Die meißnische Land- und Bergchronik des Petrus Albinus, eine ...

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Dr. E. Köhler Die meißnische Land- und Bergchronik des Petrus Albinus, eine Vorläuferin unserer Landeskunden Peter Weiße, oder wie er sich nach der Sitte seiner Zeit lateinisiert nannte: Petrus Albinus war ein Sohn Schneebergs. Er studierte in Leipzig und Frankfurt, wurde Professor in Wittenberg und unter den sächsischen Kurfürsten August und Christian I. deren geheimer Sekretär; von seinen Landesherren hochgeschätzt und mit einer goldenen Ehrenkette begnadigt, starb er im Jahre 1591. Zwei Jahre vor seinem Tode erschien von ihm zu Dresden die mit Tafeln, Wappen und Antiquitäten ausgestattete „Meißnische Land- und Berg-Chronika“, der ein Jahr darauf die „Meißnische Bergk-Chronika, darinnen fürnehmlich von den Bergkwerken des Landes zu Meißen gehandelt wird“, folgte. Wenn ich mir gestattet habe, vorzugsweise die erste der genannten Schriften zum Gegenstande einer Besprechung zu machen, so leitete mich dabei der Umstand, daß dieselbe häufig in vaterländischen historisch-geographischen Werken genannt wird, der Name ihres Verfassers also auch in der Jetztzeit noch nicht gänzlich vergessen worden ist; ganz besonders aber möchte ich dabei den in doppelter Hinsicht bemerkenswerten wissenschaftlichen Standpunkt unsers meißnischen Gelehrten hervortreten lassen, durch welchen sich letzterer anderen Vorläufern gegenwärtiger Bestrebungen, welche Natur, Fürsten- und Volksgeschichte zu einer lesbaren und möglichst weite Kreise interessierenden Landeskunde vereinigen, ebenbürtig an die Seite stellt. Petrus Albinus wollte, daß die Ergebnisse historischer Forschung auch dem Volke bekannt werden möchten, denn in den an Kurfürst Christian I. gerichteten und zu dessen 29. Geburtstage am 29. Oktober 1589 geschriebenen Widmungsworten sagt er, daß er die Meißnische Land- und Bergchronik in deutscher Sprache verfaßt habe, damit das Buch sowohl „gemeine Leute“, als auch die studierende Jugend und andere „Einheimische und Ausländische, füglich gebrauchen könnten“. In der Bergchronik aber begründet er die Forderung zu geschichtlichen Studien durch eine Stelle des Propheten Joel, worin gesagt wird, daß die Väter ihren Kindern und Kindeskindern erzählen sollten, was vordem geschehen sei, er weist dann weiter auf die Heldengesänge der alten Germanen hin, durch welche die Erinnerung an kriegerische Thaten Einzelner im Volke lebendig erhalten ward, und schließlich betont er, daß durch die Überlieferung der Geschichte wohlverdienten verstorbenen Personen für ihre Tugend, tapfern Thaten, Mühe und Arbeit, mit welcher sie dem Vaterlande genützt, Dank erzeiget werde. Durch solch ehrliches Zeugnis würden dieselben mit Ruhm und Lob in Ewigkeit gezieret und unsterblich gemacht, und das müsse auch den noch Lebenden eine Anreizung zur Tugend sein, so daß sie sich bestreben würden, ihren Vorfahren mit Lust und Ernst nachzufolgen. Petrus Albinus begnügt sich jedoch nicht, nur den Verlauf der historischen Begebenheiten zu erzählen, sondern er lenkt auch in eingehender Weise die Blicke auf die Beschaffenheit des Landes, wobei er nicht versäumt, die Hauptsumme des damaligen geographischen Wissens vorauszuschicken und auf die Beschaffenheit und Produkte anderer Staaten hinzuweisen, wenn ihm die Besprechung der meißnischen Länder gewissermaßen Veranlassung zu Vergleichen bot. Dabei verbreitet er sich über die Landesprodukte, und in der Bergchronik insbesondere über die Mineralschätze, während die Land- und Bergchronik uns von dem Acker- und Gartenbau, der Viehzucht, den Gewerben und der Industrie, sowie dem Volkscharakter und den Tugenden der früheren und gleichzeitigen Bewohner erzählt. Obschon sich demnach beide Schriften gegenseitig ergänzen, so werde ich doch im wesentlichen bei dem Inhalte der „Land- und Bergchronik“ verweilen, um nur da einzelnes aus der Bergchronik herbeizuziehen, wo die erstere bloß kurze Hinweise und summarische Berichte giebt. Die meißnische Land- und Bergchronik ist eine Vorläuferin unserer Landeskunden. Sie verbreitet sich über die physisch-statistischen, politischen, industriellen und kulturhis- = 1 =

Dr. E. Köhler<br />

<strong>Die</strong> <strong>meißnische</strong> <strong>Land</strong>- <strong>und</strong> <strong>Bergchronik</strong> <strong>des</strong> <strong>Petrus</strong> <strong>Albinus</strong>, <strong>eine</strong> Vorläuferin unserer <strong>Land</strong>esk<strong>und</strong>en<br />

Peter Weiße, oder wie er sich nach der Sitte s<strong>eine</strong>r Zeit lateinisiert nannte: <strong>Petrus</strong> <strong>Albinus</strong> war<br />

ein Sohn Schneebergs. Er studierte in Leipzig <strong>und</strong> Frankfurt, wurde Professor in Wittenberg <strong>und</strong> unter<br />

den sächsischen Kurfürsten August <strong>und</strong> Christian I. deren geheimer Sekretär; von s<strong>eine</strong>n <strong>Land</strong>esherren<br />

hochgeschätzt <strong>und</strong> mit <strong>eine</strong>r goldenen Ehrenkette begnadigt, starb er im Jahre 1591.<br />

Zwei Jahre vor s<strong>eine</strong>m Tode erschien von ihm zu Dresden die mit Tafeln, Wappen <strong>und</strong> Antiquitäten<br />

ausgestattete „Meißnische <strong>Land</strong>- <strong>und</strong> Berg-Chronika“, der ein Jahr darauf die „Meißnische<br />

Bergk-Chronika, darinnen fürnehmlich von den Bergkwerken <strong>des</strong> <strong>Land</strong>es zu Meißen<br />

gehandelt wird“, folgte.<br />

Wenn ich mir gestattet habe, vorzugsweise die erste der genannten Schriften zum Gegenstande<br />

<strong>eine</strong>r Besprechung zu machen, so leitete mich dabei der Umstand, daß dieselbe häufig in vaterländischen<br />

historisch-geographischen Werken genannt wird, der Name ihres Verfassers also auch in<br />

der Jetztzeit noch nicht gänzlich vergessen worden ist; ganz besonders aber möchte ich dabei den in<br />

doppelter Hinsicht bemerkenswerten wissenschaftlichen Standpunkt unsers <strong>meißnische</strong>n Gelehrten<br />

hervortreten lassen, durch welchen sich letzterer anderen Vorläufern gegenwärtiger Bestrebungen,<br />

welche Natur, Fürsten- <strong>und</strong> Volksgeschichte zu <strong>eine</strong>r lesbaren <strong>und</strong> möglichst weite Kreise interessierenden<br />

<strong>Land</strong>esk<strong>und</strong>e vereinigen, ebenbürtig an die Seite stellt. <strong>Petrus</strong> <strong>Albinus</strong> wollte, daß die<br />

Ergebnisse historischer Forschung auch dem Volke bekannt werden möchten, denn in den an Kurfürst<br />

Christian I. gerichteten <strong>und</strong> zu <strong>des</strong>sen 29. Geburtstage am 29. Oktober 1589 geschriebenen<br />

Widmungsworten sagt er, daß er die Meißnische <strong>Land</strong>- <strong>und</strong> <strong>Bergchronik</strong> in deutscher Sprache<br />

verfaßt habe, damit das Buch sowohl „gem<strong>eine</strong> Leute“, als auch die studierende Jugend <strong>und</strong> andere<br />

„Einheimische <strong>und</strong> Ausländische, füglich gebrauchen könnten“. In der <strong>Bergchronik</strong> aber begründet<br />

er die Forderung zu geschichtlichen Studien durch <strong>eine</strong> Stelle <strong>des</strong> Propheten Joel, worin gesagt<br />

wird, daß die Väter ihren Kindern <strong>und</strong> Kin<strong>des</strong>kindern erzählen sollten, was vordem geschehen sei,<br />

er weist dann weiter auf die Heldengesänge der alten Germanen hin, durch welche die Erinnerung<br />

an kriegerische Thaten Einzelner im Volke lebendig erhalten ward, <strong>und</strong> schließlich betont er, daß<br />

durch die Überlieferung der Geschichte wohlverdienten verstorbenen Personen für ihre Tugend,<br />

tapfern Thaten, Mühe <strong>und</strong> Arbeit, mit welcher sie dem Vaterlande genützt, Dank erzeiget werde.<br />

