Are You suprised ?
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Elektrische und strukturelle Eigenschaften gebondeter<br />
Promotionsausschuß:<br />
Vorsitzender: Prof. Dipl.-Ing. Kai Kröger<br />
Halbleiterstrukturen<br />
vorgelegt von<br />
Diplom-Ingenieur<br />
Alexander Reznicek<br />
aus Berlin<br />
Von der Fakultät III: Prozeßwissenschaften<br />
der Technischen Universität Berlin<br />
zur Erlangung des akademischen Grades<br />
Doktor der Ingenieurwissenschaften<br />
- Dr.-Ing. -<br />
genehmigte Dissertation<br />
Berichter: Prof. Dr. rer. nat. Georg Hinrichsen<br />
Berichter: Prof. Dr. rer. nat. habil. Ulrich Gösele<br />
Tag der wissenschaftlichen Aussprache: 13.05.2002<br />
Berlin 2002<br />
D 83
Abstract<br />
In der vorliegenden Arbeit wurden die Eigenschaften von UHV-gebondeten Silizium-<br />
Silizium- und Silizium-Metall-Grenzflächen untersucht. Ziel der Arbeit war neben dem<br />
physikalischen Verständnis der Vorgänge an der gebondeten Grenzfläche die Lösung der u.a.<br />
von der Industrie vorgegebenen ingenieurtechnischen Probleme.<br />
Gebondete Siliziumwafer weisen je nach Bondprozedur unterschiedliche Grenzflächen und<br />
Eigenschaften auf. UHV-gebondete Waferpaare bilden beim Bonden bei Raumtemperatur<br />
kovalente Bindungen quer über die Grenzfläche. An der Grenzfläche herrschen nanoskopische<br />
Fehlpassungen. Tempern der Waferpaare bewirkt eine Umordnung und Diffusion an der<br />
Grenzfläche. Bei Temperaturen über 800°C findet die Ausbildung von Versetzungsnetzwerken<br />
statt. An hydrophob gebondeten Waferpaaren werden nanoskopische Hohlräume an<br />
der Grenzfläche beobachtet, die je nach Ausheiztemperatur ihre Form verändern. Nach dem<br />
Tempern bei 1000°C sind diese nanoskopischen Hohlräume oktaedrisch begrenzt. Bei<br />
höheren Temperaturen lagern sich in den nanoskopischen Hohlräumen Siliziumoxidausscheidungen<br />
ab. Auch hydrophil gebondete Wafer weisen an der Grenzfläche nanoskopische<br />
Hohlräume auf.<br />
Bei gebondeten Waferpaaren bilden sich an der Grenzfläche elektrisch aktive Störstellenzustände.<br />
Diese Zustände bewirken die Ausbildung einer Raumladungszone und einer<br />
Potentialbarriere, die den Stromfluß behindert. Die Zustandsdichte an der Grenzfläche ist in<br />
der Nähe der Bandmitte kontinuierlich. Die Störstellenzustände resultieren aus Kristalldefekten<br />
des Siliziums und von Verunreinigungen an der Grenzfläche. Bei niedrig dotierten<br />
Waferpaaren fließen nur geringe Stromdichten, während bei hochdotierten Waferpaaren<br />
Stromdichten von 70 A/cm 2 und mehr beobachtet werden. Bei pn-Dioden beeinflussen die<br />
Störstellenzustände die elektrischen Eigenschaften massiv. Sie wirken als Generations- bzw.<br />
Rekombinationszentren und erzeugen einen hohen Leckstrom bzw. vermindern den<br />
Durchlaßstrom. An den Grenzflächen hydrophob gebondeter und getemperter Waferpaare<br />
wird eine Borverunreinigung gefunden, die sich je nach Dotierung auf die Leitfähigkeit der<br />
Grenzfläche auswirkt; demzufolge beobachtet man unterschiedliche Stromdichten. Auch beim<br />
hydrophilen und hydrophoben Bonden von hochdotierten Wafern wird eine Stromdichte über<br />
70 A/cm 2 beobachtet. An schwach dotierten hydrophilen Waferpaaren werden nach dem<br />
Tempern bei 950°C-1100°C geringe Stromdichten gemessen. Hier haben sich an der Silizium-<br />
Siliziumoxid-Grenzfläche wieder Störstellen gebildet. Bei Verwendung von hochdotierten<br />
Wafern tunneln die Ladungsträger durch das Siliziumoxid, und es werden Stromdichten über<br />
70 A/cm 2 beobachtet. Bei allen verwendeten Bondmethoden zeigt sich: Bei gleichen<br />
Dotierungen leiten pp-Übergänge besser als nn-Übergänge.<br />
Durch das UHV-Bonden lassen sich auch Silizium-Metall-Übergänge herstellen. Beim<br />
Bedampfen mit einem ferromagnetischen Metall kommt es, wie auch beim UHV-Bonden, zu<br />
einer Reaktion an der Grenzfläche zwischen Metall und Silizium. Die entstehende Reaktionsschicht<br />
ist beim UHV-Bonden jedoch dünner als beim Bedampfen. Die elektrischen<br />
Eigenschaften der beim UHV-Bonden entstandenen Schottkydiode sind, verglichen mit den<br />
gewachsenen Schichten, schlecht. Die Grenzfläche weist viele Defekte auf, die den Leckstrom<br />
lokal erhöhen. Die Reaktion beim Bedampfen und beim Bonden kann durch eine<br />
Zwischenschicht aus Siliziumoxid vermindert werden.<br />
Metall-Metall-Bonden wurde auch bei der Herstellung eines Spin-Valve-Transistors<br />
angewandt. Durch das UHV-Bonden von spinselektiven Metallschichtstrukturen wurde ein<br />
spinselektives Bauelement hergestellt. Seine Funktionsweise basiert auf der Injektion von<br />
heißen Elektronen in eine spinselektive Basis. Je nach Spinorientierung und Magnetisierung<br />
der ferromagnetischen Schichten werden die Elektronen spinselektiv gefiltert. Die<br />
hergestellten Spin-Valve-Transistoren zeigen einen Magnetowiderstand größer als 100%.
Inhaltsverzeichnis<br />
1. EINLEITUNG....................................................................................................................................1<br />
1.1. ÜBERBLICK .................................................................................................................................................. 1<br />
1.2. AUFGABEN UND ZIELSTELLUNG DER ARBEIT............................................................................................. 3<br />
2. THEORETISCHE GRUNDLAGEN ...............................................................................................4<br />
2.1. ATOMARES VERBINDEN VON OBERFLÄCHEN............................................................................................. 4<br />
2.1.1. Wafer-Bonden ....................................................................................................................................... 4<br />
2.1.2. Entwicklung der Grenzflächen beim Tempern...................................................................................... 6<br />
2.1.3. Defekte an gebondeten Grenzflächen.................................................................................................... 9<br />
2.2. ELEKTRISCHE EIGENSCHAFTEN VON KORNGRENZEN............................................................................. 10<br />
2.2.1. Modell der doppelten Schottkybarriere ............................................................................................... 10<br />
2.2.2. Leitwertverfahren für MOS-Grenzflächen .......................................................................................... 13<br />
2.3. MAGNETISCHE EIGENSCHAFTEN FERROMAGNETISCHER SCHICHTSYSTEME......................................... 17<br />
2.3.1. Effekt der magnetfeldabhängigen Widerstandsänderung .................................................................... 17<br />
2.3.2. Der Spin-Valve-Transistor................................................................................................................... 20<br />
3. EXPERIMENTELLES ...................................................................................................................25<br />
3.1. VERWENDETE SILIZIUMSCHEIBEN............................................................................................................ 25<br />
3.2. REINIGUNG DER SILIZIUMOBERFLÄCHEN ................................................................................................ 26<br />
3.3. BONDEN DER SILIZIUMOBERFLÄCHEN...................................................................................................... 27<br />
3.3.1. Hydrophiles Bonden............................................................................................................................ 27<br />
3.3.2. Hydrophobes Bonden .......................................................................................................................... 27<br />
3.3.3. Bonden im Ultrahochvakuum.............................................................................................................. 28<br />
3.4. TEMPERN DER GEBONDETEN WAFERPAARE ............................................................................................ 29<br />
3.5. BESTIMMUNG DER BONDQUALITÄT .......................................................................................................... 30<br />
3.6. STRUKTURIERUNG UND KONTAKTIERUNG DER GEBONDETEN WAFER................................................... 31<br />
3.6.1. Elektrische Kontaktierung der gebondeten Strukturen ........................................................................ 31<br />
3.6.2. Strukturierung der Spin-Valve-Transistoren........................................................................................ 32<br />
3.7. LOCK-IN-THERMOGRAPHIE ...................................................................................................................... 34<br />
3.8. ELEKTRISCHE MESSUNGEN....................................................................................................................... 35<br />
3.9. SPREADING-RESISTANCE- MESSUNGEN ................................................................................................... 36
3.10. MAGNETISCHE MESSUNGEN ................................................................................................................... 36<br />
3.11. RÖNTGENREFLEKTOMETRIE................................................................................................................... 37<br />
3.12. ELEKTRONENMIKROSKOPISCHE UNTERSUCHUNGSMETHODEN............................................................ 37<br />
4. ERGEBNISSE UND DISKUSSION...............................................................................................38<br />
4.1. STRUKTUR GEBONDETER GRENZFLÄCHEN.............................................................................................. 38<br />
4.1.1. Hydrophobe Grenzflächen................................................................................................................... 38<br />
4.1.2. UHV-gebondete Grenzflächen ............................................................................................................ 42<br />
4.1.3. Hydrophile Grenzflächen..................................................................................................................... 46<br />
4.1.4. Modell zur Strukturentwicklung.......................................................................................................... 47<br />
4.1.5. Absolute Drucksensoren durch UHV-Bonden..................................................................................... 49<br />
4.2. ELEKTRISCHE EIGENSCHAFTEN GEBONDETER SILIZIUMGRENZFLÄCHEN ............................................. 51<br />
4.2.1. UHV-gebondete Siliziumgrenzflächen................................................................................................ 51<br />
4.2.2. Hydrophob gebondete Siliziumgrenzflächen....................................................................................... 71<br />
4.2.3. Hydrophil gebondete Siliziumgrenzflächen ........................................................................................ 75<br />
4.2.4. Zusammenfassung der Ergebnisse....................................................................................................... 78<br />
4.3. GEWACHSENE UND UHV-GEBONDETE SILIZIUM-METALL-GRENZFLÄCHEN......................................... 79<br />
4.3.1. Herstellung und Vergleich der Grenzflächen ...................................................................................... 79<br />
4.3.2. Diskussion der Ergebnisse................................................................................................................... 87<br />
4.4. DER SPIN-VALVE-TRANSISTOR................................................................................................................. 89<br />
4.4.1. Realisierung und Charakterisierung..................................................................................................... 89<br />
4.4.2. Diskussion der Meßergebnisse ............................................................................................................ 96<br />
5. SCHLUSSFOLGUNGEN FÜR TECHNOLOGISCHE ANWENDUNGEN .............................99<br />
6. ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK ...............................................................................101<br />
7. ANHANG......................................................................................................................................... A1<br />
Literaturverzeichnis...................................................................................................................................... A1<br />
Verzeichnis der verwendeten Symbole ........................................................................................................ A9<br />
Vorträge und Veröffentlichungen............................................................................................................... A13<br />
Danksagung ................................................................................................................................................ A15<br />
Eidesstattliche Erklärung............................................................................................................................ A17<br />
Lebenslauf .................................................................................................................................................. A19
1. Einleitung<br />
1.1. Überblick<br />
Das atomare Verbinden von Festkörperoberflächen ist ein in der Physik schon lange<br />
bekanntes Phänomen. Es wurde erstmals im frühen Mittelalter von dem Franziskanermönch<br />
Bartholomaeus Anglicus bei Experimenten mit Gold und Silber beobachtet und dokumentiert<br />
[1]. Auch bei Halbleitern läßt sich dieses Phänomen beobachten. Bringt man zwei spiegelpolierte<br />
Siliziumoberflächen in sehr engen Kontakt, so haften sie schon bei Raumtemperatur<br />
aneinander. Dieser Effekt des atomaren Verbindens von Siliziumoberflächen wurde 1986 von<br />
Shimbo und Lasky unabhängig voneinander entdeckt. Shimbo suchte im Auftrag von Toshiba<br />
nach einer Methode, um das teure epitaktische Wachsen von Schichten zu ersetzen [2],<br />
während Lasky bei IBM den ersten SOI-Wafer (Silicon-on-Insulator) herstellte [3].<br />
In Anlehnung an die englischsprachige Literatur hat sich im deutschsprachigen Raum der<br />
Begriff Wafer-Bonden zur Beschreibung dieses Phänomens durchgesetzt. „Wafer“ steht für<br />
englisch „Scheibe“, nämlich die verwendete Siliziumeinkristallscheibe, und verbinden heißt<br />
englisch to bond.<br />
Der Erfolg des Bondprozesses hängt sehr stark von der Kristall- und Oberflächenqualität, der<br />
Reinheit der Chemikalien und der Umgebungsatmosphäre ab. Schon kleinste Partikel<br />
verursachen ungebondete Bereiche. Aufgrund dieser Schwierigkeiten wurde das Wafer-<br />
Bonden lange Zeit als Technologie nicht verwendet. Während der folgenden Jahre bekam<br />
man die Probleme immer mehr in den Griff, und die das Bonden bestimmenden<br />
physikalischen und chemischen Prozesse wurden in umfangreichen Untersuchungen erforscht<br />
[4-16].<br />
So produzierte IBM 1998 mit der SOI-Technologie einen neuen Mikrochip, der den<br />
Wirkungsgrad von Computern und Kommunikationssystemen um 35% hinaufsetzte. Auf<br />
SOI-Wafern produzierte Transistoren waren schneller und verbrauchten deutlich weniger<br />
Leistung. Die Entwicklung des Smart-Cut-Prozesses durch Bruel [17,18] und später des<br />
Smarter-Cut-Prozesses durch Tong [19,20] verbilligte die Herstellung von SOI-Wafern<br />
mittels Wafer-Bondens wesentlich, und die SOI-Technologie etablierte sich nun zunehmend<br />
für DRAM-Speicher. Das Wafer-Bonden findet auch in mikroelektromechanischen Systemen<br />
(MEMS) [6,9,21-27] und in der Optoelektronik Anwendung [28-38]. Für die Flugzeug- und<br />
Automobilindustrie wurden z.B. gebondete mikromechanische Beschleunigungssensoren<br />
entwickelt [39]. Durch Wafer-Bonden lassen sich heutzutage fast alle Halbleitermaterialien<br />
miteinander verbinden, wie GaAs/GaAs, InP/InP, GaAs/InP, SiC/SiC und andere III-V, IV-IV<br />
bzw. II-VI-Halbleiter [40-47]. Besonders wichtig ist der Bondprozeß für Kombinationen von<br />
Materialien mit unterschiedlichen Gitterkonstanten, wie z.B. Si/GaAs. Diese machen ein<br />
epitaktisches Wachsen ohne den Einbau einer hohen Dichte störender Versetzungen schwierig<br />
oder unmöglich.<br />
Bei den ersten Anwendungen vermied man einen Stromfluß über die gebondete Grenzfläche.<br />
Das Bonden wurde nur als Methode zum mechanischen Verbinden von Wafern genutzt. Der<br />
Stromfluß über die Grenzfläche wurde jedoch physikalisch untersucht. Shimbo zeigte an<br />
hydrophil gebondetem, getempertem, hoch p-dotiertem Silizium einen Ohmschen Strom-<br />
Spannungs-Verlauf [2]. Genauere Untersuchungen folgten von Bengtsson [48-52]. Er<br />
untersuchte den Stromfluß über hydrophil und später auch hydrophob gebondete Silizium-<br />
