Hermann Lange, Annaberg-Buchholz - geschichte-ana.de

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15.02.2013 Aufrufe

Hermann Lange, Annaberg-Buchholz Vierenstraße? Siebensäure? Tausende fahren jedes Jahr nach Oberwiesenthal; hunderte davon steigen bereits auf der Station Vierenstraße aus, um zu Fuß nach dem Fichtelberg zu wandern. Die weiter Fahrenden merken nicht, daß sie gleich hinter der „Vierenstraße“ den „Fünferbach“ kreuzen und daß sich dann die Bahn zwischen dem „Sechsengrund“ und dem Wege „Sechste Rundung“ hinauf nach Kretscham-Rothensehma quält. Schon 1904 schreibt E. Weinhold im „Glückauf“ S. 132: „Die Bezeichnung Vierenstraße erinnert an die alte Einteilung des Waldes um den Fichtelberg in 12 Hauptflügel und 10 Rundungen, deren erste um die heute noch von der Vermessung her als „Pfahl“ bezeichnete Höhe nö. der Tellerhäuser gelagert war. Beim vierten Kreisring etwa hat die Vierenstraße begonnen. Die Waldnamen „Einserberg“ bei Tellerhäuser, „Dreiberg“ und „Sechsenberg“, beide nw. von letztgenanntem Orte, sind ähnlichen Ursprungs. Auf der Wanderung von Kretscham-Rothensehma herunter begegnet der Fichtelbergbesucher einem Wege, der als „Sechste Rundung“ kenntlich gemacht ist, und wahrscheinlich erinnert der Name „Siebensäure“ westl. von Neudorf daran, daß der Sumpf in der Nähe des siebenten Ringes gelegen ist.“ Ausführlich berichten Christian Lehmann S. 128 und Birke 1913 in seiner Programmarbeit S. 54/55 von der Angelegenheit. Alle Zahlennamen gehen auf einen geschichtlichen Vorgang im Fichtelberggebiet zurück, der aber vergessen wurde, da er schon recht alt ist. Als das große Waldgebiet 1559 von Kurfürst August den Hartensteiner Grafen abgekauft worden war, damit er seiner Jagdlust nachgehen konnte, war es schwer, sich in den unwirtlichen Wäldern zurechtzufinden. Da er aber ein vielgereister und gut orientierter Mann war, faßte er den Entschluß, seine Waldbesitzungen kartenmäßig festzulegen. Seine Nachfolger nahmen den Gedanken wieder auf und Johann Georg I. schickte den Annaberger Markscheider Matthias Oeder ins Obererzgebirge. So erzählt Lehmann S. 128: „Anno 1607 kam hochgedachter Herzog Johann Georg I. als Land-Jäger-Meister herauf ins Gebirge / beritte die Wälder selbst / blieb 3 Tage in Crottendorf liegen / und machte auf allen Wäldern Anstalt / wie sie sollten abgezogen werden / Massen deme im folgenden 1608. Jahr Matz Oeder / Churf. Markscheider herauf geschicket wurde / welcher sonderlich den großen Wald nach der Gottesgabe abziehen müssen ... Man machte den Anfang auf dem großen Hemberg / allwo oben ein ebener Platz als ein ziemlicher Marck in der Runde / auf demselben stehet mitten eine zwölfeckige Säule, die man vorzeiten den Pflock nennete / nun aber der Pfahl heißet / derselben Ecken sind nummerieret nach den Flügeln / wie denn der ganze Wald als ein Spinnenrad in 10 Rundungen und 12 Hauptflügel abgeteilet / als daß jede Rundung 1200 Doppelschritt von der andern entfernt ist ...“ So ging der 7. Flügel über ein Hochmoor, eine „Säure“, die wir heute noch als „Siebensäure“ bezeichnen. Der 1. Flügel, in Richtung auf „Tellers neues Haus“ zielend, lief über den „Einsberg“. Solche Namen sind das einzige, was für die Öffentlichkeit von dieser Abziehung übrig blieb. Das Ergebnis war aber die berühmte „Oederkarte“, die erste vermessene Karte überhaupt, die uns über die damaligen Verhältnisse Aufschluß gibt. Spätere Karten übernahmen eine Reihe Namen, die alle auf die alte Einteilung zurückgehen: 1. Der Einsberg, über den der 1. Hauptflügel lief, ist die Höhe 1022,3 (u. 1033,2) nordöstlich an Tellerhäuser. 2. Das Zweiergehau lag westlich am Taufichtig, hatte in sich den „Entsprung“ der Kleinen Mittweida zwischen der 2. und 3. Rundung und wird auf dem Meilenblatt nach 1872 genannt.