Durch solch ehrliches Zeugnis würden dieselben mit Ruhm <strong>und</strong> Lob in Ewigkeit gezieret <strong>und</strong> unsterblich<br />

gemacht, <strong>und</strong> das müsse auch den noch Lebenden <strong>eine</strong> Anreizung zur Tugend sein, so daß<br />

sie sich bestreben würden, ihren Vorfahren mit Lust <strong>und</strong> Ernst nachzufolgen.<br />

<strong>Petrus</strong> <strong>Albinus</strong> begnügt sich jedoch nicht, nur den Verlauf der historischen Begebenheiten zu erzählen,<br />

sondern er lenkt auch in eingehender Weise die Blicke auf die Beschaffenheit <strong>des</strong> <strong>Land</strong>es,<br />

wobei er nicht versäumt, die Hauptsumme <strong>des</strong> damaligen geographischen Wissens vorauszuschicken<br />

<strong>und</strong> auf die Beschaffenheit <strong>und</strong> Produkte anderer Staaten hinzuweisen, wenn ihm die Besprechung<br />

der <strong>meißnische</strong>n Länder gewissermaßen Veranlassung zu Vergleichen bot. Dabei verbreitet<br />

er sich über die <strong>Land</strong>esprodukte, <strong>und</strong> in der <strong>Bergchronik</strong> insbesondere über die Mineralschätze,<br />

während die <strong>Land</strong>- <strong>und</strong> <strong>Bergchronik</strong> uns von dem Acker- <strong>und</strong> Gartenbau, der Viehzucht, den Gewerben<br />

<strong>und</strong> der Industrie, sowie dem Volkscharakter <strong>und</strong> den Tugenden der früheren <strong>und</strong> gleichzeitigen<br />

Bewohner erzählt.<br />

Obschon sich demnach beide Schriften gegenseitig ergänzen, so werde ich doch im wesentlichen<br />

bei dem Inhalte der „<strong>Land</strong>- <strong>und</strong> <strong>Bergchronik</strong>“ verweilen, um nur da einzelnes aus der <strong>Bergchronik</strong><br />

herbeizuziehen, wo die erstere bloß kurze Hinweise <strong>und</strong> summarische Berichte giebt.<br />

<strong>Die</strong> <strong>meißnische</strong> <strong>Land</strong>- <strong>und</strong> <strong>Bergchronik</strong> ist <strong>eine</strong> Vorläuferin unserer <strong>Land</strong>esk<strong>und</strong>en.<br />

Sie verbreitet sich über die physisch-statistischen, politischen, industriellen <strong>und</strong> kulturhis-<br />

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torischen Verhältnisse der sämtlichen damaligen <strong>meißnische</strong>n Länder, <strong>und</strong> von dem genannten<br />

Gesichtspunkte aus <strong>eine</strong> kurze Darlegung ihres Inhaltes zu geben, möge mir jetzt gestattet sein. Der<br />

erste Abschnitt, welcher wie unsere neuesten <strong>Land</strong>esk<strong>und</strong>en die Lage <strong>des</strong> <strong>Land</strong>es Meißen behandelt,<br />

giebt zunächst <strong>eine</strong> Übersicht der fünf Erdteile, indem zu denen der alten Welt, welche Noah nach<br />

der Sintflut s<strong>eine</strong>n drei Söhnen zugeeignet habe, noch America, „so auch die neue Welt <strong>und</strong> Australis<br />

regio genannt wird, <strong>und</strong> Megellanica bei dem engen Meer, welches man Magellanicum nennt“,<br />

hinzugefügt werden. Nach Besprechung der Grenzen Europas, das <strong>Albinus</strong> den „gewaltigsten, herrlichsten<br />

<strong>und</strong> besten Ort“ nennt <strong>und</strong> wobei die Breite der Meerenge von Gibraltar mit nur<br />

10000 Schritt angeben, das Kartenbild <strong>des</strong> Erdteils aber wie in manchen neueren geographischen<br />

Schulschriften bereits mit dem Bilde <strong>eine</strong>r Jungfrau verglichen wird, geht er auf das deutsche Reich<br />

<strong>und</strong> s<strong>eine</strong> Trennung in Ober- <strong>und</strong> Niederdeutschland mit Verteilung der einzelnen Staaten über, um<br />

endlich bei dem <strong>Land</strong>e Meißen zu verweilen. Zu demselben zählt er außer der eigentlichen, zwischen<br />

der Elbe <strong>und</strong> Mulde gelegenen Mark Meißen noch das Osterland zwischen Mulde <strong>und</strong> Saale,<br />

das Pleißnerland zwischen Elster <strong>und</strong> Pleiße <strong>und</strong> die Meißnischen Bergstädte oder den Bezirk <strong>des</strong><br />

Erzgebirges, in welchem zu s<strong>eine</strong>r Zeit Bergbau getrieben ward. Als ein Teil <strong>des</strong> in viele <strong>und</strong> mancherlei<br />

Herrschaften getrennt gewesenen Osterlan<strong>des</strong> wird das ursprünglich von kaiserlichen Vögten<br />

verwaltet gewesene Vogtland angeführt. Demnach waren die Grenzen <strong>des</strong> von <strong>Albinus</strong> in s<strong>eine</strong>r historischen<br />

<strong>und</strong> geographischen Darstellung hervorgehobenen Gebiets gegen Aufgang der Sonne das<br />

<strong>Land</strong> der Wenden oder die Lausitz, gegen Mittag Böhmen, nach Abend Thüringen <strong>und</strong> nach Mitternacht<br />

das alte Herzogtum Sachsen.<br />

Was dann über das <strong>Land</strong> gesagt wird, bezieht sich auf die Gebirge <strong>und</strong> Bodenbeschaffenheit mit<br />

den Mineralschätzen, auf Gewässer <strong>und</strong> Kulturgewächse.<br />

In jener Zeit, da man die mit Wald bedeckten Gebirge als kulturunfähig mied <strong>und</strong> ihnen nur insoweit<br />

Beachtung schenkte, als sie natürliche Schutzwälle gegen feindliche Volksstämme bildeten<br />

oder durch ihren Reichtum an Erzen Ansiedler herbei lockten, fühlte man sich auch nicht veranlaßt,<br />

ihre Gliederung <strong>und</strong> ihren gegenseitigen Zusammenhang <strong>und</strong> damit ihre scharfe Begrenzung <strong>und</strong><br />

Benennung festzustellen. Jedoch ist <strong>Albinus</strong> m<strong>eine</strong>s Wissens nach <strong>eine</strong>r der ersten, welcher „die<br />

Erzgebirge“ besonders hervorhebt, indem er von ihnen sagt, sie seien von den Grenzen <strong>des</strong> Vogtlands<br />

gegen Meißen, „auf <strong>und</strong> an den Bergen, welche Ptolemäus Sudetes nennt, <strong>und</strong> die Böhmen<br />

<strong>und</strong> Meißen von einander scheiden“, gelegen. Freilich begreift er unter dieser Bezeichnung nicht<br />

das ganze Gebirge, sondern nur das Gebiet der vorhin erwähnten <strong>meißnische</strong>n Bergstädte, welches<br />

den vierten Teil <strong>des</strong> <strong>Land</strong>es Meißen ausmachte <strong>und</strong> besonders viel „Walde <strong>und</strong> Förste“ besaß. Dem<br />

ganzen Gebirgszuge legt er noch die Ptolemäische Bezeichnung „Sudeten“ bei, die er mit „Süd-<br />

Öden“, d.h. Mittagsöden erklärt, weil die Berge, vom Harze <strong>und</strong> Thüringerwalde aus gesehen, gegen<br />

Mittag sich erheben. Es braucht wohl nur kurz angedeutet zu werden, daß diese Ableitung <strong>des</strong><br />

Wortes „Sudeten“ schon <strong>des</strong>halb <strong>eine</strong> irrige ist, weil den Römern <strong>und</strong> Griechen, welche ihre geographischen<br />

Kenntnisse vom Innern Germaniens aus dem M<strong>und</strong>e der längs der Donau wohnenden<br />

germanischen Stämme schöpften, unser Gebirgszug nach Norden zu lag <strong>und</strong> die ihn darum als<br />