Silizium-Grenzflächen. Gebondete hydrophile Wafer zeigten eine nichtlineare Strom-<br />
Spannungs-Kennlinie bei Stromfluß über die Grenzfläche. Nach Tempern bei 1100°C<br />
1
verringerte sich der Widerstand drastisch. Infolge der Nichtstöchiometrie des Siliziumoxids<br />
und möglicher Verunreinigungen auf den Oberflächen vor dem Bonden existieren Zustände<br />
an der Grenzfläche, wie sie schon von MOS-Strukturen bekannt sind [53]. Diese Zustände<br />
erzeugen eine Raumladungszone, und es bildet sich eine Barriere, die den Stromfluß<br />
behindert. An hydrophob gebondeten Wafern ließ sich nach Tempern bei verschiedenen<br />
Temperaturen immer eine lineare Strom-Spannungs-Charakteristik feststellen [54-57].<br />
Allerdings wurden die meisten dieser Messungen nur für geringe Stromdichten von maximal<br />
250 mA/cm 2 durchgeführt. Durch hydrophiles und hydrophobes Bonden von p- und ndotierten<br />
Wafern wurden auch pn-Übergänge hergestellt und elektrisch charakterisiert.<br />
Hydrophile Übergänge dieser Art untersuchte u.a. Bengtsson [10,50].<br />
Strukturuntersuchungen hydrophil gebondeter Waferpaare zeigten eine 1-5 nm dicke<br />
Siliziumoxidschicht an der Grenzfläche. Beim Tempern bei Temperaturen über 1000°C löst<br />
sich diese Siliziumoxidschicht zwischen den Wafern teilweise auf. Es bilden sich kleine<br />
Siliziumoxidinseln, und das kristalline Silizium wächst lokal zusammen [58-60]. An<br />
hydrophoben Wafern wurden nach dem Tempern oberhalb von 1000°C Schraubenversetzungsnetzwerke<br />
an den Grenzflächen beobachtet, die mit 20-30 nm großen<br />
nanoskopischen Hohlräumen dekoriert sind [61-63].<br />
Veröffentlichungen der letzten Jahre zeigen einen immer größer werdenden Anteil an<br />
Bauelementen mit gebondeten Grenzflächen [54,64-72], wobei bei manchen ein Stromfluß<br />
senkrecht über die gebondete Grenzfläche benutzt wird. Bei Silizium ist u.a. die<br />
Prozessierung von Strukturen auf SOI-Basis zu nennen. Nakagawa entwickelte einen IGBT<br />
(insulated gate bipolar transistor) mit Durchbruchspannungen von 1800 V auf der Basis von<br />
gebondetem Silizium [73], und Hobart stellte 2001 einen doppelseitigen IGBT mit<br />
Durchbruchspannungen von 1700-1800 V vor [74]. Im Bereich der Laser und Leuchtdioden<br />
hat das Bonden von III-V-Halbleitern Einzug gehalten [37,38,75-78].<br />
Neben Halbleiter-Halbleiter-Übergängen sind auch Übergänge von einem Halbleiter in ein<br />
ferromagnetisches Metall technologisch interessant. Solch ein direkter Übergang von einem<br />
ferromagnetischen Metall zum Silizium würde die Möglichkeit einer Spininjektion eröffnen.<br />
Den Spin der Elektronen selektiv einzustellen und in einen Halbleiter zu injizieren, wäre ein<br />
wichtiger Schritt auf dem Weg zum Bau eines Quantencomputers. Dazu ist es nötig, die<br />
Elektronen selektiv nach ihrer Spinpolarisation zu filtern. Ein magnetoelektronisches<br />
Bauelement zum Selektieren des Spins von heißen Elektronen ist der von Monsma und<br />
Lodder 1995 vorgestellte Spin-Valve-Transistor [79,80]. Sie stellten durch Bonden eines<br />
ferromagnetischen Schichtsystems ein spinselektives Bauelement mit einem Magnetowiderstandseffekt<br />
von 215 % bei 77 K her. Der Magnetowiderstandseffekt wurde in den<br />
letzten Jahren weiter erhöht und liegt heute bei Raumtemperatur bei 200-300 % [81-91]. Zum<br />
Beginn dieser Arbeit war die Gruppe um Lodder weltweit die einzige, die einen bei<br />
Raumtemperatur funktionierenden Spin-Valve-Transistor realisiert und untersucht hatte. Die<br />
Firmen Toshiba [92] und IMEC arbeiten derzeit an Projekten, Spin-Valve-Transistoren<br />
herzustellen und suchen nach Möglichkeiten, sie technologisch einzusetzen. Spinselektive<br />
Strukturen könnten für neuartige magnetische Sensoren und magnetoelektronische<br />
Bauelemente eingesetzt werden. Einige Beispiele sind magnetische Speicher (MRAM),<br />
magnetische Leseköpfe für Festplatten mit höchster Packungsdichte und Magnetfeldsensoren<br />
für die verschiedensten Anwendungen [93-96]. Nicht zuletzt könnte, wie oben erwähnt, der<br />
Spin-Valve-Transistor für die Realisierung eines Quantencomputers eine entscheidende Rolle<br />
spielen.<br />
2
1.2. Aufgaben und Zielstellung der Arbeit<br />
Das Bonden von Silizium im Ultrahochvakuum bei Raumtemperatur wurde 1995 am Max-<br />
Planck-Institut für Mikrostrukturphysik [97] realisiert, und bis jetzt ist die MPI-Gruppe die<br />
einzige weltweit, die dieses Verfahren bei Raumtemperatur beherrscht. Mit der entwickelten<br />
Anlage können ganze 100 mm Siliziumwafer gebondet werden. Andere Gruppen bonden nur<br />
kleine Waferstücke und benötigen erhöhte Temperaturen und Anpreßdrücke oder aber eine<br />
zusätzliche Ionenstrahlaktivierung der Oberfläche zur Realisierung des Bondens [98-101].<br />
Die strukturellen Eigenschaften UHV-gebondeter Siliziumgrenzflächen sind teilweise schon<br />
untersucht worden, jedoch ist über die elektrischen Eigenschaften UHV-gebondeter<br />
Übergänge kaum etwas bekannt. Die Aufgabe dieser Arbeit war die Herstellung und die<br />
elektrische und strukturelle Charakterisierung solcher Übergänge. Es sollte untersucht<br />
werden, ob und wie der Strom über die gebondeten Siliziumgrenzflächen fließt. Mit den<br />
gewonnenen Erkenntnissen sollte in einer Zusammenarbeit mit der Infineon AG geprüft<br />
werden, ob sich das Bonden zur Herstellung von Hochleistungsbauelementen einsetzen läßt.<br />
Hochleistungsbauelemente arbeiten typischerweise mit Stromdichten bis zu 70 A/cm 2 , und<br />
diese hohe Stromdichte muß bei geringem Spannungsabfall über die gebondete Grenzfläche<br />
fließen. Neben UHV-gebondeten Grenzflächen sollten auch hydrophile und hydrophobe<br />
Grenzflächen charakterisiert werden. Es war zu überprüfen, ob sich diese Bondarten auch zur<br />
Herstellung von Hochleistungsbauelementen eignen, da das UHV-Bonden aufgrund der<br />
apparativen Erfordernisse ein relativ teurer Prozeß ist.<br />
Durch das Wafer-Bonden lassen sich abrupte Übergänge oder vergrabene Schichten in<br />
Bauelementen herstellen. Durch das Bonden von zwei schon prozessierten Wafern ist es<br />
möglich, völlig neuartige Bauelemente zu entwickeln. Prozessierte Wafer erlauben aber nur<br />
Temperaturen von maximal 450°C. Oberhalb dieser Temperatur werden die Strukturen auf<br />
dem Wafer zerstört. Daher war eine weitere Aufgabe zu überprüfen, ob sich die Bondprozesse<br />
und Temperungen auch bei Temperaturen unterhalb von oder bei 450°C durchführen lassen<br />
und die gewünschten Eigenschaften der gebondeten Grenzflächen erhalten bleiben.<br />
Mit der Transmissionselektronenmikroskopie sollte die Struktur der Grenzflächen und deren<br />
Entwicklung nach dem Tempern untersucht werden.<br />
Ein weiteres Aufgabenfeld betraf die Untersuchung, ob sich ein direkter Übergang von einem<br />
ferromagnetischen Metall zu Silizium durch UHV-Bonden herstellen läßt, was für die<br />
elektrische Spininjektion von entscheidendem Vorteil wäre. Silizium weist gegenüber<br />
ferromagnetischen Metallen eine hohe Reaktivität auf. So kommt es beim Bedampfen einer<br />
Siliziumoberfläche mit einem ferromagnetischen Metall immer zur Ausbildung einer<br />
Reaktionsschicht aus dem entsprechenden Metallsilizid. Die Idee in dieser Arbeit ist es, die<br />
Übergänge durch Bonden im UHV bei Raumtemperatur herzustellen und so die Bildung einer<br />
Reaktionsschicht zu vermeiden. Dazu sollte die UHV-Anlage für diese Experimente<br />
modifiziert werden, um dann diese Übergänge im UHV zu bonden und anschließend<br />
strukturell zu charakterisieren.<br />
Abschließend sollte noch eine weitere Aufgabe gelöst werden. Die Herstellung von Spin-<br />
Valve-Transistoren auf quadratzentimetergroßen Siliziumstücken wird bis jetzt nur von der<br />
Gruppe um Lodder in den Niederlanden beherrscht. In der vorliegenden Arbeit sollte anhand<br />
der bekannten Veröffentlichungen und mit Hilfe der UHV-Bondanlage versucht werden, eine<br />
Spin-Valve-Struktur auf ganzen 100 mm Siliziumwafern herzustellen, diese zu Spin-Valve-<br />
Transistoren zu prozessieren und anschließend zu charakterisieren.<br />
3
2. Theoretische Grundlagen<br />
2.1. Atomares Verbinden von Oberflächen<br />
2.1.1. Wafer-Bonden<br />
Siliziumwafer können durch Bonden miteinander verbunden werden. Es gibt im wesentlichen<br />
drei unterschiedliche Arten, Siliziumwafer bei Raumtemperatur zu bonden: hydrophil,<br />
hydrophob und im UHV. Beim hydrophilen und hydrophoben Bonden bewirken, abhängig<br />
von der Oberflächenbeschaffenheit, Wasserstoffbrückenbindungen bzw. van-der-Waals-<br />
Kräfte das gegenseitige Aneinanderhaften. Diese beiden Bindungsarten sind jedoch nicht stark<br />
genug, um diese Verbindung irreversibel zu machen. Lediglich beim Bonden im<br />
Ultrahochvakuum kommt es bei Raumtemperatur zur Ausbildung von kovalenten Bindungen<br />
quer über die Grenzfläche. Die Stärke der gegenseitigen Adhäsion beschreibt man durch die<br />
spezifischen Bondenergie. Das ist die Energie pro Fläche, die man braucht, um die Wafer<br />
wieder voneinander zu trennen. Bei schwach gebondeten Wafern läßt sich eine hohe Bondenergie<br />
durch eine thermische Nachbehandlung erreichen. Dabei kommt es zu chemischen<br />
Reaktionen an der Grenzfläche, die zur Ausbildung von kovalenten Bindungen führen. Diese<br />
Zusammenhänge sollen in den folgenden Abschnitten erörtert werden.<br />
2.1.1.1. Hydrophiles Verbinden von Siliziumoberflächen<br />
Unter normalen atmosphärischen Bedingungen ist Silizium mit einer 1-2 nm dicken Schicht<br />
aus natürlichem Siliziumdioxid bedeckt [102-104]. Bei der Reinigung der Siliziumoberflächen<br />
mit stark oxidierenden basischen Lösungen wird das natürliche Oxid abgeätzt,<br />
und es bildet sich ein chemisches Oxid an der Oberfläche [105,106]. Dieses Oxid enthält<br />
kovalent gebundenen Wasserstoff und ist daher nicht stöchiometrisch zusammengesetzt<br />
[107,108]. Es reagiert sofort mit Wasser und bildet an der Oberfläche Silanol-Gruppen (Si-<br />
OH), die die Oberfläche hydrophil, d.h. wasseranziehend, machen. Die Silanol-Gruppen sind<br />
mit einigen Monolagen adsorbiertem Wasser bedeckt (Abb.2.1) [109-111]. Bringt man zwei<br />
solche Oberflächen in sehr engen Kontakt, so haften sie aufgrund von Wasserstoffbrückenbindungen,<br />
die sich zwischen den beiden Grenzflächen ausbilden, aneinander (Abb.2.3). Die<br />
Bondenergie für hydrophil gebondete Waferpaare beträgt 100-150 mJ/m 2 .<br />
adsorbiertes Wasser<br />
Wasserstoffbrückenbindung<br />
Silanolgruppen<br />
Siliziumoxid<br />
O<br />
H<br />
H H O<br />
H H O H<br />
H<br />
H H O O H H<br />
O H H H O<br />
OH OH OH OH OH OH OHOH<br />
Siliziumwafer<br />
Abb. 2.1: Schematische Darstellung einer hydrophilen Siliziumoberfläche.<br />
4
2.1.1.2. Hydrophobes Verbinden von Siliziumoberflächen<br />
Für die meisten elektrischen Anwendungen stört die Oxidschicht an der Grenzfläche. Sie kann<br />
entfernt werden, indem man die Wafer vor dem Bonden mit verdünnter Flußsäure oder<br />
Ammoniumfluoridlösung behandelt [112,113]. Diese Behandlung führt zu einer Oberfläche,<br />
die mit kovalent gebundenem Wasserstoff bedeckt ist [114,115]. Die Oberfläche läßt sich<br />
nicht mit Wasser benetzen; sie ist hydrophob. Es bilden sich vereinzelt Si-F-Bindungen aus,<br />
die in Gegenwart von Wasser durch Silanol-Gruppen ersetzt werden können [116]. Der<br />
Wasserstoff ist an der Oberfläche in Form von Monohydriden (Si3-Si-H), Dihydriden (Si2-Si-<br />
H2) und Trihydriden (Si-Si-H3) gebunden [115-117]. Die unterschiedlichen Hydride bilden<br />
sich, abhängig von der Oberflächenorientierung und der Konzentration der Flußsäure, in<br />
unterschiedlichem Maße an den Stufen der atomar rauhen (100)-Siliziumoberfläche<br />
[118,119]. (111)-Siliziumoberflächen lassen sich durch Ätzen mit Ammoniumfluorid atomar<br />
glatt erhalten. Dabei bilden sich an der Oberfläche nur Monohydride [120,121]. Hydrophobe<br />
Oberflächen werden schneller als hydrophile Oberflächen durch Kohlenwasserstoffe<br />
kontaminiert [122]. Daher müssen sie sofort nach der Entfernung der Oxidschicht gebondet<br />
werden. Nach dem Bonden haften die Wafer aufgrund von van-der-Waals-Kräften, die sich<br />
zwischen den gegenüberliegenden Siliziumatomen ausbilden (Abb. 2.4) [113,123]. Van-der-<br />
Waals-Bindungen sind wesentlich schwächer als Wasserstoffbrückenbindungen. Daher ist<br />
auch die Bondenergie geringer. Sie beträgt 20-30 mJ/m 2 [123].<br />
2.1.1.3. Verbinden von Siliziumoberflächen im Ultrahochvakuum<br />
Bei den bis jetzt vorgestellten Bondmethoden ist die Bondenergie bei Raumtemperatur gering.<br />
Die Waferpaare lassen sich leicht wieder trennen. Für technische Anwendungen wird eine<br />
höhere Bondenergie benötigt. Eine Möglichkeit ist die später beschriebene thermische<br />
Behandlung der gebondeten Waferpaare, wobei sich Si-O-Si bzw. Si-Si-Bindungen quer über<br />
die Grenzfläche bilden. Dafür benötigt man Temperaturen von 600-1000°C. Eine Motivation<br />
in dieser Arbeit ist das Bonden von bereits prozessierten Wafern. Temperaturen oberhalb von<br />
450°C zerstören jedoch die prozessierten Leiterbahnen von integrierten Schaltkreisen. Daher<br />
stellt das Bonden im Ultrahochvakuum eine Lösung dar. Die maximale Temperaturbelastung<br />
bei den Vorbehandlungen beträgt 450°C, und der eigentliche Bondprozeß findet bei<br />
Raumtemperatur statt. Das Bonden beruht auf dem Zusammenhalt der Atome ähnlich dem im<br />
Festkörper. Bricht man einen Kristall auseinander, so findet man an der Bruchfläche viele<br />
unabgesättigte Bindungen (engl. dangling bonds). Diese sind sehr reaktiv, da sie versuchen,<br />
sich wieder abzusättigen. Die Energie, die den Kristall zusammenhält, ist je nach Orientierung<br />
unterschiedlich. Für das in dieser Arbeit verwendete (100)-Silizium beträgt die Oberflächenenergie<br />
2250 mJ/m 2 [124]. Daher kann man beim Bonden zweier (100)-Siliziumoberflächen<br />
im Idealfall eine Bondenergie von 2250 mJ/m 2 erwarten. Absorbierte Verunreinigungen, wie<br />
z.B. Kohlenwasserstoffe, verringern die Bondenergie sehr stark [125]. Scheerschmidt<br />
[97,126-129] simulierte mit molekulardynamischen Berechnungen das Bonden von (100)-<br />
Siliziumoberflächen und sagte voraus, daß es theoretisch möglich ist, Oberflächen auf diese<br />
Art zu verbinden. Wenig später wurde diese Voraussage experimentell bestätigt [97]. Da bei<br />
diesem Prozeß die Oberflächen extrem sauber sein müssen, werden die Vorbehandlungen und<br />
die Bondprozedur im Ultrahochvakuum (UHV) durchgeführt. Als Ausgangsmaterial dienen<br />
hydrophobe Siliziumoberflächen. Die Wasserstoffterminierung wird im UHV bei 450°C<br />
thermisch desorbiert (Abb. 2.2) [98,130,131]. Zurück bleibt eine Siliziumoberfläche mit nicht<br />
5
abgesättigen Bindungen. Diese Oberflächen werden gebondet, und es bilden sich aus den<br />
nicht abgesättigen Bindungen kovalente Silizium-Silizium-Bindungen. Diese bewirken eine<br />
sehr hohe Bondenergie, die in der Größenordnung der Bruchenergie von massivem Silizium<br />
liegt. Ist die Oberfläche durch Kohlenwasserstoffe in geringer Konzentration kontaminiert,<br />
sinkt die Bondenergie nur unwesentlich, da die hauptsächlich gebildeten kovalenten<br />
Bindungen für eine sehr hohe Bondenergie ausreichen. Lagert man ein UHV-gebondetes<br />
Waferpaar bei höheren Temperaturen aus, so läßt sich Kohlenstoff in Form von Siliziumkarbid<br />
an der Grenzfläche nachweisen.<br />
Siliziumwafer<br />
H H H H H H H H H H<br />
H H H H H H H H H H<br />
Siliziumwafer<br />
450 °C<br />
- H 2<br />
Kontakt<br />
bei RT<br />
Siliziumwafer<br />
Siliziumwafer<br />
Raumtemperatur<br />
20 - 30 mJ/m 2 > 2000 mJ/m 2<br />
Abb. 2.2: Schematische Darstellung des UHV-Bondens.<br />
2.1.2. Entwicklung der Grenzflächen beim Tempern<br />
2.1.2.1. Hydrophile Grenzflächen<br />
Wie schon beschrieben haften die Wafer beim Raumtemperaturbonden über Wasserstoffbrückenbindungen<br />
des an den Oberflächen adsorbierten Wassers aneinander. Tempert man<br />
hydrophile Waferpaare, so läßt sich die chemische Entwicklung der Bondgrenzfläche und die<br />
damit verbundene Zunahme der Bondenergie in vier Temperaturbereiche einteilen (vgl. auch<br />
Abb. 2.5).<br />
Raumtemperatur bis 110°C: Die Haftung wird noch durch die Wasserstoffbrückenbindung<br />
bestimmt. Die Bondenergie nimmt etwas zu, da die Wassermoleküle an der Grenzfläche<br />
beweglich sind und nicht kontaktierte Bereiche ausfüllen. Das Wasser kann auch mit dem<br />
Oxid an den Grenzflächen reagieren [132]. Dabei entstehen neue Silanol-Gruppen gemäß der<br />
Reaktion:<br />
Si – O – Si + H – O – H → Si – OH + Si – OH (2.1)<br />
Am Waferrand tritt noch ein weiterer Effekt auf. Ein kleiner Teil der Wassermoleküle<br />
diffundiert in die umgebende Atmosphäre. Dabei bilden sich einige stärkere Siloxan-<br />
Bindungen (Si-O-Si), die die Bondenergie lokal erhöhen.<br />
110°C bis 150°C: In diesem Temperaturbereich treten bereits erste kovalente Bindungen auf.<br />
Einige der Wassermoleküle diffundieren lokal so weit weg, daß es zur Polymerisation der<br />