<strong>Hermann</strong> <strong>Lange</strong>, <strong>Annaberg</strong>-<strong>Buchholz</strong><br />

Vierenstraße? Siebensäure?<br />

Tausen<strong>de</strong> fahren je<strong>de</strong>s Jahr nach Oberwiesenthal; hun<strong>de</strong>rte davon steigen bereits auf <strong>de</strong>r<br />

Station Vierenstraße aus, um zu Fuß nach <strong>de</strong>m Fichtelberg zu wan<strong>de</strong>rn. Die weiter Fahren<strong>de</strong>n<br />

merken nicht, daß sie gleich hinter <strong>de</strong>r „Vierenstraße“ <strong>de</strong>n „Fünferbach“ kreuzen und daß sich<br />

dann die Bahn zwischen <strong>de</strong>m „Sechsengrund“ und <strong>de</strong>m Wege „Sechste Rundung“ hinauf nach<br />

Kretscham-Rothensehma quält. Schon 1904 schreibt E. Weinhold im „Glückauf“ S. 132: „Die<br />

Bezeichnung Vierenstraße erinnert an die alte Einteilung <strong>de</strong>s Wal<strong>de</strong>s um <strong>de</strong>n Fichtelberg in<br />

12 Hauptflügel und 10 Rundungen, <strong>de</strong>ren erste um die heute noch von <strong>de</strong>r Vermessung her als<br />

„Pfahl“ bezeichnete Höhe nö. <strong>de</strong>r Tellerhäuser gelagert war. Beim vierten Kreisring etwa hat<br />

die Vierenstraße begonnen. Die Waldnamen „Einserberg“ bei Tellerhäuser, „Dreiberg“ und<br />

„Sechsenberg“, bei<strong>de</strong> nw. von letztgenanntem Orte, sind ähnlichen Ursprungs. Auf <strong>de</strong>r<br />

Wan<strong>de</strong>rung von Kretscham-Rothensehma herunter begegnet <strong>de</strong>r Fichtelbergbesucher einem<br />

Wege, <strong>de</strong>r als „Sechste Rundung“ kenntlich gemacht ist, und wahrscheinlich erinnert <strong>de</strong>r<br />

Name „Siebensäure“ westl. von Neudorf daran, daß <strong>de</strong>r Sumpf in <strong>de</strong>r Nähe <strong>de</strong>s siebenten<br />

Ringes gelegen ist.“<br />

Ausführlich berichten Christian Lehmann S. 128 und Birke 1913 in seiner Programmarbeit<br />

S. 54/55 von <strong>de</strong>r Angelegenheit. Alle Zahlennamen gehen auf einen geschichtlichen Vorgang<br />

im Fichtelberggebiet zurück, <strong>de</strong>r aber vergessen wur<strong>de</strong>, da er schon recht alt ist. Als das große<br />

Waldgebiet 1559 von Kurfürst August <strong>de</strong>n Hartensteiner Grafen abgekauft wor<strong>de</strong>n war, damit<br />

er seiner Jagdlust nachgehen konnte, war es schwer, sich in <strong>de</strong>n unwirtlichen Wäl<strong>de</strong>rn<br />

zurechtzufin<strong>de</strong>n. Da er aber ein vielgereister und gut orientierter Mann war, faßte er <strong>de</strong>n<br />

Entschluß, seine Waldbesitzungen kartenmäßig festzulegen. Seine Nachfolger nahmen <strong>de</strong>n<br />

Gedanken wie<strong>de</strong>r auf und Johann Georg I. schickte <strong>de</strong>n <strong>Annaberg</strong>er Markschei<strong>de</strong>r Matthias<br />

Oe<strong>de</strong>r ins Obererzgebirge. So erzählt Lehmann S. 128: „Anno 1607 kam hochgedachter<br />

Herzog Johann Georg I. als Land-Jäger-Meister herauf ins Gebirge / beritte die Wäl<strong>de</strong>r selbst /<br />

blieb 3 Tage in Crottendorf liegen / und machte auf allen Wäl<strong>de</strong>rn Anstalt / wie sie sollten<br />

abgezogen wer<strong>de</strong>n / Massen <strong>de</strong>me im folgen<strong>de</strong>n 1608. Jahr Matz Oe<strong>de</strong>r / Churf. Markschei<strong>de</strong>r<br />

herauf geschicket wur<strong>de</strong> / welcher son<strong>de</strong>rlich <strong>de</strong>n großen Wald nach <strong>de</strong>r Gottesgabe abziehen<br />

müssen ... Man machte <strong>de</strong>n Anfang auf <strong>de</strong>m großen Hemberg / allwo oben ein ebener Platz als<br />

ein ziemlicher Marck in <strong>de</strong>r Run<strong>de</strong> / auf <strong>de</strong>mselben stehet mitten eine zwölfeckige Säule, die<br />

man vorzeiten <strong>de</strong>n Pflock nennete / nun aber <strong>de</strong>r Pfahl heißet / <strong>de</strong>rselben Ecken sind<br />

nummerieret nach <strong>de</strong>n Flügeln / wie <strong>de</strong>nn <strong>de</strong>r ganze Wald als ein Spinnenrad in 10<br />

