Naturreport 2012 - Band 16 - Kreis Unna
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<strong>16</strong><br />
Umweltpädagogik<br />
Schulgeländearbeit ist sehr organisiert.<br />
indem man Kinder und Jugendliche an<br />
die Hand nimmt und auf vorgegebenen<br />
Spuren in die Natur führt. Natur wird<br />
dabei angeordnet und verordnet. Von<br />
Lehrerinnen und Lehrern initiiert, werden<br />
die Sprösslinge vor Ort an Erlebnis-,<br />
Natur- und Waldpädagogen abgegeben,<br />
deren Aufgabe darin besteht, möglichst<br />
schnell und in kurzer Zeit die Naturerfahrungsdefizite<br />
auszugleichen. Da dürfen<br />
Schülerinnen und Schüler Kaulquappen<br />
fangen, eine Käferlarve in der Becherlupe<br />
bewundern, Stockbrot am Lagerfeuer<br />
backen oder Fledermaus-Stimmen mit<br />
Hilfe eines Detektors orten. Oft tragen<br />
die Veranstaltungen Seminar- oder Exkursionscharakter,<br />
sind reproduzierbar<br />
und durchdidaktisiert. Haken bei diesen<br />
Veranstaltungen ist, dass den jungen<br />
Menschen bei der Vermittlung der Inhalte<br />
gleichzeitig umweltpädagogisch<br />
relevante Verhaltensregeln mitgegeben<br />
werden (Man muss leise sein, darf nicht<br />
vom Weg abweichen, darf keine Blume<br />
abbrechen oder Insekten im Glas mit<br />
nach Hause nehmen etc.), die gerade<br />
junge Menschen nicht selten „nerven“.<br />
So wird ihnen schon sehr früh die<br />
Naturschutzbrille aufgesetzt und eine<br />
Erwachsenenperspektive vermittelt, die<br />
nicht die ihre ist.<br />
� Wilde Freiräume<br />
Bei Kindern finden wir ein ungeordnetes,<br />
spontanes Erleben, das von einem intrinsischen,<br />
kindlichen Interesse getragen<br />
ist. Natur wird hier zu einem Frei- und<br />
Spielraum, den sich jedes Kind allein oder<br />
in selbst gewählten Gruppen erschließen<br />
möchte. Der Natursoziologe Rainer Brämer<br />
vertritt die Ansicht, dass Kinder in<br />
natürlichen Umwelten keine Pädagogik<br />
brauchen. Was sie benötigen: Erreichbare<br />
Natur und die Zeit, sich mit ihresgleichen<br />
Lernen mit Bienen. Fotos: Behrens<br />
aus freien Stücken dort aufzuhalten. Die<br />
pädagogisch von Erwachsenen verordneten<br />
Naturerfahrungsveranstaltungen<br />
werden oft als fremdbestimmt erlebt,<br />
weshalb der angestrebte Lernprozess<br />
auch nicht immer die Tiefe erreicht, die<br />
man erwartet.<br />
Der junge Mensch braucht die Natur,<br />
besser die „wilden“ Freiräume, falls es<br />
sie noch gibt, als Selbsterfahrungsräume,<br />
in denen man Abenteuer erlebt, sich<br />
selbst beweisen kann und die eigene<br />
Natürlichkeit jenseits aller Nützlichkeitserwägungen<br />
und Zwecksetzungen<br />
durch die Erwachsenen erkennt. Ein<br />
reflektiertes, verantwortungsbewusstes,<br />
umweltethisch begründetes Handeln<br />
im Zeichen des Erhalts der natürlichen<br />
Ressourcen unseres Planeten kann sich<br />
dann später entwickeln. Voraussetzung<br />
dafür ist die intensive Naturerfahrung in<br />
den Jahren davor.