Silanol-Gruppen kommt [133].<br />
Si – OH + HO – Si → Si – O – Si + H – O – H (2.2)<br />
6
Diese Reaktion ist reversibel bis zu Temperaturen kleiner 425°C, solange an der Grenzfläche<br />
noch Wasser vorhanden ist. Ein Teil des Wassers diffundiert auch in das Siliziumoxid und<br />
reagiert dort mit dem Silizium nach [134]:<br />
Si + 2H2O → SiO2<br />
+ 2H2 (2.3)<br />
Der sich bildende Wasserstoff sammelt sich in Form von Blasen an der Grenzfläche oder löst<br />
sich teilweise in der Oxidschicht. Die Bondenergie steigt in diesem Temperaturbereich schnell<br />
an und erreicht 1200 mJ/m² [135,136].<br />
150°C bis 800°C: Die Bondenergie bleibt in diesem Bereich mit ca. 1200 mJ/m² annähernd<br />
konstant. Die meisten Silanol-Gruppen sind polymerisiert und haben Siloxan-Bindungen<br />
gebildet. Das Wasser hat mit dem Silizium reagiert oder ist wegdiffundiert. Da die Wafer nie<br />
perfekt glatt und eben sind, haften sie jetzt nur noch lokal kovalent aneinander. Es bilden sich<br />
kleine Zwischenräume. Zudem behindern die gebildeten Wasserstoffblasen die komplette<br />
Bondung der Grenzflächen. Die Bondenergie wird bestimmt durch den Bruchteil der<br />
kontaktierten Fläche.<br />
Temperaturen über 800°C: Die Blasen an der Grenzfläche verschwinden, und die<br />
Bondenergie steigt stark an. Das bei der Reinigung entstandene chemische Oxid enthält<br />
interne Hydroxyl-Gruppen (-OH) in der Nähe der Grenzfläche [137]. Die Viskosität des<br />
Siliziumoxids wird stark reduziert, wenn es Wasser enthält [138]. Daher nimmt man an, daß<br />
die nicht kontaktierten Bereiche der Grenzfläche bei diesen Temperaturen durch viskoses<br />
Fließen des Oxids kontaktiert und dabei alle Zwischenräume ausgefüllt werden. Es bilden sich<br />
an der gesamten Grenzfläche kovalente Bindungen [139].<br />
Siliziumoxid<br />
Wasserstoffbrückenbindungen<br />
Siliziumoxid<br />
Siliziumwafer<br />
OH OH OH OH OH OH OH OH<br />
H2OHO H O H O H OHO 2 2 2 2 2<br />
H OHO 2 2 H O H O H OH O<br />
2 2 2 2<br />
OH OH OH OH OH OH OHOH<br />
Siliziumwafer<br />
Raumtemperatur<br />
150 mJ/m 2<br />
Siliziumwafer<br />
∆ T Si-O-Si-<br />
O O O O O O O O O O O<br />
Bindungen<br />
Siliziumwafer<br />
nach Tempern über 800°C<br />
> 2000 mJ/m 2<br />
Abb.2.3: Hydrophil gebondete Oberflächen bei Raumtemperatur und nach dem Tempern.<br />
Nach dem Bonden bei Raumtemperatur beträgt die Dicke der Siliziumoxidschicht 4-5 nm und<br />
verringert sich beim Tempern über 1000°C auf 2-3 nm. Bei längerem Tempern bei 1100°C<br />
zerfällt das Oxid in isolierte Bereiche. Die anfangs durchgehende Oxidschicht bildet Inseln<br />
von 50-100 nm Durchmesser. An den Durchbrüchen wachsen die Siliziumeinkristalle<br />
zusammen. Der Zerfall des Oxids wird durch die Minimierung der Grenzflächenenergien<br />
bewirkt [60].<br />
7
2.1.2.2. Hydrophobe Grenzflächen<br />
Hydrophobe Wafer haften aufgrund von van-der-Waals-Kräften zwischen den wenig polaren<br />
Si-H-Bindungen aneinander. Eine kovalente Bindung zwischen den Grenzflächen und damit<br />
eine hohe Bondenergie läßt sich ebenfalls nur durch Tempern erreichen. Hierbei werden die<br />
bei Raumtemperatur vorhandenen Si-H-Bindungen aufgebrochen und Si-Si-Bindungen über<br />
die Grenzfläche geknüpft (vgl. auch Abb. 2.5). Dieser Prozeß läßt sich in vier Temperaturbereiche<br />
unterteilen.<br />
Raumtemperatur bis 150°C: Es finden keine Reaktionen an der Grenzfläche statt. Die<br />
Bondenergie bleibt in diesem Bereich fast konstant.<br />
150°C bis 300°C: An der Grenzfläche sind keine makroskopischen Blasen zu beobachten.<br />
Auf den wasserstoffterminierten Oberflächen befinden sich teilweise adsorbierte HF-<br />
Moleküle. Diese werden thermisch desorbiert, verdampfen und bedecken die Oberflächen<br />
[140]. Ähnlich wie bei den hydrophilen Wafern füllen die HF-Moleküle nicht kontaktierte<br />
Bereiche aus und bilden zusätzlich Wasserstoffbrückenbindungen. Diese sind stärker als die<br />
van-der-Waals Bindungen und erhöhen die Bondenergie leicht.<br />
300°C bis 700°C: Es bilden sich große wasserstoffhaltige Blasen an den Grenzflächen. Die<br />
Desorption von Wasserstoff von den Waferoberflächen beginnt. Das Monohydrid und das<br />
Dihydrid sind gleichzeitig an der Oberfläche vorhanden [141], wobei das Dihydrid etwas<br />
instabiler ist als das Monohydrid. Im Ultrahochvakuum zerfällt das Dihydrid ab 367°C und<br />
das Monohydrid ab 447°C [142]. Es bilden sich an der Grenzfläche bei längerer Lagerung<br />
schon ab 300°C erste Blasen. Die meisten Blasen, die sich beim Tempern zwischen 300°C<br />
und 400°C entwickeln, lösen sich nach einigen Tagen Lagerung an Luft wieder auf. Je höher<br />
die Ausheiztemperatur ist, desto länger dauert das Auflösen. Ein kleiner Teil des Wasserstoffs<br />
diffundiert ins Silizium, der Rest wandert an der Grenzfläche zum Rand und entweicht [143].<br />
Blasen, die sich nicht auflösen, stammen von HF-Molekülen oder Kohlenwasserstoffen.<br />
Temperaturen über 700°C: Sämtlicher Wasserstoff ist von der Grenzfläche verschwunden.<br />
Die Siliziumatome diffundieren entlang der Grenzfläche und es bildet sich ein Versetzungsnetzwerk<br />
aus. Die Bondenergie erreicht die Werte von massivem Silizium (Abb. 2.4).<br />
van-der-Waals-<br />
Wechselwirkung<br />
Siliziumwafer<br />
H H H H H H H H H H<br />
H<br />
H H H H H H H H H H H<br />
Siliziumwafer<br />
Raumtemperatur<br />
20 - 30 mJ/m 2<br />
Siliziumwafer<br />
∆ T Si-Si-<br />
Bindungen<br />
Siliziumwafer<br />
nach Tempern über 700°C<br />
> 2000 mJ/m 2<br />
Abb.2.4: Hydrophob gebondete Oberflächen bei Raumtemperatur und nach dem Tempern.<br />
8
2.1.3. Defekte an gebondeten Grenzflächen<br />
An gebondeten Grenzflächen können ungebondete Bereiche in Form von Blasen auftreten.<br />
Zwei unterschiedliche Arten von Blasen sind möglich: Blasen, die schon bei Raumtemperatur<br />
an der gebondeten Grenzfläche vorhanden sind, und Blasen, die sich erst bei höheren<br />
Temperaturen bilden. Die Blasen bei Raumtemperatur resultieren aus Rauhigkeiten an der<br />
Waferoberfläche oder adsorbierten Partikeln. Partikel fungieren als Abstandshalter und<br />
unterbinden den sehr nahen Kontakt und damit die Wechselwirkung zwischen den<br />
Grenzflächen. Die daraus resultierenden nichtgebondeten Bereiche sind viel größer als das<br />
Partikel selbst. Wird z.B. ein Partikel mit einem Durchmesser von 1 µm an der Grenzfläche<br />
eingeschlossen, so entsteht im Falle eines ca. 500 µm dicken Wafers um es herum ein<br />
ungebondetes Gebiet mit einem Durchmesser von ca. 1 cm [12,144]. Die im vorigen Kapitel<br />
beschriebenen chemischen Reaktionen beim Tempern von gebondeten Wafern erzeugen<br />
Blasen an den Grenzflächen. Die Blasenbildung beginnt merklich bei 300°C; bei<br />
Temperaturen über 1000°C verschwinden die Blasen wieder. Nach Mitani [145] begünstigen<br />
auf der Oberfläche adsorbierte Kohlenwasserstoffe die Ausbildung von Blasen während des<br />
Temperns. Kohlenwasserstoffe bedecken die Oberfläche nur als einzelne Moleküle oder als<br />
dünner Film und beeinflussen die Oberflächenrauhigkeit nur gering. Sie führen bei<br />
Raumtemperatur nicht zu ungebondeten Bereichen, jedoch haftet der organische Film nur sehr<br />
schwach auf der Oberfläche und vermindert damit die Bondenergie. Die während des<br />
Temperns desorbierten Kohlenwasserstoffmoleküle sind an der Grenzfläche beweglich und<br />
erzeugen einen Dampfdruck. Überschreitet dieser Dampfdruck die Adhäsionsenergie, so<br />
entstehen kleine Blasen. Die an der Grenzfläche diffundierenden Wasserstoffmoleküle<br />
sammeln sich dort und führen so zum Wachstum der Blasen [146]. Die Ausbildung von<br />
Blasen kann vermieden werden, wenn sich an der Grenzfläche keine Kohlenwasserstoffmoleküle<br />
befinden [145,147].<br />
Bondenergie in mJ/m 2<br />
3000<br />
2500<br />
2000<br />
1500<br />
1000<br />
500<br />
0<br />
hydrophil Si/Si<br />
hydrophob Si/Si<br />
0 100 200 300 400 500 600 700 800 900 1000<br />
Ausheiztemperatur in °C<br />
Abb. 2.5: Abhängigkeit der Bondenergie hydrophil und hydrophob gebondeter Siliziumwafer<br />
von der Ausheiztemperatur nach [16].<br />
9
2.2. Elektrische Eigenschaften von Korngrenzen in Halbleitern<br />
Die elektrischen Eigenschaften von Korngrenzen in Silizium und anderen Halbleitern sind in<br />
den letzten 25 Jahren bereits eingehend erforscht worden [148-175]. Der Stromfluß über die<br />
Korngrenzen wurde an Bikristallen oder in polykristallinem Silizium untersucht. Beim<br />
hydrophoben und UHV-Bonden erzeugt man durch das Zusammenfügen von zwei perfekten<br />
Einkristallen eine künstliche Korngrenze. Die elektrischen Eigenschaften dieser künstlichen<br />
Korngrenze (Bondgrenzfläche) sollten ähnlich denjenigen von eingewachsenen Korngrenzen<br />
in Silizium sein. Die Theorie zum Stromfluß über Korngrenzen in Silizium und anderen<br />
Halbleitern, die in den experimentellen Kapiteln benutzt wird, soll hier kurz vorgestellt<br />
werden. Zum Verständnis der späteren Auswertung werden die wichtigsten Modelle und<br />
Auswertemethoden für Stromfluß über Korngrenzen kurz erläutert.<br />
2.2.1. Das Modell der doppelten Schottkybarriere<br />
Taylor und Odell [174] führten das Modell der doppelten Schottkybarriere zur Erklärung der<br />
Ergebnisse ihrer Untersuchungen an Germanium-Bikristallen ein. In diesem Modell nehmen<br />
sie an, daß durch gestörte Bindungen an der Korngrenze tiefe Störstellen in der Bandlücke des<br />
Halbleiters entstehen. Diese Störstellen werden durch eingefangene Ladungsträger aufgeladen,<br />
und es bildet sich an der Korngrenze eine von zwei Verarmungszonen umgebene<br />
Potentialbarriere, die den Fluß von freien Ladungsträgern behindert.<br />
φ B<br />
ξ<br />
Ε FB<br />
E eff<br />
d L<br />
d R<br />
Ladung<br />
E L<br />
E F<br />
freie Zustände<br />
besetzte Zustände<br />
Abb. 2.6: Bändermodell einer Korngrenze im n-Halbleiter ohne angelegte Spannung.<br />
Dieses Modell und dessen Weiterentwicklungen sollen im folgenden anhand eines n-<br />
Halbleiters erklärt werden. Abb. 2.6 zeigt den Verlauf der Bandkanten in der Umgebung einer<br />
Korngrenze im thermodynamischen Gleichgewicht. Bei einem n-Halbleiter sind an der<br />
Korngrenze Elektronen aus der näheren Umgebung eingefangen. Es bildet sich eine<br />
Raumladungszone und eine Potentialbarriere mit der Höhe Φ . Die Breite der Raumladungs-<br />
zone ist d = d + d . Die Breite der Korngrenze und damit der kristallographisch gestörte<br />
L<br />
R<br />
Bereich kann vernachlässigt werden, da die Potentialbarriere groß gegen die Temperaturspannung<br />
kT/e ist; so kann man freie Ladungsträger in der Raumladungszone vernachlässigen<br />
10<br />
B<br />
E V
[176], und es müssen nur die ortsfesten Donatorrümpfe in der Ladungsbilanz berücksichtigt<br />
werden. Die Breite der Raumladungszone beträgt je nach Dotierung etwa 0.1-1 µm. Daher<br />
kann man die Grenzfläche als Ebene ansehen und den Verlauf der Bandkanten durch Lösung<br />
der Poisson-Gleichung mit zwei Parabelästen von gegeneinander geschalteten Schottkykontakten<br />
erklären [177]:<br />
2<br />
e N D<br />
2<br />
V ( x)<br />
= ( x + d L, R ) (2.4)<br />
2 εε<br />
0<br />
ε ist die relative Dielektrizitätskonstante des Halbleiters, ε 0 die Dielektrizitätskonstante des<br />
Vakuums, e die Elementarladung und N D die Dotierungsdichte des Halbleiters. Die<br />
Barrierenhöhe kann man aus (2.4) als Rand der jeweiligen Raumladungszone berechnen nach:<br />
2<br />
L, R<br />
e N D d<br />
Φ B ( 0 ) = (2.5)<br />
2 εε<br />
Da der kristallographisch gestörte Bereich an der Korngrenze verglichen mit der Weite der<br />
Raumladungszone nur eine geringe Ausdehnung hat, wird im folgenden die Konzentration der<br />
Störstellenzustände N T auf die Fläche bezogen. Die Gesamtladung der Raumladungszonen<br />
beträgt L R , wobei Q ist. Die gefüllten Zustände an der Korngrenze<br />
erzeugen eine Ladung Q , wobei η der Besetzungsgrad der Störstellenzustände ist.<br />
Es gilt N D , da im Kristall Ladungsneutralität herrschen muß. Legt man eine<br />
Spannung V an die Grenzfläche an, so fließt ein Strom I mit der Stromdichte J.<br />
Q Q Q + =<br />
L, R = N D d L, R<br />
T N T ⋅ η<br />
N T ⋅ η = d ⋅<br />
=<br />
eV 1<br />
φ B<br />
ξ<br />
Ε FB<br />
d L<br />
J th<br />
Abb. 2.7: Bändermodell einer Korngrenze im n-Halbleiter bei einer angelegten Spannung.<br />
Der Stromfluß wird bestimmt durch die thermische Emission von Majoritätsladungsträgern<br />
über die Potentialbarriere hinweg. Der gesamte Strom in diesem Stromkreis ist<br />
= J + ∂ Q / ∂ V . Dabei ist ∂ Q R / ∂ V die Änderung der Ladung der zweidimensionalen<br />
J R R<br />
11<br />
0<br />
d R<br />
eV<br />
EL EF E V
Ladungsdichte in der rechten Raumladungszone d R und J R der gesamte real fließende Strom<br />
in dieser Raumladungszone. Die Ladung Q ist:<br />
R<br />
QR 0 D B<br />
= 2εε<br />
N ( Φ + eV)<br />
(2.6)<br />
Die Höhe der Barriere Φ B hängt von der an der Grenzfläche eingeschlossenen Ladung Q und<br />
der angelegten Spannung V ab. Zur Berechnung der zweiten Stromkomponente J R nimmt<br />
man eine thermische Emission aller - über, in und aus der Barriere fließenden - Ströme an.<br />
Die Stromdichte der Elektronen mit genügend hoher thermischer Energie zum Überqueren der<br />
Barriere von links nach rechts (LR) bzw. von rechts nach links (RL) wird gegeben durch<br />
[153]:<br />
∗ 2 − ( ζ+<br />
ΦB<br />
) / kT<br />
∗ 2 − ( ζ+<br />
Φ eV)<br />
/ kT<br />
J = A T ⋅ e<br />
und J = A T e B +<br />
⋅<br />
(2.7)<br />
i, LR<br />
∗<br />
A ist die effektive Richardsonkonstante und ζ ist der Abstand zwischen dem Ferminiveau<br />
und dem Leitungsbandminimum im neutralen Kristall außerhalb der Raumladungszone. Für<br />
∗<br />
-2 −2<br />
-2 −2<br />
A gilt in p-Silizium der Wert von 79.2 A cm K und in n-Silizium von 252 A cm K .<br />
Bei angelegten Wechselspannungen benötigt man zusätzlich die Ströme der durch die<br />
Zustände eingefangenen Elektronen J fang und der aus den Zuständen emittierten Elektronen<br />
J emis . Für diesen Zweck nimmt man an, daß eine Verteilung der einfangenden Zustände<br />
N T ( E)<br />
in der Grenzfläche existiert und diese Zustände nur Elektronen mit Leitungsbandzuständen<br />
austauschen und nicht untereinander [153].<br />
dJ<br />
dJ<br />
fang<br />
emis<br />
*<br />
[ 1−<br />
f ( E, E ) ]<br />
eV<br />
e − / kT −(<br />
ζ+<br />
Φ ) / kT<br />
T ( E)<br />
dE<br />
F ⋅ ( 1+<br />
) ⋅ e B<br />
− ( ζ+ Φ eV / kT<br />
[ 1− f E F ] B+<br />
E, ⋅ e<br />
1 )<br />
∫ −∫<br />
J d<br />
Hier ist σ der Einfangquerschnitt, der unabhängig von der Energie E angenommen wird;<br />
f ( E, E F ) ist die Fermiverteilungsfunktion der eingefangenen Elektronen, und eV1<br />
ist die<br />
kleine Energiedifferenz zwischen den Ferminiveaus im linken, mehr negativen Kristall und<br />
der Korngrenze. Im Nichtgleichgewicht hängt das Ferminiveau an der Grenzfläche E F und<br />
somit auch eV 1 von der Energie E der eingefangenen Zustände ab. Die resultierende positive<br />
Stromdichte JR<br />
der thermisch emittierten Elektronen in der rechten Raumladungszone kann<br />
nun berechnet werden als:<br />
1<br />
J R = Ji,<br />
LR − Ji,<br />
RL + emis d J fang<br />
(2.10)<br />
2<br />
J = J − J<br />
(2.11)<br />
i, LR<br />
i, RL<br />
= A σ N<br />
(2.8)<br />
=<br />
2 A<br />
*<br />
σ N<br />
T<br />
( E)<br />
d E ( )<br />
i, RL<br />
2 − ( ζ+<br />
Φ ) / kT<br />
J = A T ⋅ e B ⋅ 1−<br />
e<br />
∗<br />
-eV / kT ( )<br />
(2.9)<br />
Da die Zahl der an der Korngrenze eingefangenen und wieder emittierten Elektronen klein ist<br />
gegenüber den direkt über die Barriere emittierten Elektronen kann man diese Terme<br />
vernachlässigen und (2.10) reduziert sich zu:<br />
R<br />
Die Stromdichte J R ist die thermisch aktivierte Stromdichte über die Potentialbarriere. Sie<br />
erhält zur Unterscheidung einen neuen Index J und ist mit (2.7):<br />
th<br />
th<br />
(2.12)<br />
Die effektive Barrierenhöhe E eff , die die Ladungsträger überwinden müssen, ergibt sich als<br />
E eff = Φ B + ξ . Mit Gleichung (2.12) läßt sich aus dem Verlauf der I-U-Kurve die<br />
Barrierenhöhe Φ in Abhängigkeit von der angelegten Spannung berechnen. Pike und Seager<br />
B<br />
12
zeigten, daß man daraus auch die Zustandsdichte T ermitteln kann. N T E erhält man aus<br />
der positiven Ladung der Raumladungszone bzw. der negativen Ladung der an der<br />
Grenzfläche gefangenen Elektronen durch eine Integration über alle besetzten Zustände. Eine<br />
Ableitung dieses Zusammenhanges nach der angelegten Spannung ergibt für eV>>kT [150]:<br />
1<br />
kT<br />
N ( )<br />
EC<br />
⎛ εε<br />
⎡<br />
⎤<br />
0 N D ⎞ 1 ⎛ q ⎞ 1<br />
∫ N<br />
≅ ⎜<br />
⎟ ⋅ ⎢ + ⎟<br />
T E f´ E dE<br />
+ 1<br />
+<br />
2<br />
⎥<br />
⎝ 2e<br />
⎠ ⎢⎣<br />
Φ<br />
⎜<br />
dΦ<br />
B/dV<br />
0<br />
B ⎝<br />
⎠ Φ B + eV ⎥⎦<br />
( ) ( ) (2.13)<br />
Unabhängig davon läßt sich die Barrierenhöhe auch aus der Kapazität ermitteln. Die<br />
Kapazitäten der Raumladungszonen sind:<br />
2<br />
e εε 0 N D<br />
C L =<br />
und<br />