„Nord-Öde“ hätten bezeichnet müssen. Neben der alten Benennung „Sudeten“ für das Erzgebirge<br />

begegnen wir an verschiedenen Stellen der <strong>Land</strong>- <strong>und</strong> <strong>Bergchronik</strong> dem Namen „böhmisches Gebirge“.<br />

So heißt es z.B.: „<strong>Die</strong> Schneeberger oder Zwickauer Mulde hat ihren Ursprung am böhmischen<br />

Gebirge, welches ans Vogtland stößt, die Freibergische Mulde dagegen beim Mückenberg,<br />

nicht fern von Graupen, der Bergstadt auf dem böhmischen Gebirge“, <strong>und</strong> schon auf dem Titelblatte<br />

finden wir die Angabe, daß das <strong>Land</strong> Meißen zwischen Elbe, Saale <strong>und</strong> den „Südödischen<br />

Behmischen Gebirgen“ gelegen sei. – Neben dem Erzgebirge wird von <strong>Albinus</strong> dann weiter <strong>des</strong><br />

„Rochlitzer Wal<strong>des</strong>“ gedacht, von dem es heißt, daß derselbe, sowie der Oschatzer Kolmberg, für<br />

die höchsten zwei Gebirge im <strong>Land</strong>e zu Meißen, ausgenommen Obermeißen an dem böhmischen<br />

Gebirge, gehalten werden. Denn man könne von dem Rochlitzer Walde auf 10 Meilen weit, bis<br />

Halle <strong>und</strong> Naumburg sehen, <strong>und</strong> s<strong>eine</strong> Höhe erstrecke sich bis in die andere Region der Luft, da auf<br />

den Gipfeln der Bäume noch oft Schnee gesehen werde, während derselbe in der Ebene <strong>und</strong> den<br />

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Thälern längst zu Wasser geworden sei. Auch wollten die Umwohnenden beobachtet haben, daß<br />

sich die gegen Abend zu aufsteigenden Gewitterwolken, wenn sie dann gegen Morgen ziehen sollten,<br />

am Walde teilten, so daß sie also nach Mittag oder Mitternacht zögen; daher sei es auch <strong>eine</strong><br />

beständige Sage, daß den Bauersleuten unter dem Walde selten von <strong>eine</strong>m Ungewitter Schaden geschähe.<br />

Übrigens wird dieser Rochlitzer Wald von <strong>Albinus</strong> nicht als ein völlig selbständiges Gebirge,<br />

sondern als der Anfang der Sudeten angesehen, welcher bis an die Wälder an der Chemnitz <strong>und</strong> die<br />

Stadt gleichen Namens, sowie nach Penig, Glauchau <strong>und</strong> Zwickau <strong>und</strong> nach den schneebergischen<br />

wäldern reiche.<br />

Genannt wird weiter das Fichtelgebirge, oder wie dasselbe bei <strong>Albinus</strong> heißt, „der berühmte<br />

Fichtelberg im Vogtlande“, der nicht ferne vom <strong>Land</strong>e zu Meißen gelegen, <strong>und</strong> von dem nach allen<br />

Seiten Zweige abgehen. Derselbe sollte nach den damaligen Vorstellungen neben dem Adula in den<br />

Alpen <strong>und</strong> den ungarischen Karpathen der höchste Berg in Deutschland sein. Erwähnt wird dabei<br />

auch ein tiefer See <strong>des</strong> Fichtelgebirgs, unter dem mutmaßlich der ehemalige „Fichtelsee“ zwischen<br />

der östlichen steilen Bergwand <strong>des</strong> Ochsenkopfs <strong>und</strong> der Farnleiten gemeint ist. Gegenwärtig ist<br />

derselbe <strong>eine</strong> „Seelohe“, d.h. ein Moor, doch lebten vor h<strong>und</strong>ert Jahren alte Leute in der Gegend,<br />

welche behaupteten, in ihrer Jugend den Wasserspiegel <strong>des</strong> See's, der nach ihrer Meinung unglaublich<br />

tief <strong>und</strong> fischreich war, gesehen zu haben. – <strong>Albinus</strong> faßt weiter das „Elstergebirge“ als<br />

dem Fichtelgebirge zugehörig auf, denn er läßt auf letzterem die Elster entspringen; nach <strong>eine</strong>r noch<br />

bestimmteren Auffassung unserer Geologen ist das sogenannte Elstergebirge jedoch als ein Verbindungsglied<br />

zwischen dem Fichtel- <strong>und</strong> Erzgebirge anzusehen. <strong>Die</strong> Berge waren daselbst „mit<br />

Holtz auffs dickste bewachsen“, so daß es nicht geraten war, darüber zu wandern, „sonderlich von<br />

denen, die schwere Taschen trugen“; vom Volke aber, „das um den Fichtelberg“ wohnte, wird gesagt,<br />

daß es „fromb <strong>und</strong> fre<strong>und</strong>lich“ sei. Hervorgehoben wird sodann der Reichtum <strong>des</strong> Gebirges an<br />

edlen Metallen <strong>und</strong> Edelst<strong>eine</strong>n, so daß man in demselben <strong>und</strong> der umliegenden Gegend öfter<br />

fremde Leute, Zigeuner <strong>und</strong> Wälsche angetroffen habe, von denen „viel Edelst<strong>eine</strong> in Köbern <strong>und</strong><br />

Butten hinweg getragen worden sei“. Es gäbe auch ein Sprichwort, welches besage, „daß man an<br />

<strong>und</strong> auf dem Fichtelberge (d.h. dem Fichtelgebirge) oft ein Kuh mit <strong>eine</strong>m St<strong>eine</strong> werfe, welcher<br />

besser als die Kuh sei“. <strong>Die</strong> Sagen von den Gold <strong>und</strong> Edelst<strong>eine</strong> suchenden „Walen“ ziehen sich<br />

von dem Fichtelgebirge <strong>und</strong> Vogtlande bis in unser Erzgebirge hinein. –<br />

In <strong>eine</strong>r wissenschaftlichen <strong>Land</strong>esk<strong>und</strong>e verlangen wir auch <strong>eine</strong> summarische Besprechung der<br />

geologischen <strong>und</strong> geognostischen Verhältnisse <strong>und</strong> min<strong>des</strong>tens Angaben über die Verbreitung der<br />

hauptsächlichsten Gest<strong>eine</strong> <strong>und</strong> Bodenarten nebst bemerkenswerten Erzgängen <strong>und</strong> Lagern nutzbarer<br />

Mineralien, weil sich darauf zahlreiche Industrien gründen. Es könnte nun auffällig ersch<strong>eine</strong>n,<br />

daß der so vielseitig unterrichtete <strong>Petrus</strong> <strong>Albinus</strong>, welcher sich gerade um den <strong>meißnische</strong>n Bergbau<br />

mehrfache Verdienste erworben hatte, in s<strong>eine</strong>r <strong>Land</strong>- <strong>und</strong> <strong>Bergchronik</strong> diesen Teil der <strong>Land</strong>esk<strong>und</strong>e<br />

fadt gänzlich übergeht, wenn wir nicht wüßten, daß er ein Jahr darauf s<strong>eine</strong> <strong>Bergchronik</strong> ersch<strong>eine</strong>n<br />

ließ, in welcher er sich mit großer Ausführlichkeit über die mineralischen Schätze <strong>des</strong><br />

<strong>Land</strong>es Meißen verbreitet. Dabei bleiben auch der Thüringerwald <strong>und</strong> Harz nicht unberücksichtigt.<br />

Den Brocken nennt er Melibocus oder Brockersberg <strong>und</strong> er leitet letzteren Namen von den alten<br />

Bruktern ab; dabei wird erzählt, daß man auf diesem Berge wie in den Alpen die meisten Krystalle<br />

finde; „allda ragen oder stechen sie herfür aus den Klippen, wenn ein starker Regen oder Wasser<br />

diejenigen Erdgewächse, so herumgestanden, abgewaschen“. Ausführlich bespricht sodann <strong>Albinus</strong><br />

die Geschichte <strong>des</strong> Bergbaues am Rammelsberge, <strong>des</strong>sen Benennung er aber nicht von <strong>eine</strong>m sagenhaften<br />

Manne namens „Ramm“, sondern von <strong>des</strong>sen Pferde oder „Klepper, welcher Rammel geheißen“,<br />

ableitet <strong>und</strong> das mit s<strong>eine</strong>n Füßen <strong>eine</strong>n Bleigang frei gescharrt habe. Anfänglich sollen<br />

