PROJEKT - Verband der Kolpinghäuser eV
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<strong>PROJEKT</strong><br />
BILANZ<br />
Haben wir unsere Ziele erreicht?<br />
Eine erste Projektbilanz<br />
Im April 2007 wurde das Projekt Jugendwohnen<br />
ins Leben gerufen, um einen Beitrag zur Weiterentwicklung<br />
und Zukunftssicherung des Jugendwohnens<br />
zu leisten. Als vorrangige Ziele des Projektes<br />
wurden die Evaluation <strong>der</strong> gegenwärtigen Situation<br />
des Jugendwohnens und darauf aufbauend die<br />
Identifi zierung von Bedarfen sowie die bedarfsgerechte<br />
Weiterentwicklung <strong>der</strong> Praxis des Jugendwohnens<br />
benannt.<br />
Das Projekt nähert sich nun seinem Ende (31. März<br />
2011). Dies nehmen wir zum Anlass, um kritische<br />
Bilanz zu ziehen - zu fragen, inwieweit die gesetzten<br />
Ziele im bisherigen Projektverlauf erreicht werden<br />
konnten, welche Methoden diesbezüglich Anwendung<br />
fanden und welche Aufgaben künftig weiter<br />
verfolgt werden sollten, um das Jugendwohnen sicher<br />
in die Zukunft zu führen.<br />
Evaluation des Jugendwohnens<br />
Das Jugendwohnen war bis zum Projektstart<br />
nur selten Gegenstand <strong>der</strong> Forschung und dementsprechend<br />
wenig war über das Handlungsfeld<br />
bekannt. So existierten keine verlässlichen Informationen<br />
zu Umfang und Struktur des Handlungsfeldes.<br />
Nicht einmal die Zahl <strong>der</strong> Einrichtungen resp.<br />
Leistungsanbieter, die Anzahl <strong>der</strong> Plätze und das<br />
Ausmaß <strong>der</strong> jährlichen NutzerInnen waren bekannt.<br />
Auch existierte keinerlei gesichertes Wissen über<br />
die Situation und die jeweiligen (Unterstützungs-)<br />
Bedarfe <strong>der</strong> einzelnen Einrichtungen. Es fehlte an<br />
validen Daten für eine differenzierte Beschreibung<br />
<strong>der</strong> Zielgruppen und ihrer spezifi schen Bedarfslagen.<br />
Auch das Profi l und das Potential <strong>der</strong> sozialpädagogischen<br />
Begleitung sowie för<strong>der</strong>liche und<br />
hin<strong>der</strong>liche Faktoren für die Ausgestaltung des Angebots<br />
in Einrichtungen des Jugendwohnens waren<br />
kaum ausgearbeitet.<br />
Um das Angebot Jugendwohnen bedarfsgerecht<br />
weiterzuentwickeln und zur Zukunftsfähigkeit des<br />
Handlungsfeldes beizutragen, war es von zentraler<br />
Bedeutung, die aufgeführten Wissenslücken zu<br />
schließen und Kenntnis über die Ausgangslage im<br />
Handlungsfeld und über Bedarfe und Anknüpfungs-<br />
2<br />
Projektjournal 06 | Dezember 2010<br />
punkte <strong>der</strong> Weiterentwicklung zu erlangen.<br />
Aus diesem Grund wurden im<br />
Rahmen des Projektes eine bundesweite<br />
Befragung <strong>der</strong> Einrichtungen<br />
sowie eine Zielgruppenanalyse und<br />
BewohnerInnenbefragung durchgeführt.<br />
Die Befragung <strong>der</strong> Einrichtungen<br />
lieferte erstmals valide Daten zum Bestand des<br />
Jugendwohnens, zur Angebotsstruktur, zur Finanzierungs-<br />
und Kostenträgerstruktur sowie zu den<br />
Rechtskreisen, zu den Trägern und Adressaten des<br />
Jugendwohnens, zu den bauinvestiven Bedarfen<br />
und zur Gestaltung <strong>der</strong> pädagogischen Begleitung<br />
und <strong>der</strong> Kooperationsbeziehungen.<br />
Mit den Daten aus <strong>der</strong> Zielgruppenanalyse und<br />
BewohnerInnenbefragung konnten erstmals die<br />
AdressatInnen des Jugendwohnens detailliert beschrieben<br />