2Φ<br />
B<br />
HF =<br />
Die Gesamtkapazität bei hohen Frequenzen ist: C CL<br />
⋅ CR<br />
CL<br />
+ CR<br />
. Bei null Volt kann<br />
man aus der Hochfrequenzkapazität CHF,0 die Gesamtbreite der Raumladungszone, die<br />
Grenzflächenladungsdichte Q und die Barrierenhöhe Φ berechnen nach:<br />
εε 0 eεε<br />
0 N D<br />
C HF, 0 = = =<br />
d Q<br />
Bei angelegter Spannung ist die Kapazität CHF:<br />
1<br />
C<br />
HF<br />
1<br />
=<br />
0<br />
C<br />
HF<br />
C<br />
B<br />
R<br />
e N<br />
D<br />
8Φ<br />
⎛ Φ ⎞<br />
⎜ B + eV<br />
⎟<br />
⎜<br />
1+<br />
⎟<br />
⎝ Φ B ⎠<br />
2<br />
e εε 0 N D<br />
= (2.14)<br />
2<br />
εε<br />
B<br />
0<br />
( Φ + eV)<br />
B<br />
(2.15)<br />
(2.16)<br />
Trägt man (2CHF,0/CHF-1) 2 über der angelegten Spannung auf, erwartet man eine Gerade,<br />
deren Schnittpunkt mit der Spannungsachse die Barrierenhöhe ergibt.<br />
2.2.2. Das Leitwertverfahren für die MOS-Grenzfläche<br />
Nicollian und Goetzberger veröffentlichten 1967 das Leitwertverfahren für eine MOS-<br />
Grenzfläche (MOS, engl. für Metall-Oxid-Halbleiter). Ausgangspunkt war die Feststellung,<br />
daß experimentell unter Wechselspannungsbedingungen nicht nur eine Kapazität, sondern<br />
auch ein Leitwert beobachtet wird. Da vom Halbleiter zum Metall und umgekehrt wegen des<br />
Oxids kein Strom fließen kann, muß dieser im Meßkreis gemessene Verlust durch die<br />
Wechselwirkung zwischen freien Elektronen und Grenzflächenzuständen an der Oxid-<br />
Halbleiter-Grenzfläche verursacht werden. Eine anschauliche Erklärung für diesen<br />
Verlustmechanismus ist in den Originalarbeiten [178,179] gegeben. Werner [168] zeigte in<br />
seiner Arbeit, daß diese Methode auch für Korngrenzen in Silizium bei Spannungen kleiner<br />
als der halbe Bandabstand angewendet werden kann. Bei Silizium sind das rund 0,6 V. Die<br />
Abbildung 2.8 zeigt den Vergleich einer MOS-Grenzfläche und einer Korngrenze für kleine<br />
angelegte Wechselspannungen. An den beiden Grenzflächen sind durch Elektroneneinfang<br />
geladene Störstellen vorhanden. Unter Gleichspannungsbedingungen fließt an der MOS-<br />
Grenzfläche aufgrund des Oxids kein Strom, während an der Korngrenze ein Strom thermisch<br />
emittierter Elektronen über die Barriere Φ B fließt. Legt man eine Wechselspannung an die<br />
Grenzfläche an, läßt sich ein frequenzabhängiger Leitwert beobachten, aus dem die<br />
13
Zustandsdichte der Grenzflächenzustände bestimmt werden kann [168,178-180]. Es wird<br />
angenommen, daß ein Austausch von Ladungsträgern nur mit dem Majoritätsträgerband<br />
stattfindet. Ein Austausch mit dem Minoritätsträgerband und Rekombinationen werden<br />
vernachlässigt. Für die unter Gleichspannungsbedingungen an der Grenzfläche vorliegenden<br />
Konzentrationen freier Elektronen und Löcher muß gelten:<br />
c >> c<br />
(2.17)<br />
n n dc<br />
p p dc<br />
n dc und p dc sind die an der Grenzfläche vorliegenden Ladungsträgerkonzentrationen. c n und<br />
n/p n/p<br />
cp<br />
sind die Einfangkoeffizienten definiert als cn/p<br />
= th th . Ist die Gleichung (2.17) erfüllt,<br />
wird die Besetzung der Grenzflächenzustände durch das Quasi-Ferminiveau freier Elektronen<br />
beschrieben.<br />
σ v ⋅<br />
Die Nettostromdichte J SS der an der Oxid-Halbleiter-Grenzfläche eingefangenen Elektronen<br />
kann für ein einzelnes Störstellenniveau durch die Shockley-Read-Hall-Statistik für<br />
Grenzflächenzustände beschrieben werden [180].<br />
SS<br />
(<br />
J = e R − G ) (2.18)<br />
th<br />
R n und G n sind die Einfangrate bzw. die Emissionsrate der pro Zeiteinheit und<br />
Flächeneinheit aus dem Leitungsband eingefangenen bzw. ins Leitungsband emittierten<br />
Elektronen. Sobald an der Grenzfläche ein Elektron eingefangen wird, muß sich aus Gründen<br />
der Ladungsneutralität auch eine positive Ladung in der Raumladungszone bilden. Damit<br />
+<br />
vergrößert sich die Raumladungszone. Die zeitliche Änderung der positiven Ladung Q und<br />
die dadurch entstehende Verschiebungsstromdichte J SS ist gleich der in (2.18) gegebenen<br />
Stromdichte.<br />
+<br />
dQ<br />
J ss = e<br />
(2.19)<br />
dt<br />
Im folgenden wird für die Störstellenzustandsdichte N T ein Störstellenniveau mit der<br />
2<br />
Flächendichte N S ( cm ) eingesetzt. Unter stationären Bedingungen, also bei einer angelegten<br />
Gleichspannung V muß an der Grenzfläche das Quasi-Ferminiveau der Elektronen im Band<br />
mit dem Quasi-Ferminiveau der Störstellenzustände übereinstimmen, da vorausgesetzt wird,<br />
daß allein mit dem Leitungsband Ladungsträger ausgetauscht werden können.<br />
−<br />
dc<br />
E F<br />
E V<br />
φ B<br />
E L ξ<br />
J SS<br />
MOS-Grenzfläche<br />
Metall<br />
eV<br />
eV 1<br />
Φ B<br />
ξ<br />
n<br />
th<br />
n<br />
J th<br />
J SS<br />
Korngrenze im n-Halbleiter<br />
Abb. 2.8: Vergleich der Bändermodelle einer MOS-Grenzfläche und einer Korngrenze im n-<br />
Halbleiter.<br />
14<br />
eV<br />
EV EF E V
Erzeugt man durch eine Wechselspannung δV<br />
, mit eδV
die Suszeptanz B:<br />
n ωC<br />
n<br />
B SS = = ωC<br />
SS<br />
(2.29)<br />
1+<br />
ω<br />
Durch die Wechselspannung wird die Barrierenhöhe moduliert. Die effektive Spannung<br />
bewirkt eine Variation der Barrierenhöhe δΦ .<br />
()<br />
tn<br />
2 2<br />
τ n<br />
kT δn<br />
δΦ = (2.30)<br />
e n<br />
Nun läßt sich der Strom J t schreiben als t = Y ⋅<br />
(2.31)<br />
SS J SS () SS δΦ<br />
Ähnlich wie für ein einzelnes Niveau beschrieben, kann die Admittanz für eine<br />
kontinuierliche Zustandsdichte NSS<br />
berechnet werden. Für eine kontinuierliche Zustandsdichte<br />
findet der Austausch von Ladungsträgern mit dem Leitungsband innerhalb weniger kT<br />
um das Ferminiveau statt [179, 182]. Für die Admittanz ergibt sich:<br />
m<br />
(<br />
dc<br />
n 2 NSS<br />
2 2<br />
G SS = e ln 1+<br />
ω τ m ) (2.32)<br />
2 τ<br />
N<br />
= ) (2.33)<br />
n 2 SS<br />
B SS e arctan ( 1 + ω τ m<br />
τ m<br />
Die Bestimmung der Zustandsdichte NSS oder der Konzentration N S und des Einfangquerschnitts<br />
der Störstellen an der MOS-Grenzfläche kann entweder mit den Debye-<br />
Gleichungen (2.27) und (2.29) oder mit (2.32) und (2.33) durchgeführt werden. Dazu müssen<br />
G SS und BSS<br />
zuerst aus dem gemessenen Leitwert und der gemessenen Suszeptanz extrahiert<br />
werden, da zusätzlich noch die Kapazitäten des Oxids COx<br />
und der Raumladungszone<br />
mitgemessen werden [179]. Als Grundlage dient das Ersatzschaltbild in Abb. 2.9.<br />
AC δU<br />
C Ox<br />
C C HF δΦ (ω) SS GSS (ω)<br />
Abb. 2.9: Ersatzschaltbild der MOS-Grenzfläche.<br />
Für die Bestimmung der Zustandsdichte und des Einfangquerschnitts kann entweder die<br />
Frequenzabhängigkeit der Kapazität oder die des Leitwerts analysiert werden, da beide<br />
Größen über die Kramer-Kronig-Beziehung [179] miteinander verknüpft sind. Wegen der<br />
hohen Oxidkapazität COx<br />
ist es jedoch wesentlich einfacher, das Verhalten des Leitwerts als<br />
Funktion der Temperatur zu analysieren.<br />
Für den Fall eines einzelnen Niveaus hat G SS/ω<br />
nach (2.27) ein Maximum für ω τ n = 1.<br />
Der<br />
Wert von G SS/ω<br />
am Maximum ist C tn /2 . Für eine kontinuierliche Zustandsdichte hat G SS/ω<br />
nach (2.32) ein Maximum für ω τ m = 1,98 , und der Wert des Maximums ergibt sich aus<br />
(2.32) Für beide Fälle kann man aus der Lage des Maximums die Konzentration NS<br />
bzw. die<br />
Zustandsdichte N und den Einfangquerschnitt bestimmen [149,183].<br />
SS<br />
16
2.3 Magnetische Eigenschaften von ferromagnetischen Schichtsystemen<br />
Wie in der Einleitung gezeigt, kann man neben reinen Silizium-Silizium-Übergängen auch<br />
Silizium mit dünnen Metallschichten auf der Oberfläche bonden. Diese Zwischenschichten<br />
haben ein großes Potential für die Anwendung in magnetoelektronischen Bauelementen. In<br />
diesem Kapitel sollen kurz die physikalischen Grundlagen dieser Schichtsysteme und die<br />
Wirkungsweise des Spin-Valve-Transistors vorgestellt werden.<br />
2.3.1. Der Effekt der magnetfeldabhängigen Widerstandsänderung<br />
Der GMR-Effekt (GMR- Giant Magneto Resistance) beruht auf der spinselektiven Durchlässigkeit<br />
von magnetischen Schichtsystemen. Zur Erklärung des GMR-Effekts dient<br />
folgendes Modell: Die elektrische Leitung in magnetischen Metallen, insbesondere in den<br />
Übergangsmetallen Eisen, Kobalt und Nickel, ist abhängig vom Spin der Leitungselektronen.<br />
Einmal ist der Spin parallel zur lokalen Magnetisierung und im anderen Fall antiparallel. Der<br />
Widerstand für einen elektrischen Strom in Metallen wird bestimmt durch die freie Weglänge<br />
der Elektronen. Liegen starke und effektive Streuprozesse vor, erhält man eine kurze freie<br />
Weglänge und der Widerstand ist groß. Im Gegensatz dazu führen schwache Streuprozesse zu<br />
einer großen freien Weglänge und einem kleinen Widerstand. Der GMR-Effekt basiert auf der<br />
Tatsache, daß die Streuprozesse für die eine Spinorientierung effektiver sind als für die<br />
andere, wobei ein Umklappen des Spins ausgeschlossen wird.<br />
Die Streuung von Elektronen in einem magnetischen Metall ist sehr effektiv, wenn deren Spin<br />
antiparallel zum lokalen magnetischen Moment ist. Das führt zu einer sehr kurzen freien<br />
Weglänge für aufwärts polarisierte Elektronen in einer Region, in der das Magnetfeld abwärts<br />
polarisiert ist. Eine schwache Streuung erfahren Elektronen, deren Spin parallel zum<br />
magnetischen Moment ist. Das führt zu einer sehr großen freien Weglänge und einem kleinen<br />
effektiven Widerstand für aufwärts polarisierte Elektronen in einem aufwärts polarisierten<br />
Magnetfeld.<br />
Die elektrische Leitung in einem magnetischen Mehrschichtsystem ist in Abbildung 2.10<br />
dargestellt. Im Bild a) sind die aufeinanderfolgenden ferromagnetischen Kobaltschichten<br />
aufgrund der antiferromagnetischen Kopplung durch die Kupferschicht antiparallel<br />
magnetisiert. Durch ein von außen angelegtes Magnetfeld, das stark genug ist, die<br />
magnetische Kopplung zu überwinden, werden sie parallel magnetisiert (b). Im Fall der<br />
antiparallelen magnetischen Momente (a) ist die Streuung der Elektronen wesentlich<br />
wahrscheinlicher als im Fall der parallelen Momente (b).<br />
Spin<br />
Spin<br />
Stromfluß<br />
Spin<br />
Cu<br />
M Co<br />
Cu<br />
M Co<br />
Cu<br />
a b<br />
Abb. 2.10: Prinzip der Stromleitung in einem magnetischen Mehrschichtsystem;<br />
unterschiedliche Streuprozesse erzeugen unterschiedliche Widerstände bei antiparalleler (a)<br />
und paralleler (b) Magnetisierung.<br />
17<br />
Spin<br />
M<br />
M<br />
Cu<br />
Co<br />
Cu<br />
Co<br />
Cu
Elektronen behalten ihre Spininformation innerhalb ihrer mittleren freien Weglänge für Spin-<br />
Umklapp-Prozesse, wenn sie durch einen Festkörper fließen. Daher wird das aufwärts<br />
polarisierte Elektron in der aufwärts magnetisierten Metallschicht wenig gestreut, durchquert<br />
die einige Nanometer dicke Zwischenschicht und wird dann in der abwärts magnetisierten<br />
Schicht stark gestreut. Sind beide Metallschichten aufwärts magnetisiert, kann das Elektron<br />
ohne größere Behinderung beide Schichten durchdringen, und es fließt ein höherer<br />
elektrischer Strom. Als Folge kann man eine signifikante Widerstandsänderung zwischen<br />
paralleler und antiparalleler Magnetisierung der Metallschichten feststellen. Dieser Effekt<br />
wird Magnetowiderstand MR genannt und ist definiert als:<br />
MR<br />
( % )<br />
ρ<br />
− ρ<br />
ρ<br />
AF FM<br />
HK<br />
HS<br />
= 100 × = 100 ×<br />
(2.34)<br />
FM<br />
Hierbei ist ρ AF der Widerstand für die antiparallele Orientierung der Magnetisierung in den<br />
Schichten, ρ FM der für die parallele Orientierung, R H der Widerstand der Schicht bei der<br />
K<br />
Koerzitivfeldstärke und R H der bei der Sättigungsfeldstärke. Typische Werte für den GMR-<br />
S<br />
Magnetowiderstand sind einige Prozent.<br />
Der Widerstand wird meist bei Stromfluß parallel zu den Metallschichten gemessen (engl.<br />
current in plane – CIP). Diese einfache Messung hat einige Nachteile. Der Spin-Valve-Effekt<br />
wird vermindert, da viele Elektronen einfach nur in einer Schicht fließen (Abb. 2.11a).<br />
Spinunabhängige Streuung an den Grenzflächen reduziert den CIP-Magnetowiderstand in<br />
dünnen Metallschichten sehr stark. Die grundlegenden Prozesse des GMR-Effekts lassen sich<br />
in der CIP-Geometrie schwer beobachten. Mißt man den Strom senkrecht zu den<br />
Metallschichten (current perpendicular to the planes – CPP), löst man diese Probleme, weil<br />
die Elektronen alle magnetischen Schichten durchqueren müssen (Abb. 2.11b). Allerdings<br />
gibt es dort ein anderes Problem: Der senkrechte Widerstand von ultradünnen Mehrschichtsystemen<br />
ist sehr klein und kann mit normalen Techniken nur sehr schwer gemessen werden.<br />
Spin<br />
CIP-Stromfluß<br />
Spin<br />
R<br />
R<br />
− R<br />
M<br />
Cu<br />
Co<br />
Cu<br />
M Co<br />
Cu<br />
M<br />
a b<br />
Abb. 2.11: Stromfluß im CIP-GMR (a) und im CPP-GMR (b).<br />
HS<br />
Spin<br />
CPP-Stromfluß<br />
Abbildung 2.11 demonstriert, daß ein hoher elektrischer Widerstand nur erreicht werden<br />
kann, wenn die Elektronen mindestens zwei antiparallel zueinander orientierte Schichten<br />
durchqueren. Beim CIP-GMR wandern die Elektronen meist parallel zu den magnetischen<br />
Schichten und durchqueren dabei kaum mehrere Schichten, während sie beim CPP-GMR alle<br />
Schichten durchqueren. Daher ist der Magnetowiderstand im CPP-GMR wesentlich größer.<br />
Valet und Fert entdeckten 1986 den GMR-Effekt und zeigten, daß der Magnetowiderstand<br />
eine Folge von Streuprozessen im Metall und an den Grenzflächen ist [184-186]. Sie<br />
beschreiben den Stromtransport im CPP-GMR in einem Zweikanalmodell als eine Reihenschaltung<br />
von zwei Widerständen. Zur Entwicklung eines Modells für den spinabhängigen<br />
Transport von heißen Elektronen in einer spinselektiven Schicht wie z.B. beim Spin-Valve-<br />
Transistor wurde das für den CPP-GMR entwickelte Modell der in Reihe geschalteten<br />
18<br />
M<br />
Cu<br />
Co<br />
Cu<br />
Co<br />
Cu
Widerstände auf den Spin-Valve-Transport erweitert. Im Unterschied zum Fermitransport<br />
wird hierbei gezeigt, daß die auf die Elektronen wirkenden Streumechanismen abhängig von<br />
der Energie der Elektronen sind.<br />
Die drei wichtigsten Streuprozesse im GMR sind die spinabhängige Streuung in den<br />
magnetischen Schichten, die spinabhängige Streuung an den Grenzflächen und die Reflexion<br />
an den Grenzflächen aufgrund des Bandversatzes zwischen den Metallschichten. Die<br />
Elektronen werden in den Metallschichten an Phononen und Magnonen quasi-elastisch und an<br />
Defekten elastisch gestreut. An den Grenzflächen findet eine nahezu temperaturunabhängige<br />
elastische Streuung an Defekten und Verunreinigungen statt.<br />
Den Zusammenhang des Magnetowiderstandes mit der Bandstruktur zeigt Abbildung 2.12.<br />
Dort sind die berechneten Zustandsdichten ferromagnetischer Metalle abgebildet [187]. Zur<br />
Betrachtung des Stromflusses wird angenommen, daß die Elektronen hauptsächlich im 3s-<br />
Band fließen [188]. Abbildung 2.12 zeigt, daß ohne Umklappen des Spins die aufwärts<br />
polarisierten Elektronen, die Majoritätselektronen, nur innerhalb des aufwärts polarisierten s-<br />
Bandes streuen können. Dieses s-Band hat nur sehr wenige Zustände zur Verfügung, während<br />
die abwärts polarisierten Elektronen, die Minoritätselektronen, nicht nur in s-Zustände streuen<br />
können, sondern auch in die entfernteren, aber reichlich vorhandenen, abwärts polarisierten d-<br />
Zustände. Die lokale spinabhängige Zustandsdichte ändert sich mit der lokalen<br />
Magnetisierung. Bei höheren Energien ändern sich die Zustandsdichten und folglich die<br />
Relaxationszeit und die freie Weglänge; daher verändern sich auch die Widerstände.<br />
Bei Gesamtdicken der Schichtsysteme von 1-10 nm ist der Widerstand der Grenzflächen<br />
höher als der Widerstand der Schichten. Man erwartet daher, daß der Beitrag der<br />
Grenzflächen zum CPP-GMR auch höher ist als der der Schicht. Den Hauptteil des<br />
Widerstandes im CPP-GMR bilden Streuungen und Reflexionen an den Grenzflächen. Diese<br />
bewirken außerdem eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für das Umklappen des Spins [189,190].<br />
Selbst an ideal glatten Grenzflächen findet eine spinabhängige Reflexion statt [191].<br />
Abb. 2.12: Spinabhängige Zustandsdichten in ferromagnetischen Metallen [187].<br />
19
2.3.2. Der Spin-Valve-Transistor<br />
2.3.2.1. Funktionsprinzip des Spin-Valve-Transistors<br />
Wie im vorigen Kapitel gezeigt, wird der Spin-Valve-Effekt durch die unterschiedliche freie<br />
Weglänge der Elektronen in den verschieden magnetisierten ferromagnetischen Schichten<br />
erzeugt. Der Spin-Valve-Transistor basiert auf der Injektion heißer Elektronen in eine<br />
spinselektive Basis. Ein Schema eines Spin-Valve-Transistors zeigt Abbildung 2.13.<br />
V EB<br />