übrigens die dortigen Bergwerke viel Silbererz neben andern geringen Metallen gegeben haben; als<br />

aber die Gewerken solche Gaben Gottes gemißbraucht, soll „<strong>eine</strong> fürnehme Grube eingegangen<br />

sein“ <strong>und</strong> sind dabei 1000 Menschen erschlagen worden. „Nach solcher Zeit“, so wird hinzugefügt,<br />

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„soll man dieses Orts kein Silber oder ander künstlich Metall haben finden können, ausgenommen<br />

Blei, welches noch in großer Menge allda gef<strong>und</strong>en wird.“<br />

Ebenso eingehend wird in der <strong>Bergchronik</strong> die Gewinnung <strong>des</strong> Kupfers aus den Kupferschiefern<br />

von Mansfeld besprochen. „Es haben“, heißt es, „die Grafen von Mansfeld in ihrem <strong>Land</strong> ein<br />

Schieferbergwerk, <strong>des</strong>gleichen man k<strong>eine</strong>s in der Welt weiß, denn aus dem Schiefer, nachdem er<br />

durch etliche Feuer gelassen, macht man Kupfer, von welchem der Zentner von 20 bis 24 Lot Silber<br />

hält, das dann daraus geseigert <strong>und</strong> gezogen wird.“ Es ist hier „ein ewig Bergwerk, denn allenthalben,<br />

wo man im <strong>Land</strong>e einschlägt, findet man diesen Schiefer. <strong>Die</strong> Knappen, so diesen Schiefer<br />

hauen, heißt man Krummhälse oder Schieferhauer, denn dieweil der Schiefergang so flach liegt,<br />

<strong>und</strong> sie zu ihrer Arbeit in den Gruben auf den Seiten liegen müssen, werden ihnen die Hälse so<br />

krumm, daß sie selten tauglich auf andere Bergwerke.“ Daß die in dem Kupferschiefer vorkommenden<br />

Abdrücke von Fischen schon vor Jahrh<strong>und</strong>erten die Aufmerksamkeit erregen mußten, ist<br />

erklärlich; man erkannte in ihnen jedoch nicht ausgestorbene Arten, denn ein alter Schriftsteller,<br />

welchen <strong>Albinus</strong> anführt, erzählte, daß Fische <strong>und</strong> andere Tiere, die in <strong>eine</strong>m w<strong>und</strong>erbaren See<br />

(worunter vielleicht der salzige See im Mansfeldischen gemeint ist) vorkämen, auch von dem<br />

Schiefer hervorgebracht würden; man erblickte in ihm also sogenannte „Naturspiele“; ja der<br />

W<strong>und</strong>erglaube damaliger Zeit ging noch weiter, indem man in dem Kupferschiefer noch Salamander<br />

<strong>und</strong> Vögel <strong>und</strong> selbst das Bildnis <strong>des</strong> Papstes mit <strong>eine</strong>m Barte <strong>und</strong> dreien Kronen gesehen<br />

haben wollte.<br />

Da ich mir jedoch nicht die Aufgabe gestellt habe, weiter in den Inhalt der <strong>Bergchronik</strong>, aus welcher<br />

das oben Gesagte entnommen worden ist, einzugehen, so möge nur darauf hingewiesen sein,<br />

daß wir in genannter Schrift Mitteilungen über das Vorkommen <strong>des</strong> Pirnaer Sandsteins, <strong>des</strong> Rochlitzer<br />

<strong>und</strong> Chemnitzer Porphyrtuffs, über Basalt <strong>und</strong> Serpentin, Schiefer, Kalkstein <strong>und</strong> verst<strong>eine</strong>rter<br />

Hölzer, sowie über verschiedene Erden, wie den Waldenburger Thon <strong>und</strong> anderes mehr<br />

finden, <strong>und</strong> daß insbesondere Edel- <strong>und</strong> andere köstliche St<strong>eine</strong>, welche zur Notdurft <strong>und</strong> Zierde <strong>des</strong><br />

Lebens dienen, sowie Steinkohlen <strong>und</strong> Salze <strong>und</strong> sämtliche, damals innerhalb der <strong>meißnische</strong>n<br />

Länder <strong>und</strong> an deren Grenzen gef<strong>und</strong>ene Metalle <strong>und</strong> deren Erze in eingehender Weise nach dem<br />

damaligen Standpunkte der Wissenschaft besprochen werden.<br />

<strong>Die</strong> <strong>Land</strong>chronik <strong>des</strong> <strong>Albinus</strong> verbreitet sich dafür über den Reichtum Meißens an fließenden Gewässern,<br />

während sie der teiche nur insofern gedenkt, als bemerkt wird, dieselben seien an solchen<br />

Orten angelegt worden, wo sich der Boden infolge s<strong>eine</strong>r sauren Beschaffenheit nicht zum Getreidebau<br />

<strong>und</strong> zur Wiesenkultur eignete, oder der Betrieb der Bergwerke sie erforderte.<br />

<strong>Albinus</strong> beginnt bei den Gewässern mit der Elbe, die er von ihrem Ursprunge an durch Böhmen<br />

<strong>und</strong> das <strong>Land</strong> Meißen verfolgt. Es ist dabei interessant zu sehen, wie lange sich ein sprachlicher Irrtum<br />

fort erhalten hat, denn die Ableitung <strong>des</strong> Namens „Elbe“ von elf Quellen, aus denen sich der<br />

Fluß bilden soll <strong>und</strong> die auch noch Engelhardt in s<strong>eine</strong>r Erdbeschreibung von Kursachsen zu<br />

Anfange dieses Jahrh<strong>und</strong>erts zu berichtigen für nötig hielt, fand bereits den meisten Beifall <strong>des</strong><br />

<strong>Albinus</strong>, der sogar im stande ist, diese Quellen mit ihren Namen anzuführen. Von der Dresdner Elbbrücke,<br />

der jetzigen Augustusbrücke, bei deren nach Angabe unsers Schriftstellers im Jahre 1070<br />

begonnenem Baue so teure Zeit gewesen sin soll, daß ein Arbeiter <strong>eine</strong>n alten Pfennig täglichen<br />

Lohn erhielt, wird gesagt, daß es die längste sei, während die zu Regensburg über die Donau als die<br />

schönste <strong>und</strong> die Moldaubrücke in Prag als die breiteste <strong>und</strong> stärkste aller damaligen Brücken bezeichnet<br />

wird. Es mag hierbei eingeschaltet sein, daß die Angabe unsers Historikers über das<br />

Gründungsjahr der Dresdner Brücke, welche ursprünglich aus Holz bestand, der urk<strong>und</strong>lichen Unterlagen<br />

entbehrt, da nicht nachgewiesen werden kann, wenn <strong>und</strong> von wem diese erste Brücke, die<br />

von 1260 bis 1270 durch Heinrich den Erlauchten durch <strong>eine</strong> st<strong>eine</strong>rne ersetzt ward, erbaut wurde.<br />

Fast durchgängig richtig finden wir dagegen die Zuflüsse der Elbe angeführt, so daß die Angaben<br />

über ihre Quellgebiete <strong>und</strong> Mündungen noch heute bei dem geographischen Unterrichte mit nur<br />

wenig Korrekturen benutzt werden können. Dabei versucht <strong>Albinus</strong> bei einzelnen Flüssen <strong>eine</strong> Deutung<br />

ihrer Namen, deren Richtigkeit aber jedenfalls sehr fraglich ist; so soll die „Moldau“ ein<br />

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„Triebwasser“ <strong>und</strong> die „Eger“ ein „Biberfluß“ sein, <strong>und</strong> bei letzterem Flusse fügt er noch die Bemerkung<br />

bei, daß er nicht wisse, warum denselben der berühmte 1555 gestorbene sächsische Mineralog<br />

Georg Agricola in s<strong>eine</strong>n Schriften überall „Nigrum“ nenne. Vielfach finden sich bei der<br />

Aufzählung der Flüsse <strong>und</strong> Nebenflüßchen eingestreute Bemerkungen, z.B. bei der Polenz, die mit<br />

der Sebnitz vereinigt bei Schandau in die Elbe mündet, daß man in ihr oft in <strong>eine</strong>m Jahre gegen<br />

300 Lachse gefangen habe, oder bei der Mulde, die von <strong>Albinus</strong> nach dem Zusammenflusse der<br />

Zwickauer <strong>und</strong> Freiberger Mulde unterhalb Colditz wiederholt „Milde“ genannt wird, daß in ihr bei<br />