Rundungen und 12 Hauptflügel abgeteilet / als daß je<strong>de</strong> Rundung 1200 Doppelschritt von <strong>de</strong>r<br />

an<strong>de</strong>rn entfernt ist ...“<br />

So ging <strong>de</strong>r 7. Flügel über ein Hochmoor, eine „Säure“, die wir heute noch als „Siebensäure“<br />

bezeichnen. Der 1. Flügel, in Richtung auf „Tellers neues Haus“ zielend, lief über <strong>de</strong>n<br />

„Einsberg“. Solche Namen sind das einzige, was für die Öffentlichkeit von dieser Abziehung<br />

übrig blieb. Das Ergebnis war aber die berühmte „Oe<strong>de</strong>rkarte“, die erste vermessene Karte<br />

überhaupt, die uns über die damaligen Verhältnisse Aufschluß gibt.<br />

Spätere Karten übernahmen eine Reihe Namen, die alle auf die alte Einteilung zurückgehen:<br />

1. Der Einsberg, über <strong>de</strong>n <strong>de</strong>r 1. Hauptflügel lief, ist die Höhe 1022,3 (u. 1033,2)<br />

nordöstlich an Tellerhäuser.<br />

2. Das Zweiergehau lag westlich am Taufichtig, hatte in sich <strong>de</strong>n „Entsprung“ <strong>de</strong>r Kleinen<br />

Mittweida zwischen <strong>de</strong>r 2. und 3. Rundung und wird auf <strong>de</strong>m Meilenblatt nach 1872<br />

genannt.


3. Der Dreiberg liegt westlich vom Taufichtig in <strong>de</strong>r 3. Rundung, wie auch <strong>de</strong>r „Dreiweg“<br />

bei Punkt 793/7. Er führte vom Sü<strong>de</strong>n<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Kalkstraße hinauf nach <strong>de</strong>m Katzenstein. Bis<br />

1945 zeigte ein Wegweiser an seinem Osten<strong>de</strong> die Bezeichnung.<br />

4. Der Vierensteig, <strong>de</strong>r Vorläufer <strong>de</strong>r Vierenstraße, führte von <strong>de</strong>r Höhe östlich <strong>de</strong>r Weißen<br />

Sehma in Richtung Eisenberggipfel immer in <strong>de</strong>r 4. Rundung. Das Meilenblatt führt noch<br />

<strong>de</strong>n alten Namen.<br />

5. Der Fünfenbach lief in <strong>de</strong>r 5. Rundung. Seine zahlreichen Quellbäche verführen zunächst<br />

zu <strong>de</strong>r Annahme, daß die Bezeichnung von 5 Quellbächen stammt. Er mün<strong>de</strong>t gleich<br />

oberhalb Neudorf in die Sehma. Oe<strong>de</strong>r nennt ihn die Kleine weiße Sehm.<br />

6. Der Sechserberg (besser Sechsenberg) liegt 794 m hoch zwischen <strong>de</strong>n Oberläufen von<br />

Friedrichsbach und Luchsbach im 4. Flügel und hat <strong>de</strong>n Namen von <strong>de</strong>r 6. Rundung. Nach<br />

ihr ist auch <strong>de</strong>r Sechsengrund genannt, das Tal <strong>de</strong>r „großen roten Sehm“ Oe<strong>de</strong>rs zwischen<br />

Neudorf und Kretscham. Der Weg „Sechste Rundung“ südlich vom „Sechsengrund“<br />

vereinigt sich an <strong>de</strong>r Bahn mit <strong>de</strong>m Bärenfangweg. Er läuft durch die Abt. 4/14/27, früher<br />

bis zur heutigen Stümpelstraße.<br />

7. Die Siebensäure nennt sich nach <strong>de</strong>m Flügel und liegt in Abt. 21/23 zwischen<br />

Morgenberg und Kuhbrückenberg.<br />

8. Ein Achtenweg wird auf <strong>de</strong>m Meilenblatt südlich am Feuerturm o<strong>de</strong>r Steinberg zwischen<br />

Neudorf und Nie<strong>de</strong>rschlag verzeichnet.<br />

<strong>Annaberg</strong>-<strong>Buchholz</strong>, am 5. März 1958.<br />

Quelle: Kultur und Heimat, 5. Jahrgang, <strong>Annaberg</strong>-<strong>Buchholz</strong>, Juni 1958, S. 89 f.

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