-<br />
VBC<br />
+<br />
I E<br />
I B<br />
I C<br />
e -<br />
e -<br />
e -<br />
e -<br />
Si-Emitter<br />
Si-Kollektor<br />
spin-selektive<br />
Schicht<br />
Abb. 2.13: Schematischer Querschnitt durch einen Spin-Valve-Transistor [80].<br />
Am Emitter liegt die Spannung in Vorwärtsrichtung der Schottkydiode an. Der Kollektor ist<br />
in Rückwärtsrichtung zur gemeinsamen Basis gepolt. Aufgrund der unterschiedlichen<br />
Siliziumorientierungen und der Prozessierungen weisen die Schottkybarrieren unterschiedliche<br />
Höhen auf. An der Oberseite der spinselektiven Schicht ist die Emitter-Schottkybarriere<br />
höher als die Kollektor-Schottkybarriere an der Unterseite. Dieser geringe Unterschied soll<br />
die quantenmechanische Reflexion am Übergang Basis-Kollektor verringern. Das wird in<br />
Abbildung 2.14 anhand des Bändermodells erläutert.<br />
EL EF V EB<br />
e -<br />
0.83 eV<br />
0.78 eV<br />
V BC<br />
(100)-Si H Pt Fe Au Co Pt Pt<br />
(111)-Si<br />
spin-selektive<br />
Emitter Kollektor<br />
Basis<br />
Abb. 2.14: Bändermodell des Spin-Valve-Transistors.<br />
20<br />
e -<br />
e -<br />
EL EF
Die Emitterspannung beschleunigt die Elektronen über die Barriere. Die entstandenen heißen<br />
Elektronen werden hinter der Barriere zu quasi-ballistischen Elektronen, die in der Basis<br />
spinselektiv gestreut werden, wobei die Stärke der Streuung durch den Magnetisierungszustand<br />
des Basis bestimmt wird. Die Wahrscheinlichkeit, daß diese Elektronen auch die<br />
Kollektorbarriere überwinden, wird bestimmt durch die Anzahl der Kollisionen in der Basis,<br />
bei denen sie Energie verlieren bzw. ihre Richtung ändern können. Energieärmere Elektronen<br />
werden an der Kollektorbarriere quantenmechanisch reflektiert. Daher trägt nur ein sehr<br />
geringer Teil des Emitterstromes I E zum Kollektorstrom I C bei. Daraus ergibt sich das<br />
Transferverhältnis α als:<br />
IC<br />
α = (2.35)<br />
I<br />
Der Zusammenhang zwischen der Kollektorstromdichte J C und der injizierten Emitterstromdichte<br />
J ist nach [192]:<br />
E<br />
C<br />
E<br />
E<br />
qm<br />
C<br />
E<br />
r<br />
−W<br />
/ λ ( M)<br />
J = J α α α M e + J<br />
LS<br />
(2.36)<br />
α E beschreibt die Emittereffektivität, α qm die quantenmechanische Durchlässigkeit und α C<br />
die Kollektoreffektivität. λ ( M)<br />
r ist die freie Weglänge der injizierten heißen Elektronen in der<br />
W/<br />
λ ( M)<br />
Metallschicht der Dicke W und der Faktor e<br />
r<br />
−<br />
beschreibt die Transmissionswahrscheinlichkeit<br />
der heißen Elektronen in der Basis. J LS ist der Leckstrom, der durch die in<br />
Sperrichtung gepolte Kollektor-Schottkybarriere bestimmt wird. M repräsentiert den<br />
Avalanche-Faktor und ist abhängig vom Aufbau des Bauelements; erfolgt keine<br />
Stoßionisation, so ist er gleich eins. Der Leckstrom der Kollektor-Schottkybarriere trägt zum<br />
Kollektorstrom J C bei.<br />
Mit dem Spin-Valve-Transistor läßt sich der senkrechte GMR-Effekt schon bei drei Schichten<br />
nachweisen. Grundlage ist die exponentielle Verstärkung des Magnetowiderstandes aufgrund<br />
der Abhängigkeit der freien Weglänge der Elektronen in der Metallbasis von der<br />
Magnetisierung. Die Elektronenenergie kann durch unterschiedliche Emitter-Schottkybarrieren<br />
variiert werden. Im Spin-Valve-Transistor können spinabhängige Streuzentren im<br />
Unterschied zum CPP-GMR genau lokalisiert werden. Die relative Änderung des Kollektorstromes<br />
wird nicht durch spinunabhängige Streuprozesse verringert. Es kann die direkte<br />
Magnetfeldabhängigkeit der freien Weglänge aufgrund des Elektronenspins für jede Schicht<br />
und Grenzfläche bestimmt und mit variierten Basisdicken genau berechnet werden.<br />
Der gesamte Elektronentransport vom Emitter zum Kollektor des Spin-Valve-Transistors<br />
kann in vier voneinander unabhängigen Schritten beschrieben werden: Zuerst findet die<br />
Injektion von Elektronen über die Schottkybarriere mit einer bestimmten Winkel- und<br />
Energieverteilung in die Oberfläche der Metallbasis statt (Emittereffizienz α E ). Die heißen<br />
Elektronen werden durch die Metallbasis transportiert, wobei sich die anfängliche<br />
Energieverteilung durch inelastische Streuprozesse aufweitet. Elastische Streuprozesse<br />
verändern die Richtung der Elektronenbewegung und reduzieren r die Wahrscheinlichkeit des<br />
−W<br />
/ λ ( M)<br />
Eintritts in den Kollektor (Metallbasis-Transportfaktor e ). Vor dem Eintritt in den<br />
Kollektor erfahren einige Elektronen eine quantenmechanische Reflexion an der Grenzfläche<br />
vom Metall in den Halbleiter (quantenmechanischer Transmissionsfaktor α qm ). Beim<br />
Transport im Halbleiter kann eine Rückstreuung in die Metallbasis erfolgen<br />
(Kollektoreffizienz α C ). Problematisch ist der stark temperaturabhängige Leckstrom. Er wird<br />
zum gesamten Kollektorstrom addiert. Diese Transportfaktoren und der Leckstrom werden im<br />
nächsten Kapitel genauer diskutiert.<br />
21
2.3.2.2. Elektronentransport im Spin-Valve-Transistor<br />
Emittereffizienz αE - thermionische Emission: Ein Elektron kann auf verschiedenen Wegen<br />
über einen Metall-Halbleiter-Übergang transportiert werden. Die Möglichkeiten sind in<br />
Abbildung 2.15 für einen n-Halbleiter dargestellt.<br />
Halbleiter<br />
d<br />
c<br />
e<br />
b<br />
a<br />
x M<br />
V EB<br />
x I<br />
∆Φ E<br />
Φ E<br />
∆Φ EC<br />
E F<br />
Metall<br />
∆Φ C<br />
Φ C<br />
x M<br />
- V EB<br />
a<br />
b<br />
Halbleiter<br />
Abb. 2.15: Elektrontransportprozesse an der Emitter-Schottkybarriere und der Kollektor-<br />
Schottkybarriere: a) thermische Emission über die Barriere, b) temperaturabhängiges Tunneln<br />
durch die Barriere: thermische Feldemission, c) direktes Tunneln durch die Barriere:<br />
Feldemission, d) Rekombination in der Raumladungszone und e) Rekombination in der<br />
neutralen Zone (Lochinjektion).<br />
Technisch ist es heute möglich, nahezu ideale Schottkybarrieren herzustellen, in denen der<br />
Prozeß (a), beschrieben durch die thermische Emissionstheorie (vgl. Kap. 2.2.1.), bei<br />
Raumtemperatur der Haupttransportprozeß ist. Die Prozesse (b) und (c) spielen nur bei hohen<br />
Dotierungen und niedrigen Temperaturen eine Rolle. Unter normalen Bedingungen können<br />
noch (d) und (e) zum Stromtransport beitragen. Die Beiträge der anderen Transportprozesse<br />
hängen sehr stark von der Temperatur, der Dotierung und der angelegten Spannung ab.<br />
In Abbildung 2.15 ist Φ E die Barrierenhöhe am Emitter und ∆ E die aufgrund des<br />
angelegten Feldes und der Bildkraft verringerte Barrierenhöhe. Das Maximum der Schottkybarriere<br />
liegt nicht an der metallurgischen Metall-Halbleiter-Grenzfläche ( ), sondern ist<br />
aufgrund der Bildkraft-Korrektur [193,194] ein paar Nanometer in den Halbleiter ( )<br />
verschoben. ist der Punkt, an dem ein Elektron im Emitter genug Energie hat, um die<br />
Kollektorbarriere der Höhe zu überwinden. ∆ ist die Energiedifferenz zwischen der<br />
Emitter- und Kollektorbarriere quer über die Metallbasis-Struktur.<br />
Φ<br />
x = 0<br />
x M<br />
x I<br />
Φ C<br />
Φ EC<br />
Drei Wahrscheinlichkeiten bestimmen die Emittereffizienz: Die Wahrscheinlichkeit TU,<br />
daß<br />
ein Elektron den Weg zur Barriere ohne Streuung passiert. Streut es doch, ergibt sich die<br />
Wahrscheinlichkeit SC<br />
, daß es bei diesem Streuprozeß vorwärts streut und der Winkel zum<br />
Eintritt in den Kollektor ausreicht und dann die Wahrscheinlichkeit S E , daß das unter<br />
ungünstigem Winkel gestreute Elektron an der Emitterbarriere rückgestreut wird. Die<br />
Wahrscheinlichkeit, daß ein Elektron emittiert wird, ist dann 1 - SE<br />
, und daß es nach einer<br />
Rückstreuung am Emitter unter einem günstigen Winkel zum Kollektor fliegt, ist S C − SE<br />
.<br />
Die Kollektorwahrscheinlichkeit ergibt sich als: T + 2S<br />
− S [195,196].<br />
22<br />
U<br />
C<br />
E<br />
c
Metallbasis-Transportfaktor – Transport heißer Elektronen in Metallen: Die Elektronen<br />
werden mit einer Energie in das Metall injiziert, die rund 1 eV über dem Ferminiveau des<br />
Metalls liegt. Das beeinflußt die Streuprozesse im Metall. Es können Streuungen an<br />
Phononen, Verunreinigungen, Defekten und Elektron-Elektron-Streuungen auftreten. In den<br />
meisten Metallen, besonders in den dünnen Filmen, finden die Streuungen hauptsächlich an<br />
Verunreinigungen und Defekten statt. Die Energieabhängigkeit dieser Streuprozesse ist<br />
ähnlich der Energieabhängigkeit von Streuungen an Phononen [193]. Die ungefähre Energieabhängigkeit<br />
der freien Elektron-Elektron-Weglänge kann aus der Zustandsdichte geschlossen<br />
werden. Streuen heiße Elektronen an Elektronen, deren Energie unterhalb des Ferminiveaus<br />
liegt, besetzen beide Elektronen nach dem Stoß unbesetzte Zustände.<br />
Der Transport heißer Elektronen in der Metallbasis mit E < 2 eV wird hauptsächlich durch<br />
elastische Streuung bestimmt. Die exponentielle Abhängigkeit rührt von dem kleinen<br />
Eintrittswinkel der Elektronen in die Kollektorbarriere (θ ≈ 10°<br />
, [197,198]) her. Somit<br />
schließt eine einzige Streuung eines Elektrons schon einen Eintritt in den Kollektor aus.<br />
Daher wird der Kollektorstrom von Elektronen bestimmt, die ballistisch vom Emitter zum<br />
Kollektor gelangen, was mit BEEM (Ballistische Elektronen-Emissions-Mikroskopie)<br />
bestätigt wurde [199].<br />
Quantenmechanischer Transmissionsfaktor αqm an der Kollektorbarriere: Im Vergleich<br />
zum klassischen Transport erlaubt die Quantenmechanik Teilchen auch Energiebarrieren zu<br />
überwinden, die höher als ihre eigene Energie sind. Auch kann ein Teilchen mit höherer<br />
Energie an einer niedrigeren Barriere reflektiert werden. Die mittlere kinetische Energie der<br />
Elektronen ist im Metall viel höher als im Halbleiter, z.B. in Gold 5,5 eV [200]. Diese Energie<br />
geht verloren, wenn das Elektron vom Metall in das Leitungsband des Halbleiters eintritt. Der<br />
relativ hohe Energieverlust wird hier durch ein einfaches Stufenmodell der Kollektor-<br />
Schottkybarriere erklärt und soll die wichtigsten Parameter verdeutlichen. In diesem Modell<br />
ist die Wahrscheinlichkeit für eine quantenmechanische Reflexion [202]:<br />
R<br />
2<br />
1−<br />
χ<br />
( )<br />
( E)<br />
E = mit ( E)<br />
1+<br />
χ(<br />
E)<br />
C<br />
m<br />
2<br />
χ = ⋅<br />
(2.37)<br />
m<br />
1<br />
E<br />
E + E<br />
Hier ist m1<br />
die effektive Masse des Elektrons im Metall und m 2 die im Halbleiter. E ist der<br />
Überschuß in der Elektronenenergie im Vergleich zur Barriere und E 0 ist die Schritthöhe<br />
berechnet vom Boden des Leitungsbandes im Metall, z.B. 6,6 eV am Gold-Silizium-Übergang<br />
(Barrierenhöhe + Fermienergie). Daraus läßt sich die Transmissionswahrscheinlichkeit zu<br />
α qm = 1−<br />
R ( E)<br />
berechnen. Für eine hohe Transmissionswahrscheinlichkeit muß E groß sein<br />
und E 0 klein. Einen hohen Wert für E erreicht man, indem man Strukturen mit einem großen<br />
Unterschied zwischen den Barrierenhöhen des Emitters und des Kollektors herstellt. Für eine<br />
hohe Energie der heißen Elektronen oder eine Barrierenhöhendifferenz größer als 0,1 eV wird<br />
α qm fast eins. Ein Nachteil einer hohen Barrierendifferenz ist die Zunahme der<br />
Wahrscheinlichkeit von Streuprozessen, besonders an optischen Phononen. Die<br />
quantenmechanische Transmission muß unter Berücksichtigung dieser Parameter optimiert<br />
werden.<br />
Transport im Halbleiter - Kollektoreffizienz αC: Wie schon erwähnt, ist der Akzeptanzwinkel<br />
für den Eintritt in den Kollektor mit θC ≈ 10°<br />
sehr klein. Die Kollektoreffizienz wird<br />
bestimmt durch die Emittereffektivität und die exponentielle Abhängigkeit der freien<br />
23<br />
0
Weglänge in der Metallbasis. Sind die Elektronen in den Halbleiter eingetreten, wird die<br />
Kollektoreffizienz durch einen weiteren Faktor beschränkt: Elektron-Phonon-Streuungen<br />
können die Elektronen vor dem Maximum der Kollektorbarriere wieder in das Metall<br />
zurückwerfen. Elektronen, deren Energie knapp oberhalb der Schwellenergie für einen Eintritt<br />
in den Kollektor liegt, haben eine große Wahrscheinlichkeit, durch Streuungen wieder zurück<br />
in das Metall emittiert zu werden. Hinter dem Maximum der Schottkybarriere werden die<br />
Elektronen durch das anliegende elektrische Feld in die Verarmungszone beschleunigt und<br />
wandern in den neutralen Teil des n-Halbleiters. Die Streuung hinter der Barriere wird<br />
bestimmt von der Dotierung des Halbleiters, da diese die Länge der Raumladungszone und<br />
damit die Beschleunigung durch das elektrische Feld bedingt.<br />
Kollektor-Leckstrom: Der Leckstrom der Kollektorbarriere ist das größte Problem, denn er<br />
behindert die Messung des Stromes heißer Elektronen im Kollektor. Er wird bestimmt von<br />
Elektronen, deren thermische Energie höher ist als die Barrierenhöhe (Transportprozeß (a) in<br />
der rechten Seite der Abbildung 2.15). Der Leckstrom ist abhängig von der Temperatur, wie<br />
aus der in Kapitel 2.2.1. gezeigten Gleichung (2.7) für die thermische Emission hervorgeht.<br />
Zur Erinnerung sei sie hier wiederholt:<br />
∗ 2 −(<br />
ΦB<br />
) / kT<br />
J = J = A T ⋅ e<br />
(2.38)<br />
LS<br />
th<br />
Für kleine Kollektorbarrieren ist der Leckstrom bei Raumtemperatur zu hoch. Injiziert man<br />
bei Raumtemperatur in einen Spin-Valve-Transistor einen Strom von rund 2 mA, so erhält<br />
man am Kollektor nur einen Strom von ungefähr 10 nA. Das geringe Transferverhältnis α<br />
erfordert einen sehr geringen Leckstrom bei Raumtemperatur, da sonst der Leckstrom die<br />
geringe Stromänderung des Spin-Valve-Effektes überdeckt. Ein niedriger Leckstrom kann<br />
durch höhere Barrieren erreicht werden. Allerdings muß man gleichzeitig auch die<br />
Emitterbarriere erhöhen. Weiter läßt sich der Leckstrom durch niedrige Temperaturen und<br />
kleine aktive Bauteilflächen verringern. Die niedrige Temperatur bewirkt eine steigende freie<br />
Weglänge in der Metallbasis und einen Anstieg des Magnetowiderstandes.<br />
Nahezu ideale Schottkybarrieren erhält man nur durch das Aufdampfen von z.B. Platin auf<br />
eine perfekte einkristalline Siliziumoberfläche im UHV. Da man für einen Spin-Valve-<br />
Transistor zwei ideale Schottkybarrieren benötigt, läßt er sich am einfachsten durch UHV-<br />
Bonden realisieren.<br />
24
3. Experimentelles<br />
3.1. Verwendete Siliziumwafer<br />
Für die Untersuchungen im Rahmen dieser Arbeit wurden einseitig polierte, einkristalline<br />
Siliziumwafer mit einem Durchmesser von 100 mm und einer Dicke von 525 µm ± 25 µm<br />
benutzt.<br />
Zur Charakterisierung der elektrischen Eigenschaften wurden (100)-orientierte Wafer<br />
unterschiedlicher Dotierung untersucht. Eine Übersicht über die Dotierungen gibt Tabelle I.<br />
Die niedrig dotierten Wafer waren doppelseitig poliert und wiesen auf der einen Seite eine<br />
höherdotierte epitaktisch aufgewachsene Siliziumschicht auf, die die spätere elektrische<br />
Kontaktierung der Proben verbessern sollte. Im Verlauf der Arbeit wurden zwei Chargen von<br />
Wafern benutzt. Bei der ersten Charge betrug der spezifische Widerstand der 1 µm dicken<br />
epitaktischen Schicht 0,04 Ωcm für beide Dotierungen. Bei der zweiten Charge wiesen die ndotierten<br />
epitaktischen Schichten mit ρ = 0,005 Ωcm bzw. die p-dotierten Schichten mit ρ =<br />
0,001 Ωcm einen geringeren Widerstand auf. Die Dicke der Schicht betrug hier 0,3 µm.<br />
Bezeichnung in<br />
dieser Arbeit<br />
p++<br />
p+<br />
p01<br />
p10<br />
p16<br />
p40<br />
n++<br />
n+<br />
n10<br />
Dotierstoff<br />
Bor<br />
Bor<br />
Bor<br />
Bor<br />
Bor<br />
Bor<br />
Arsen<br />
Antimon<br />
Phosphor<br />
Spezifischer Widerstand<br />
in Ω cm<br />
0,002<br />
0,02<br />
0,11<br />
9,6<br />
16,4<br />
40,4<br />
0,005<br />
0,016<br />
9,8<br />
Dotierdichte<br />
in cm -3<br />
5⋅ 10<br />
2⋅ 10<br />
3⋅ 10<br />
1⋅ 10<br />
19<br />
18<br />
17<br />
15<br />
14<br />
8⋅ 10<br />
14<br />
3⋅ 10<br />
1⋅ 10<br />
19<br />
18<br />
3⋅ 10<br />
14<br />
3⋅ 10<br />
Tabelle I: Bezeichnungen und Dotierungseigenschaften der verwendeten Wafer.<br />
Für die Untersuchung der Reaktionen von ferromagnetischen Metallschichten mit Silizium<br />
beim UHV-Bonden wurden (100)-orientierte Wafer verwendet. Dabei spielte die Dotierung<br />
der Wafer keine Rolle. Es wurden daher p-dotierte Wafer mit einem Widerstand > 5 Ωcm<br />
benutzt.<br />
Bei der Herstellung der Spin-Valve-Strukturen war der als Emitter eingesetzte Wafer ein hoch<br />
n-dotierter (100)-Wafer (ρ = 0,01 Ωcm) mit einer 15 µm dicken, niedrigdotierten<br />
epitaktischen Siliziumschicht (ρ = 2 Ωcm). Der Kollektorwafer war n-dotiert, (111)-orientiert<br />
und hatte einen spezifischen Widerstand von 10 Ωcm.<br />
Alle Wafer waren mit dem Czochralski-Verfahren hergestellt worden. Czochralski-Wafer<br />
weisen eine deutlich höhere Konzentration an interstitiellen Sauerstoffatomen auf als Wafer,<br />
