Augenblick 6/05 - Verband der Kolpinghäuser eV
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10<br />
Start-up Tagung<br />
„leben.lernen.chancen nutzen“<br />
Am 4. und 5. Dezember 2007 fiel im<br />
Rahmen <strong>der</strong> diesjährigen „Jugendwohnen<br />
offensiv“-Tagung in Köln <strong>der</strong><br />
Startschuss für das Forschungs- und<br />
Praxisentwicklungsprojekt zum Jugendwohnen.<br />
Der Einladung zur start-up<br />
Tagung sind über neunzig Verantwortliche<br />
aus Einrichtungen des Jugendwohnens<br />
sowie weitere relevante Akteure<br />
aus dem Bereich Jugend, Bildung und<br />
Arbeit gefolgt.<br />
Jugendwohnen/<br />
Jugendsozialarbeit<br />
Nach kurzen Grußworten von Guido<br />
Gröning, Geschäftsführer VKH, Andreas Finke,<br />
Projektleiter VKH, sowie Hermann Laubach,<br />
BAG Katholische Jugendsozialarbeit, zur<br />
Einstimmung in die Tagung beleuchteten<br />
Gäste aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft<br />
das Thema Jugendwohnen aus ihren jeweiligen<br />
fachlichen Perspektiven.<br />
Ministerialrat Dr. Martin Neubauer, Referatsleiter<br />
im Bundesministerium für Familie,<br />
Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ), beleuchtete<br />
das Thema aus <strong>der</strong> Sicht des<br />
Bundesjugendministeriums. Bildung sei eine<br />
wesentliche Schlüsselfunktion für gelingende<br />
soziale und berufliche Integration, sagt er in<br />
seinem Vortrag. Jungen Menschen Bildung<br />
zu ermöglichen ist eine gesamtgesellschaftliche<br />
Aufgabe und eine Herausfor<strong>der</strong>ung an<br />
das BMFSFJ. Die spezielle Verknüpfung von<br />
Wohnen und sozialpädagogischer Begleitung,<br />
die das Jugendwohnen anbietet, Wohnraum<br />
und Betreuung in einem Paket, sei genau die<br />
Leistung, die durch gezielte För<strong>der</strong>ung den<br />
Ausbildungserfolg <strong>der</strong> Jugendlichen sicher-<br />
stellt. Für ihn bietet das Jugendwohnen eine<br />
umfassende Hilfe und Begleitung für junge<br />
Menschen bei ihrer Ausbildung und ist damit<br />
eine wichtige Säule im Prozess <strong>der</strong> Integration.<br />
In seinem Fazit sagte er, dass es viele<br />
gute Gründe gebe das Thema aufzugreifen<br />
und er davon überzeugt sei, dass die geplante<br />
Bestandsaufnahme viele offenen Fragen,<br />
auch im Hinblick auf die Zuständigkeiten <strong>der</strong><br />
einzelnen Ressorts im BMFSFJ, klären werde.<br />
Dr. Neubauer ist zuversichtlich, dass es gelingen<br />
wird, neue Impulse in die Politik zu bringen<br />
und in einen aktiven Dialog über die<br />
Zukunft des Jugendwohnens zu treten.<br />
Eine Einschätzung des Nutzens <strong>der</strong> Jugendwohneinrichtungen<br />
von Seiten <strong>der</strong> Wirtschaft<br />
gaben Hans-Dieter Weiland, Leiter <strong>der</strong> Zentralen<br />
Berufsausbildung <strong>der</strong> Adam Opel<br />
GmbH, und Janine Ahrens, Ausbildungsberaterin<br />
<strong>der</strong> DIRK ROSSMANN GmbH.<br />
Herr Weiland berichtete, dass Opel seine<br />
Azubis mittlerweile bundesweit rekrutiert. Die<br />
jährlich 151 einzustellenden Azubis benötigen<br />
nicht nur gute naturwissenschaftliche und<br />
sprachliche Qualifikationen son<strong>der</strong>n auch,<br />
und das ist heute im Berufsleben immer<br />
wichtiger, Leistungsbereitschaft, Motivation,<br />
