Alt-<br />
mark lediglich der Ausbau einer 110-kV-Freileitung zwischen Güssefeld und Stendal West<br />
und die Ertüchtigung der 220-kV-Höchstspannungstrasse von Lubmin bei Greifswald in<br />
Mecklenburg-Vorpommern nach Magdeburg auf 380 kV vorgesehen [MLV 2008]. Selbst<br />
nach der Leistungserhöhung ist die Nord-Süd-Verbindung durch die Altmark jedoch bereits<br />
ausgelastet. Grund ist neben dem zu erwartenden Zuwachs der landseitigen Windenergie<br />
und der Offshore-Windplanung in der Ostsee der Zubau mehrerer fossiler Großkraftwerke<br />
am Standort Lubmin bei Greifswald. Die Betrachtung der konkreten Netzplanungen durch die<br />
Vattenfall Europe und der Daten zur Netzauslastung in der Region lässt nur den Schluss zu,<br />
dass ein 1.600-MW-Steinkohlekraftwerk bei Stendal lediglich wirtschaftlich betrieben werden<br />
kann, wenn der Anteil der erneuerbaren Energien nicht weiter wächst bzw. sogar zurück geht<br />
oder eine zusätzliche Höchstspannungstrasse Richtung Magdeburg, Hannover oder Berlin<br />
gebaut wird.<br />
4.3 Auswirkungen auf Gesundheit und Umwelt<br />
Der Neubau eines fossilen Großkraftwerks kann erhebliche gesundheitliche und ökologische<br />
Beeinträchtigungen in der Umgebung mit sich bringen. Hauptgründe sind der durchgehende<br />
Schadstoffausstoß und die erhebliche Wasserentnahme über einen Zeitraum von minde-<br />
stens 40 Jahren. Langfristig ist auch mit einer Verschlechterung der Lebensbedingungen in<br />
63
der Region aufgrund der Folgen des Klimawandels zu rechnen, wenn die kohlenstoffintensi-<br />
ve Energieerzeugung fortgeführt wird.<br />
Im Mittelpunkt der Betrachtung müssen die zusätzlichen Luftschadstoffe liegen, die von ei-<br />
nem neu zu errichtenden Kohlekraftwerk ausgehen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass am<br />
Standort Arneburg keine Altanlage ersetzt wird. Es kommt in der Umgebung also zu deutli-<br />
chen Mehrbelastungen durch Luftschadstoffe. Auch würde eine theoretische Erweiterung der<br />
Anlage zur Abtrennung und unterirdischen Verbringung von CO2 aufgrund des technologie-<br />
bedingten Mehrbedarfs an Energie den Kohleeinsatz und damit auch die Luftschadstoff-<br />
Emissionen noch einmal um etwa 50 Prozent erhöhen. Die Auswirkungen des Großkraft-<br />
werks widersprechen somit generellen Zielen der Luftreinhaltung und des Klimaschutzes.<br />
Obwohl ein Kohlekraftwerk der geplanten Dimension nach derzeitiger Rechtslage eine Ge-<br />
nehmigung erhalten kann, trägt die Anlage über die Rauchgase aufgrund der Größe erhebli-<br />
che Schadstoffmengen in die Umgebung. Bereits im saarländischen Ensdorf wurde von<br />
RWE für eine baugleiche Anlage eine Umweltverträglichkeitsuntersuchung eingeleitet. Auf<br />
dieser Grundlage muss davon ausgegangen werden, dass das Kraftwerk Arneburg pro Jahr<br />
mindestens 6.500 Tonnen Stickoxide, 5.900 Tonnen Schwefeldioxid und 330 Tonnen Fein-<br />
staub abgibt [Winkler 2009]. Daneben sind der Ausstoß von einer Tonne Quecksilber und bis<br />
zu 17,5 Tonnen Schwermetalle, wie Arsen, Blei, Chrom, Nickel, Vanadium und Zinn zulässig<br />
[TÜV Nord 2007]. Diese Stoffe sind, sofern sie über die Lungen oder das Trinkwasser bzw.<br />
die Nahrung aufgenommen werden, teilweise krebserregend, organschädigend und erbgut-<br />
verändernd. Ärzte warnen trotz der Einhaltung gesetzlicher Grenzwerte vor Entwicklungsstö-<br />
rungen bei Kindern sowie einer Zunahme von Lungenkrankheiten und des Allergierisikos<br />
[Ärzteverband 2007].<br />
Tabelle 13: Voraussichtliche Emissionsmengen des KW Arneburg nach Grenzwerten der 13. BImSchV<br />
Schadstoff Tagesmittelwert pro Stunde 7.000 Volllaststunden<br />
Gesamtstaub 20 mg/m³ 100 kg 700.000 kg<br />
Schwefeldioxid 200 mg/m³ 1.000 kg 7.000.000 kg<br />
Stickoxide 200 mg/m³ 1.000 kg 7.000.000 kg<br />
Quecksilber 0,03 mg/m³ 150 g 1.050 kg<br />
Cadmium, Thallium 0,05 mg/m³ 250 g 1.750 kg<br />
Antimon, Arsen, Blei, Chrom,<br />
Cobalt, Kupfer, Mangan,<br />
Nickel, Vanadium, Zinn<br />
Quelle: Winkler, TÜV Nord, 5.000.000 m³ Abgas/h, 7.000 Volllaststunden<br />
0,50 mg/m³ 2.500 g 17.500 kg<br />
64
Ein besonderes Problem stellt Petrokoks dar, der zusammen mit der Steinkohle als „Regel-<br />
brennstoff“ verfeuert werden soll, jedoch ein Abfallprodukt der Erdölindustrie darstellt. Petro-<br />
koks enthält wesentlich mehr Schwermetalle als Kohle. Bei einzelnen dieser Schadstoffe ist<br />
der Wert im Vergleich zu Steinkohle um das zehnfache höher [Winkler 2009]. Die gefährli-<br />
chen Stoffe setzen sich auf Feinstaubpartikeln fest und sind dadurch auch lungengängig.<br />
Darüber hinaus werden die Schwermetalle mit den Feinstäuben weit in die Umgebung getra-<br />
gen und beeinflussen so über den Eintrag auf Böden und in Gewässer auch die Tier- und<br />
Pflanzenwelt.<br />
Das Ökosystem Elbe wird durch den Bau eines zusätzlichen Kondensationskraftwerks am<br />
Standort Arneburg weiter beeinträchtigt. Nach Angaben der Internationalen Kommission zum<br />
Schutz der Elbe (IKSE) handelt es sich um ein Fließgewässer mit ausgeprägten Niedrigwas-<br />
serständen in den Sommer- und Herbstmonaten [IKSE 2008]. Aufgrund der zahlreichen<br />
Stoffeinträge und Wasserentnahmen bzw. Einleitungen ist die Gewässerbelastung trotz der<br />
guten Gesamtbewertung in diesen Monaten erheblich. Es würden der Elbe durch das ge-<br />
plante Kohlekraftwerk pro Stunde zusätzlich 2.140 Kubikmeter Wasser entnommen. Das<br />
entspricht dem Tagesbedarf an Trinkwasser von rund 17.000 Einwohnern. Die Folgen sind<br />
eine Verlangsamung der Abfließgeschwindigkeit und damit einhergehend eine höhere Nähr-<br />
und Schadstoffansammlung sowie weitere Temperaturanstiege. Auch geht das Potsdam In-<br />
stitut für Klimafolgenforschung (PIK) davon aus, „dass die Niedrigwasserhäufigkeit in den<br />
kritischen Sommermonaten in Zukunft noch weiter zunimmt“ [PIK 2006]. Das Vorhaben in<br />
Arneburg steht damit dem Ziel entgegen, die Gewässergüte dauerhaft deutlich zu verbes-<br />
sern. Eine Abnahme der Gewässergüte und lokal das Ansaugen von Flusswasser gefährdet<br />
auch die sich derzeit erholenden Fischbestände. Mit Blick auf den Schutzstatus der Elbe als<br />
UNESCO-Biosphärenreservat ist derzeit anzuzweifeln, ob in den Monaten Juli bis Oktober<br />
eine durchgehende Wasserentnahme für den Volllastbetrieb des geplanten Kraftwerks ge-<br />
nehmigungsfähig ist.<br />
Gesundheitliche und ökologische Folgen hätte auch der Ausbau einer weiteren Höchstspan-<br />
nungstrasse, um die erzeugten Strommengen bei gleichzeitigem Ausbau erneuerbarer Ener-<br />
gien und weiterer Kraftwerke abzuleiten. Bei einer 380-kV-Freileitung werden je Kilometer<br />
Trasse 100 Hektar Kultur- bzw. Naturlandschaft beeinträchtigt oder in ihrer Funktion gestört.<br />
Die Beeinträchtigung des Landschaftsbildes durch gradlinige Landschaftszerschneidung bei<br />
Sichthöhen von 60 Metern ist erheblich. Nachteilig im Höchstspannungsbereich sind aber vor<br />
allem die starken elektrischen und magnetischen Felder. Bei Menschen, die in Trassennähe<br />
leben, können diese zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen. Die Auswirkung der<br />
Felder stellen sich dann als Kopfschmerzen, Schlafstörungen, Müdigkeit und Konzentrati-<br />
onsstörungen dar. Die damit verbundene Stresszunahme kann auch Ursache für ernste kör-<br />
perliche Erkrankungen, wie Herz-Kreislauf-Störungen, sein. Einige Studien schreiben ma-<br />
65
gnetischen Feldern auch ein erhöhtes Krebsrisiko zu. Das Bundesamt für Strahlenschutz<br />
fordert deshalb, „die niederfrequenten Felder, denen die Bevölkerung ausgesetzt sind, soll-<br />
ten so gering wie möglich sein“ [BfS 2008].<br />
4.4 Exkurs: Abscheidung und unterirdische Verbringung von CO2 (CCS)<br />