die nach dem teuren Float-Zone-Verfahren hergestellt werden [202]. Kommerziell hergestellte<br />
Wafer haben oft einen sogenannten Flat an einer Seite des Wafers. An dieser Stelle ist zur<br />
Orientierung parallel zu einer -Richtung ein Stück vom Kristall abgesägt worden.<br />
25
3.2. Reinigung der Siliziumoberflächen<br />
Für eine hohe Bondqualität muß die Siliziumoberfläche frei von Verunreinigungen durch<br />
Partikel, organische Moleküle und Metallionen sein. Die Reinheit der Oberfläche steht im<br />
direkten Zusammenhang zur Bondqualität und damit zu den strukturellen und besonders den<br />
elektrischen Eigenschaften der gebondeten Grenzfläche.<br />
Die verwendete Reinigungsmethode muß alle Verunreinigungen effektiv entfernen und darf<br />
dabei nicht die Oberflächenrauhigkeit vergrößern. In dieser Arbeit wurde dieselbe<br />
Reinigungsmethode verwendet, wie sie auch in der Halbleiterindustrie eingesetzt wird. Sie<br />
wird RCA-Reinigung genannt und entspricht dem einschlägigen Industriestandard, dem sog.<br />
VLSI-Standard. Es handelt sich dabei um eine naßchemische Reinigungsmethode [203]. Sie<br />
besteht aus zwei Schritten: Die RCA-1-Lösung ist NH4OH : H2O2 : H2O im Verhältnis 1:1:5<br />
und die RCA-2-Lösung besteht aus H2SO4 : H2O2 : H2O im Verhältnis 1:1:6.<br />
Die benutzten Chemikalien sind höchstrein, staubfrei und entsprechen auch dem VLSI-<br />
Standard. Die Siliziumwafer werden in die Lösungen gestellt und innerhalb von 10 Minuten<br />
auf 75 - 80°C erhitzt und dann 10 Minuten bei dieser Temperatur gehalten. Nach jedem<br />
Reinigungsschritt spült man die Wafer mehrmals mit deionisiertem Wasser.<br />
Das deionisierte Wasser wird mit einem System der Firma Millipore erzeugt. Ein Vorsystem<br />
vom Typ RX-75 erzeugt Wasser mit der Qualität von destilliertem Wasser (15 MΩcm).<br />
Dieses destillierte Wasser wird durch ein angeschlossenes sog. Super-Q-System geleitet.<br />
Dabei werden Restionen, organische Verbindungen und Partikel weiter verringert. Den<br />
Abschluß bildet ein Partikelfilter mit einer Porenweite von 0.22 µm. Das so produzierte<br />
deionisierte Wasser hat einen Widerstand von 18 MΩcm und der TOC-Wert (total organic<br />
contaminants) liegt im Bereich von 5-10 ppb.<br />
Wasserunlösliche organische Verbindungen machen die Siliziumoberfläche hydrophob und<br />
verhindern somit die Entfernung von metallischen Verunreinigungen. Daher müssen zuerst<br />
die organischen Verunreinigungen von der Oberfläche entfernt werden. Die RCA-1-Lösung<br />
entfernt diese organischen Verunreinigungen, indem das Ammoniumhydroxid das natürliche<br />
Oxid der Oberfläche auflöst und das Wasserstoffperoxid ein neues chemisches Oxid bildet.<br />
Das Ammoniumhydroxid bindet gleichzeitig Metalle wie Kupfer, Silber, Cadmium, Nickel<br />
und Kobalt unter Komplexbildung [203]. Weiterhin sorgt die RCA-1-Lösung für die<br />
Entfernung von Partikeln. Diese haften durch Adhäsion oder elektrostatische Kräfte an der<br />
Siliziumoberfläche. Durch das Auflösen der Oxidschicht gehen diese Kräfte verloren und die<br />
Partikel schweben größtenteils in der Lösung. Durch ein anschließendes mehrmaliges Spülen<br />
mit DI-Wasser werden alle Partikel entfernt. Die optimale Konzentration und die optimale<br />
Dauer der Anwendung dürfen nicht überschritten werden, da sonst die Oberfläche durch das<br />
Ammoniumhydroxid ungleichmäßig angegriffen wird und die Mikrorauhigkeit steigt.<br />
Die RCA-2-Lösung entfernt die Metallkontaminationen auf der Siliziumoberfläche. Metalle<br />
wie Kupfer, Eisen, Kobalt, Nickel, Magnesium, Chrom, Mangan, Blei und die Alkalimetalle<br />
gehen in Lösung und können wieder durch Spülen mit DI-Wasser entfernt werden. Die so<br />
gereinigten Wafer haben eine hydrophile Oberfläche.<br />
Sind die Wafer vor dem Bonden mit Fotolack bearbeitet worden oder wurden sie lange in den<br />
handelsüblichen Waferboxen gelagert, so weisen sie in erheblichen Maße organische<br />
Verunreinigungen auf. Diese lassen sich durch eine Behandlung mit heißer Piranha-Lösung<br />
(H2SO4: H2O2 im Verhältnis 4:1 oder 2:1) vor der RCA-Reinigung größtenteils entfernen<br />
[204].<br />
26
3.3. Bonden der Siliziumoberflächen<br />
3.3.1. Hydrophiles Bonden<br />
Zum Bonden von hydrophilen Wafern haben Stengl und Gösele 1988 einen Mikroreinraum<br />
entwickelt [205,206]. Dieser Mikroreinraum ermöglicht das Bonden von hydrophilen Wafern<br />
bei Reinraumverhältnissen unter normalen Laborbedingungen.<br />
Die gereinigten Wafer werden bis unmittelbar vor der Kontaktierung unter deionisiertem<br />
Wasser gelagert. Zum Bonden baut man zwei gereinigte Wafer in einen Halter im<br />
Mikroreinraum ein. Der erste Wafer liegt am Waferrand auf sechs Teflonstiften auf und zeigt<br />
mit der zu bondenen Oberfläche nach oben. Die Teflonstifte arretieren gleichzeitig den Wafer.<br />
Drei der Stifte enthalten drehbare Teflon-Abstandshalter. Diese Abstandshalter werden über<br />
den ersten Wafer gedreht und der zweite Wafer wird, mit der zu bondenen Seite nach unten<br />
zeigend, eingebaut. Die Abstandshalter trennen die Wafer rund 1 mm. Die Wafer werden nun<br />
mit ca. 30 U/min in Rotation versetzt und der Zwischenraum mit einem genau justierten,<br />
laminaren Strahl aus deionisiertem Wasser gespült. Diese Reinigung entfernt mögliche<br />
Partikel zwischen den Wafern. Gleichzeitig baut sich durch Kapillarkräfte zwischen den<br />
Wafern ein Wasserfilm auf, der eine weitere Kontamination mit Partikeln verhindert. Das<br />
Spülen dauert ungefähr fünf Minuten. Anschließend werden die Wafer mit einer transparenten<br />
Plastikhaube abgedeckt und mit 2800 U/min schnell rotiert. Über der Plastikhaube befindet<br />
sich eine Infrarot-Lampe (250 W), die die Wafer beim Rotieren auf ca. 80°C erwärmt. Durch<br />
die Rotation und das Infrarot-Licht wird das zwischen und auf den Oberflächen befindliche<br />
Wasser entfernt. Die Plastikhaube verhindert dabei die Verwirbelung der Luft um das<br />
Waferpaar und damit eine nachträgliche Kontamination des Zwischenraumes. Der Trockenprozeß<br />
dauert sieben Minuten. Die Abdeckhaube ist so konstruiert, daß sich durch das Drehen<br />
der Haube die Abstandshalter zwischen den Wafern entfernen lassen, ohne dabei die Haube<br />
abzunehmen. Sind die Abstandshalter entfernt, fallen die Wafer aufeinander. Sie sind jedoch<br />
noch durch ein dünnes Luftpolster getrennt. Durch einen leichten initialen Druck in der Mitte<br />
des Waferpaares wird ein lokaler Kontakt zwischen den Oberflächen hergestellt und die<br />
Bondwelle ausgelöst. Von dieser Stelle aus breitet sich der gebondete Bereich über den<br />
gesamten Zwischenraum bis zum Rand des Waferpaares aus, wobei das Luftpolster hinausgedrückt<br />
wird.<br />
3.3.2. Hydrophobes Bonden<br />
Das hydrophobe Bonden geschieht manuell in einem Reinraum der Klasse 1 (ca. 1 Partikel ≥<br />
0,5 µm pro Kubikfuß, d.h. pro 0.03 m 3 Reinraumluft). Die gereinigten Wafer werden wieder<br />
unter deionisiertem Wasser gelagert. Jeder der zu bondenden Wafer wird in einem speziell<br />
modifizierten Waferhalter gehalten und zur Entfernung der dünnen Siliziumoxidschicht eine<br />
Minute in zweiprozentige Flußsäure getaucht. Anschließend werden die Wafer aus der<br />
Flußsäure genommen, schnell aus den Haltern entfernt, anhand der Flats gegenseitig justiert<br />
und gebondet. Diese Prozedur sollte so schnell wie möglich durchgeführt werden und darf<br />
höchstens 15 Sekunden dauern, da sonst die hydrophoben Oberflächen stark mit Kohlenwasserstoffen<br />
aus der Reinraumluft kontaminiert werden. Die Bondwelle wird in der Mitte<br />
durch leichtes Drücken ausgelöst. Das Ausbreiten der Bondwelle kann man bei absoluter<br />
Ruhe als leichtes Knistern wahrnehmen. Beim hydrophoben Bonden wird manchmal ein<br />
Luftpolster an der Grenzfläche eingeschlossen, welches durch leichtes Massieren von der<br />
Grenzfläche zum Rand gedrückt werden kann und dort entweicht.<br />
27
3.3.3. Bonden im Ultrahochvakuum<br />
3.3.3.1 Die UHV-Bondanlage<br />
Für das UHV-Bonden wird eine spezielle Ultrahochvakuumanlage benutzt. Bis jetzt ist diese<br />
UHV-Bondanlage am Max-Planck-Institut für Mikrostrukturphysik weltweit die einzige, mit<br />
der ganze Wafer bei Raumtemperatur gebondet werden können. Die Anlage ist für 100 mm<br />
Wafer ausgelegt. Sie besteht aus einer runden zentralen Kammer, an die acht weitere<br />
Kammern angeflanscht sind. In der Mitte der zentralen Kammer befindet sich ein höhenverstellbarer<br />
Transfermechanismus, der durch Vor- und Rückwärtsbewegung den Transport<br />
der Wafer in die und aus den Kammern ermöglicht. Die Kammern seien hier im einzelnen<br />
kurz vorgestellt.<br />
Der erste Flansch beherbergt den Einschleusmechanismus. Dieser besteht aus der ersten und<br />
zweiten Einschleuskammer. Ursprünglich hatte die Anlage nur eine einzelne Einschleuskammer.<br />
Im Rahmen dieser Arbeit wurde jedoch ein größerer Durchsatz an gebondeten<br />
Wafern benötigt. Für schnellere Pumpzeiten, besseres Vakuum und höhere Lagerkapazität<br />
war eine zweite Kammer nötig. Diese wurde vor die schon vorhandene Einschleuskammer<br />
gesetzt und ermöglicht nun das Einschleusen von zwölf vorgebondeten Waferpaaren statt<br />
vorher nur einem. In der zweiten Einschleuskammer befinden sich vier Schneidkanten zum<br />
Trennen der vorgebondeten Waferpaare. Am zweiten Flansch befindet sich die<br />
Wendekammer. Dort ist es möglich, die Wafer um 180° zu drehen. Anschließend folgt die<br />
Heizkammer. Hier können die Wafer bei Temperaturen von maximal 750°C geheizt werden.<br />
Über die Wafer wird während des Heizens eine vergoldete, wassergekühlte Haube abgesenkt.<br />
Die Haube sorgt durch die Reflektion der Wärmestrahlung für eine gleichmäßige Temperatur<br />
beider Wafer bei nur einem Heizelement. Die Heizkammer enthält gleichzeitig ein<br />
Quadrupol-Massenspektrometer. Am nächsten Flansch befindet sich die Bondkammer. In<br />
dieser Kammer werden die Wafer, mit den zu bondenden Seiten zueinander zeigend, in einen<br />
Mechanismus von Abstandshaltern gelegt, der von außen ausgelöst werden kann. Die<br />
Kammer enthält die Möglichkeit, einen mechanischen Druck auf das Waferpaar beim Bonden<br />
auszuüben, und eine Heizplatte für maximal 400°C. Die nächsten drei Kammern wurden im<br />
Rahmen dieser Arbeit ergänzt. In der ersten neuen Kammer befinden sich vier<br />
Elektronenstrahlverdampfer mit je 200 Watt Leistung, mit denen Metalle verdampft werden<br />
können. Je nach Bestückung der Quellen waren das Palladium, Iridium, Eisen, Kobalt und<br />
Nickel in Form von Metalldrähten bzw. Gold, Silber und Antimon, die in Form von Stücken<br />
aus kleinen Graphittöpfchen verdampft wurden. Gleichzeitig befindet sich an dieser Kammer<br />
ein RHEED-System (RHEED- Reflection High Energy Electron Diffraction). Die zweite neue<br />
Kammer beinhaltet einen weiteren Elektronenstrahlverdampfer. Dieser ist mit 6 kW<br />
wesentlich leistungsfähiger. Er wird zum Verdampfen von Platin benutzt. Platin erreicht einen<br />
hohen Dampfdruck erst in der Schmelze bei 1800°C. Das Platin liegt direkt auf einem<br />
wassergekühlten Kupferblock und bildet so beim Verdampfen seinen eigenen Tiegel. Als<br />
dritte neue Kammer wurde eine Lagerkammer für vorgebondete oder schon fertige<br />
Waferpaare installiert, um die Häufigkeit von Ein- und Ausschleusvorgängen so niedrig wie<br />
möglich zu halten. Die achte Kammer beinhaltet die Möglichkeit einer Plasmabehandlung.<br />
Diese wurde im Rahmen dieser Arbeit nicht benutzt, und so diente diese Kammer für andere<br />
Versuche oder auch als ein weiteres Lager.<br />
Die Anlage wird insgesamt von sieben Turbomolekularpumpen, zwei Ionengetterpumpen und<br />
drei Titansublimationspumpen mit Stickstoffkühlung evakuiert, und die Drücke in den<br />
Kammern werden mit Meßköpfen ständig überwacht. In der ersten Einschleuskammer<br />
-8 -10<br />
herrscht ein Druck von 10 mbar, in der zweiten Einschleuskammer 2 ⋅10<br />
mbar, und in der<br />
-11<br />
restlichen Anlage herrschen Drücke von < 4 ⋅10<br />
mbar.<br />
28
3.3.3.1 Die UHV-Bondprozedur<br />
Als Ausgangmaterial für das UHV-Bonden dienen hydrophob gebondete Waferpaare. Diese<br />
werden in die erste Einschleuskammer der UHV-Anlage eingeschleust, und die Kammer wird<br />
auf einen Druck von 10 -8 mbar gepumpt. Von dort wird ein vorgebondetes Waferpaar in die<br />
zweite Einschleuskammer transferiert und mit Hilfe der vier beweglichen Schneidkanten<br />
wieder getrennt. Der obere Wafer wird mit dem Transfermechanismus der zentralen Kammer<br />
direkt in die obere Lage der Heizkammer gebracht. Der untere Wafer wird in der<br />
Wendekammer gedreht, so daß die zu bondende Seite nach unten zeigt, und anschließend in<br />
die untere Lage der Heizkammer gelegt. Durch das Wenden verhindert man, daß während des<br />
Heizens Partikel auf die Oberfläche fallen. Die wassergekühlte Haube wird über die Wafer<br />
gesenkt. Die Wafer werden mit 5 K/min auf maximal 450°C geheizt, dann fünf Minuten bei<br />
dieser Temperatur gehalten und wieder auf Raumtemperatur abgekühlt. Die Desorption des<br />
Wasserstoffs von der Oberfläche wird mit dem Quadrupol-Massenspektrometer überwacht,<br />
und die Rekonstruktion der Oberfläche läßt sich bei Bedarf mit RHEED überprüfen. Nach<br />
dem Abkühlen wird der unten liegende Wafer in der Wendekammer gedreht und in die untere<br />
Lage der Bondkammer gelegt. Den oberen Wafer legt man auf die Abstandshalter. Die Wafer<br />
liegen mit den zu bondenden Seiten zueinander. Durch eine mechanische Vorrichtung werden<br />
die Abstandshalter entfernt, der obere Wafer fällt auf den unteren und die Wafer bonden ohne<br />
zusätzlichen externen Druck.<br />
Für die Untersuchung der Reaktion von ferromagnetischen Metallen mit Silizium beim UHV-<br />
Bonden wurde das ferromagnetische Metall auf hydrophoben oder hydrophilen Wafern<br />
abgeschieden. Das Wachsen der Metallschicht läßt sich mit dem RHEED in situ beobachten.<br />
Anschließend wurde gebondet und dabei teilweise ein Anpreßdruck auf das Waferpaar<br />
ausgeübt. Eine genaue Beschreibung der Versuche erfolgt in Kap. 4.3.<br />
Die Prozedur zur Herstellung der Spin-Valve-Transistoren sei hier an einem Beispiel erläutert.<br />
Nach dem Heizen wird auf die niedrig dotierte Seite des als Emitter fungierenden (100)-<br />
Siliziumwafers Platin abgeschieden. Danach werden in der anderen Aufdampfkammer die<br />
Schichten aus Eisen, Gold und Kobalt abgeschieden. Abschließend folgt eine Schicht Platin.<br />
Der (111)-Siliziumwafer des Kollektors wird nur mit einer Platinschicht bedampft und<br />
anschließend wird Platin auf Platin gebondet. Während des Bedampfens rotiert der Wafer<br />
langsam, um eine größere Homogenität der Schichten zu erreichen.<br />
3.4. Tempern der gebondeten Waferpaare<br />
Die hydrophil und hydrophob gebondeten Waferpaare müssen zur Erhöhung der Bondenergie<br />
getempert werden. Dazu wurden sie direkt nach dem Bonden in einem Dreizonen-Quarzglas-<br />
Rohrofen vom Typ Carbolite ausgeheizt. Die Wafer stehen beim Tempern aufrecht in einem<br />
Waferhalter aus Quarzglas. Die maximal mögliche Temperatur des Ofen ist 1200°C. Das<br />
Tempern geschah immer unter Argon als Schutzgas. Die Aufheiz- und Abkühlrate betrug stets<br />
10 K/min. Dieser Ofen wird nur zum Tempern von Halbleitern verwendet, was eine<br />
Kontamination durch diffundierende Metallionen vermindern soll. Neben ganzen Wafern<br />
wurden für die Untersuchung der strukturellen Entwicklung auch Bruchstücke von UHV-<br />
gebondeten Wafern getempert. Beim Tempern ist darauf zu achten, daß es möglichst mit noch<br />
nicht vorher getemperten Proben geschieht, da mehrfaches Tempern nach den während dieser<br />
Arbeit gewonnenen Erkenntnissen die Ergebnisse verfälschen kann. Das zeigt sich besonders<br />
bei der Blasenentwicklung in hydrophil gebondeten Waferpaaren.<br />
29
3.5. Bestimmung der Bondqualität<br />
Nach dem Bonden von zwei Siliziumoberflächen kann es vorkommen, daß an der gebondeten<br />
Grenzfläche ungebondete Bereiche in Form von Blasen vorhanden sind (siehe Abb.3.1 oben).<br />
Diese inneren Grenzflächen können mit zwei zerstörungsfreien Methoden untersucht werden.<br />
Die einfachste Methode ist die Durchstrahlung mit Licht im nahen Infrarot (IR) (1200 - 1800<br />
mm) [207]. Niedrig dotiertes Silizium ist transparent für Licht dieser Wellenlängen. Nur bei<br />
sehr hoch dotiertem Silizium (>10 19 cm -3 ) versagt diese Methode. Sie beruht auf der Tatsache,<br />
daß der Lichtstrahl an ungebondeten Bereichen teilweise reflektiert wird und mit dem<br />
transmittierten interferiert. Dabei entstehen Newton‘sche Interferenzringe, aus deren Anzahl<br />
und Abstand die Dicke der Blase berechnet werden kann [208]. Die laterale Auflösung dieser<br />
Methode ist mit 1 mm relativ gering. Als Lichtquelle diente eine Infrarotlampe. Zur<br />
Aufnahme des Bildes wurde eine CCD-Kamera vom Typ Hitachi KP-160 CCD verwendet.<br />
Die Kamera war an einen Monitor und an einen Computer angeschlossen. Die Informationen<br />