und als vier NutzerInnengruppen mit je<br />
spezifi schen Bedarfen identifi ziert werden. Des Weiteren<br />
ermöglichten die Daten, die Passgenauigkeit<br />
<strong>der</strong> Angebote und die bedarfsgerechte Umsetzung<br />
in Konzepte <strong>der</strong> sozialpädagogischen Begleitung zu<br />
überprüfen und hinsichtlich etwaiger Weiterentwicklungsbedarfe<br />
einzuschätzen.<br />
Erarbeitung von Wirkungsprofi len, Konzepten<br />
und Handlungsempfehlungen zur Weiterentwicklung<br />
des Jugendwohnens<br />
Zur Auswertung <strong>der</strong> Befragungsergebnisse und zur<br />
Entwicklung von Wirkungsprofi len und Handlungsempfehlungen<br />
wurden die Ergebnisse regelmäßig<br />
in die verschiedenen projekteigenen Gremien getragen<br />
und dort aus den unterschiedlichen Blickwinkeln<br />
heraus analysiert.<br />
Die Steuerungsgruppe diente als zentraler Ort <strong>der</strong><br />
ersten Rückkopplung <strong>der</strong> Ergebnisse und <strong>der</strong> Abstimmungen<br />
bzgl. <strong>der</strong> Übertragung von Ergebnissen<br />
in die Praxis und Fachöffentlichkeit. Sie setzt sich<br />
zusammen aus dem Projektteam sowie den ProjektmitarbeiterInnen<br />
des Instituts für sozialpädagogische<br />
Forschung Mainz e.V. (ism). Bislang fanden<br />
im Rahmen des Projektes 23 Steuerungsgruppensitzungen<br />
statt.<br />
Im Fachberatungskreis, <strong>der</strong> im Projektverlauf zehn<br />
Mal tagte, wurden die Ergebnisse <strong>der</strong> Evaluation<br />
insbeson<strong>der</strong>e aus Sicht <strong>der</strong> teilnehmenden VertreterInnen<br />
von Einrichtungen des Jugendwohnens<br />
und VertreterInnen von Arbeitsgemeinschaften, Verbänden<br />
und Organisationen <strong>der</strong> Jugendsozialarbeit<br />
diskutiert und ausgewertet. Zentrales Resultat <strong>der</strong><br />
Arbeit im Fachberatungskreis ist die Erstellung eines<br />
Fachkonzeptes, welches Transparenz über die<br />
Angebote und Leistungen des Jugendwohnens<br />
bietet, fachliche Empfehlungen zur Ausgestaltung<br />
des Jugendwohnens formuliert und damit als umfassende<br />
Informationsgrundlage für Entscheidungs-<br />
und Leistungsträger sowie als Handlungsleitfaden<br />
für die Praxis in den Einrichtungen angedacht ist.<br />
Ein weiteres und beson<strong>der</strong>s wichtiges Gremium<br />
stellt <strong>der</strong> Projektbeirat dar, <strong>der</strong> sich im Rahmen des<br />
Projektes bislang sechs Mal zusammen fand. Der<br />
Austausch im Beirat zeichnete sich vor allem durch<br />
unterschiedliche branchen- und fachspezifi sche<br />
Perspektiven aus, da zahlreiche Persönlichkeiten<br />
aus Wissenschaft, Wirtschaft, Verwaltung und Politik<br />
für den Beirat gewonnen werden konnten.<br />
Inhaltlich ging es im Projektbeirat vor allem darum,<br />
den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Nutzen<br />
bzw. Bedarf nach Angeboten des Jugendwohnens<br />
herauszustellen und Handlungsempfehlungen für<br />
Politik und Wirtschaft bezüglich <strong>der</strong> Zukunftssicherung<br />
des Jugendwohnens auszusprechen. Wichtige<br />
Meilensteine, insbeson<strong>der</strong>e bezüglich <strong>der</strong> Platzfi<br />
nanzierung und <strong>der</strong> Finanzierung bauinvestiver<br />
Maßnahmen, konnten in diesem Rahmen angestoßen<br />
werden.<br />
Implementierung <strong>der</strong> Projektergebnisse in die<br />
Praxis des Jugendwohnens<br />