Der Energiekonzern RWE, der den Bau eines 1.600-MW-Steinkohlekraftwerks bei Arneburg<br />
erwägt, weist bei der Standortwahl auf die räumlich günstige Nähe zu einem weitgehend<br />
ausgebeuteten Erdgasfeld der Altmark hin. Dieses könnte für den Zeitraum nach 2020 prin-<br />
zipiell für die unterirdische Einlagerung von CO2, das im Kraftwerk anfällt, genutzt werden.<br />
Generell solle das Kraftwerk deshalb „Capture ready“ gemacht werden, das heißt, so ausge-<br />
legt sein, dass eine spätere Abscheidung des Klimagases möglich ist [Arneburg 2008]. Bis-<br />
herige Untersuchungen zu der Thematik zeigen jedoch, dass es sich dabei um ein derzeit<br />
nicht einlösbares Technologie-Versprechen handelt. Da die Abscheidung und unterirdische<br />
Einlagerung, auch CCS (Carbon Dioxide Capture and Storage) genannt, bei der Standort-<br />
wahl und für die Diskussion um die Erreichung erforderlicher Ziele im Klimaschutz eine hohe<br />
Bedeutung hat, soll dieser Sachverhalt näher betrachtet werden.<br />
Das Verfeuern fossiler Brennstoffe in Kraftwerken ist eine der Hauptursachen für den Klima-<br />
wandel. CCS wird derzeit in diesem Zusammenhang als eine Möglichkeit diskutiert, die<br />
energiebedingten CO2-Emissionen zu senken. Zur Regelung des Rechtsrahmens findet sich<br />
derzeit eine Richtlinie der EU-Kommission in der nationalen Umsetzung. Des Weiteren er-<br />
gründen mehrere Forschungsvorhaben die Machbarkeit bzw. Beherrschbarkeit der Techno-<br />
logie im Bereich der Abscheidung und der unterirdischen Einlagerung von Klimagasen. So<br />
untersucht das Unternehmen Vattenfall an einer Pilotanlage am Kraftwerksstandort Schwar-<br />
ze Pumpe ein Verfahren zur CO2-Abtrennung im Energieprozess [IE 2007]. Die Speicherung<br />
des Klimagases in wasserführenden Gesteinsschichten wird derzeit in Ketzin bei Potsdam im<br />
Auftrag der Bundesregierung untersucht [TAB 2007].<br />
Drei Verfahren zur Abscheidung von Kraftwerks-CO2 sind derzeit unter großtechnischen Be-<br />
dingungen vorstellbar: Das Herausfiltern aus den Abgasen (Post-Combustion), das Heraus-<br />
trennen des Kohlenstoffs aus dem Brennstoff bereits vor der Verfeuerung (Pre-Combustion)<br />
sowie die Verbrennung von Kohle oder Erdgas in einer reinen Sauerstoffumgebung, um<br />
möglichst reines CO2-Abgas zu erzeugen (Oxyfuel). Für Steinkohlekraftwerke, die nachgerü-<br />
stet werden sollen, kommt nur das Post-Combustion-Verfahren in Frage. Das bestätigt auch<br />
RWE auf der unternehmenseigenen Internetseite [RWE 2009b]. Die Technologie steht aber<br />
erst nach 2020 zur Verfügung.<br />
66
Lediglich die nachgeschaltete Rauchgasbehandlung ist bei bestehenden Anlagen mit ver-<br />
tretbarem Aufwand vorstellbar. Dabei wird das CO2 in einer flüssigen Lösung gebunden und<br />
so von anderen Abgasen, wie Stickoxiden, getrennt. Durch Erhitzen wird das CO2 dann wie-<br />
der herausgelöst, anschließend verdichtet, zu einer Lagerstätte transportiert und abschlie-<br />
ßend unterirdisch verklappt. Entscheidende Nachteile des Verfahrens sind der enorme Ener-<br />
gieaufwand und die hohen Kosten. Eine nachgeschaltete CO2-Abscheidung vermindert den<br />
Wirkungsgrad des Kraftwerks um bis zu 14 Prozentpunkte. Bezieht man die nachgeordnete<br />
Kette mit Gasaufbereitung, Transport und Einlagerung mit ein, kann der Wirkungsgrad um<br />
über 20 Prozent sinken. Der energetische Mehraufwand muss durch einen mindestens 50<br />
Prozent höheren Kohleeinsatz ausgeglichen werden. Die Stromerzeugungskosten können<br />
sich unter Einbeziehung der gesamten CCS-Kette mehr als verdoppeln. Auch sind derzeit<br />
noch keine Anlagen für den großtechnischen Einsatz erprobt oder verfügbar [TAB 2007].<br />
Unter dem Strich sinkt der Wirkungsgrad moderner Kohlekraftwerke auf das Niveau der<br />
1950er Jahre, wobei die Kosten der CO2-Vermeidung bei einer Verwirklichung des Verfah-<br />
rens nach 2020 höher liegen als bei der Nutzung erneuerbarer Energien [BMU 2008a]. Be-<br />
zogen auf das geplante Kraftwerk Arneburg würde eine nachgeschaltete CO2-Abtrennung<br />
und Einlagerung im 3.500 Meter tiefen Erdgasfeld der Altmark über einen Zeitraum von 30<br />
Jahren, also ab 2025, Zusatzkosten von 633 bis 679 Mio. Euro pro Jahr verursachen. Die<br />
Vermeidung einer Tonne CO2 würde nach derzeitigem Kenntnisstand 102 Euro kosten. Un-<br />
ter Einbeziehung der Weltmarktpreisentwicklung von Steinkohle stiege der Preis auf über 12<br />
Cent je Kilowattstunde. Im Vergleich zum Kraftwerksbetrieb ohne CCS über eine Betriebszeit<br />
von 40 Jahren würden der Atmosphäre auch nur höchstens 60 Prozent des kraftwerksbe-<br />
dingten CO2 entzogen. Die Stromerzeugungskosten liegen zum Zeitpunkt der Verwirklichung<br />
einer Klimagasabscheidung also deutlich höher als bei einem Mix aus Erdgaskraftwerken<br />
und erneuerbaren Energien – bei deutlich geringerer CO2-Minderung.<br />
Tabelle 14: Aufwand der Abscheidung und unterirdischen Verbringung von Kraftwerks-C02<br />
Prozess-Schritt CCS-Kosten (EUR/t CO2) Wirkungsgradrückgang (%-Punkte)<br />
CO2-Abscheidung 58,0 14,0<br />
Gaskonditionierung 5,0 5,0<br />
Transport (Pipeline) 12,0 2,0<br />
Einlagerung (Erdgasfeld) 6,1 2,0<br />
Lager-Monitoring 10,0 -<br />
Haftung 10,6 -<br />
Summe 101,7 23,0<br />
Quelle: TAB 2007, BMU 2008a, eigene Berechnungen<br />
67
Da heute weder die technische noch die wirtschaftliche Machbarkeit von CCS im Nach-<br />
schaltverfahren belegbar ist, werden die derzeit geplanten Steinkohlekraftwerke auch nicht<br />
im technischen Sinne „Capture ready“ gemacht. Vielmehr wird lediglich ein Bauplatz für mög-<br />
liche zusätzliche Komponenten einer CO2-Abscheidung vorgesehen. Tatsächliche Investitio-<br />
nen in CCS-Technologien sind bei den derzeit geplanten Kraftwerken auch nicht vorgesehen<br />
[Arneburg 2008]. Aktuelle Untersuchungen sagen übereinstimmend aus, dass die Möglich-<br />
keiten zur Nachrüstung einer CO2-Abscheidung äußerst begrenzt sind. Sofern das Verfahren<br />
künftig für den kommerziellen Einsatz angewandt wird, kann es aus wirtschaftlicher Sicht<br />
dann sogar günstiger sein, ein herkömmliches Kraftwerk abzuschalten und zurück zu bauen,<br />
um es durch einen Neubau mit vorgelagerter oder integrierter Klimagasabscheidung zu er-<br />
setzen [TAB 2007].<br />
Sollte CCS dennoch in Erwägung gezogen werden, müssen auch die erheblichen Risiken<br />
dieser Technologie erörtert werden. Bei der Abscheidung, der Verdichtung, dem Transport<br />
und der Einlagerung von CO2 wird mit großen Mengen des Klimagases hantiert. Allein beim<br />
Kraftwerk Arneburg ginge es insgesamt um bis zu 267 Mio. Tonnen CO2. Der Transport und<br />
die Einlagerung würde bei mindestens 73 bar stattfinden. Das Austreten größerer Gasmen-<br />
gen muss aber in jedem Fall verhindert werden. Da CO2 schwerer ist als Luft, sammelt es<br />
sich in Bodensenken. Breits ab einem Anteil von 10 Prozent in der Atmosphäre ist es tödlich.<br />
Im Bereich der Abscheidung am Kraftwerk müssen hohe Sicherheitsvorkehrungen getroffen<br />
werden, um das Kraftwerkspersonal und Menschen in unmittelbarer Umgebung nicht zu ge-<br />
fährden. Die Transportröhren müssen neben dem Pipelinebau selbst, der möglicherweise<br />
ökologische Schutzgebiete beeinträchtigen kann, einen hohen Korrosionsschutz aufweisen,<br />
um mögliche Leckagen zu vermeiden. Das höchste und bisher kaum bekannte Risiko be-<br />
steht aber bei der unterirdischen Einlagerung. Die Lager zur CO2-Verklappung müssen über<br />
einen Zeitraum von bis zu 10.000 Jahren gasdicht sein. Die jährliche Verlustrate darf 0,01<br />
Prozent nicht übersteigen. Gasaustritte an die Oberfläche dürfen nie punktuell auftreten.<br />
