Augenblick 6/05 - Verband der Kolpinghäuser eV
Augenblick 6/05 - Verband der Kolpinghäuser eV
Augenblick 6/05 - Verband der Kolpinghäuser eV
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
14<br />
Wie Bio eine runde Sache wird<br />
Wer auf <strong>der</strong> Trendwelle reiten will, muss gut informiert sein.<br />
Ein Leitfaden zur Bio-Zertifizierung<br />
Wie können Lebensmittel aus kontrolliert<br />
ökologischem Landbau in das Speisenangebot<br />
integriert werden? Was muss<br />
man über die BioZertifizierung wissen<br />
und was gilt es zu beachten? Kaum ein<br />
Gastronom, <strong>der</strong> sich dem Bio-Trend nicht<br />
verschließen will, kommt an diesen<br />
Fragen vorbei. Eine Möglichkeit, sich in<br />
die Materie einzuarbeiten, sind die<br />
Workshops „Bio & Convenience“, die im<br />
Trainingszentrum von Nestle FoodServices<br />
von den För<strong>der</strong>mitglie<strong>der</strong>n <strong>der</strong><br />
Initiative „1000 Bio-Küchen“ durchgeführt<br />
werden.<br />
Hotel und<br />
Gastronomie<br />
Kleine Schritte machen<br />
Neueinsteigern wird dort empfohlen, im<br />
ersten Schritt einzelne Produktgruppen wie<br />
zum Beispiel Kartoffeln o<strong>der</strong> Brot auf Bio<br />
umzustellen. Erst im nächsten Schritt, wenn<br />
die ersten Erfahrungen dem Inhaber mehr<br />
Sicherheit geben, sollten dann Bio-Komponenten<br />
und Bio-Menüs folgen. Für die Zertifizierung<br />
gilt es, folgende Punkte zu beachten:<br />
1. Wann ist ein Unternehmen <strong>der</strong> Außer-<br />
Haus-Verpflegung kontrollpflichtig?<br />
Wer Bio auslobt, muss seinen Kunden auch<br />
Bio garantieren. Wird eine Speise, eine<br />
Komponente o<strong>der</strong> nur eine Zutat mit „Bio“<br />
(o<strong>der</strong> ähnlich) ausgewiesen, ist eine Teilnahme<br />
am Kontrollverfahren <strong>der</strong> EG-Öko-<br />
Verordnung nötig. Die Größe des Bio-Anteils<br />
spielt keine Rolle. Voraussetzung: Es muss<br />
ein „Käufer“ vorhanden sein. Das heißt: Hat<br />
<strong>der</strong> Gast keine Wahlentscheidung und kann<br />
damit auch keine Kaufentscheidung treffen<br />
und ist <strong>der</strong> Benutzerkreis geschlossen,<br />
besteht keine Kontrollpflicht. Das ist etwa<br />
bei Kin<strong>der</strong>tagesstätten <strong>der</strong> Fall, in denen es<br />
nur ein Essensangebot gibt, o<strong>der</strong> auch in<br />
Krankenhäusern.<br />
Verpackte Bio-Schokoriegel o<strong>der</strong> Biogetränke<br />
in Flaschen sind nicht kontrollpflichtig.<br />
Beim ausschließlichen Bio-Angebot<br />
nicht weiterverarbeiteter Lebensmittel o<strong>der</strong><br />
Speisen (in <strong>der</strong> Regel sind das verpackte) wie<br />
beim Verkauf von Getränkeflaschen o<strong>der</strong><br />
Schokoriegeln im Betriebskiosk ist keine Bio-<br />
Kontrolle des Betriebs erfor<strong>der</strong>lich.<br />
2. Wie wählt man die Kontrollstelle aus?<br />
Es ist sinnvoll, sich bis zu drei schriftliche<br />
Angebote von Kontrollstellen einzuholen. Das<br />
ermöglicht den Leistungsvergleich und gibt<br />
einen ersten Eindruck über die Arbeitsweise.<br />
Die Öko-Kontrollstelle sollte bereits über<br />
Erfahrungen mit <strong>der</strong> Prüfung von gastronomischen<br />
Unternehmen verfügen. Eine Liste <strong>der</strong><br />
zugelassenen Kontrollstellen findet man unter<br />
www.biomirzuliebe.de/kampagne/pdf/listekontrollstellen.pdf.<br />
3. Wie wird die Erstkontrolle vorbereitet?<br />
a) Dokumente und Unterlagen zusammenstellen:<br />
Vor <strong>der</strong> ersten Inspektion hat <strong>der</strong><br />
Betrieb für die Öko-Kontrollstelle eine Betriebsbeschreibung<br />
zusammenzustellen.<br />
b) Die richtige Kennzeichnung: Die Bio-<br />
Auslobung muss auf ihre Richtigkeit überprüfbar<br />
sein. Zum Beispiel ist „Wir verwenden<br />
überwiegend Zutaten aus dem ökologischen<br />