Die Ergebnisse, Konzepte, Handlungsempfehlungen<br />
etc., die im Rahmen des Projektes erarbeitet<br />
wurden, wurden regelmäßig in die Praxis des<br />
Jugendwohnens sowie in die Fachöffentlichkeit<br />
kommuniziert. Die projekteigene Homepage stellte<br />
diesbezüglich neben dem Projektnewsletter, dem<br />
Projektjournal und dem regelmäßigen Versand von<br />
Pressemitteilungen ein wesentliches Medium dar.<br />
Weit entscheiden<strong>der</strong> für die Implementierung <strong>der</strong><br />
Projektergebnisse und <strong>der</strong> Weiterentwicklung des<br />
Handlungsfeldes erwies sich jedoch <strong>der</strong> direkte,<br />
persönliche Kontakt mit den Fachkräften im Jugendwohnen<br />
und <strong>der</strong>en Kooperationspartnern im<br />
Rahmen von Tagungen und Workshops. 27 Veranstaltungen<br />
dieser Art wurden im Projektverlauf<br />
durchgeführt. Sie dienten vorrangig <strong>der</strong> Fortbildung,<br />
dem praxisnahen Austausch und trugen dazu bei,<br />
Netzwerke zu bilden.<br />
Zu Projektbeginn fand zunächst eine Start-up-Tagung<br />
statt. Des Weiteren wurden im Projektverlauf<br />
sechs Workshops durchgeführt, die Möglichkeiten<br />
<strong>der</strong> Fortbildung zu praxisnahen Fragestellungen<br />
(Finanzen, Pädagogische Konzepte etc.) boten.<br />
Neben den Workshops wurden Regionalkonferenzen<br />
zu län<strong>der</strong>spezifi schen Fragestellungen und zur<br />
regionalen Vernetzung in einzelnen Bundeslän<strong>der</strong>n<br />
durchgeführt – bisher insgesamt 17 Mal. Zudem<br />
wurden eine Jugendwohnheimtagung, eine Landesfachtagung<br />
und eine Sitzung von Landesjugendämtern<br />
realisiert. Die durchgeführten Veranstaltungen<br />
stießen im Handlungsfeld Jugendwohnen auf großes<br />
Interesse. So nahmen an den genannten Veranstaltungen<br />
895 TeilnehmerInnen, die 236 Einrichtungen<br />
aus 13 Bundeslän<strong>der</strong>n repräsentierten, teil.<br />
Laut diverser Rückmeldungen <strong>der</strong> TeilnehmerInnen<br />
(u.a. im Zuge einer anonymen, emailgestützten<br />
Feedback-Aktion) konnten viele Fachkräfte wichtige<br />
Anregungen für die pädagogische Praxis und die<br />
Verbesserung ihres Angebotes aus den Veranstaltungen<br />
ziehen. Auch zu fi nanziellen und rechtlichen<br />
Fragestellungen konnten entscheidende Hinweise<br />
vermittelt werden. Beson<strong>der</strong>s positiv hervorgehoben,<br />
wurde darüber hinaus <strong>der</strong> kollegiale Austausch<br />
und die vielfältigen Einblicke in die Arbeit <strong>der</strong> Kollegen<br />
in den unterschiedlichen Einrichtungen.<br />
Zahl <strong>der</strong> Praxisworkshops, Regionalkonferenzen<br />
etc. (1.4.2007 bis heute)<br />
Hierzu exemplarische Stimmen <strong>der</strong> VeranstaltungsteilnehmerInnen:<br />
„Die Workshops waren sehr gut, interessant und für<br />
unsere Arbeit mit jungen Menschen hilfreich. Ebenso<br />
schätzen wir den Austausch mit KollegenInnen<br />
sehr. Es ist die einzige Austauschmöglichkeit, die<br />
es z.Zt. für Fachkräfte im Bereich „Jugendwohnen“<br />
gibt.“<br />
„Interessant waren die vorgestellten Forschungsergebnisse<br />
[…]. Die ausgearbeiteten Wirkfaktoren im<br />
Jugendwohnen nahmen wir im Kollegenkreis zum<br />
Anlass, wie<strong>der</strong> einmal unsere Arbeit und die äußeren<br />
Bedingungen im Heim zu refl ektieren.“<br />
„…kann nur bestätigen, dass sowohl <strong>der</strong> fachliche<br />
Input als auch <strong>der</strong> inoffi zielle Teil (Gespräche nach<br />