Entscheidend ist daher das Deckgestein über der Lagerstätte. Zwar haben Erdgasfelder im<br />
Prinzip eine erwiesene Dichtigkeit, da sie über lange Zeit natürliches Gas gespeichert hatten.<br />
Dennoch ist ihre Eignung derzeit nicht abschätzbar. Eine unmittelbare Gefahr geht von nicht<br />
bekannten oder unzureichend abgedichteten Bohrlöchern aus. Da das CO2-Wasser-<br />
Gemisch gegenüber Metallen sehr aggressiv ist, kann es bei ungeeigneter Versiegelung der<br />
Öffnungen zu plötzlichen Gasaustritten kommen. Ein weiteres Problem ist die Senkung des<br />
Deckgesteins eines Gasfeldes nach der Erdgasentnahme. Durch die Wiederbefüllung mit<br />
CO2 unter hohem Druck wird der Untergrund dann erneut verändert. Dadurch kann es zum<br />
Auftreten und zur Weitung von Rissen im Deckgestein kommen. Auch reagiert CO2 chemisch<br />
mit bestimmten Mineralien bis hin zu deren Auflösung. Derzeit kann deshalb nicht davon<br />
68
ausgegangen werden, dass bei einer Verklappung von Klimagasen über mehrere tausend<br />
Jahre eine Gefahr für Mensch und Umwelt auszuschließen ist.<br />
Ein weiteres Problem stellt die Konkurrenz zu anderen Nutzungen des Untergrundes dar. Mit<br />
Blick auf die Versorgungssicherheit der Bundesrepublik und angrenzender Staaten mit Erd-<br />
gas haben ausgebeutete Erdgasfelder eine hohe Bedeutung als Reservespeicher. Dabei gel-<br />
ten für die Eignung im Prinzip die gleichen Kriterien, wie für die CO2-Lagerung: Hohe Dich-<br />
tigkeit, gute Zugänglichkeit, ausreichende Aufnahmekapazität, gute Porösität. Derzeit wird<br />
eine Vergrößerung der Gasreserven in Deutschland, auch in Kooperation mit Nachbarstaa-<br />
ten wie Polen, angestrebt. Eine Vorrangnutzung für CCS ist deshalb mit Blick auf die Versor-<br />
gungsstabilität im Gassektor kritisch zu betrachten.<br />
Erhebliche Nachteile aus der unterirdischen Verbringung von CO2 unter dem Gebiet Sach-<br />
sen-<strong>Anhalt</strong>s ergeben sich auch für die Nutzung erneuerbarer Energien. Tatsächlich ist in der<br />
regionalen Raumordnung der Altmark der Ausschluss der Windenergienutzung auf Flächen<br />
vorgesehen, unter denen die Einbringung von CO2 aus fossilen Großkraftwerken möglich<br />
sein soll. Sollte diese Regelung fortbestehen, wird die Windenergienutzung in der Region<br />
eher zurückgehen. Es stellt sich diesbezüglich auch die Frage, ob diese Vorgehensweise auf<br />
Freiflächen-Solarstromkraftwerke und Biogasanlagen ausgeweitet wird. Rechtlich ist diese<br />
Regelung ohnehin angreifbar und erklärungsbedürftig.<br />
Starke Einschränkungen wären auch bei der Geothermienutzung hinzunehmen. Aufgrund<br />
der guten geothermischen Bedingungen im Untergrund könnten im Norden <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>s<br />
hohe Potentiale zur Strom- und Wärmeerzeugung nicht erschlossen werden, sollte die Auf-<br />
suchung und Nutzbarmachung von CCS-Erdspeichern einen rechtlichen Vorrang bekom-<br />
men. Bei den anzuwendenden Verfahren zur Nutzbarmachung tiefer Geothermie werden in<br />
bis zu 4.000 Meter Tiefe mittels eines mechanischen Vorgangs Risse erzeugt, um die<br />
Durchgängigkeit des Gesteins für die Wassererhitzung zu erhöhen. Wo CO2-Verbringung<br />
Vorrang bekommen würde, ist im weiträumigen Umfeld die Geothermienutzung deshalb<br />
ausgeschlossen. Ein großer Teil der Altmark stünde dafür dann nicht zur Verfügung.<br />
Auch die Nutzung von Druckluftspeichern, die zur Pufferung des fluktuierenden Windstroms<br />
künftig von Bedeutung sein können, treten möglicherweise in Konkurrenz zu CCS. Eine Ein-<br />
seitige Bevorzugung der CO2-Einlagerung würde also insgesamt der angestrebten nachhal-<br />
tigen Entwicklung entgegensehen.<br />
69
5. Handlungsempfehlungen<br />
Die Energieversorgungsstruktur in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> ist in einem ungeordneten Zustand. Die<br />
zentral organisierte Stromversorgung mit Braunkohle ist weitgehend auf das Kraftwerk<br />
Schkopau beschränkt. Parallel entwickelt sich eine dezentrale und bedarfsgerechte Struktur<br />
von Erdgas-Kraftwerken. Durch den zügigen Aufwuchs der erneuerbaren Energien, insbe-<br />
sondere der Windkraft, wurde die Stromproduktion im Land nach dem Jahr 2000 erheblich<br />
gesteigert. Es sind dabei Versäumnisse bei der Entwicklung der Infrastruktur zu Tage getre-<br />
ten. Der Ausbau der Netze im Mittellast- sowie Hoch und Höchstspannungsbereich orientiert<br />
sich kaum am erheblichen Zuwachs erneuerbaren Stroms. Im privatwirtschaftlich organisier-<br />
ten Stromsektor stehen die verschiedenen Interessen der Akteure konkurrierend zueinander.<br />
Die Trennlinie läuft augenscheinlich zwischen den Energieversorgern, deren Angebot auf<br />
fossilen Brennstoffen basiert, sowie den Betreibern von Anlagen erneuerbarer Energien.<br />
Die derzeitige Entwicklung ist weitgehend durch Entscheidungen der Energieunternehmen<br />
auf der einen und das ungenügende Handeln der Landes- bzw. Bundesregierung auf der<br />
anderen Seite geprägt. Ein schlüssiges Energiekonzept fehlt. Politische Entscheidungen ori-<br />
entieren sich zumeist an Einzelfragen. Das Kraftwerk Schkopau wurde mit hohen öffentli-<br />
chen Subventionen des Bundes ermöglicht. Die Netzinfrastruktur, die größtenteils aus regio-<br />
nalen Privatmonopolen besteht, ist Folge der bundesweiten Strommarktliberalisierung aus<br />
dem Jahr 1998. Eine wirksame staatliche Aufsicht über die Netzbetreiber wurde erst 2005<br />
etabliert. Dem gegenüber steht aber die Abschaffung der staatlichen Strompreisaufsicht<br />
durch den damaligen Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) Mitte 2007. Daneben<br />
hat das EEG, insbesondere in seiner Fassung von 2004, zu einem Boom der erneuerbaren<br />
Energien geführt. Das KWKG macht dezentrale Erdgas-Kraftwerke wirtschaftlicher. Die Fol-<br />
ge ist ein nebeneinander von klassischer und neuer Energiewirtschaft.<br />
Im weitgehend importorientierten Gassektor wurde mit EON Ruhrgas ein künstliches Mono-<br />
pol mit marktbeherrschendem Charakter geschaffen. In der Folge organisierte sich auch der<br />
ostdeutsche Gasmarkt neu. Derzeit findet hier eine weitere private Marktkonzentration statt,<br />
welche die Position öffentlicher Stadtwerke schwächt. Ein hoher Anschlussgrad von Gebäu-<br />
den ans Erdgasnetz bei gleichzeitigem Rückgang der Fernwärmenutzung weist darauf hin,<br />
dass ein effizienter Energieeinsatz betriebwirtschaftlichen Interessen der Gasversorger un-<br />
tergeordnet wird. Gleichzeitig aber bieten wirksame Förderprogramme des Bundes zur<br />
Wärmedämmung sowie die Verschärfung der Energieeinsparungsverordnung (EnEV) die<br />
Möglichkeit, erhebliche Brennstoffmengen beim Heizen einzusparen.<br />
70
Auf Landesebene wurde die Entwicklung weitgehend reaktiv begleitet. Eine politische Ge-<br />
wichtung zugunsten der zentralen und fossil befeuerten Versorgungsstruktur ist dabei un-<br />
übersehbar. Der Ausbau erneuerbarer Energien wird zwar raumordnerisch gelenkt, bezieht<br />
sich in der Regel aber nur auf die Windkraft und macht hier meist Einschränkungen. Konkre-<br />
te Vorhaben und Planungen betreffen dadurch in der Regel die kommunale Ebene bzw.<br />
werden den regionalen Planungsverbänden überlassen. Die Genehmigungen von Anlagen<br />
sind daher häufig konfliktreich und nicht immer sachgerecht. Nach wie vor gibt es keine fest-<br />
geschriebenen Landesausbauziele für die einzelnen Bereiche der erneuerbaren Energien.<br />
Eine Harmonisierung zwischen den Interessen von Braunkohlewirtschaft, Stadtwerken, Indu-<br />
strieunternehmen und Betreibern Erneuerbarer-Energien-Anlagen mit dem Ziel einer guten<br />
allgemeinen Versorgung mit Strom und Wärme fand bisher kaum statt. Zunehmende Ineffi-<br />