von der Grenzfläche ließen sich in Echtzeit verfolgen, z.B. die Ausbreitung der Bondwelle.<br />
Die zweite Methode ist die Ultraschallmikroskopie, die eine wesentlich höhere Auflösung<br />
erlaubt [16]. Ein Ultraschallmeßkopf sendet in periodischen Abständen fokussierte Ultraschallimpulse.<br />
Die Ultraschallwellen werden an ungebondeten Bereichen stärker reflektiert als<br />
an Stellen, an denen der Wafer gebondet ist. Die Wellen werden von dem Meßkopf wieder<br />
empfangen und nach der Verarbeitung in einem Computer als Bild dargestellt. Der<br />
verwendete Meßkopf arbeitet mit 100 MHz und erlaubt eine laterale Auflösung von 20 µm.<br />
Zur Untersuchung diente ein Ultraschallmikroskop C-SAM 300 DX der Firma Sonoscan Inc.<br />
Die Kopplung zwischen dem Meßkopf und dem Waferpaar erfolgte über ein Wasserbad, dem<br />
zur Verringerung der Oberflächenspannung etwas Isopropanol zugegeben wurde. Die<br />
Messung erfolgt, indem der Ultraschallmeßkopf das gebondete Waferpaar abrastert. Das<br />
erfordert eine lange Meßzeit. Daher sind zeitliche Aussagen mit dieser Methode nur bedingt<br />
möglich. Abbildung 3.1 zeigt ein UHV-gebondetes Waferpaar im Infrarot-<br />
Durchstrahlungsbild und als ultraschallmikroskopische Aufnahme.<br />
Abb.: 3.1: Infrarot-Durchstrahlungsbild und ultraschallmikroskopische Aufnahme eines<br />
UHV-gebondeten Waferpaares.<br />
30
Eine weitere Methode zur Charakterisierung von gebondeten Grenzflächen ist die<br />
Bestimmung der Bindungsenergie. Eine einfache Möglichkeit zur Bestimmung dieser Energie<br />
ist der Klingentest [209]. Dazu wird eine sehr dünne Rasierklinge (80-150 µm) der Dicke h<br />
am Rand des gebondeten Waferpaares parallel zur Oberfläche eingeschoben. Dabei öffnet<br />
sich die Grenzfläche lokal. Dieser Vorgang kann mit der IR-Kamera verfolgt werden. Nach<br />
der Einstellung eines Gleichgewichts zwischen der elastischen Verbiegung des Wafers EB und<br />
der Adhäsionsarbeit WA läßt sich eine Öffnung der Länge L beobachten. Daraus läßt sich<br />
nach Gleichung (3.1.) die Grenzflächenenergie („Bondenergie“) γ berechnen.<br />
2<br />
3<br />
3E<br />
h D<br />
W A = 2 γ = E B =<br />
(3.1)<br />
4<br />
16 L<br />
E ist der Elastizitätsmodul für Silizium in der Kristallrichtung der Rißausbreitung und D ist<br />
die Dicke des Wafers. Der E-Modul für (100)-Silizium ist 180.5 GPa [210]. Diese Methode<br />
ist nicht besonders genau, da die Rißlänge aus dem IR-Durchstrahlungsbild bestimmt wird.<br />
Die Kontrastgrenze des IR-Durchstrahlungsbildes zeigt nicht genau die tatsächliche Position<br />
der Rißkante. Da die Rißlänge mit L 4 in die Formel (3.1) eingeht, ist der meßtechnische<br />
Fehler nicht zu vernachlässigen. Zum Abschätzen der Bondenergie im Rahmen dieser Arbeit<br />
reicht diese Methode jedoch völlig aus. Bondenergien über 2000 mJ/m 2 lassen sich so nicht<br />
bestimmen, da solche Energien der Bindungsenergie in massivem Silizium entsprechen und<br />
das Silizium beim Einführen der Klinge zerbricht.<br />
3.6. Strukturierung und Kontaktierung der Proben<br />
3.6.1. Elektrische Kontaktierung der gebondeten Strukturen<br />
Nach der Bestimmung der Bondqualität wurden die Wafer elektrisch kontaktiert. Die Wafer<br />
wiesen auf der Rückseite eine höher dotierte Schicht auf oder waren komplett hochdotiert. Zur<br />
Erzielung eines Ohmschen Kontakts wurde Metall auf die Rückseiten aufgebracht. Die<br />
Siliziumoxidschicht wurde zuvor mit Flußsäure entfernt, und dann wurde je nach Dotierung<br />
unterschiedlich verfahren. Die p-dotierten Wafer wurden in einer Vakuumanlage mit 100 nm<br />
Gold und 1 µm Aluminium beschichtet. Auf die n-Wafer wurde nur 1 µm Aluminium<br />
aufgedampft. Gold erzeugt auf p-Silizium eine sehr niedrige Schottkybarriere und Aluminium<br />
auf n-Silizium [193]. Zuerst wurden die Wafer mit der Lock-in-Thermographie untersucht.<br />
Anschließend wurden aus dem Zentrum der Wafer 3×1 mm 2 große Stücke gesägt.<br />
Bondgrenzfläche<br />
Stromkontakt<br />
Stromkontakt<br />
Spannungskontakt<br />
Spannungskontakt<br />
Abb. 3.2: Vierpunktkontaktierung der elektrischen Meßproben.<br />
31
In der Mitte wurden die Stücke 200 µm von oben und unten eingesägt. Somit entstanden vier<br />
Kontaktflächen für die später verwendete Vierpunktmeßmethode. Zur Stabilisierung und zum<br />
Einbau in den Kryostaten wurde die Probe auf einen Transistorsockel geklebt. Zuvor war in<br />
die Mitte des Transistorsockels eine dünne Glasscheibe geklebt worden, um die Probe vom<br />
Sockel elektrisch zu isolieren. Auf diese Glasscheibe wurde die Probe nun hochkant<br />
aufgeklebt, so daß die Kontaktflächen zur Seite zeigten (Abb. 3.2). Die Flächen wurden mit<br />
Leitsilber und dünnem Kupferdraht kontaktiert. Die Enden des Kupferdrahtes wurden an die<br />
Kontakte des Transistorsockels gelötet und die Kontaktierung und gegenseitige Isolierung<br />
durch Leitfähigkeitsmessungen überprüft.<br />
Für die Hochstrommessungen wurden ganze Wafer verwendet. Die Wafer wurden in den<br />
Produktionsprozeß der Infineon AG integriert und prozessiert. Aufgrund teilweiser Bonddefekte<br />
im Randbereich wurde vorher der Rand mit einem Laser abgetrennt. Die<br />
verbleibenden Wafer hatten einen Durchmesser von 85 mm. Auf die Wafer wurde eine 20 µm<br />
dicke Aluminiumschicht aufgedampft, wobei zum Rand ein Bereich von 5 mm frei blieb.<br />
Prozeßbedingt war nur Aluminium als Kontaktierungsmetall möglich.<br />
3.6.2. Strukturierung der Spin-Valve-Transistoren<br />
Der gebondete Wafer mit der Spin-Valve-Struktur wird durch Brechen geviertelt. Ein Viertel<br />
davon wird strukturiert (vgl. Abb. 3.3). Dazu muß der (100)-Emitterwafer durch selektives<br />
Ätzen abgedünnt werden. Hierzu legt man das Bruchstück in eine 90°C heiße, 22 prozentige<br />
Lösung von Tetramethylammoniumhydroxid (TMAH). Das TMAH ätzt Silizium anisotrop.<br />
Es löst (100)-Siliziumflächen, greift aber (111)-Siliziumflächen fast nicht an [211]. Es wird<br />
geätzt, bis der (100)-Wafer auf 20-40 µm abgedünnt ist. Dazu wird nach sieben Stunden das<br />
erste Mal die Dicke gemessen. Bei bekannter Ausgangsdicke wird der Ätzverlauf jetzt<br />
überwacht, bis die gewünschte Dicke erreicht ist. Nun werden aus dem Viertel 1 cm 2 große<br />
Stücke gesägt. Mit einem Randstück wird die Ätzrate bestimmt. Dazu mißt man die Dicke,<br />
legt das Stück in die TMAH-Lösung und stoppt die Zeit, bis man die Metallschicht sieht. Mit<br />
bekannter Ätzrate wird nun ein Stück aus der Mitte auf genau 20 µm gedünnt (Bild a). Zur<br />
Strukturierung der Transistoren wird die Photolithographie verwendet. Dazu klebt man die<br />
Probe auf einen Teller, bringt einen Tropfen Fotolack in der Mitte auf und rotiert den Teller<br />
erst mit 50 U/min fünf Sekunden lang und dann eine Minute lang bei 6000 U/min. Die Dicke<br />
des Fotolacks beträgt nun 1-2 µm. Der Lack wird auf einer Heizplatte bei 90°C eine Minute<br />
lang gehärtet. Anschließend wird eine Maske mit mehreren 200 µm×200 µm großen<br />
Quadraten auf das Stück gelegt und der Fotolack in einem UV-Belichtungsgerät 45 Sekunden<br />
lang belichtet. Danach wird die Probe eine Minute auf 120°C geheizt und anschließend der<br />
Fotolack mit einem Entwickler teilweise entfernt. Der Fotolack löst sich dort auf, wo das UV-<br />
Licht hingelangt (Bild b). Nun wird die Probe mit Wasser gespült und zur Entfernung der<br />
Oxidschicht 45 Sekunden in gepufferte Flußsäure (HF/NH4F) gelegt. Auf diese Struktur wird<br />
nun in einer Hochvakuumanlage erst eine 10 nm dicke Schicht Chrom gesputtert und danach<br />
eine 100 nm dicke Goldschicht aufgedampft. Das gesputterte Chrom produziert einen<br />
Ohmschen Kontakt zum Silizium. Danach folgt in einem anderen Elektronenstrahlverdampfer<br />
eine 200 nm dicke Schicht aus Siliziumoxid. Diese dient zum Schutz der Goldschicht bei der<br />
weiteren Behandlung (Bild c). Nun wird die Probe in einem Ultraschallbad mit Aceton 5-20<br />
Sekunden lang behandelt, wobei sich der Fotolack komplett ablöst (Bild d). Anschließend legt<br />
man die Probe wieder in die TMAH-Lösung, bis das gesamte (100)-Silizium abgeätzt ist und<br />
man die Metallschicht erkennt. Dort, wo das Gold war, bleibt das Silizium stehen (Bild e).<br />
Nun folgt zur Prozessierung der Metallbasis ein zweiter Lithographieschritt. Dazu wird<br />
32
wieder Fotolack aufgebracht und eine Maske mit Strukturen der Abmessungen 250 µm×500<br />
µm auf die schon prozessierten Strukturen gelegt. Da jetzt die Oberseite geschützt ist, wird<br />
nun auf das (111)-Silizium ein elektrischer Kontakt für den Kollektor durch eine<br />
Chrom/Gold-Schicht aufgebracht. Danach wird belichtet, entwickelt (Bild f) und mittels<br />
Ionenstrahlätzen (2 h bei 1 kV) die freiliegende Metallschicht weggesputtert (Bild g). Der<br />
Fotolack wird komplett entfernt, es wird mit Wasser gespült und dann mit gepufferter<br />
Flußsäure auch das Siliziumoxid aufgelöst. Die oberste Siliziumschicht wird durch das<br />
Ionenstrahlätzen amorphisiert. Das führt zu einem hohen Leckstrom an der Kollektorbarriere.<br />
Daher legt man die Probe zwei Minuten lang in TMAH-Lösung, um die amorphisierte<br />
Siliziumschicht zu entfernen (Bild h). Nun werden die fertigen Transistoren elektrisch<br />
kontaktiert. Dazu klebt man das prozessierte Stück mit Leitsilber auf eine Leiterplatte. Den<br />
Emitter und die Metallbasis kontaktiert man mit einem Drahtbonder. Mit diesem Gerät wird<br />
mit Ultraschall ein dünner Golddraht auf das Bauelement und auf die Leiterplatte kalt<br />
geschweißt und so eine makroskopische Kontaktmöglichkeit geschaffen. Das Ergebnis sind<br />
Spin-Valve-Transistoren mit einem 200 × 200 µm 2 großen Emitter und einer 250 × 500 µm 2<br />
großen Metallbasis.<br />
Si<br />
Metallbasis<br />
n-(111) Si<br />
n + - Si-Schicht<br />
a)<br />
SiO 2<br />
Au<br />
Si<br />
Metallbasis<br />
n-(111) Si<br />
n + - Si-Schicht<br />
c) d)<br />
Au<br />
Si<br />
Metallbasis<br />
n-(111) Si<br />
n + - Si-Schicht<br />
e) f)<br />
Fotolack<br />
n-(111) Si<br />
n + - Si-Schicht<br />
Au<br />
Au<br />
Si<br />
Metallbasis<br />
g) h)<br />
Si<br />
Metallbasis<br />
n-(111) Si<br />
n + - Si-Schicht<br />
b)<br />
Au<br />
Si<br />
Metallbasis<br />
n-(111) Si<br />
Au<br />
Si<br />
Metallbasis<br />
n-(111) Si<br />
Au<br />
Si<br />
Metallbasis<br />
n-(111) Si<br />
Au<br />
Fotolack<br />
n + - Si-Schicht<br />
n + - Si-Schicht<br />
Au<br />
n + - Si-Schicht<br />
Fotolack<br />
Abb. 3.3: Schematische Darstellung der Prozessierung des Spin-Valve-Transistors.<br />
33
Zur Abschätzung des magnetfeldabhängigen Widerstandes wurde vor dieser aufwendigen<br />
Prozessierung der CIP-Widerstand gemessen. Dazu wurde ein 5×10 mm 2 großer Streifen aus<br />
dem Wafer gesägt und mit TMAH der (100)-Siliziumwafer komplett entfernt. Die<br />
freiliegende Metallschicht wurde mit zwei Golddrahtkontakten versehen. Es wurde auf eine<br />
Vierpunktkontaktierung verzichtet, da die Kontaktwiderstände vom Gold zur Metallschicht<br />
vernachlässigbar klein waren und es sich nur um einen Vorversuch handelte.<br />
3.7. Lock-in-Thermographie<br />
Die Lock-in-Thermographie ist eine Methode zur zerstörungsfreien und kontaktlosen<br />
Abbildung von Defekten in Halbleiter-Bauelementen. Mit ihr können Leckströme in<br />
integrierten Schaltkreisen oder in Solarzellen abgebildet werden. Das Prinzip besteht aus der<br />
Detektion einer lokalen Temperaturmodulation in der Probe. Die Temperaturmodulation wird<br />
durch eine von außen eingebrachte elektrische Verlustleistung erzeugt.<br />
Am Max-Planck-Institut für Mikrostrukturphysik ist seit 1997 von Otwin Breitenstein ein<br />
hochempfindliches Lock-in-Thermographie-System entwickelt worden [212-216]. Im Gegensatz<br />
zu früheren Meßsystemen erlaubt es eine Signalauflösung von 10 µK nach 1000<br />
Sekunden Meßdauer bei einer Ortsauflösung von 5 µm. Das System besteht aus einer<br />
schnellen hochempfindlichen Infrarotkamera (Focal Plane Array Kamera mit InSb-Sensor)<br />
mit 128×128 Pixeln Auflösung. Die Kamera arbeitet mit einer Bildrate von 200 Hz und einer<br />
Pixelrate von 3,5 MPixel/s und sendet die Signale an zwei parallel arbeitende Frame-Grabber-<br />
Karten in einem PC. Die gesamte Bildbearbeitung erfolgt auf den beiden Frame-Grabber-<br />
Karten, die einen digitalen Signalprozessor und 2 MB RAM enthalten.<br />
Das Prinzip der Lock-in-Thermographie besteht aus der periodischen Anregung von<br />
Wärmequellen in der Probe, hier in der gebondeten Grenzfläche, und der anschließenden<br />
Detektion der Oberflächentemperaturmodulation. Dazu wird an die Probe eine mit einer<br />
Lock-in-Frequenz modulierte Spannung (2,7 Hz) angelegt. Die in der Probe fließenden<br />
Ströme bilden lokale periodische Wärmequellen, die detektiert werden. Die Kamera detektiert<br />
Wellenlängen zwischen 3 und 5 µm. Der InSb-Sensor in der Kamera wird mit flüssigem<br />
Stickstoff gekühlt. Die Kamera wird durch einen Controller gesteuert. Jedes Pixel in einem<br />
Einzelbild wird online lock-in korreliert, d.h. in zwei Kanälen mit sin- und cos-<br />
Gewichtungsfaktoren multipliziert. Diese Faktoren approximieren harmonische Funktionen<br />
und sind zur Lock-in-Frequenz synchronisiert. Die Addition der gewichteten Bildinformationen<br />
ergibt das 0°- und 90°-Bild. Daraus kann das Amplituden- und das Phasenbild<br />
berechnet werden. Die Wärmequellen an der gebondeten Grenzfläche liegen 525 µm unter der<br />
Oberfläche. Die entstehenden Wärmewellen breiten sich kugelförmig aus und werden durch<br />
das Silizium exponentiell gedämpft. Die Meßfrequenz muß optimiert sein, damit man die<br />
Stromdichteverteilung von der Grenzfläche erhält und nicht die der Metallkontakte auf den<br />
Rückseiten der Wafer. Durch diese Effekte sinkt die Auflösung bei Abbildung eines<br />
Waferpaares auf ~1 mm. Für die Untersuchungen war diese Auflösung jedoch ausreichend.<br />
Zur Aufnahme eines Thermographiebildes wurde das gebondete Waferpaar auf einen<br />
Probenhalter gelegt. Auf dem Wafer lag eine 12,5 µm dicke Nickelfolie, die zum Rand 3 mm<br />
Abstand hatte. Das Ganze wurde mit einer schwarz lackierten Folie bedeckt. Durch ein<br />
Vakuum hielt sich der Wafer auf dem Probenhalter und die Folie schmiegte sich an die<br />
Oberfläche an. Die schwarze Lackierung der Folie erhöht die Infrarot-Emissivität. Die<br />
Nickelfolie diente zur elektrischen Kontaktierung und homogenen Stromeinspeisung. Die<br />
Unterseite des Waferpaares wird durch den Probenhalter aus Kupfer elektrisch kontaktiert.<br />
34
3.8. Elektrische Messungen<br />
Zur Charakterisierung der elektrischen Eigenschaften wurden an den 3×1 mm 2 großen Proben<br />
die Strom-Spannungs- (I-U) und die Kapazität-Spannungs-Kurven (C-V) temperaturabhängig<br />
aufgenommen. Zur Messung war ein Testpoint-Programm erstellt worden, das die Spannung,<br />
den Strom und die Temperatur regelte und die Meßdaten aufnahm. Die I-U-Messung erfolgte<br />
mit einer Stromquelle vom Typ Hewlett-Packard Modular DC Source 4142B. Die C-V-<br />
Messung wurde realisiert mit einem Precision LCR Meter 4284A von Hewlett-Packard. Es<br />
waren Frequenzen von 20 Hz bis 1 MHz möglich. Zur Messung der Spannung diente ein<br />
Keithley 2000 Multimeter. Die Temperatur wurde über einen Eigenbauregler auf der Basis<br />
eines Eurotherm-Moduls geregelt. Mit einem stickstoffgekühlten Kryostaten waren<br />
Meßtemperaturen zwischen 77 K und 370 K möglich.<br />
Die Proben wurden nach der Vierpunkt-Methode kontaktiert und gemessen (vgl. Abb. 3.2).<br />
An den Stromkontakten wurde ein Strom eingespeist und an den Spannungskontakten die<br />
Spannung durch eine Kompensationsschaltung stromlos gemessen. Der vom Strom abhängige<br />
Spannungsabfall an den Kontakten (und damit eine Verfälschung der an der Grenzfläche<br />
anliegenden Spannung) wird dadurch vermieden. Der Widerstand der Grenzfläche ist meist<br />
größer als der Materialwiderstand des Wafers. Zur Überprüfung der Meßmethode wurde die<br />
Strom-Spannungsverteilung für eine Probe berechnet [217]. Der eine Wafer wurde mit 13×72<br />
0,07 Ω-Widerständen simuliert, der andere Wafer mit 13×72 0,2 Ω-Widerständen, und die<br />
Grenzfläche soll einen Widerstand von 100 Ω aufweisen. Der Einfluß der höher dotierten<br />
Rückseite wurde durch 0.01 Ω-Widerstände an den Kontaktgebieten simuliert. Das in<br />
Abbildung 3.4 dargestellte Ergebnis dieser Simulation zeigt eine geringe Spannungsdifferenz<br />
an den Kontakten. Nahezu der gesamte Spannungsabfall findet an der Grenzfläche statt.<br />
Die Hochstrommessungen wurden durch die Firma Infineon durchgeführt. Die prozessierten<br />
Wafer wurden mit einem Anpreßdruck von 0,5-1 kN/cm 2 kontaktiert, der Strom angelegt und<br />
die abfallende Spannung gemessen.<br />
Spannung in Volt<br />
1.0<br />
0.8<br />
0.6<br />
0.4<br />
0.2<br />
0.0<br />
Stromkontakt Spannungskontakt<br />
gebondete<br />
Grenzfläche<br />
Stromkontakt Spannungskontakt<br />
Abb. 3.4: Simulierte Spannungsverteilung an einer Vierpunktmeßprobe (vgl. Abb. 3.2).<br />
