Beziehungsverflechtungen in regionalen Innovationssystemen

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2. Regionalökonomsiche Theorien den Inlandmarkt in Frage stellen: "The home market usually has a disproportionate impact on a firm’s ability to perceive and interpret buyer needs" (Porter 1990: 86). • Verwandte und unterstützende Branchen: Die räumliche Nähe von vor- bzw. nachgelagerten Industrien begünstigt einen kontinuierlichen Informationsaustausch über Innovationen und verschafft dadurch Kosten-, Koordinations- und Verflechtungsvorteile, die für die Generierung eines Wettbewerbsvorteils entscheidend sind. So können enge Beziehungen zwischen Produzenten und Zulieferern Innovationsprozesse hervorbringen. Porter verweist unter anderem auf die Erfahrungen mit den industriellen Distrikten in Italien, macht jedoch auch auf die möglichen Gefahren einer Verallgemeinerung solcher Phänomene aufmerksam. Zudem weist er darauf hin, dass auch vorgelagerte Industrien auf keinen Fall vom internationalen Wettbewerb abgeschottet sein sollten, und dass beim Fehlen bestimmter vorgelagerter Industrien auch auf das weltweit verfügbare Angebot zurückgegriffen werden kann. • Unternehmensstrategie, -struktur und Rivalität: Das Vorliegen eines starken Inlandwettbewerbs ist für Porter eine besonders wichtige Ursache für die Entstehung eines nationalen Wettbewerbsvorteils. Starker inländischer Wettbewerb übt Druck auf die Unternehmen aus und zwingt sie durch ständige Verbesserungen und Innovationen ihre Marktposition zu behaupten und neue Marktgebiete zu erschliessen. Es ist dieser Wettbewerbsdruck, der die Unternehmen zu Produktivitätssteigerungen und Innovationen zwingt, wobei der Wettbewerb häufig in konkrete Rivalitäten ausschlägt, insbesondere dann, wenn die Konkurrenten räumlich konzentriert sind. Durch die spezifische Form des Wettbewerbs wird auch die Art der Unternehmensführung und -struktur geprägt. Zuerst hat sich Porter ausschliesslich nationalen Wettbewerbsvorteilen gewidmet. Erst später erweitert er seinen Ansatz und berücksichtigt auch die regionale Dimension. Indem er Daten der amerikanischen Wirtschaft analysiert, zeigt er, dass regionale Wirtschaftsräume eine nicht zu unterschätzende Wirkung auf die nationale Ökonomie ausüben. Gemessen am Lohnniveau und dem Lohnwachstum sowie der Beschäftigungsentwicklung und der Patentrate kann veranschaulicht werden, dass sich die Regionen der Vereinigten Staaten sehr deutlich in ihrer wirtschaftlichen Leistungskraft unterscheiden. Porter folgert daraus, dass der wirtschaftliche Erfolg einer Region dementsprechend stark von der relativen Leistungskraft und Innovationsstärke der dort angesiedelten Cluster beeinflusst wird (Porter 2003: 571). Interessant in diesem Zusammenhang ist die Studie von Simmie (2004). Darin versucht er Porters Hypothesen bezüglich der Innovationskraft regionaler Cluster zu testen. Im Gegensatz zu Porter kommt er zum Schluss, dass die Innovationsleistungsfähigkeit im Vereinten Königreich nicht von lokalen Clustern, sondern von der nationalen und internationalen Zusammenarbeit abhängig ist. "Evidence from previous studies is used to suggest that national and international linkages and networks are just as significant as their local counterparts for firms in the UK. Evidence from the third Community Innovation Survey is used to test Porter’s hypotheses concerning the contribution of clustering to innovation. All of them are shown to benefit from national and international linkages and collaboration" (Simmie 2004: 1095). 20 Beziehungsverflechtungen in regionalen Innovationssystemen