zienzen in der Energiebereitstellung trotz moderner Anlagentechnik sowie steigende Kosten<br />
in allen Bereichen der Versorgungskette sind die Folge. So treten bei hohen Windlasten kriti-<br />
sche Lastsituationen im Netz auf und das Kraftwerk Schkopau verzeichnet einen zurück ge-<br />
henden Volllastbetrieb, was sich wiederum auf die Betriebssituation im Braunkohletagebau<br />
auswirkt.<br />
Das Potential, das sich zur Netzstabilisierung aus schnell regelbaren Erdgas-Kraftwerke, ge-<br />
regeltem Biomasse-Einsatz und Stromspeichern ergibt, wird nicht konsequent gefördert. Auf<br />
den zu erwartenden Zubau im Bereich der erneuerbarer Energien, insbesondere durch<br />
Windkraft und Biomasse, wird insbesondere im Netzbereich nicht angemessen reagiert. Die<br />
Entwicklung von Speichersystemen für den Strombereich ist völlig ungenügend. Positiv ist<br />
die Erprobung von Kombikraftwerken zum verbesserten Einsatz verschiedener erneuerbarer<br />
Energien unter Einbeziehung von Biogas- und Wasserstoffspeichern.<br />
Energiepolitik<br />
Festlegung konkreter Ziel für den Klimagasausstoß, den Ausbau der erneuerbaren<br />
Energien und die Steigerung der Energieeffizienz im Strom- und Wärmebereich für das<br />
Jahr 2020:<br />
� Senkung der kraftwerksseitigen CO2-Emissionen im Strom- und Wärmesektor<br />
um mind. 10 Prozent gegenüber 2010.<br />
� Steigerung des Anteils der Energiebereitstellung aus erneuerbaren Energien im<br />
Strombereich auf mind. 60 Prozent, im Wärmesektor auf mind. 40 Prozent.<br />
� Verbesserung der Energieeffizienz gegenüber 2010 um 20 Prozent.<br />
Im Wesentlichen entstehen die kraftwerksbedingten Klimagasemissionen durch die Braun-<br />
kohleverstromung. Eine Minderung ist zunächst nur durch die Außerbetriebnahme der älte-<br />
71
sten Betriebskraftwerke sowie durch eine angemessene Absenkung der Betriebsstunden<br />
beim Kraftwerk Schkopau erreichbar. Entscheidend ist es jedoch, einen massiven Anstieg<br />
der CO2-Emissionen durch den möglichen Zubau des Braunkohlekraftwerks Profen sowie<br />
des Steinkohlekraftwerks Arneburg bei Stendal im Blick zu haben.<br />
Die Zunahme der Strommenge aus erneuerbaren Energien bis 2020 entspricht bei gezielter<br />
Weiterentwicklung etwa der Stromproduktion des geplanten Steinkohlekraftwerks Arneburg.<br />
Durch eine zum Teil dezentrale Einspeisung unterhalb der 380-kV-Ebene und einen schritt-<br />
weisen Ausbau innerhalb der nächsten zehn Jahre kann das Strom- und Wärmenetz gut an-<br />
gepasst werden.<br />
Die Verbesserung der Energieeffizienz sollte den anzunehmenden Verbrauchsanstieg über-<br />
treffen. Sie ist Voraussetzung für eine stabile, klimafreundliche und bezahlbare Versorgung<br />
mit Strom und Wärme. Fossile Brennstoffe, insbesondere Erdgas, sollten für eine hohe Effi-<br />
zienz weitestgehend zur gleichzeitigen Strom- und Wärmeerzeugung eingesetzt werden.<br />
Das gilt auch für die begrenzten Biomasse-Ressourcen.<br />
Schaffung einer arbeitsfähigen Landesenergieagentur mit dem Ziel, verbindliche Kli-<br />
maschutz- und Energieeffizienzziele sowie den geregelten Ausbau erneuerbarer Ener-<br />
gien voran zu treiben.<br />
Weitere Aufgaben sind die Öffentlichkeitsarbeit und Umweltbildung im Bereich erneuerbare<br />
Energien und Klimaschutz sowie die Erfassung erforderlicher statistischer Daten.<br />
Vorgeschlagener Haushaltsansatz: 5 Mio. EUR pro Jahr<br />
Stromnetze<br />
Einrichtung einer ständigen Arbeitsgruppe „Netze und Erzeugung“ der Landesregie-<br />
rung unter Mitwirkung der einzelnen Stadtwerke und Regionalversorger in öffentlicher<br />
Hand, der privaten Energiewirtschaft, der Industriebetreiber, Betreiber erneuerbarer<br />
Energien sowie der Verbraucherschutz- und Umweltverbände.<br />
Für eine stabile Netzinfrastruktur sollten auf Landesebene dezentrale Erzeugungsstrukturen<br />
und der Ausbau von Stromspeichern gezielt gefördert werden. Der Schwerpunkt liegt dabei<br />
unterhalb der 380-kV-Ebene und im Ausbau der Fernwärme. Dabei ist insbesondere die Rol-<br />
le öffentlich geführter Stadtwerke hervorzuheben sowie die intensive Einbindung der Indu-<br />
striebetriebe erforderlich. Ziel muss es sein, den Ausbau der Erzeugung besser am regiona-<br />
len bzw. betrieblichen Strom- und Wärmebedarf auszurichten. Im Bereich der erneuerbaren<br />
72
Energien sollte das Konzept der Kombikraftwerke weiter unterstützt und auf den Bedarf von<br />
Stadtwerken und Unternehmen abgestimmt werden.<br />
Selbst die Ertüchtigung der 220-kV-Trasse auf 380 kV sowie ein Ausbau des 110 kV-Netzes<br />
führen nicht zu einer Entlastung des Übertragungsnetzes in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>. In den näch-<br />
sten zehn Jahren ist mit dem Zubau mehrer tausend Megawatt installierter Kraftwerkslei-<br />
stung durch fossile Anlagen und Offshore-Windenergie an der Ostseeküste zu rechnen. Die<br />
Abführung der elektrischen Energie erfolgt zu einem großen Teil über <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> nach<br />
Süden. Der Zubau eines Steinkohlekraftwerks in Arneburg bei Stendal würde nicht nur die<br />
kritische Netzsituation im Land verschärfen, sondern auch den Zubau einer weiteren 380-kV-<br />
Trasse bis tief in andere Bundesländer hinein erforderlich machen, was zeitnah kaum reali-<br />
sierbar ist. Ein wirtschaftlicher Betrieb des bestehenden Braunkohlekraftwerks, geschweige<br />
denn einer zusätzlichen Anlage, wäre kaum noch darstellbar. Die Einbindung hinzukommen-<br />
der erneuerbarer Energien gestaltet sich dann zunehmend schwierig.<br />
Keine zusätzlichen Haushaltsausgaben, Zuständigkeit im Titel Landesenergieagentur.<br />
Stromspeicher<br />
Aufbau von Stromspeichern mit einer Leistung von 250 MW bis 2020, insbesondere<br />
unter Einbeziehung ausgekohlter Braunkohletagebaue der MIBRAG.<br />
Eine wichtige Aufgabe für eine nachhaltige Energieversorgung ist die Verwirklichung von<br />
Stromspeichern. Dabei kann der MIBRAG eine besondere Rolle zufallen. Im Rahmen der<br />
Rekultivierung sollen in den Tagebauen Pumpspeicher-Kraftwerke gebaut werden. Das Land<br />
muss dazu die rechtlichen Rahmenbedingungen schaffen und Pilotvorhaben anstoßen.<br />
Daneben sollen weitere Speichersysteme auf Druckluft-, Batterie- und Wasserstoffbasis ge-<br />
fördert werden. Biomasse als gespeicherte Energie ist ebenfalls im Zusammenhang der<br />
Stromspeicherung zu betrachten und gezielt zu fördern.<br />
Zielgrößen: 100 MW Tagebau-Pumpspeicher, 100 MW andere innovative Stromspeicher, 50<br />
MW Biomasse-Speicher.<br />
Vorgeschlagener Haushaltsansatz: 80 Mio. EUR bis 2020 (max. 10 Mio. EUR pro Jahr)<br />
Braunkohle<br />
Der wirtschaftliche Betrieb des Kraftwerks Schkopau wird sichergestellt. Diese Ent-<br />
scheidung muss Vorrang vor dem Bau eines weiteren Braunkohlekraftwerks haben.<br />
73
Schkopau wird auch ohne weitere Kraftwerkskapazität künftig mit einem abnehmenden Voll-<br />
lastbetrieb auskommen müssen. Das ergibt sich aus dem faktischen Zubau erneuerbarer<br />
Energien und der Netzsituation auf der Höchstspannungsebene. Ziel sollte es sein, die Be-<br />
schickung Schkopaus aus bestehenden Tagebauen über einen Betriebszeitraum von 40<br />
Jahren zu organisieren.<br />
Verhandlungen und Vereinbarungen mit der MIBRAG erforderlich.<br />
Windenergie<br />
Festschreibung von einem Prozent der Landesfläche oder 20.450 ha als „Flächenziel<br />
Windenergienutzung“ innerhalb der bereits ausgewiesenen Flächen. In Windeig-<br />
nungsgebieten soll der behördliche Einfluss auf eine sachgerechte Abwägung der Be-<br />
lange beschränkt sein.<br />
In den bestehenden Eignungsräumen für Windenergienutzung sind die Genehmigungsbe-<br />