Dessau ein großer Lachsfang eingerichtet worden sei.<br />

Doch mag es mit diesen Bemerkungen genug sein, da sie hinreichend sind, um die bis ins Einzelne<br />

gehende Darstellung der hydrographischen Verhältnisse der <strong>meißnische</strong>n Länder erkennen zu<br />

lassen <strong>und</strong> das Wissen <strong>eine</strong>s Mannes zu bew<strong>und</strong>ern, welcher bei den geringen Hilfsmitteln, die ihm<br />

zu Gebote standen <strong>und</strong> der damaligen Schwierigkeit <strong>des</strong> Reisens, um durch eigene Anschauung<br />

überlieferte Irrtümer zu berichtigen, ein Werk der Nachwelt überlieferte, das trotz s<strong>eine</strong>s Alters<br />

<strong>eine</strong>n gewissen Wert noch nicht verloren hat.<br />

<strong>Die</strong> Flüsse <strong>und</strong> Bäche enthielten zur Zeit <strong>des</strong> <strong>Albinus</strong> noch <strong>eine</strong>n Fischreichtum, wie derselbe<br />

trotz unserer künstlichen Fischzucht <strong>und</strong> Fischereigesetze bei den durch Fabrikanlagen verunreinigten<br />

Gewässern, ihren Uferbauten <strong>und</strong> Regulierungen, den Entwaldungen unserer Berge <strong>und</strong> anderen<br />

schädigenden Einflüssen mehr, wohl kaum wieder erzielt werden dürfte.<br />

Man fing in der Elbe bis zu 2 Zentnern schwere Störe, <strong>und</strong> zwar galt als die beste Fangzeit die<br />

Zeit der Rosenblüte; ebenso fehlten auch die Welse nicht, die um Johannis am besten waren, „darach“,<br />

so meldet <strong>Albinus</strong>, „verbargen sie sich in die Felsen, darinnen verhielten sie sich bis die<br />

„Eglen“ (d.h. wahrscheinlich die gem<strong>eine</strong>n Fischegel, Piscola geometra L.) stachen, hernach machten<br />

sie sich wieder heraus“. Brassen <strong>und</strong> selbst die noch jetzt aus der Ostsee in die Oder kommenden<br />

Zährten, ferner Barben, Hechte, Aale, Aalraupen, Lampreten <strong>und</strong> Neunaugen, sowie Lachse<br />

bevölkerten damals unsere Gewässer; in der Mulde fing man Barben bis zu 10 <strong>und</strong> 15 Pf<strong>und</strong>,<br />

Lachse bis zu 18 Pf<strong>und</strong>, <strong>und</strong> zuweilen wurden 20pfündige Hechte gefangen; erwähnt wird dabei,<br />

daß man 1544 in der Ill bei Straßburg <strong>eine</strong>n Hecht von 26 Pf<strong>und</strong> <strong>und</strong> in dem Filzteiche bei Schneeberg<br />

<strong>eine</strong>n so großen fing, daß derselbe nicht Raum in <strong>eine</strong>m Bierfasse hatte. Dazu kamen noch in<br />

den Bächen zahlreiche Forellen, Steinbeißer <strong>und</strong> Schmerlen, Gründlinge <strong>und</strong> Kaulbarsche vor, so<br />

daß die Fische vor 300 Jahren <strong>eine</strong>n nicht unwesentlichen Teil der Ernährung selbst <strong>des</strong> ärmeren<br />

Volkes bilden konnten. Mit besonderer Vorliebe verweilt daher auch <strong>Albinus</strong> bei diesem Kapitel<br />

s<strong>eine</strong>r <strong>Land</strong>chronik, <strong>und</strong> er begnügt sich nicht, dabei nur die Namen der einzelnen Fische zu<br />

nennen, sondern durch verschiedene beigefügte Bemerkungen über Laichzeit, Nahrungswert,<br />

Schmackhaftigkeit <strong>und</strong> anderes mehr weiß er für s<strong>eine</strong>n Gegenstand ein noch größeres Interesse zu<br />

erregen. So meint er, daß der Hecht von etlichen für den besten Fischb gehalten werde, doch scheint<br />

er der Forelle, von welcher <strong>eine</strong> schwarzgefleckte Varietät aus dem Schwarzwasser bei Schwarzenberg<br />

<strong>und</strong> aus Bächen um Crottendorf <strong>und</strong> Annaberg angeführt wird, den Vorzug zu geben, indem er<br />

sie den gesün<strong>des</strong>ten <strong>und</strong> nahrhaftigsten Fisch nennt, den man sogar in Wasserkästen groß ziehen<br />

könne, so daß er darin 4 <strong>und</strong> 5pfündig werde. Von dem Salm oder Lachs wird die Meinung damaliger<br />

Ärzte mitgeteilt, nach welcher dieser Fisch „stärkerer <strong>und</strong> gröberer Nahrung sei <strong>und</strong> gesalzen<br />

dem Magen schädlich sein solle“. Von den Aalraupen oder Quappen galt die Leber als das beste,<br />

<strong>und</strong> <strong>Albinus</strong> erzählt dabei, daß <strong>eine</strong> Gräfin von Beichling daran ihre ganze Grafschaft verzehrt habe.<br />

Beim Aal teilt er die Antwort <strong>eine</strong>s Elsässers mit, der, als er gefragt wurde, was ihm sein Lebtag am<br />

besten geschmeckt habe, sagte: „Ein Aal in <strong>eine</strong>r Gans gebraten“. <strong>Die</strong> Schleihen aus fließendem<br />

Wasser galten für besser als die aus stehendem, die bestenn Steinbeißer wurden nicht in der Elbe,<br />

sondern in der Mulde, besonders bei Döbeln gefangen, von den Stichlingen aber wird kurz gesagt,<br />

daß daran nichts gutes sei. <strong>Die</strong> Lampreten sollen sich den Lachsen ansaugen <strong>und</strong> auf diese Weise<br />

über die hohen Wehre kommen, welche von lezztgenannten Fischen bei ihren Laichzügen übersprungen<br />

werden.<br />

= 5 =


Wir sehen, <strong>Albinus</strong> verflocht mit s<strong>eine</strong>n Aufzählungen mancherlei naturgeschichtliche Notizen,<br />

welche er zum Teil gleichzeitigen Schriftstellern entlehnte, <strong>und</strong> dabei gruppierte er die Fische in<br />

solche, welche aus dem Meere oder aus Nebenflüssen in die Elbe kommen <strong>und</strong> in die eigentlichen<br />

Elbfische, welche in der Elbe geboren werden <strong>und</strong> sterben. Überall suchte er den Reichtum <strong>und</strong> die<br />

Vorzüge <strong>des</strong> <strong>Land</strong>es hervorzuheben. Aber ganz besonders wohlthuend berührt es uns, wenn wir dasjenige<br />

lesen, was er über die Fruchtbarkeit s<strong>eine</strong>s Vaterlan<strong>des</strong> sagt.<br />

Nachdem er darauf hingewiesen, wie ungünstig alte Schriftsteller über Deutschland geurteilt hätten<br />

<strong>und</strong> dann zu dem Schlusse kommt, daß es anfänglich „so gar ungeschlacht nicht gewesen, als<br />

dafür man's ausgeschrieen“, fährt er mit Bezug auf die <strong>meißnische</strong>n <strong>Land</strong>e fort: „Und wie Thal <strong>und</strong><br />

Auen, welche mit Hügeln <strong>und</strong> Bergen umgeben sind, mit dem fetten Lehm <strong>und</strong> Schlich, so aus den<br />

Wäldern herunter geführt wird, besser als die gar schlechten <strong>und</strong> ebenen <strong>Land</strong>e können befeuchtet<br />

<strong>und</strong> gedünget werden: Also ist es mit diesem <strong>Land</strong>e auch beschaffen. Ja, es ist dazu mit Wäldern<br />

umgeben <strong>und</strong> wird von Wassern, die in demselben entspringen, sehr durchflossen, welche die<br />

Äcker, Gärten <strong>und</strong> Wiesen befeuchten <strong>und</strong> fruchtbarer machen, so daß sich also die Natur aus<br />

Gottes besonderer Gnad <strong>und</strong> Segen w<strong>und</strong>erbarlich <strong>und</strong> in mancherlei Weise auch in diesem <strong>Land</strong>e,<br />

<strong>und</strong> zum Teil vielen andern, sehen <strong>und</strong> merken läßt“. Wie der Titel unsers Buches: „Berg- <strong>und</strong><br />