Tagungsende) und <strong>der</strong> direkte Kontakt mit an<strong>der</strong>en<br />
Mitarbeitern höchst meinungsbildend und informativ<br />
war.“<br />
Fazit und Ausblick<br />
Rückblickend zeigt sich, dass wir im Rahmen des<br />
Projektes viel von dem, was wir uns zu Beginn<br />
vorgenommen hatten, erreichen konnten. Wichtige<br />
Erkenntnisse konnten gewonnen, Bedarfe ermittelt,<br />
Handlungsempfehlungen erarbeitet und eine beeindruckende<br />
Zahl von Fachkräften im Rahmen diverser<br />
Veranstaltungen fortgebildet und miteinan<strong>der</strong><br />
in Kontakt gebracht werden. Politik und Wirtschaft<br />
konnten hinsichtlich <strong>der</strong> gesellschaftlichen Relevanz<br />
des Jugendwohnens sensibilisiert und wichtige<br />
Meilensteine zur Zukunftssicherung des Jugendwohnens<br />
gemeinsam mit Politik und Wirtschaft ins<br />
Rollen gebracht werden.<br />
<strong>PROJEKT</strong><br />
BILANZ<br />
Durch das Projekt konnten somit Grundsteine gelegt,<br />
Pisten gebaut werden, die für die Weiterentwicklung<br />
des Angebotes Jugendwohnen und für<br />
eine positive Zukunftsperspektive grundlegend sind.<br />
Jedoch kann dies nur <strong>der</strong> Anfang sein, denn auch<br />
weiterhin muss daran gearbeitet werden, dass das<br />
Jugendwohnen für die Zukunft gewappnet ist und<br />
qualitative Weiterentwicklungen stattfi nden. Konkret<br />
bedeutet dies aus unserer Sicht, dass folgende<br />
Aufgaben künftig unbedingt weiter verfolgt werden<br />
sollten, um das Jugendwohnen zukunftsfest zu gestalten:<br />
• Der Forschungsstand und die Entwicklungen<br />
sowie <strong>der</strong> Umfang des Handlungsfeldes sollten<br />
im Blick behalten und die Datenbank <strong>der</strong> Einrichtungen<br />
sollte fortgeschrieben werden.<br />
• Gesellschaftliche, politische und wirtschaftliche<br />
Wandlungen sollten verfolgt und Bedarfsanalysen<br />
durchgeführt werden, um für kommende<br />
Entwicklungen gewappnet zu sein.<br />
• Der Qualitätsdialog sollte fortgeführt und Qualitätskriterien<br />
an sich wandelnde Bedarfe angepasst<br />
werden.<br />
• Das erarbeitete Fachkonzept sollte in <strong>der</strong> Praxis<br />
des Jugendwohnens Anerkennung fi nden und<br />
als Informationsgrundlage und Handlungsleitfaden<br />
im Handlungsfeld implementiert werden.<br />
• Dauerhafte Möglichkeiten <strong>der</strong> Fortbildung für<br />
die MitarbeiterInnen <strong>der</strong> Einrichtungen sollten<br />
geschaffen werden.<br />
• Die Vernetzung <strong>der</strong> Einrichtungen untereinan<strong>der</strong><br />
sollte aufrechterhalten und weiter vorangetrieben<br />
werden und bisher nicht erreichte Einrichtungen<br />
sollten für einen Dialog gewonnen werden.<br />
• Die Vernetzung <strong>der</strong> Einrichtungen mit Kooperationspartnern<br />
(Jugendhilfe, Arbeitsagenturen, Berufsberater,<br />
Ausbildungsbetriebe, ARGE‘n) und<br />
Entscheidungsträgern aus Wirtschaft, Verwaltung<br />
und Politik sollte ausgebaut und stabilisiert<br />
werden und<br />
• in diesem Zusammenhang sollte Politikberatung<br />
bzw. Interessenvertretung sowie Öffentlichkeitsarbeit<br />
sowohl auf Ebene je<strong>der</strong> Einrichtung als<br />
auch auf Landes- und Bundesebene bis hin zur<br />
europäischen Ebene unbedingt weiter betrieben<br />
werden.<br />
Es bleibt somit noch viel zu tun!<br />
Projektjournal 06 | Dezember 2010<br />
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