dingungen zu verbessern. Nicht sachgerechte Hemmnisse sollen Schritt für Schritt abgebaut<br />
und konfliktmindernde Maßnahmen, insbesondere das Repowering, gezielt unterstützt wer-<br />
den. Dazu ist es erforderlich, der Raumordnung bzw. Bebauungsplanung den technischen<br />
und planerischen Fortschritt bei der Windenergienutzung zugrunde zu legen. Innerhalb von<br />
Windeignungsgebieten sind Klarstellungen gegenüber dem Landesverwaltungsamt und in<br />
der BauO LSA erforderlich. Bezüglich begründeter Störungen und Belästigungen gegenüber<br />
anwohnenden Menschen und betroffenen Schutzgütern sind pauschale Eingrenzungen<br />
durch Einzelfallprüfungen zu ersetzen. Die Landesregierung sollte Bürgerwindparks, bei de-<br />
nen sich Anwohner und Gemeinden an Projekten beteiligen können, gezielt fördern.<br />
Keine zusätzlichen Haushaltsausgaben, Zuständigkeit im Titel Landesenergieagentur.<br />
Photovoltaik<br />
Erstellung einer öffentlich zugänglichen Datenbank über ein landesweites Flächennut-<br />
zungskataster für Photovoltaik auf Freiflächen. Ausweisungsziel 5.000 Hektar.<br />
Da nur vorversiegelte Böden zum Aufbau großer Photovoltaik-Kraftwerke genutzt werden<br />
sollen, ist es sinnvoll, nutzbare Flächen landesweit vollständig zu erfassen und raumordne-<br />
risch zu sichern. Die Daten sollen öffentlich zugänglich sein und die Flächen in öffentlichen<br />
Ausschreibungen vergeben werden.<br />
Keine zusätzlichen Haushaltsausgaben, Zuständigkeit im Titel Landesenergieagentur.<br />
74
Problemfall EEG<br />
Die Landesregierung muss sich für eine innovationsfördernde Ausgestaltung des EEG<br />
im Photovoltaikbereich einsetzen, um mehrere tausend Arbeitsplätzen in <strong>Sachsen</strong>-<br />
<strong>Anhalt</strong> zu sichern.<br />
Die Förderung eingespeisten Solarstroms im EEG wird derzeit überarbeitet. Dabei sollen die<br />
Vergütungssätze erheblich abgesenkt werden. Die Neuregelung könnte die Photovoltaik-<br />
Unternehmen und viele tausend Arbeitsplätze in Ostdeutschland gefährden. Eine Lösung<br />
des Problems kann die Verknüpfung der Einspeisevergütung in bisheriger Höhe an techno-<br />
logische Innovationen sein. Wird die Höhe der Förderung an einen anspruchsvollen Modul-<br />
wirkungsgrad gekoppelt, profitieren heimische Hersteller mit ihrem qualifizierten Personal<br />
und die PV-Innovation wird beschleunigt. Eine Beibehaltung des derzeitigen Fördergerüstes<br />
gilt dann nur für Module, die einen entsprechenden Wirkungsgrad erreichen. Das EEG würde<br />
damit vor allem neue Ideen unterstützen und die Masse in den Wettbewerb entlassen.<br />
Mitwirkung bzw. Initiative im Bundesrat erforderlich<br />
Bioenergie<br />
Unterstützung einer möglichst effizienten Verwendung der Biomasse mit den Schwer-<br />
punkten Biogas, Reststoffe und Abfälle, Wald- und Gebrauchtholz sowie Getreide-<br />
stroh.<br />
Die Einspeisung von Biogas ins Erdgasnetz soll gezielt gefördert werden. Die Sammlung von<br />
Bioabfall zur energetischen Verwendung ist in Zusammenarbeit mit Kommunen zu unterstüt-<br />
zen. Die begrenzten Holzressourcen sollen landesweit gezielt erfasst werden. Die Strohnut-<br />
zung zur Strom- und Wärmeerzeugung ist durch die Förderung von Pilotprojekten zu unter-<br />
stützen.<br />
In der Landesplanung sollten Ausbauziele für die einzelnen Biomassebereiche formuliert<br />
werden. Dazu sind auch der raumordnerische Vorrang für die Errichtung von effizienten<br />
Biomasse-Anlagen, die Biomasselagerung sowie dazugehörige Wärmenetze und die Ein-<br />
speisung von Biogas ins Erdgasnetz zu sichern. Es wird darüber hinaus empfohlen, die Bio-<br />
dieselerzeugung auf die land- und forstwirtschaftliche Eigennutzung zu begrenzen. Energie-<br />
pflanzen für Agrokraftstoffe sollten künftig nicht mehr als ein Viertel der für Bioenergie vorge-<br />
sehenen landwirtschaftlichen Fläche belegen. Hersteller und Besitzer von Pelletsheizungen<br />
sollten mittels eines Marktanreizprogramms auf Landesebene bei der Verwendung von<br />
Strohpellets unterstützt werden. Im Vordergrund soll die gleichzeitige Strom- und Wärmeer-<br />
zeugung in KWK-Anlagen statt der Einzelfeuerung stehen. Die Landesregierung muss die<br />
75
schnelle Umsetzung eines Biogaseinspeisegesetzes auf Bundesebene befördern. Abnah-<br />
meverträge für Biogas durch Einrichtungen des Landes können diese Entwicklung unterstüt-<br />
zen.<br />
Haushaltstitel: 50 Mio. EUR bis 2020 (5 Mio. EUR pro Jahr)<br />
Geothermie<br />
Die tiefe Geothermie soll durch die Förderung von einzelnen Pilotvorhaben unterstützt<br />
werden. Die Landesregierung erstellt ein landesweites und öffentlich zugängliches<br />
Standort- und Nutzungskataster für die tiefe Erdwärme. Im Landesentwicklungsplan<br />
muss der Technik Vorrang vor anderen Nutzungen, insbesondere der möglichen CO2-<br />
Speicherung (CCS), gegeben werden.<br />
Schwerpunkt kann die Altmark sein, wo besonders günstige Bedingungen für die Nutzung<br />
der tiefen Geothermie mittels Anwendung petrothermaler Systeme vorliegen. Darüber hinaus<br />
sollen Forschungs- und Entwicklungsvorhaben für Stimulationsverfahren unterstützt werden,<br />
die Erschütterungen im Untergrund vermindern bzw. vermeiden.<br />
Haushaltstitel: 20 Mio. EUR bis 2015 (max. 5 Mio. EUR pro Jahr)<br />
Erneuerbare Energien im Wärmebereich<br />
Einführung eines Landeswärmegesetzes zur Förderung erneuerbarer Energien im<br />
Wärmebereich, das den Gebäudebestand mit einbezieht.<br />
Vom Zubau bei Solarwärmeanlagen und effizienten Wärmepumpen profitieren in hohem<br />
Maße die Handwerksbetriebe vor Ort. Das gilt auch für die Nahwärmeversorgung aus Bio-<br />
energie sowie den Ausbau des Fernwärmenetzes. Klimaschutz stärkt hier die regionale<br />
Wertschöpfung und schafft neue Arbeitsplätze in den Kommunen bei bestehenden Unter-<br />
nehmen. Ziel muss es sein, den Gebäudebestand in die Nutzung erneuerbarer Wärme ein-<br />
zubinden. Ein Vorbild kann das Klimaschutzgesetzes des Landes Berlin sein. Darüber hin-<br />
aus sollte eine solare Bauordnung von Landesseite unterstützt werden.<br />
Keine zusätzlichen Haushaltsausgaben, Zuständigkeit im Titel Landesenergieagentur.<br />
76
6. Verzeichnisse und Anhänge<br />
6.1 Abkürzungsverzeichnis<br />
AG Aktiengesellschaft<br />
AKW Atomkraftwerk<br />
BASF BASF SE, ehem. Badische Anilin- und Soda-Fabrik<br />
BImSchG Bundesimmissionsschutzgesetz<br />
BImSchV Bundesimmissionsschutzverordnung<br />
BIP Bruttoinlandsprodukt<br />
B-Plan Bebauungsplan<br />
CCS Carbon Dioxide Capture and Storage (Kohlendioxid-Abscheidung und Einlagerung)<br />
ČEZ ČEZ A.S., tschechisches Energieunternehmen<br />
CO2<br />
Kohlendioxid<br />
Dehst Deutsche Emissionshandelsstelle<br />
E85 Kraftstoffgemisch, 85% biogenes Ethanol, 15% mineralisches Benzin<br />
EEG Erneuerbare-Energien-Gesetz<br />
EEWärmeG Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz<br />
Eon E.ON AG, Energiekonzern-Holding<br />
EU Europäische Union<br />
FDLUFA Verband Deutscher landwirtschaftlicher Untersuchungs- und Forschungsanstalten<br />
FNR Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V.<br />
GuD Gas- und Dampfdruck-Kraftwerk<br />
GW Gigawatt<br />
GWh Gigawattstunden (1 GWh = 1 Mio. kWh)<br />
ha Hektar (Fläche von 100 x 100 Metern)<br />
HDR Hot-Dry-Rock, Verfahren zur Gewinnung von Energie aus Erdwärme<br />
IKSE Internationale Kommission zum Schutz der Elbe<br />
J&T J&T Finance Group A.S., slowakisch-tschechische Finanzgruppe<br />
KfW Bankengruppe öffentlichen Rechts, ehem. Kreditanstalt für Wiederaufbau<br />
kWh Kilowattstunde<br />
KWK Kraft-Wärme-Kopplung<br />
KWKG Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetz<br />
Mio. Millionen<br />
MIBRAG Mitteldeutsche Braunkohlegesellschaft mbH<br />