<strong>Land</strong>chronica“, d.h. also „Zeitschrift“ <strong>des</strong> <strong>Land</strong>es Meißen ausspricht, enthält dieselbe außer der Darstellung<br />

der natürlichen Beschaffenheit <strong>des</strong> <strong>Land</strong>es insbesondere noch <strong>eine</strong>n Abriß der Begebenheiten,<br />

welche auf dem geschilderten Boden ihren Verlauf genommen haben. Mit der Regenten- <strong>und</strong><br />

Kriegsgeschichte verknüpft sich die Geschichte der Kultur <strong>und</strong> Sitten der Bewohner, so daß in<br />

dieser Gesamtheit <strong>eine</strong> <strong>Land</strong>esk<strong>und</strong>e entstanden ist, welche Vaterlandsliebe erzeugen <strong>und</strong> befestigen<br />

soll.<br />

Leider gestattet es der Raum nicht, hier ins Einzelne die verschiedenen Kapitel <strong>des</strong> Buches zu<br />

verfolgen, <strong>und</strong> es mögen daher nur die Hauptpunkte daraus hervorgehoben werden.<br />

Zunächst bespricht <strong>Albinus</strong> die ersten Einwohner an der Elbe <strong>und</strong> am Harze, wobei er davon ausgeht,<br />

daß dieselben aus Asien eingewandert seien. Wenn dies jetzt hauptsächlich durch die Ergebnisse<br />

der Sprachvergleichung <strong>und</strong> durch mythische Sagenstoffe begründet wird, so weist dafür unser<br />

Historiker auf die Übereinstimmung der Namen deutscher Völker mit asiatischen hin, <strong>und</strong> er sieht<br />

die Ursache dieser Völkerwanderung in der Übervölkerung der Ursitze in Asien. Auch gegenwärtig<br />

wird dieselbe Ansicht vertreten. So hat z.B. Professor Dr. Meitzen berechnet, daß <strong>eine</strong> Nomadenfamilie<br />

von 5 Köpfen für ein menschenwürdiges Dasein 300 Stück Vieh, darunter 1/5 Pferde <strong>und</strong> das<br />

übrige an Schafen, Kühen u.s.w. brauche; auf <strong>eine</strong>r Quadratmeile können aber nur 1800 Stück Vieh<br />

leben, d.h. für die Erhaltung von 10000 Menschen werden 200 bis 300 ¨ Meilen nötig sein. Treten<br />

nun noch anhaltende Perioden großer Dürre ein, so wird <strong>eine</strong> Auswanderung nomadisierender<br />

Volksstämme, wie ja die Arier gewesen sind, von denen die Germanen <strong>eine</strong>n Zweig bilden, verständlich.<br />

<strong>Albinus</strong> schreibt nun, aus diesem Gr<strong>und</strong>e hätten sich die deutschen Völker „gegen<br />

Abend, als da die Länder noch öde <strong>und</strong> unbewohnt, wenden müssen; <strong>des</strong>halb immer ein Volk dem<br />

andern auf dem Nacken gewesen <strong>und</strong> die vördern fortgetrieben“. Nach s<strong>eine</strong>r Meinung folgten<br />

dieser ersten Einwanderung dies Herm<strong>und</strong>uren, welche von den später <strong>meißnische</strong>n <strong>Land</strong>en Besitz<br />

ergriffen. <strong>Die</strong> Herm<strong>und</strong>uren aber sollen mit den Katten, welche <strong>eine</strong>n Teil <strong>des</strong> Thüringerlan<strong>des</strong> inne<br />

gehabt, wegen ihrer Salzbrunnen <strong>eine</strong>n großen Krieg geführt haben; sie waren nach der Darstellung<br />

<strong>des</strong> <strong>Albinus</strong> „die rechten Erbherren“, welche später die Salzbrunnen, worunter wohl die Hallischen<br />

Salzquellen zu verstehen sind, den vordringenden slawischen Völkern überlassen mußten. <strong>Die</strong> Herm<strong>und</strong>uren<br />

aber wurden zunächst nach der Erzählung der <strong>Land</strong>chronik von den Mysen, welche von<br />

der Donau hergezogen sein sollen, verdrängt, bis endlich die Slaven ihre Wohnsitze einnahmen. Ich<br />

will diese Darstellungen der ältesten Bevölkerungsverhältnisse unsers <strong>Land</strong>esteils jetzt nicht kritisch<br />

beleuchten, sondern nur kurz referieren, kann aber nicht unterlassen, wenigstens so viel zu bemerken,<br />

daß die bereits vor der Regierung <strong>des</strong> römischen Kaisers Augustus nördlich <strong>des</strong> Riesen- <strong>und</strong><br />

Erzgebirges sowie <strong>des</strong> Thüringerwal<strong>des</strong> lebenden Herm<strong>und</strong>uren, welche <strong>eine</strong>n Volksstamm der<br />

Sueven bildeten, als die ältesten sicher bekannten Bewohner <strong>des</strong> bezeichneten <strong>Land</strong>gebietes angese-<br />

= 6 =


hen werden, daß sie jedoch in den Jahren 8 bis 5 vor Christi Geburt nach dem jetzigen Franken <strong>und</strong><br />

Nordschwaben zogen, um ihre alten Wohnplätze den Teuriochaimen, die ebenfalls suevischen<br />

Stammes, aber nicht die alten Herm<strong>und</strong>uren waren, zu überlassen. Als die suevischen Stämme, unter<br />

denen gegen das zweite Jahrzehnt nach Christi Geburt die Herm<strong>und</strong>uren wieder über die übrigen<br />

<strong>und</strong> darunter auch die Teuriochaimen <strong>eine</strong> gewisse Oberherrlichkeit erlangt hatten, ihre Wohnplätze<br />

verließen, um die Grenzen <strong>des</strong> Römnerreichs zu überschreiten <strong>und</strong> selbst nach Spanien vorzudringen,<br />

da rückten später slavische Völker in die verlassenen Gebiete ein, was vermutlich von der<br />

zweiten Hälfte <strong>des</strong> 5. bis zur ersten <strong>des</strong> 6. Jahrh<strong>und</strong>erts geschah.<br />

<strong>Albinus</strong> bespricht nun die Gauverhältnisse dieser slavischen Völker, ihre Religion <strong>und</strong> die<br />

folgenden Kämpfe der Deutschen, welche endlich mit der Unterjochung <strong>und</strong> <strong>Die</strong>nstpflichtigkeit der<br />

Slaven <strong>und</strong> Gründung der Mark Meißen endigten. Mit den verheerenden Einfällen der Hunnen, welche<br />

im Jahre 907 B<strong>und</strong>esgenossen der slavischen Daleminzier gegen die Thüringer geworden<br />

waren, bringt <strong>Albinus</strong> die thüringschen Sagen von den in Höhlen wohnenden Zwergen in Verbindung,<br />

indem er meint, die Hunnen seien „viel größeren Leibes <strong>und</strong> Natur als die <strong>Land</strong>sleut <strong>und</strong><br />

Einwohner thüringscher Orte gewesen, <strong>und</strong> vielleicht diese gegen jene gleich Kinder anzusehen;<br />

auch hätten sich die Einwohner zur Zeit derselben Hunnen Ankunft für Furcht wegen ihrer großen<br />

Tyranney in den Höhlen verkrochen.“ Es erinnert diese freilich nicht haltbare Ansicht gewissermaßen<br />

an <strong>eine</strong> andere, welche Preusker in s<strong>eine</strong>n Blicken in die vaterländische Vorzeit (I. 54.) ausspricht,<br />

da´nämlich die Zwergsagen der Lausitz, <strong>des</strong> Vogtlan<strong>des</strong>, Harzes <strong>und</strong> Thüringens auf<br />

zerstreute slavische Ansiedler, also auf <strong>eine</strong>n unterdrückten Volksstamm hinweisen, so daß sich der<br />

einzelne Schwächere verbergen <strong>und</strong> später s<strong>eine</strong>n Wohnsitz sogar verlassen mußte.<br />