Flexibilität und Mobilität. Durch die Zusammenarbeit<br />
und Kooperation mit dem<br />
Jugendwohnheim Kolpinghaus Mainz ist es<br />
möglich geworden, auch Jugendlichen unter<br />
18 Jahren, welche die Ausbildungsqualifikation<br />
erreicht haben und bereit sind, ihr<br />
Elternhaus zu verlassen, einen Ausbildungsplatz<br />
anzubieten.<br />
Herr Weiland berichtete von seinen langjährigen<br />
Erfahrungen mit den Angeboten des<br />
Jugendwohnens. Bereits seit 2001 führt er<br />
eine interne Statistik über die Ausbildungsverläufe<br />
seiner Azubis,<br />
die deutlich<br />
zeigt, dass die intensivesozialpädagogische<br />
Betreuung<br />
und Begleitung seiner<br />
Auszubildenden<br />
im Jugendwohnheim<br />
Kolpinghaus<br />
Mainz erfolgreich<br />
ist. Alle Auszubildenden<br />
<strong>der</strong> Adam<br />
Am Rednerpult: MinR<br />
Dr. Martin Neubauer<br />
referiert über berufliche<br />
und soziale Integration.<br />
Opel GmbH, die in diesem Zeitraum im<br />
Jugendwohnheim untergebracht waren,<br />
haben ihre Abschlussprüfungen mit überdurchschnittlichen<br />
Ergebnissen bestanden<br />
und keiner dieser Azubis hat seine Ausbildung<br />
vorzeitig abgebrochen. Für Herrn Weiland ist<br />
die zentrale Aufgabe <strong>der</strong> Jugendwohnheime,<br />
Elternersatz für die jungen Menschen zu sein.<br />
Frau Ahrens ist erst kürzlich auf das Angebot<br />
Jugendwohnen gestoßen und sieht darin<br />
das geeignete Angebot, um ihre Auszubildenden<br />
bei ihrer Mobilität zu unterstützen.<br />
Mobile Auszubildende sind für das Unternehmen<br />
wichtig, weil es den Fachkräftebedarf<br />
aus den eigenen Reihen decken möchte,<br />
die Ausbildung jedoch nicht immer da stattfinden<br />
kann, wo später <strong>der</strong> Bedarf entsteht.<br />
Außerdem möchte die Firma möglichst vielen<br />
Jugendlichen einen Ausbildungsplatz anbie-<br />
ten und mit dem Angebot Jugendwohnen<br />
haben auch Jugendliche aus strukturschwachen<br />
Gebieten die Möglichkeit, ihre<br />
Ausbildungsstelle anzunehmen.<br />
Wie die Situation des Jugendwohnens aus<br />
wissenschaftlicher Perspektive aussieht,<br />
stellte Heinz Müller, Geschäftsführer des<br />
Instituts für Sozialpädagogische Forschung<br />
Mainz e.V., das die wissenschaftliche Begleitung<br />
des Projektes übernommen hat, vor.<br />
Zunächst beschrieb er, dass es auch in <strong>der</strong><br />
Wissenschaft mehr Nicht-Wissen als Wissen<br />
über das Thema gäbe. Das Jugendwohnen<br />
würde ein Nischendasein in <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>- und<br />
Jugendhilfe fristen. Es gäbe keine validen<br />
Daten zu Angeboten, Zielgruppen o<strong>der</strong><br />
Leistungen. Schwierig sei es für die Wissenschaft,<br />
da es „Das Jugendwohnen“ gar nicht<br />
gäbe. An <strong>der</strong> Schnittstelle unterschiedlicher<br />
Bildungs- und Sozialleistungssysteme sei die<br />
Bestimmung des Handlungsfeldes schwierig.<br />
Herr Müller sagte aber auch: „Wenn es das<br />
Jugendwohnen nicht schon gäbe, müsste<br />
man es erfinden.“ Jugendwohnen ist nach<br />
seiner Einschätzung ein mo<strong>der</strong>nes Angebot<br />
mit Tradition. Jugendwohnen leistet einen<br />
Beitrag für mehr Zugangs-, Befähigungs- und<br />
Verwirklichungsgerechtigkeit von jungen<br />
Menschen.