Mrd. Milliarden<br />
MW Megawatt<br />
77
MWh Megawattstunden (1 MWh = 1.000 kWh)<br />
PEV Primärenergieverbrauch<br />
PIK Potsdam Institut für Klimafolgenforschung<br />
RWE RWE AG, ehem. Rheinisch-Westfälischen Elektrizitätswerken AG<br />
SRU Sachverständigenrat für Umweltfragen<br />
t Tonnen<br />
TWh Terrawattstunden (1 TWh = 1 Mrd. kWh)<br />
UNESCO United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization (Organisation der<br />
Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft, Kultur und Kommunikation)<br />
78
6.2 Verzeichnis der Grafiken und Tabellen<br />
Titel Bildernachweis: Schering/Hill/Enercon 1<br />
Grafik 1 Entwicklung der installierten Leistung nach Energieträgern in MW 7<br />
Grafik 2 Bruttostromerzeugung nach Energieträgern in Deutschland 2008 10<br />
Grafik 3 Wärme-Endenergieverbrauch nach Energieträgern in Deutschland 2007 14<br />
Grafik 4 Entwicklung der Bruttostromerzeugung nach Energieträgern in GWh 35<br />
Grafik 5 Entwicklung der bereitgestellten Wärmemenge nach Energieträgern in GWh 36<br />
Grafik 6 Entwicklung der Windenergie nach installierter Leistung und jährlichem Zu-<br />
bau in MW<br />
Grafik 7 Entwicklung der Strombereitstellung aus Biomasse nach installierter Lei-<br />
stung in MW<br />
Grafik 8 Entwicklung der Gewichtung von Volllaststunden in GWh 54<br />
Grafik 9 Entwicklung der Arbeitsplätze in der Energieerzeugung in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> 57<br />
Grafik 10 Entwicklung der CO2-Emissionen in der Energieerzeugung in Mio. Tonnen 58<br />
Tabelle 1 Endenergieverbrauch des Wärmesektors in Deutschland nach Anwen-<br />
dungsbereichen<br />
Tabelle 2 CO2-Emissionen in Deutschland nach ausgewählten Bereichen 1990 bis<br />
2006<br />
Tabelle 3 Bodennutzung in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> 2007 20<br />
Tabelle 4 Bevölkerung, Bruttoinlandsprodukt und Primärenergieverbrauch in Sach-<br />
sen-<strong>Anhalt</strong><br />
Tabelle 5 Ausgewählte konventionelle Kraftwerke in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> 2006/2007 26<br />
Tabelle 6 Nettostromerzeugung aus erneuerbaren Energien in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> 2007 28<br />
Tabelle 7 Fernwärmeerzeugung und Verwendung in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> 29<br />
Tabelle 8 Erdgasverbrauch nach Sektoren in Sachen-<strong>Anhalt</strong> 2007 30<br />
Tabelle 9 Energiebedingte CO2-Emissionen in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> nach ausgewählten<br />
Bereichen<br />
Tabelle 10 Heizwert je Festmeter Waldholz nach Baumart und Feuchtegrad 44<br />
Tabelle 11 Nutzbare Strom- und Wärmeleistung verschiedener Geothermie-Anlagen 47<br />
Tabelle 12 Umsatz aus Betrieb und Neuerrichtung von Anlagen der erneuerbaren<br />
Energien<br />
Tabelle 13 Voraussichtliche Emissionsmengen des KW Arneburg nach Grenzwerten<br />
der 13. BImSchV<br />
Tabelle 14 Aufwand der Abscheidung und unterirdischen Verbringung von Kraftwerks-<br />
CO2<br />
79 <br />
39<br />
41<br />
15<br />
19<br />
22<br />
33<br />
57<br />
64<br />
67
6.3 Quellenverzeichnis<br />
Ärzteverband 2007: Bitsch, Specht: Kein neues Kohlekraftwerk in Ensdorf, Saarländisches Ärzteblatt,<br />
Oktober 2007.<br />
AGEB 2009: Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen e.V.: Energieverbrauch in Deutschland im Jahr<br />
2008; Berlin, Januar 2009.<br />
Arneburg 2008: Stadtrat Arneburg: Info-Veranstaltung im Stadtrat Arneburg zum möglichen Bau ei-<br />
nes Kohlekraftwerks, Protokollauszug; Arneburg, Juni 2008.<br />
Atomforum 2009: Deutsches Atomforum e.V.: Steigerung der Stromerzeugung in deutschen Kern-<br />
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BDEW 2009a: Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e.V.: 60 Kraftwerke bis 2018 ge-<br />
plant, Anlagen ab 20 Megawatt Leistung, Anlage zur Presseinformation „Strom- und Gasverbrauch in<br />
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BDEW 2009b: Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e.V.: Erstes Halbjahr 2009: Gas-<br />
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BEE 2009: Bundesverband Erneuerbare Energie e.V.: Strom-Ausbauprognose der Erneuerbare-<br />
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2009.<br />
BfS 2008: Bundesamt für Strahlenschutz: Biologische und gesundheitliche Wirkungen von niederfre-<br />
quenten elektrischen und magnetischen Feldern – Grenzwerte und Vorsorgemaßnahmen, März 2008.<br />
BI Arneburg: Bürgerinitiative gegen das Steinkohlekraftwerk Arneburg e.V.: Vier gemeinden klagen<br />
gegen die 4. Änderung des Bebauungsplans IG-Altmark beim Oberverwaltungsgericht Magdeburg,<br />
Presseerklärung, Würzburg, 4. Februar 2010.<br />
BMU 2008: Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Weiterentwicklung der<br />
Ausbaustrategie Erneuerbare Energien – Leitstudie 2008; Berlin, Oktober 2008.<br />
BMU 2009a: Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Entwicklung der er-<br />
neuerbaren Energien in Deutschland im Jahr 2008, Grafiken und Tabellen; Berlin, Juni 2009.<br />
BMU 2009b: Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Restlaufzeiten der<br />
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BMU 2009c: Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Bericht der Bundes-<br />
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80
BMU 2009c: Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit: Gabriel bietet MI-<br />
BRAG Unterstützung für Bau eines hocheffizienten Kraftwerks an, BMU-Pressedienst Nr. 313/09; Ber-<br />
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September 2009.<br />
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netzagentur, Protokollauszug, Februar 2006.<br />
BNA 2007: Beirat der Bundesnetzagentur, Niederschrift über die 54. Sitzung des Beirats der Bundes-<br />
netzagentur, Protokollauszug, Februar 2006.<br />
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Brand-Schock 2009b: Brand-Schock: Hemmnisse Windausbau <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>, Enercon-Büro Ber-<br />
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che (Photovoltaik); Berlin, September 2009.<br />
BSW 2009b: Bundesverband Solarwirtschaft e.V.: Statistische Zahlen der deutschen Solarwärme-<br />
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81
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DIE LINKE 2007: DIE LINKE im Bundestag: Position – Kohle in Beschäftigung und neue Energie um-<br />
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September 2009<br />
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82
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2009.<br />
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cher in einem Energiesystem mit hohen Anteilen erneuerbarer Energien: Analyse der kurz- und mittel-<br />
fristigen Perspektive – Kurzgutachten; Heidelberg, Mai 2009.<br />
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September 2007.<br />
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Herne, Januar 2010.<br />
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MLV 2008: Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr: Landesentwicklungsplan des Landes<br />
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PIK 2006: Potsdam Institut für Klimafolgenforschung: Klima- und anthropoge Wirkungen auf den Nied-<br />
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März 2006.<br />
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März 2008.<br />
Q-Cells 2009: Q-Cells AG: Geschäftsbericht 2008; Thalheim, März 2009.<br />
83
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RPA 2008: Regionale Planungsgemeinschaft Altmark: Beschlussdrucksachen der Verbandsversamm-<br />