In der <strong>Bergchronik</strong> wird dann auch mehreres über die „Erdtöpfe“ oder Urnen mitgeteilt, welche<br />

nach der damaligen Meinung Töpfe sein sollten, die von Zwergen gemacht <strong>und</strong> in die Erde gesetzt<br />

worden seien. Doch ich breche hier mit den Angaben aus dem reichen Inhalte der <strong>Land</strong>- <strong>und</strong> <strong>Bergchronik</strong>,<br />

welcher die älteste Geschichte der <strong>meißnische</strong>n Länder behandelt, ab <strong>und</strong> übergehe auch<br />

die Geschichte der <strong>meißnische</strong>n Markgrafen, wie uns <strong>Albinus</strong> dieselbe überliefert hat, um noch mit<br />

möglichster Kürze auf die Kultur <strong>des</strong> <strong>Land</strong>es, einige Gewerbe <strong>und</strong> den Bildungsstand der Bewohner<br />

damaliger Zeit hinzuweisen.<br />

Nachdem <strong>Albinus</strong> im allgem<strong>eine</strong>n die Fruchtbarkeit <strong>des</strong> Bodens gerühmt hat, wird im einzelnen<br />

weiter gesagt, wie der Ackerbau „köstlich <strong>und</strong> nutzbar“ sei, wie man allerlei Getreidearten <strong>und</strong><br />

Hülsenfrüchte besonders zwischen der Mulde <strong>und</strong> Saale <strong>und</strong> in der Lommatzscher Gegend ziehe,<br />

<strong>und</strong> wie allerdings in den gebirgischen Orten der Acker nicht viel trage, so daß man dort das Korn<br />

aus Böhmen beziehen müsse, wie man aber dafür, abgesehen von den Metallschätzen in der Erde,<br />

auf derselben genug Werkstücke <strong>und</strong> Schiefer, sowie Holz zum Häuserbau <strong>und</strong> aromatische Kräuter<br />

besitze, welche man in den Apotheken <strong>und</strong> sonst zur Arznei benötigt hätte.<br />

Gerühmt werden die Merseburger Rüblein, von denen es heißt: „Sie sind <strong>eine</strong>s wilden, scharfen<br />

Geschmackes, lustig zu essen, <strong>und</strong> man pflegt sie <strong>des</strong> Abends mit dem Obst fürzusetzen“. Wegen ihrer<br />

Güte wurden sie auch „fern hinweg in viel fremde Städte <strong>und</strong> <strong>Land</strong>e geführt“. Ebenso hält es<br />

<strong>Albinus</strong> für wichtig genug, den im Osterlande <strong>und</strong> bei Pegau, Borna <strong>und</strong> Leipzig angebauten Safran,<br />

„der auch in ziemlicher Notdurft um Merseburg wuchs <strong>und</strong> bereits lange zuvor in Thüringen gezogen<br />

wurde“, sowie die bei Merseburg auf Wiesen wachsende Scharte <strong>und</strong> den thüringschen Waid,<br />

die beide zum Färben der Tuche gebraucht wurden <strong>und</strong> <strong>eine</strong>n bedeutenden Handelsartikel bildeten,<br />

gebührend hervorzuheben.<br />

In den Gärten zog man schöne <strong>und</strong> nützliche Kräuter <strong>und</strong> Stauden, <strong>und</strong> zwar meistens ausländische,<br />

ferner neben den verschiedenen Sorten von Obstbäumen auch Maulbeer-, Mandel- <strong>und</strong> Kastanienbäume,<br />

so daß Fremde sehr bald die Überzeugung gewinnen mußten, das Meißnerland sei<br />

durchaus nicht so unwirtlich, wie es im Auslande <strong>und</strong> besonders in Italien gehalten wurde. Unter<br />

den Obstsorten erfreuten sich schon damals die Borsdorfer Äpfel, welche nach <strong>eine</strong>r Angabe in der<br />

<strong>Land</strong>chronik von <strong>eine</strong>m Dorfe bei Meißen ihren Namen tragen, <strong>eine</strong>s besonderen Rufes. Von dem<br />

W<strong>eine</strong> aber heißt es, daß derjenige, welcher in der Fürsten zu Meißen <strong>Land</strong>e erzeugt werde, der ge-<br />

= 7 =


sün<strong>des</strong>te sei, <strong>und</strong> insbesondere wurden die um das Jahr 1373 von dem <strong>meißnische</strong>n Bischofe Conrad<br />

bei Mügeln <strong>und</strong> „Cotzenbroda“, d.h. Kötzschenbroda gepflanzten Reben als ganz vorzügliche<br />

von <strong>Albinus</strong> hervorgehoben.<br />

Zum Wohlstande der Bewohner trugen auch die besonders im Gebirge an der böhmischen Grenze<br />

ausgedehnten Wälder bei, denn sie lieferten nicht bloß das Holz zu allerlei Notdurft, vornehmlich<br />

zum Bauen <strong>und</strong> Brennen, sondern begründeten auch <strong>eine</strong>n eigenen Handelszweig, indem man auf<br />

der Elbe, den beiden Mulden, der Zschopau <strong>und</strong> Saale viel Holz für die im flachen Teile <strong>des</strong> <strong>Land</strong>es<br />

Wohnenden <strong>und</strong> selbst außer <strong>Land</strong>es zu mannigfachem Gebrauche, wie zur Herstellung von<br />

Brettern, Schindeln <strong>und</strong> Hausgerät fortführte.<br />

Auf der Saale schaffte man, wenn dieselbe durch Regen <strong>und</strong> Schneewasser angeschwollen war,<br />

Flößholz von einigen 30 Ellen Länge aus dem Vogtlande bis nach Halle <strong>und</strong> vereinzelt selbst bis<br />

Bernburg.<br />

Viel Holz wurde aus dem Gebirge auch auf Wagen <strong>und</strong> Karren, womit man das Salz holte, nach<br />

Halle gebracht, so daß die Redensart im Gange war: „Bringst du Holz, so kriegst du Solz“.<br />

Ganz besonders aber blühte auf der Elbe ein lebhafter Handel zwischen Böhmen <strong>und</strong> Meißen. Es<br />

fuhren Flöße <strong>und</strong> Schiffe den Strom hinunter bis nach Hamburg <strong>und</strong> wieder herauf, die brachten<br />

Holzwerk, St<strong>eine</strong>, Wein, Obst, Getreide, Fische, Butter, Käse <strong>und</strong> andere Produkte.<br />

Im <strong>Land</strong>e hatte die Viehzucht <strong>eine</strong>n neuen Aufschwung genommen, <strong>und</strong> zwar nicht bloß in den<br />

gebirgischen Teilen, wo es schöne Weideplätze gab, sondern auch auf Vorwerken in der Umgebung<br />

Dresdens, wo man gelernt hatte, aus der Milch Käse zu bereiten, welche nicht nur den holländischen<br />

<strong>und</strong> friesischen, sondern auch den Parmesankäsen an Güte gleich geachtet wurden. Zu diesem Aufschwunge<br />

mochten gewiß die Musterwirtschaften <strong>des</strong> Kurfürsten August <strong>und</strong> s<strong>eine</strong>r Gemahlin, der<br />

bekannten Mutter Anna, wesentlich beigetragen haben. Ihr Beispiel wirkte segensreich auf das<br />

ganze <strong>Land</strong>, denn z.B. auch im Vogtlande hatte man gelernt, die Milch vorteilhafter, als bisher geschehen<br />

war, zu verwerten.<br />

Ein edler <strong>und</strong> thatkräftiger Fürst hinterläßt überall Spuren s<strong>eine</strong>s Daseins, die selbst nach dem<br />

Hingange von Generationen nicht verwischt werden. Daher gedenkt auch albinus in gebührender<br />

Weise der Verdienste der <strong>meißnische</strong>n Fürsten, <strong>und</strong> bei Besprechung der Schulen in erster Linie<br />

derjenigen, welche sich Moritz durch die Stiftung der Fürstenschulen erwarb. Dabei werden auch<br />

rühmend die Stadtschulen zu Zwickau, Freiberg, Dresden, Leipzig, Torgau, Chemnitz, Annaberg,<br />

Marienberg, Schneeberg u.a. hervorgehoben, welche von Rat <strong>und</strong> Bürgerschaft erhalten wurden <strong>und</strong><br />

Bildungsstätten zahlreicher, um das allgem<strong>eine</strong> Wohl verdienter Männer geworden waren. Ja es<br />

wird gesagt, daß die meisten Edelleute <strong>und</strong> Bürger, wenn sie auch nicht vollständig studiert hätten,<br />

doch wenigstens schreiben <strong>und</strong> lesen könnten, daß sie daheim gute Bücher erbaulichen <strong>und</strong> lehrreichen<br />

Inhalts, z.B. über Geschichte <strong>und</strong> Arzneik<strong>und</strong>e besäßen, <strong>und</strong> daß sie ihre Kinder <strong>und</strong> ihr<br />

Gesinde zur Gottesfurcht, Tugend <strong>und</strong> nützlichen Künsten durch ihre Unterweisung <strong>und</strong> ihr Beispiel<br />

heranzögen. Deshalb ständen auch die Einwohner <strong>des</strong> <strong>Land</strong>es Meißen anderwärts in großem Ansehen,<br />