Anbau“ nicht möglich. In dem Geflecht von<br />
Küchenalltag, Beschaffungsproblematik und<br />
Bio-Kontrollablauf ergeben sich in <strong>der</strong> Regel<br />
drei Bio-Ansätze und -Auslobungen:<br />
Bio-Speise – zum Beispiel Bio-Lasagne,<br />
Bio-Möhrensuppe, Bio-Kartoffelgratin, Bio-<br />
Nudelsalat, Bio-Schokopudding, Bio-Wiener<br />
Schnitzel.<br />
Ein komplettes Gericht darf nur dann als<br />
Öko- o<strong>der</strong> Bio-Gericht bezeichnet werden,<br />
wenn mindestens 95 Prozent <strong>der</strong> Zutaten<br />
landwirtschaftlichen Ursprungs aus ökologischem<br />
Landbau stammen. Die restlichen<br />
Zutaten dürfen aus konventioneller Erzeugung<br />
stammen, wenn sie in <strong>der</strong> „Verordnung<br />
(EWG) Nr. 2092/91 im Anhang VI, Teil C“<br />
aufgeführt sind. Dies sind Zutaten, die we<strong>der</strong><br />
in <strong>der</strong> EU erzeugt noch dorthin importiert werden<br />
können.<br />
Bio-Komponente (aus Verbrauchersicht<br />
abgrenzbar) – zum Beispiel Reis, Bratkartoffeln,<br />
Feldsalat, Joghurt, Rin<strong>der</strong>steaks.<br />
Wird eine Komponente mit „Bio“ gekennzeichnet,<br />
gilt nur bei dieser Komponente die<br />
95-Prozent-Regelung, also müssen auch die<br />
Petersilie auf den Salzkartoffeln o<strong>der</strong> die<br />
Butter auf den Nudeln Bio sein.<br />
Bio-Zutat (Bio-Rohstoff) – etwa „Wir verwenden<br />
ausschließlich BioKartoffeln“. Viele<br />
gastronomische Betriebe entscheiden sich<br />
für einen BioEinsatz in Form des kompletten<br />
Austauschs einer konventionell erzeugten<br />
Zutat durch eine Bio-Zutat. So kauft ein<br />
Betrieb beispielsweise ab einem bestimmten<br />
Zeitpunkt alle Kartoffeln in zertifizierter Bio-<br />
Qualität und setzt keine konventionell<br />
erzeugten Kartoffeln mehr ein.<br />
c) Trennung bei <strong>der</strong> Lagerhaltung: Zur<br />
Vermeidung von Verwechslungen zwischen<br />
Bio-Produkten und konventionellen Produkten.<br />
Das bezieht sich sowohl auf alle<br />
Lager (trocken, tiefkühl, kühl) als auch auf<br />
die Küchenräume.<br />
d) Wareneingang und Warenfluss: Beim<br />
Einsatz von Bio-Produkten sind wenige<br />
zusätzliche Anfor<strong>der</strong>ungen zu berücksichtigen.<br />
So muss vom Lieferanten ein aktuell<br />
gültiges Bio-Zertifikat einer Öko-Kontrollstelle<br />
vorliegen. Der Lieferant muss die<br />
Bio-Produkte als solche klar auf dem<br />
Lieferschein und <strong>der</strong> Rechnung kennzeichnen.<br />
Das angelieferte Erzeugnis muss seinerseits<br />
eindeutig etikettiert sein, nämlich<br />
mit Name und Anschrift des Lieferanten,<br />
einer Bezeichnung des Erzeugnisses mit<br />
Bio-Hinweis (zum Beispiel „BioZitronen“)<br />
und <strong>der</strong> Code-Nummer <strong>der</strong> für den Lieferanten<br />
zuständigen Kontrollstelle (DE-XXX-<br />
Öko-Kontrollstelle). Der überprüfte und<br />
abgezeichnete Lieferschein wird dann abgelegt<br />
– beispielsweise in einem Ordner. Bei<br />
Inspektionen werden die Lieferscheine/<br />
Rechnungen berücksichtigt.<br />
4. Wie sieht die Kontrolle aus?<br />
Wer Bio-Produkte erzeugt o<strong>der</strong> verarbeitet,<br />
wird mindestens einmal im Jahr kontrolliert.<br />
Umfang und Inhalt <strong>der</strong> Kontrolle sind durch<br />
die EG-ÖkoVerordnung festgeschrieben. Bei<br />
<strong>der</strong> Erstkontrolle, das heißt nach Vertragsabschluss,<br />
wird die Betriebsbeschreibung<br />
vervollständigt sowie eine Inspektion durch<br />
einen Mitarbeiter <strong>der</strong> Kontrollstelle durchgeführt.<br />
Für Großküchen und Gastronomie<br />
erfolgen die jährlichen Folgeinspektionen in<br />
<strong>der</strong> Regel unangekündigt. Bei erfolgreichem<br />
Kontrollverfahren erhält <strong>der</strong> Betrieb ein Bio-<br />
Zertifikat, mit dem er seinen Kunden gegenüber<br />
werben kann.