lung, Salzwedel, Oktober/Dezember 2008.<br />
RWE 2009a: RWE Power AG: Laufende Kraftwerksneubauten in Nordrhein-Westfalen schaffen<br />
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Schulz 2009: Schulz, Helmut Schmidt Universität: Speicherpotentiale von Pumpspeicherwerken in<br />
Tagebaurestlöchern ehemaliger Braunkohlereviere, Hamburg, September 2009.<br />
SRU 2007: Sachverständigenrat für Umweltfragen: Klimaschutz durch Biomasse, Sondergutachten,<br />
Berlin, Juli 2007.<br />
StaLA 2008: Statistisches Landesamt <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>: Statistisches Jahrbuch 2008 des Landes<br />
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http://www.statistik.sachsen-anhalt.de/gk/fms/fms1li.html (Abruf am 04.11.09), Halle, September 2009.<br />
StaLA 2009b: Statistisches Landesamt <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>: Bevölkerung, http://www.statistik.sachsen-<br />
anhalt.de/Internet/Home/Daten_und_Fakten/1/12/index.html (Abruf am 04.11.09), Halle, Oktober<br />
2009.<br />
StaLA 2009c: Statistisches Landesamt <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>: Fachstatistiken Energie- und Wasserversor-<br />
gung http://www.statistik.sachsen-anhalt.de/Internet/Home/Daten_und_Fakten/4/43/433/index.html,<br />
(Abruf am 04.11.09), Halle, Oktober 2009.<br />
StaLa 2009d: Statistisches Landesamt <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>: Statistische Berichte, Produzierendes Ge-<br />
werbe, Handwerk – Energie- und Wasserversorgung 2008; Halle, Juli 2009.<br />
SWP 2009: Stiftung Wissenschaft und Politik, Westphal: Russisches Erdgas, ukrainische Röhren, eu-<br />
ropäische Versorgungssicherheit – Lehren und Konsequenzen aus dem Gasstreit 2009; Berlin, Juli<br />
2009.<br />
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Technikfolgenabschätzung, Technikfolgenabschätzung CO2-Abscheidung und -Lagerung bei Kraft-<br />
werken, Sachstandsbericht zum Monitoring „Nachhaltige Energieversorgung, Berlin, Juli 2007.<br />
techem 2007: Techem: Heizenergie-Verbrauchsstudie für 12 ostdeutsche Städte, Presseerklärung,<br />
http://www.techem.de/Deutsch/Unternehmen/Presse/Pressearchiv/Archiv_2007_N/Heizenergie-<br />
Verbrauchsstudie/index.phtml (Abruf am 23.09.09); Eschborn, 30. August 2007.<br />
Thiel 2008: Thiel: Größtes Biomassekraftwerk Deutschlands steht in Arneburg,<br />
http://www.volksstimme.de/vsm/nachrichten/wirtschaft_und_boerse/ (Abruf am 10.03.2009); Magde-<br />
burg, Ausgabe vom 16. Juli 2008.<br />
84
TÜV Nord 2007: TÜV Nord Systems: Umweltverträglichkeitsuntersuchung KW Ensdorf, Emissions-<br />
grenzwerte und Emissionskonzentrationen nach 13./17. BImSchV, Oktober 2007.<br />
UBA 2007: Umweltbundesamt: Indikator Energieproduktivität, http://www.umweltbundesamt-umwelt-<br />
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gieträger? Kurzstudie im Auftrag des Umweltbundesamtes, Wuppertal, Oktober 2004.<br />
Winkler 2009: Winkler, IGU-Bexbach: E-Mail-Verkehr am 16. und 27. Februar 2009, Daten zur Um-<br />
weltverträglichkeitsuntersuchung (UVU) zum Kraftwerk Ensdorf und zum Bürgerentscheid, Bewertung<br />
des Kraftwerksstandorts Arneburg, Bexbach, Februar 2009.<br />
Gesetze und Verordnungen<br />
1. BImSchV: Erste Verordnung zur Durchführung des Bundesimmissionsschutzgesetzes (Verordnung<br />
über kleine und mittlere Feuerungsanlagen), Fassung vom 26. Januar 2010.<br />
AtG: Gesetz über die friedliche Verwendung der Kernenergie und den Schutz gegen ihre Gefahren<br />
(Atomgesetz), Fassung vom 17. März 2009.<br />
BioKraftQuG: Gesetz zur Einführung einer Biokraftstoffquote durch Änderung des Bundesimmissi-<br />
onsschutzgesetzes und zur Änderung energie- und stromsteuerrechtlicher Vorschriften (Biokraftstoff-<br />
quotengesetz), Fassung vom18. Dezember 2006.<br />
BauO LSA: Bauordnung des Landes <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>, Fassung vom 16. Dezember 2009.<br />
EEG: Gesetz für den Vorrang Eneuerbarer Energien (Erneuerbare-Energien-Gesetz), Fassung vom<br />
29. Juli 2009.<br />
EEWärmeG: Gesetz zur Förderung Erneuerbarer Energien im Wärmebereich (Erneuerbare-Energien-<br />
Wärmegesetz), Fassung vom 15. Juli 2009.<br />
KWKG: Gesetz für die Erhaltung, die Modernisierung und den Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung<br />
(Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz), Fassung vom 21. August 2009.<br />
SteinkohleFinG: Gesetz zur Finanzierung der Beendigung des subventionierten Steinkohlebergbaus<br />
zum Jahr 2018 (Steinkohlefinanzierungsgesetz), Fassung vom 20. Dezember 2007.<br />
85
6.4 Anhänge<br />
Anhang 1: Entwicklung einer nachhaltigen Energieversorgung in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> nach installierter<br />
elektrischer Leistung in Megawatt (MW)<br />
Energieträger / Jahr 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016<br />
Braunkohke KW Schkopau 980 980 980 980 980 980 980<br />
Braunkohle KW Mibrag 208 208 208 37 37 37 37<br />
Braunkohle KW sonstige 114 114 114 114 114 114 114<br />
Braunkohle 1302 1302 1302 1131 1131 1131 1131<br />
Erdgas 1007 1023 1039 1055 1071 1087 1103<br />
Windenergie 3570 3848 4052 4262 4472 4681 4877<br />
Biomasse 432 472 524 572 619 666 706<br />
Solarenergie 196 306 420 534 648 762 876<br />
Wasserkraft 22 22 22 22 22 22 22<br />
Geothermie 0 0 0 0 0 5 10<br />
Summe erneuerbare Energien 4220 4648 5018 5389 5761 6136 6491<br />
Summe fossile Anlagen 2309 2325 2341 2186 2202 2218 2234<br />
SUMME installierte Leistung 6529 6973 7359 7575 7963 8354 8725<br />
<br />
Energieträger / Jahr 2017 2018 2019 2020 2021 2022 2023<br />
Braunkohke KW Schkopau 980 980 980 980 980 980 980<br />
Braunkohle KW Mibrag 37 37 37 37 37 37 37<br />
Braunkohle KW sonstige 69 69 69 69 69 69 69<br />
Braunkohle 1086 1086 1086 1086 1086 1086 1086<br />
Erdgas 1119 1135 1151 1167 1183 1199 1215<br />
Windenergie 5056 5221 5375 5510 5642 5775 5909<br />
Biomasse 746 786 826 866 886 906 927<br />
Solarenergie 990 1104 1218 1332 1446 1560 1674<br />
Wasserkraft 22 22 22 22 22 22 22<br />
Geothermie 15 20 25 30 36 43 52<br />
Summe erneuerbare Energien 6829 7153 7466 7760 8032 8307 8584<br />
Summe fossile Anlagen 2205 2221 2237 2253 2269 2285 2301<br />
SUMME installierte Leistung 9034 9374 9703 10013 10301 10592 10885<br />
<br />
Energieträger / Jahr 2004 2025 2026 2027 2028 2029 2030<br />
Braunkohke KW Schkopau 980 980 980 980 980 980 980<br />
Braunkohle KW Mibrag 37 37 37 37 37 37 37<br />
Braunkohle KW sonstige 69 69 69 69 69 69 69<br />
Braunkohle 1086 1086 1086 1086 1086 1086 1086<br />
Erdgas 1231 1247 1263 1279 1295 1311 1327<br />
Windenergie 6037 6160 6280 6397 6510 6618 6721<br />
Biomasse 947 967 987 1007 1028 1048 1065<br />
Solarenergie 1788 1902 2016 2130 2244 2358 2472<br />
Wasserkraft 22 22 22 22 22 22 22<br />
Geothermie 62 75 90 107 129 155 186<br />
Summe erneuerbare Energien 8856 9126 9395 9664 9932 10200 10466<br />
Summe fossile Anlagen 2317 2333 2349 2365 2381 2397 2413<br />
SUMME installierte Leistung 11173 11459 11744 12029 12313 12597 12879<br />
86
Anhang 2: Entwicklung einer nachhaltigen Energieversorgung in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> nach Bruttostrom-<br />
erzeugung in Gigawattstunden (GWh)<br />
<br />
Energieträger / Jahr 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016<br />
Braunkohke KW Schkopau 7546 7455 7366 7278 7190 7104 7019<br />
Braunkohle KW Mibrag 1394 1394 1394 248 248 248 248<br />
Braunkohle KW sonstige 570 570 570 570 570 570 570<br />
Braunkohle 9510 9419 9330 8095 8008 7922 7837<br />
Erdgas 4229 4297 4364 4431 4498 4565 4633<br />
Windenergie 6961 7599 8104 8630 9168 9712 10243<br />