<strong>und</strong> man lobe ihren Eifer in der Religion, ihre Friedfertigkeit, bezüglich deren man sage, daß<br />

bei ihnen alles „gleißen“, d.h. reinlich zugerichtet sein müsse.<br />

In der Kürze weist <strong>Albinus</strong> in s<strong>eine</strong>r <strong>Land</strong>chronik auch auf die Geschicklichkeit der Bewohner,<br />

<strong>und</strong> zwar zumeist in den Bergstädten hin, „wo es spitzfindige <strong>und</strong> sonsten richtige Köpfe“ gebe,<br />

welche besonders in der Mathematik, Baukunst, dem Probieren <strong>und</strong> Schmelzen der Metalle, im<br />

Wasserbau <strong>und</strong> andern Künsten bewandert seien, so daß sie vielfach auch in anderen Ländern gute<br />

Anstellung gef<strong>und</strong>en hätten. Eingehender wird dieser Teil der <strong>Land</strong>es- <strong>und</strong> Volksk<strong>und</strong>e, sowie die<br />

Gründungsgeschichte der Bergstädte in der <strong>Bergchronik</strong> behandelt, in welcher zugleich auch Mitteilungen<br />

über das Bergwesen anderer deutscher <strong>und</strong> außerdeutschen Staaten in ziemlich eingehender<br />

Weise mit verflochten sind. <strong>Die</strong> <strong>Land</strong>chronik dagegen verbreitet sich über die zahlreichen Dörfer<br />

<strong>und</strong> Edelsitze, über welche sich selbst der Kaiser Karl V. auf s<strong>eine</strong>m Zuge durch das <strong>Land</strong><br />

verw<strong>und</strong>erte, <strong>und</strong> sie gedenkt auch verschiedener Industriezweige, wie der Herstellung kostbarer<br />

= 8 =


Weberartikel in L<strong>eine</strong>n, Samt <strong>und</strong> Seide, der Zschopauer Zwilliche, welche dem Damast nicht unähnlich<br />

seien, der Grimmaischen, Zwickauer <strong>und</strong> Döbelnschen Tuche, <strong>des</strong> lebhaften Handelsverkehrs<br />

hauptsächlich in den Städten Leipzig, Merseburg <strong>und</strong> Naumburg, <strong>und</strong> der Märkte <strong>und</strong><br />

Messen.<br />

Eine Lebensfrage bezog sich schon damals auf die Herstellung <strong>eine</strong>s guten Biers, da man, wie<br />

<strong>Albinus</strong> meint, in den nördlich gelegenen Ländern nicht genug Wein haben könne. Und da konnte er<br />

denn schreiben, daß man im ganzen <strong>Land</strong>e sonderlichen Fleiß aufs Brauen verwandt habe. Hervorgehoben<br />

werden unter anderen das Zwickauer, Annaberger, Wurzener, Crimmitzschauer <strong>und</strong><br />

Schneeberger Bier, welch letzteres zu Sommerzeiten am besten zu trinken sei <strong>und</strong> endlich auch das<br />

Freiberger, von dem man zu sagen pflegte, „daß es <strong>eine</strong>n in der Nasen kitzele“.<br />

Wer wollte nach dem von mir, wenn auch nur skizzenhaft Angeführten daran zweifeln, daß <strong>Petrus</strong><br />

<strong>Albinus</strong> in umfassender Weise sein Vaterland geschildert hat? Von der ältesten Geschichte<br />

<strong>des</strong>selben schreitet er fort <strong>und</strong> führt uns die Reihe unserer <strong>meißnische</strong>n Fürsten bis auf Christian I.<br />

vor, er meldet uns von den Freuden <strong>und</strong> Leiden der Bewohner, den Naturereignissen <strong>und</strong> Kriegszeiten,<br />

er nennt die edlen Geschlechter <strong>und</strong> verdienten Gelehrten, um dann wieder bei der natürlichen<br />

Gestaltung <strong>des</strong> <strong>Land</strong>es, s<strong>eine</strong>n Gewässern, der Fruchtbarkeit <strong>des</strong> Bodens <strong>und</strong> s<strong>eine</strong>r Kultur zu<br />

verweilen. Ebenso werden von ihm die übrigen Quellen <strong>des</strong> Wohlstan<strong>des</strong>, Gewerbe <strong>und</strong> Handel<br />

besprochen; selbst die hervorragenden Charaktereigentümlichkeiten <strong>und</strong> Tugenden der Bewohner<br />

bleiben nicht unerwähnt, <strong>und</strong> schließlich wird auch der körperlichen Schönheit bei Männern <strong>und</strong><br />

Frauen, der zierlichen Tracht der letzteren <strong>und</strong> selbst der Sprache gedacht, die <strong>Albinus</strong> für die beste<br />

<strong>und</strong> reinste in ganz Germania hält. Zur Begründung <strong>des</strong>sen weist er darauf hin, daß die <strong>meißnische</strong>n<br />

Prediger anderwärts am angenehmsten seien, daß man Meißner gern in den Kanzleien der Fürsten<br />

zu höheren Stellen befördere <strong>und</strong> daß sich andere daran gewöhnten, die <strong>meißnische</strong> Sprache zu reden.<br />

Lassen wir es dahin gestellt sein, inwieweit <strong>Albinus</strong> in dieser Beziehung Recht hatte, da er jedenfalls<br />

weniger den von der Mehrheit <strong>des</strong> Volkes gesprochenen Dialekt, als vielmehr die Ausdrucksweise<br />

der Gebildeten <strong>und</strong> die durch Luthers Bibelübersetzung geläufiger gewordene sächsische<br />

Kanzleisprache meinte; doch mag man dabei immer Kenntnis davon nehmen, daß mit Vorliebe<br />

Männer der ehemals <strong>eine</strong>n guten Teil Deutschlands umfassenden <strong>meißnische</strong>n Länder mit Einschluß<br />

Thüringens <strong>und</strong> <strong>des</strong> Osterlan<strong>des</strong> auch anderwärts im Kirchen-, Schul- <strong>und</strong> Staatsdienste verwandt<br />

wurden, was jedenfalls nicht allein auf Gr<strong>und</strong> ihrer Sprache, sondern überhaupt ihrer gediegenen<br />

Bildung geschah.<br />

<strong>Die</strong> Liebe zum Vaterlande, welche an so vielen Stellen der <strong>Land</strong>- <strong>und</strong> <strong>Bergchronik</strong> <strong>des</strong> <strong>Petrus</strong><br />

<strong>Albinus</strong> durchleuchtet, <strong>und</strong> die umfassende Darstellung der geographischen Gestaltung <strong>des</strong> <strong>Land</strong>es,<br />

der historischen Entwickelung s<strong>eine</strong>r Bewohner <strong>und</strong> der gewerblichen <strong>und</strong> sittlichen Zustände<br />

derselben ist geeignet, uns beim Lesen <strong>des</strong> Buches zu fesseln, <strong>und</strong> dies um so mehr, als der<br />

Verfasser das von ihm behandelte Gebiet nicht gänzlich von den Nachbarländern ablöst, sondern es<br />

verstanden hat, die Blicke auch über die Grenzen zu lenken <strong>und</strong> sein Heimatland als ein hervorragen<strong>des</strong><br />

Glied <strong>des</strong> deutschen Vaterlan<strong>des</strong> darzustellen. Das Buch ist mehr als <strong>eine</strong> bloße Geschichte<br />

der damaligen <strong>meißnische</strong>n Länder, es ist bei allen s<strong>eine</strong>n auf dem damaligen Zustande<br />

wissenschaftlicher Erkenntnis beruhenden Mängeln in der That <strong>eine</strong> allgem<strong>eine</strong> <strong>Land</strong>esk<strong>und</strong>e, welche<br />

dem Verfasser s<strong>eine</strong>n dauerhaften Ehrenplatz unter denjenigen Männern sichert, die bestrebt<br />

waren <strong>und</strong> noch bestrebt sind, die Liebe zum Vaterlande zu wecken <strong>und</strong> zu befestigen.<br />

Quelle: Glückauf! Organ <strong>des</strong> Erzgebirgsvereins. 12. Jahrgang. No. 4. April 1892. S. 36-39 <strong>und</strong> No. 5. Mai 1892.<br />

S. 45-50. - Abschrift: Streifzüge durch die Geschichte <strong>des</strong> oberen Erzgebirges (www.streifzuege.de)<br />

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