2. Regionalökonomische Theorien Implikationen für eine innovationsorientierte Netzwerkstrategie Porter betont die überragende Wichtigkeit der Produktivität für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines Landes. Darum sollten Regierungen sowohl auf nationaler als auch auf lokaler Ebene eine wirtschaftliche Umgebung schaffen, die eine steigende Produktivität unterstützt. Dies können Regierungen dadurch erreichen, indem sie günstige Rahmenbedingungen bereitstellen, d.h. gute Ausbildungsangebote, funktionierende Infrastrukturen und geeignete Wettbewerbsregeln garantieren. Es sind vor allem Marktmechanismen, und nicht die Regierung, die entscheiden können, ob ein Cluster erfolgreich sein wird oder nicht. Zusammen mit dem privaten Sektor sollte sich die Regierung auf bereits bestehende Industrien konzentrieren und nicht neue Wirtschaftszweige kreieren wollen. Oftmals bilden sich Cluster völlig unabhängig von staatlichem Handeln und entwickeln sich dort, wo es lokale Vorteile erlauben. Um staatliche Entwicklungsanstrengungen zu rechtfertigen, sollte sich ein Cluster schon im Vornherein als markttauglich erwiesen haben. Schliesslich ist es wichtig, dass Cluster-Entwicklungs-Initiativen das Ziel von Wettbewerbsvorteilen und Spezialisierungen vor Augen haben, und nicht bloße Imitationen von anderen erfolgreichen Unternehmensnetzwerken anstreben (Porter 1998: 89f). Ausgehend von seiner Studie über die ökonomische Leistungsfähigkeit von Regionen entwickelt Porter eine Reihe von wirtschaftspolitischen Implikationen, die sich im Speziellen mit der regionalen Perspektive auseinandersetzen. Dabei betont er, dass wirtschaftspolitische Maßnahmen vermehrt dezentralisiert und auf regionaler Ebene durchgeführt werden sollten. Da viele essentielle Determinanten der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit einen regionalen Ursprung haben, ist eine nationale Politik zwar nötig aber nicht hinreichend. Die Wichtigkeit der regionalen Ebene formuliert Porter (2003: 571) folgendermassen: "the importance of building innovative capacity at the regional level is strongly revealed, as is the benefits of diversifying the companies and institutions that generate innovative output". Kritik des Cluster-Ansatzes Porters Leistung besteht vor allem darin, dass er die Entstehung von Wettbewerbsvorteilen in einen territorialen Zusammenhang rückt. Im Unterschied zur traditionellen Standortlehre gestattet seine Konzeption eine explizit dynamische Sichtweise. Insgesamt gehen die Arbeiten von Porter eindeutig über die traditionelle Standortlehre hinaus, bleiben ihr aber dennoch teilweise verhaftet (Bathelt/Glückler 2002: 150). Weiter fügen Bathelt/Glückler (2002: 150f) folgende Kritikpunkte an: • Obwohl Porter den evolutionären Prozess der Entwicklung von Wettbewerbsvorteilen betont, ist seine Analyse eher deskriptiv und beinhaltet eine gewisse Faktordominanz; das Prozessverständnis bleibt in diesem Sinne unzureichend. • Das Konzept beinhaltet Widersprüche im räumlichen Bezugsrahmen und vermischt unterschiedliche räumliche und nicht-räumliche Perspektiven. Oftmals ist unklar, warum dieselbe Kombination von Faktorbündeln in einem Fall ein nationales und in einem anderen ein regionales oder gar ein nicht-räumliches Industriecluster begründen soll. • Obwohl Porter die Bedeutung der nationalstaatlichen Ebene hervorhebt, wird institutionellen Aspekten zu wenig Beachtung geschenkt. Dies zeigt sich in der Behandlung staatlicher Einflüsse als Restkategorie. Das Beziehungsverflechtungen in regionalen Innovationssystemen 21

2. Regionalökonomische Theorien<br />

Implikationen für e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>novationsorientierte Netzwerkstrategie<br />

Porter betont die überragende Wichtigkeit der Produktivität für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit e<strong>in</strong>es<br />

Landes. Darum sollten Regierungen sowohl auf nationaler als auch auf lokaler Ebene e<strong>in</strong>e wirtschaftliche<br />

Umgebung schaffen, die e<strong>in</strong>e steigende Produktivität unterstützt. Dies können Regierungen dadurch erreichen,<br />

<strong>in</strong>dem sie günstige Rahmenbed<strong>in</strong>gungen bereitstellen, d.h. gute Ausbildungsangebote, funktionierende<br />

Infrastrukturen und geeignete Wettbewerbsregeln garantieren. Es s<strong>in</strong>d vor allem Marktmechanismen, und nicht<br />

die Regierung, die entscheiden können, ob e<strong>in</strong> Cluster erfolgreich se<strong>in</strong> wird oder nicht. Zusammen mit dem<br />

privaten Sektor sollte sich die Regierung auf bereits bestehende Industrien konzentrieren und nicht neue<br />