Biomasse 2808 3069 3409 3715 4022 4329 4589<br />
Photovoltaik 176 275 378 481 583 686 788<br />
Wasserkraft 110 110 110 110 110 110 110<br />
Geothermie 0 0 0 0 0 32 64<br />
Summe erneuerbare Energien 10055 11054 12001 12936 13884 14869 15794<br />
Summe fossile Anlagen 13739 13716 13693 12526 12506 12487 12469<br />
SUMME erzeugte Strommenge 23794 24769 25694 25463 26390 27356 28263<br />
<br />
Energieträger / Jahr 2017 2018 2019 2020 2021 2022 2023<br />
Braunkohke KW Schkopau 6935 6851 6769 6688 6608 6528 6450<br />
Braunkohle KW Mibrag 248 248 248 248 248 248 248<br />
Braunkohle KW sonstige 345 345 345 345 345 345 345<br />
Braunkohle 7527 7444 7362 7281 7200 7121 7043<br />
Erdgas 4700 4767 4834 4901 4969 5036 5103<br />
Windenergie 10743 11226 11691 12122 12553 12994 13443<br />
Biomasse 4849 5109 5369 5629 5760 5892 6023<br />
Photovoltaik 891 994 1096 1199 1301 1404 1507<br />
Wasserkraft 110 110 110 110 110 110 110<br />
Geothermie 96 128 160 192 230 276 332<br />
Summe erneuerbare Energien 16689 17566 18426 19252 19955 20676 21415<br />
Summe fossile Anlagen 12227 12211 12196 12182 12169 12157 12146<br />
SUMME erzeugte Strommenge 28916 29778 30623 31434 32124 32833 33561<br />
<br />
Energieträger / Jahr 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030<br />
Braunkohke KW Schkopau 6373 6296 6221 6146 6072 5999 5927<br />
Braunkohle KW Mibrag 248 248 248 248 248 248 248<br />
Braunkohle KW sonstige 345 345 345 345 345 345 345<br />
Braunkohle 6965 6889 6813 6739 6665 6592 6520<br />
Erdgas 5170 5237 5305 5372 5439 5506 5573<br />
Windenergie 13885 14323 14758 15192 15623 16048 16466<br />
Biomasse 6154 6286 6417 6548 6679 6811 6923<br />
Photovoltaik 1609 1712 1814 1917 2020 2122 2225<br />
Wasserkraft 110 110 110 110 110 110 110<br />
Geothermie 398 478 573 688 826 991 1189<br />
Summe erneuerbare Energien 22157 22908 23673 24455 25258 26082 26912<br />
Summe fossile Anlagen 12136 12126 12118 12111 12104 12098 12094<br />
SUMME erzeugte Strommenge 34293 35034 35791 36566 37362 38180 39006<br />
87
Anhang 3: Entwicklung einer nachhaltigen Energieversorgung in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> nach abgegebener<br />
Wärmemenge in Gigawattstunden (GWh)<br />
<br />
Energieträger / Jahr 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016<br />
Braunkohke KW Schkopau 755 746 737 728 719 710 702<br />
Braunkohle KW Mibrag 446 446 446 79 79 79 79<br />
Braunkohle KW sonstige 2850 2850 2850 2850 2850 2850 2850<br />
Braunkohle 4051 4041 4033 3657 3648 3640 3631<br />
Erdgas 4229 4297 4364 4431 4498 4565 4633<br />
Biomasse 3370 3683 4090 4458 4827 5195 5507<br />
Solarthermie 162 185 211 240 274 312 356<br />
Wärmepumpen 287 337 387 437 487 537 601<br />
Geothermie 0 0 0 0 0 64 128<br />
Summe erneuerbare Energien 3819 4205 4688 5136 5587 6108 6592<br />
Summe fossile Anlagen 8280 8338 8396 8088 8147 8205 8264<br />
SUMME abgegebene Wärme 12099 12543 13084 13224 13734 14313 14856<br />
<br />
Energieträger / Jahr 2017 2018 2019 2020 2021 2022 2023<br />
Braunkohke KW Schkopau 693 685 677 669 661 653 645<br />
Braunkohle KW Mibrag 79 79 79 79 79 79 79<br />
Braunkohle KW sonstige 1725 1725 1725 1725 1725 1725 1725<br />
Braunkohle 2498 2489 2481 2473 2465 2457 2449<br />
Erdgas 4700 4767 4834 4901 4969 5036 5103<br />
Biomasse 5819 6131 6443 6755 6912 7070 7227<br />
Solarthermie 406 463 527 601 685 781 891<br />
Wärmepumpen 665 730 794 858 917 975 1034<br />
Geothermie 192 256 320 384 461 553 664<br />
Summe erneuerbare Energien 7082 7579 8084 8598 8975 9379 9815<br />
Summe fossile Anlagen 7198 7256 7315 7375 7434 7493 7552<br />
SUMME abgegebene Wärme 14279 14835 15399 15972 16409 16872 17368<br />
<br />
Energieträger / Jahr 2004 2025 2026 2027 2028 2029 2030<br />
Braunkohke KW Schkopau 637 630 622 615 607 600 593<br />
Braunkohle KW Mibrag 79 79 79 79 79 79 79<br />
Braunkohle KW sonstige 1725 1725 1725 1725 1725 1725 1725<br />
Braunkohle 2442 2434 2426 2419 2412 2404 2397<br />
Erdgas 5170 5237 5305 5372 5439 5506 5573<br />
Biomasse 7385 7543 7700 7858 8015 8173 8307<br />
Solarthermie 1015 1157 1319 1504 1715 1955 2228<br />
Wärmepumpen 1092 1151 1208 1265 1323 1380 1437<br />
Geothermie 796 956 1147 1376 1651 1981 2378<br />
Summe erneuerbare Energien 10289 10806 11374 12003 12704 13489 14350<br />
Summe fossile Anlagen 7612 7671 7731 7791 7851 7910 7970<br />
SUMME abgegebene Wärme 17901 18478 19105 19794 20554 21399 22320<br />
88
Anhang 4: Entwicklung der Kohlendioxid-Emissionen nach Bruttostromerzeugung in Tonnen (CO2/t)<br />
<br />
Energieträger / Jahr 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016<br />
Braunkohle 9,61 9,52 9,43 8,18 8,10 8,01 7,92<br />
Erdgas 1,99 2,02 2,06 2,09 2,12 2,15 2,18<br />
Biomasse 0,66 0,72 0,80 0,87 0,94 1,01 1,07<br />
SUMME CO2-Emissionen 12,26 12,26 12,29 11,14 11,16 11,17 11,18<br />
<br />
Energieträger / Jahr 2017 2018 2019 2020 2021 2022 2023<br />
Braunkohle 7,61 7,53 7,44 7,36 7,28 7,20 7,12<br />
Erdgas 2,21 2,25 2,28 2,31 2,34 2,37 2,40<br />
Biomasse 1,13 1,20 1,26 1,32 1,35 1,38 1,41<br />
SUMME CO2-Emissionen 10,96 10,97 10,98 10,99 10,97 10,95 10,93<br />
<br />
Energieträger / Jahr 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030<br />
Braunkohle 7,04 6,96 6,89 6,81 6,74 6,66 6,59<br />
Erdgas 2,44 2,47 2,50 2,53 2,56 2,59 2,63<br />
Biomasse 1,44 1,47 1,50 1,53 1,56 1,59 1,62<br />
SUMME CO2-Emissionen 10,92 10,90 10,89 10,88 10,86 10,85 10,84<br />
<br />
89
Anhang 5: Entwicklung der Arbeitsplätze in der Energiebereitstellung in <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
<br />
Energieträger / Jahr 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016<br />
Bergbau 1617 1617 1617 1617 1617 1617 1617<br />
Braunkohle-Kraftwerke 276 276 276 139 139 139 139<br />
Erdgas-Kraftwerke 201 205 208 211 214 217 221<br />
Windenergie 12455 13291 13857 14428 14990 15531 16022<br />
Biomasse 8887 9520 10361 11067 11742 12384 12866<br />
Solarenergie 3159 3235 4263 5203 6061 6843 7552<br />
Wasserkraft 43 43 43 43 43 43 43<br />
Geothermie 0 0 0 0 0 20 40<br />
Summe Erneuerbare Energien 24544 26089 28523 30742 32836 34821 36523<br />
Summe fossile Anlagen 2094 2097 2101 1967 1970 1973 1977<br />
SUMME Beschäftigte 26638 28186 30624 32709 34806 36795 38499<br />
<br />
Energieträger / Jahr 2017 2018 2019 2020 2021 2022 2023<br />
Bergbau 1617 1617 1617 1617 1617 1617 1617<br />
Braunkohle-Kraftwerke 135 135 135 135 135 135 135<br />
Erdgas-Kraftwerke 224 227 230 233 237 240 243<br />
Windenergie 16441 16811 17133 17387 17625 17860 18093<br />
Biomasse 13323 13756 14167 14556 14598 14632 14659<br />
Solarenergie 8193 8771 9290 9753 10164 10527 10844<br />
Wasserkraft 43 43 43 43 43 43 43<br />
Geothermie 60 80 100 120 144 173 207<br />
Summe Erneuerbare Energien 38060 39461 40733 41859 42574 43235 43846<br />
Summe fossile Anlagen 1975 1979 1982 1985 1988 1991 1995<br />
SUMME Beschäftigte 40036 41440 42715 43844 44562 45226 45841<br />
<br />
Energieträger / Jahr 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030<br />
Bergbau 1617 1617 1617 1617 1617 1617 1617<br />
Braunkohle-Kraftwerke 135 135 135 135 135 135 135<br />
Erdgas-Kraftwerke 246 249 253 256 259 262 265<br />
Windenergie 18300 18487 18657 18814 18954 19077 19180<br />
Biomasse 14679 14692 14699 14700 14695 14684 14627<br />
Solarenergie 11119 11355 11554 11719 11853 11957 12033<br />
Wasserkraft 43 43 43 43 43 43 43<br />
Geothermie 249 299 358 430 516 619 743<br />
Summe Erneuerbare Energien 44390 44876 45312 45706 46061 46380 46626<br />
Summe fossile Anlagen 1998 2001 2004 2007 2011 2014 2017<br />
SUMME Beschäftigte 46387 46877 47316 47713 48071 48393 48643<br />
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