Wirtschaftszweige kreieren wollen. Oftmals bilden sich Cluster völlig unabhängig von staatlichem Handeln und<br />

entwickeln sich dort, wo es lokale Vorteile erlauben. Um staatliche Entwicklungsanstrengungen zu rechtfertigen,<br />

sollte sich e<strong>in</strong> Cluster schon im Vornhere<strong>in</strong> als markttauglich erwiesen haben. Schliesslich ist es wichtig, dass<br />

Cluster-Entwicklungs-Initiativen das Ziel von Wettbewerbsvorteilen und Spezialisierungen vor Augen haben,<br />

und nicht bloße Imitationen von anderen erfolgreichen Unternehmensnetzwerken anstreben (Porter 1998: 89f).<br />

Ausgehend von se<strong>in</strong>er Studie über die ökonomische Leistungsfähigkeit von Regionen entwickelt Porter e<strong>in</strong>e<br />

Reihe von wirtschaftspolitischen Implikationen, die sich im Speziellen mit der <strong>regionalen</strong> Perspektive<br />

ause<strong>in</strong>andersetzen. Dabei betont er, dass wirtschaftspolitische Maßnahmen vermehrt dezentralisiert und auf<br />

regionaler Ebene durchgeführt werden sollten. Da viele essentielle Determ<strong>in</strong>anten der wirtschaftlichen<br />

Leistungsfähigkeit e<strong>in</strong>en <strong>regionalen</strong> Ursprung haben, ist e<strong>in</strong>e nationale Politik zwar nötig aber nicht h<strong>in</strong>reichend.<br />

Die Wichtigkeit der <strong>regionalen</strong> Ebene formuliert Porter (2003: 571) folgendermassen: "the importance of<br />

build<strong>in</strong>g <strong>in</strong>novative capacity at the regional level is strongly revealed, as is the benefits of diversify<strong>in</strong>g the<br />

companies and <strong>in</strong>stitutions that generate <strong>in</strong>novative output".<br />

Kritik des Cluster-Ansatzes<br />

Porters Leistung besteht vor allem dar<strong>in</strong>, dass er die Entstehung von Wettbewerbsvorteilen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en territorialen<br />

Zusammenhang rückt. Im Unterschied zur traditionellen Standortlehre gestattet se<strong>in</strong>e Konzeption e<strong>in</strong>e explizit<br />

dynamische Sichtweise. Insgesamt gehen die Arbeiten von Porter e<strong>in</strong>deutig über die traditionelle Standortlehre<br />

h<strong>in</strong>aus, bleiben ihr aber dennoch teilweise verhaftet (Bathelt/Glückler 2002: 150). Weiter fügen Bathelt/Glückler<br />

(2002: 150f) folgende Kritikpunkte an:<br />

• Obwohl Porter den evolutionären Prozess der Entwicklung von Wettbewerbsvorteilen betont, ist se<strong>in</strong>e<br />

Analyse eher deskriptiv und be<strong>in</strong>haltet e<strong>in</strong>e gewisse Faktordom<strong>in</strong>anz; das Prozessverständnis bleibt <strong>in</strong> diesem<br />

S<strong>in</strong>ne unzureichend.<br />

• Das Konzept be<strong>in</strong>haltet Widersprüche im räumlichen Bezugsrahmen und vermischt unterschiedliche<br />

räumliche und nicht-räumliche Perspektiven. Oftmals ist unklar, warum dieselbe Komb<strong>in</strong>ation von<br />

Faktorbündeln <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Fall e<strong>in</strong> nationales und <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em anderen e<strong>in</strong> regionales oder gar e<strong>in</strong> nicht-räumliches<br />

Industriecluster begründen soll.<br />

• Obwohl Porter die Bedeutung der nationalstaatlichen Ebene hervorhebt, wird <strong>in</strong>stitutionellen Aspekten zu<br />

wenig Beachtung geschenkt. Dies zeigt sich <strong>in</strong> der Behandlung staatlicher E<strong>in</strong>flüsse als Restkategorie. Das<br />

<strong>Beziehungsverflechtungen</strong> <strong>in</strong> <strong>regionalen</strong> <strong>Innovationssystemen</strong> 21

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