35
3.9. Spreading-Resistance-Messungen<br />
Spreading-Resistance-Messung, die Messung des Ausbreitungswiderstandes, ist eine Methode<br />
zur Bestimmung von Dotierungsprofilen. Sie wurde in dieser Arbeit zur Untersuchung von<br />
Dotierungsänderungen in der Nähe der Grenzfläche benutzt.<br />
Dazu wurde ein Stück aus dem Zentrum des gebondeten Waferpaares auf einen Probenhalter<br />
geklebt, unter einem Winkel von 10° zur Grenzfläche spiegelpoliert und gemessen. Die<br />
Messung erfolgte mit dem System SSM 130 der Firma Solid State Measurement. Zur<br />
Messung wird eine Zweispitzensonde benutzt. Die Meßspitzen werden auf die<br />
Probenoberfläche abgesenkt und der Strom zwischen den Spitzen in Abhängigkeit von der<br />
Spannung gemessen. Für den Ausbreitungswiderstand RS gilt theoretisch: R S = ρ/2 D . ρ ist<br />
der spezifische Widerstand und D der Abstand der Meßspitzen [218]. Praktisch gilt dieser<br />
Zusammenhang jedoch nicht exakt, und man führt einen Korrekturfaktor K(ρ) ein. Es gilt<br />
( ) D<br />
nun: = K ρ ⋅ρ/2<br />
. Der Korrekturfaktor muß mit Eichproben experimentell ermittelt<br />
R S<br />
werden. Dafür standen pro Dotierung jeweils acht Eichproben bekannter Dotierung zur<br />
Verfügung. Die angelegte Spannung betrug 10 mV. Der Spitzenabstand lag bei 80 µm und die<br />
Auflagekraft 100 mN. Die Messung erfolgte senkrecht zur gebondeten Grenzfläche. Aus den<br />
gemessenen ρ-Werten konnte nach den Daten von Sze [193] die Konzentration der<br />
Dotieratome bestimmt werden.<br />
10°<br />
Meßspitzen<br />
gebondete Grenzfläche<br />
Abb. 3.5: Spreading-Resistance-Messung an einem gebondeten Waferpaar.<br />
3.10. Magnetische Messungen<br />
Zur Bestimmung des Magnetowiderstandes wurden die CIP-Proben bzw. die Spin-Valve-<br />
Transistoren auf einen Kupferblock zwischen die Polschuhe eines Elektromagneten gelegt.<br />
Die Metallschichten lagen in der Ebene des homogenen Magnetfeldes. Der Kupferblock<br />
konnte bei Bedarf mit flüssigem Stickstoff gekühlt werden. Als Stromquelle diente wieder die<br />
Stromquelle Hewlett-Packard Modular DC Source 4142B. Gesteuert wurde die Messung<br />
durch ein selbstentwickeltes Meßprogramm auf der Basis von Testpoint.<br />
Zuerst wurde der Magnetowiderstand der CIP-Probe einer gebondeten Spin-Valve-Struktur<br />
ermittelt. Dazu legte man an die Probe eine Spannung von 100 mV an, änderte das<br />
Magnetfeld und maß den Strom. Ließ sich ein magnetfeldabhängiger Effekt erkennen und<br />
schalteten die ferromagnetischen Schichten unabhängig voneinander, wurden aus dem<br />
Waferpaar Spin-Valve-Transistoren hergestellt. Eine genauere Erläuterung dieser Kriterien<br />
erfolgt in Kapitel 4.4.<br />
Zur Messung des Spin-Valve-Transistors wurde an den Emitter eine Spannung in Durchlaßrichtung<br />
so angelegt, daß ein Strom von 2 mA floß. Der Strom zwischen der Metallbasis und<br />
dem Kollektor wurde ohne eine angelegte Spannung gemessen. (vgl. Abb. 2.13 in Kap. 2.3.)<br />
36
3.11. Röntgenreflektometrie<br />
Mit der Röntgenreflektometrie lassen sich auf einfache Weise Dicken und Rauhigkeiten von<br />
dünnen Schichten bestimmen. Die Untersuchung erfolgte mit einem Vierkreisdiffraktometer<br />
X´Pert MRD der Firma Philips. Das Gerät arbeitet mit CuKα-Strahlung der Wellenlänge<br />
0,15406 nm. Zur Messung der Schichtdicken bedampfte man im UHV einen einzelnen Wafer<br />
mit Metall. Dieser Wafer wurde in einer Eulerwiege gelagert. Mit Hilfe der θ-2θ-Messungen<br />
für kleine Winkel θ und eines Simulationsprogramms ließen sich die Schichtdicken auf der<br />
Waferoberfläche bestimmen.<br />
3.12. Elektronenmikroskopische Untersuchungsmethoden<br />
Die Struktur der gebondeten Grenzflächen wurde mit Hilfe der Transmissionselektronenmikroskopie<br />
(TEM) untersucht. Dazu standen zwei Transmissionselektronenmikroskope zur<br />
Verfügung, ein Philips CM 20 Twin mit 200 kV Beschleunigungsspannung und ein<br />
hochauflösendes Jeol 4010 mit 400 kV Beschleunigungsspannung.<br />
Die Bondgrenzflächen wurden im Querschnitt und in der Draufsicht untersucht. Die<br />
Draufsicht beobachtete man im sogenannten 25°-Schnitt [219]. Dazu wird der Wafer so<br />
gesägt, daß die Bondgrenzfläche und der Schnitt einen Winkel von 25° bilden. Im TEM wird<br />
die Probe dann um 25° gekippt, und so war eine Draufsicht auf die gebondete Grenzfläche<br />
möglich (Abb. 3.6).<br />
Die Präparation der TEM-Proben sei hier anhand der Querschnitte kurz beschrieben: Zuerst<br />
werden 5×5 mm 2 große Stücke aus dem Wafer gesägt und diese durch Aufkleben von 1,5 mm<br />
dicken Siliziumstücken stabilisiert. Davon werden mit einer Diamantdrahtsäge senkrecht zur<br />
Grenzfläche 500 µm dicke Scheiben abgesägt. Aus diesen Scheiben wird mit einem 3 mm<br />
Ultraschallbohrer die TEM-Probe heraus gebohrt. Diese Probe wird nun geschliffen, poliert<br />
und mit einem sog. Dimpler, einem Muldenschleifgerät, in der Mitte beidseitig bis auf eine<br />
Enddicke von 10 µm gedünnt. Mit einer Ionenabdünnapparatur (PIPS-Precision Ion Polishing<br />
System) dünnt man mit 4 kV unter einem Winkel von 6° solange, bis in der Mitte ein kleines<br />
Loch entstanden ist. Am Rand dieses Loches ist die Probe mit dem Elektronenstrahl<br />
durchstrahlbar. Eine TEM-Probenpräparation war nur bei Proben möglich, die Bondenergien<br />
über 800 mJ/m 2 aufwiesen, da sonst die Proben bei der Präparation zerfielen.<br />
Wafer 1<br />
Wafer 2<br />
25°<br />
Sägeschnitte<br />
Bondgrenzfläche<br />
Elektronenstrahl<br />
Abb. 3.6: Herstellung und Untersuchungsprinzip einer 25°-Draufsicht-Probe.<br />
37
4. Ergebnisse und Diskussion<br />
4.1. Struktur gebondeter Grenzflächen<br />
Hier sollen die Ergebnisse der Strukturuntersuchungen gebondeter Grenzflächen dargestellt<br />
werden. Zuerst wird dabei auf hydrophobe und UHV-gebondete Grenzflächen eingegangen.<br />
Es folgen Ergebnisse hydrophil gebondeter Strukturen und ein Modell zur Entwicklung der<br />
nanoskopischen Hohlräume an der Grenzfläche. Abschließend wird eine Möglichkeit zur Herstellung<br />
von absoluten Drucksensoren auf der Basis UHV-gebondeter Strukturen vorgestellt.<br />
4.1.1. Hydrophobe Grenzflächen<br />
Hydrophob gebondete Wafer weisen bei Raumtemperatur eine niedrige Bindungsstärke auf.<br />
Kovalente Bindungen bilden sich erst beim Tempern. Nach dem Tempern bei 450°C für zwei<br />
Stunden sind an der Grenzfläche große Blasen zu erkennen. Diese mit Wasserstoff gefüllten<br />
Blasen haben einen Durchmesser von 5-10 mm (vgl. Abb. 4.37)<br />
Aus einem bei 450°C getemperten Waferpaar wurde eine TEM-Querschnittsprobe aus einem<br />
gebondeten, blasenfreien Bereich hergestellt. Im Querschnitt erkennt man eine unregelmäßige<br />
Schicht an der Grenzfläche. Die Dicke dieser Schicht ist ungefähr 1 nm. Kippt man die Probe<br />
um 10-20° vom genutzten -Pol und defokussiert etwas, lassen sich in den dünnen<br />
Bereichen Strukturen abbilden. Durch Unterfokus- oder Überfokusabbildungen (1-3 µm<br />
Defokus) der gekippten Probe sind einzelne streifenförmige Gebilde zu erkennen (Abb. 4.1).<br />
Bei den Kontrasten handelt es sich Fresnelkontraste, die von sehr flachen nanoskopischen<br />
Hohlräumen in der Grenzfläche herrühren. In der fokussierten Aufnahme erkennt man keine<br />
Hohlräume. Kippt man die Probe weiter in Richtung einer Draufsicht auf die Grenzfläche,<br />
sinkt die durchstrahlte Dicke der nanoskopischen Hohlräume, und der Kontrast verschwindet.<br />
Die nanoskopischen Hohlräume zeigen eine unregelmäßige Anordnung und liegen flächenhaft<br />
in der Bondebene. Ihre laterale Ausdehnung liegt in der Größenordnung von 15 nm. Der<br />
Bedeckungsgrad der Grenzfläche mit nanoskopischen Hohlräumen läßt sich mit ca. 40 %<br />
abschätzen. An den 25°-Schnitten ließen sich keine Hohlräume abbilden. Es fanden sich nur<br />
Rotations-Moiré-Muster, und es gab keine Versetzungen an der Grenzfläche.<br />
Tempern bei 650°C für zwei Stunden läßt die Dicke der nanoskopischen Hohlräume auf<br />
ungefähr 2 nm steigen, und die flächenhafte Ausdehnung sinkt. Sie werden sphärisch. Der<br />
Bedeckungsgrad der Grenzfläche mit Hohlräumen verringert sich auf 20-25% [61,63].<br />
Abb. 4.1: Nanoskopische Hohlräume an einer hydrophoben Grenzfläche nach Tempern bei<br />
450°C, Probe um 10°igekippt, Abbildung im Unterfokus.<br />
38
Nach dem Tempern für zwei Stunden bei 1000°C sind an der Grenzfläche keine makroskopischen<br />
Blasen mehr zu erkennen. Mikroskopisch haben sich Versetzungsnetzwerke<br />
ausgebildet. Im 25°-Schnitt sind nun nanoskopische Hohlräume an der Grenzfläche sichtbar.<br />
Die Abbildung 4.2 zeigt zwei Grenzflächen als Hellfeldabbildungen in der Draufsicht. Die<br />
Aufnahmen wurden im Vielstrahlfall aufgenommen. Die Versetzungsstruktur entsteht durch<br />
den Verdrehungs- und den Kippwinkel der Wafer zueinander. Beim Bonden läßt sich ein<br />
kleiner Verdrehungswinkel zwischen den beiden Wafern nicht vermeiden. Eine zusätzliche<br />
Verkippung um eine Achse in der Grenzfläche resultiert aus der Abweichung der polierten<br />
Waferoberflächen von der idealen (100)-Orientierung. Diese Abweichung, der Fehlschnitt der<br />
Wafer, liegt typischerweise zwischen 0,05 und 0,1°. Durch die Abweichung von der idealen<br />
(100)-Oberfläche treten an der Oberfläche Stufen auf. Der Verdrehungswinkel bewirkt die<br />
Ausbildung der regelmäßigen quadratischen Netzwerke aus Schraubenversetzungen und der<br />
Kippwinkel zusätzliche Versetzungslinien mit einer Stufenkomponente, die mit den<br />
Schraubenversetzungen reagieren.<br />
Abb. 4.2: Einfluß unterschiedlicher Verdrehungswinkel und nanoskopische Hohlräume an<br />
hydrophoben Grenzflächen nach dem Tempern bei 1000°C: Verdrehungswinkel oben 1,9°<br />
und unten 0,06°.<br />
39
Dabei bilden sich Dreifachknoten in den Netzwerken, an denen die Schraubenversetzungen<br />
um eine halbe Maschenweite verschoben sind. Die Reaktionsversetzungen verlaufen<br />
zickzackförmig und bestehen aus leicht verspannten 60°-Versetzungen. Sie wurden schon bei<br />
Untersuchungen von Korngrenzen in massivem Silizium gefunden [219]. Aus den Abständen<br />
θ bestimmen:<br />
der Versetzungen lassen sich der Verdrehungswinkel θ und der Kippwinkel<br />
R K<br />
⎛ θ R ⎞ b<br />
2 ⋅ sin ⎜ ⎟ = und<br />
⎝ 2 ⎠ L<br />
S<br />
a<br />
tan θ K = (4.1)<br />
2L<br />
L S ist der Abstand der Schraubenversetzungssegmente, L K der Abstand der 60°-<br />
Versetzungen, b der Betrag des Burgersvektors vom Typ a/2 und a die Gitterkonstante<br />
des Siliziums. Aus entsprechenden großflächigen Abbildungen ließ sich der Kippwinkel in<br />
beiden Proben zu 0,03° bestimmen. In Abbildung 4.2 oben ist der Verdrehungswinkel 1.9°<br />
und das Schraubenversetzungsnetzwerk ist sehr eng. Abbildung 4.2 unten zeigt eine Probe,<br />
die mit 0,06° einen sehr kleinen Verdrehungswinkel hat. Die Maschen des resultierenden<br />
Schraubenversetzungsnetzwerkes sind sehr weit. In dem engmaschigen Netzwerk lassen sich<br />
die 60°-Versetzungen besser erkennen. Die Verschiebung um eine halbe Maschenweite wird<br />
hier deutlich. Man erkennt wieder nanoskopische Hohlräume an der Grenzfläche. Deren<br />
Dichte beträgt in beiden Fällen 1,3⋅ 10 10 cm -2 . In der Probe mit kleinem Verdrehungswinkel<br />
erkennt man einige sehr große Hohlräume, die an Versetzungslinien liegen, während in der<br />
anderen Probe alle Hohlräume ungefähr gleich groß erscheinen. Die Hohlräume sind gereift<br />
und werden von (111)- und (100)-Flächen begrenzt. Sie haben die Form von abgestumpften<br />
Oktaedern. (Abb. 4.3). Ihre Größe ist teilweise bis auf 30 nm angewachsen. Die Bedeckung<br />
der Grenzfläche mit nanoskopischen Hohlräumen hat auf ungefähr 5% abgenommen.<br />
Abb. 4.3: Oktaedrische nanoskopische Hohlräume an einer hydrophoben Grenzfläche nach<br />
dem Tempern bei 1000°C im HRTEM-Querschnitt (- - - - Bondgrenzfläche)<br />
Tempert man die Proben bei 1200°C, ändert sich das Erscheinungsbild der Versetzungsnetzwerke<br />
kaum. An vielen Stellen hat sich interstitieller Sauerstoff in Form von Siliziumoxid<br />
ausgeschieden. Vereinzelt sind noch einige nanoskopische Hohlräume zu finden. Ihr Rand ist<br />
auch von Siliziumoxid bedeckt (Abb. 4.4). In Abbildung 4.4 erkennt man vier nanoskopische<br />
Hohlräume. Zur Erzielung eines besseren Kontrastes des Siliziumoxids kann man die Stelle<br />
auch im Dunkelfeldmodus abbilden. Hierbei nutzt man die in den amorphen Bereichen<br />
gestreute Intensität zur Abbildung, und das Siliziumoxid erscheint hell (Abb. 4.4 rechts). Die<br />
Stelle mit den drei großen Hohlräumen ist besonders interessant. Im Hellfeldbild erkennt man<br />
die Hohlräume und Versetzungen, die kurz vor dem Hohlraum enden. Das läßt auf anderes<br />
Material am Rand schließen. Im Dunkelfeldbild erkennt man dort Kontraste von Siliziumoxid.<br />
Die Hohlräume sieht man nicht, da das Dunkelfeldbild im Fokus aufgenommen wird. Die<br />
Dichte der Siliziumoxidausscheidungen beträgt 1,3⋅ 10 10 cm -2 .<br />
40<br />
K
Abb. 4.4: Siliziumoxidausscheidungen und nanoskopische Hohlräume an einer hydrophoben<br />
Grenzfläche nach dem Tempern bei 1200°C, links Hellfeld- und rechts Dunkelfeldaufnahme.<br />
Das entspricht genau der Hohlraumdichte nach dem Tempern bei 1000°C. Die Siliziumoxidausscheidungen<br />
haben eine oktaedrische Form. Es ergibt sich folgendes Gesamtbild: Das<br />
Tempern bei 1200°C bewirkt die Ausscheidung von Sauerstoff bevorzugt an den Stellen, wo<br />
sich vorher Hohlräume befanden. Kleine Hohlräume werden komplett mit Siliziumoxid<br />
aufgefüllt, und bei großen reicht die Menge an interstitiellem Sauerstoff nicht aus, den<br />
Hohlraum vollständig zu füllen. Diese Annahme wird durch die gleiche Verteilungsdichte<br />
bestätigt. In Abbildung 4.4 erkennt man noch einen weiteren Effekt. Die 60°-Versetzung ist<br />
stark dekoriert mit Siliziumoxidausscheidungen. Die Hohlräume und die späteren Siliziumoxidausscheidungen<br />
scheinen sich dort bevorzugt zu bilden. Schon nach dem Tempern bei<br />
1000°C läßt sich aufgrund schwacher Kontrastwechsel an den Rändern einiger Hohlräume<br />
eine beginnende Ausscheidung von Siliziumoxid vermuten. Die Abbildung 4.5 zeigt eine<br />
TEM-Aufnahme von vollständig mit Siliziumoxid gefüllten Hohlräumen an der Grenzfläche.<br />
Abb. 4.5: Siliziumoxidausscheidungen an einer hydrophoben Grenzfläche nach dem Tempern<br />
bei 1200°C.<br />
41
4.1.2. UHV-gebondete Grenzflächen<br />
Durch UHV-Bonden lassen sich bei Raumtemperatur künstliche Grenzflächen herstellen.<br />
Dabei treten aufgrund der unabgesättigten Bindungen und der nachfolgenden Ausbildung<br />
kovalenter Bindungen hohe Kräfte an der Grenzfläche auf. Durch die Nanorauhigkeit kommt<br />
es dabei zu Verzerrungen von Bindungslängen und Winkeln. Die Struktur der Grenzflächen<br />
wurde an Querschnitten und 25°-Schnitten im TEM untersucht. Eine HRTEM-Aufnahme<br />
eines Querschnittes zeigt Abbildung 4.6. Man erkennt die Gitterebenen der zwei Einkristalle<br />
und die gebondete Grenzfläche als hellen Streifen dazwischen. Die Grenzfläche bildet eine<br />
sehr glatte Linie ohne eine deutliche Zwischenschicht. An vielen Stellen gehen die<br />
Netzebenen quer über die gebondete Grenzfläche, als wäre es ein perfekter Einkristall. An<br />
anderen Stellen mit hellem Kontrast ist die gute Passung gestört. Diese Bereiche haben eine<br />
sehr kleine Ausdehnung. Der hellere Kontrast bedeutet eine höhere Elektronentransparenz in<br />
der Grenzfläche, die verschiedene Ursachen haben kann: Abbildungseffekt durch Phasenverschiebung<br />
aufgrund von Dickenunterschieden der TEM-Probe, Fehlpassung aufgrund<br />
vorhandener Nanorauhigkeiten oder auch geringfügige Grenzflächenkontamination etwa<br />
durch adsorbierte Kohlenwasserstoffe sind denkbar. Nanoskopische Hohlräume, wie in den<br />
hydrophob gebondeten Waferpaaren, konnten in Defokussierungsversuchen an UHVgebondeten<br />
Grenzflächen nicht nachgewiesen werden. Es ist aber nicht auszuschließen, daß<br />
kleinste nanoskopische Hohlräume mit Abmessungen unterhalb der Nachweisgrenze von ca. 1<br />
nm vorhanden sind. Ein Nanometer entspricht ungefähr vier Gitterebenen. Eine oder zwei<br />
fehlende Gitterebenen lassen sich somit nicht auflösen. In 25°-Schnitten ist bei<br />
Durchstrahlung senkrecht zur Grenzfläche kein Versetzungsnetzwerk zu erkennen. Man<br />
beobachtet nur Kontraste eines Rotations-Moirés, das durch die leichte Verdrehung der beiden<br />
Kristallgitter bedingt ist.<br />
Abb. 4.6: HRTEM-Querschnittsaufnahme einer UHV-gebondeten Grenzfläche.<br />
Tempert man UHV-gebondete Proben bei Temperaturen über 800°C, so bilden sich an den<br />
Grenzflächen Versetzungsnetzwerke aus [62]. Für die Untersuchungen wurden Proben bei<br />
1000°C und 1200°C zwei Stunden lang und bei 1100°C 24 Stunden lang getempert. Infolge<br />
der hohen Temperatur diffundiert das Silizium an der Grenzfläche und gleicht die Nanorauhigkeiten<br />
aus. Die Fehlpassung zwischen den beiden Einkristallen wird durch<br />
Versetzungen ausgeglichen. TEM-Aufnahmen der Versetzungsstrukturen nach dem Tempern<br />
auf 1000°C bzw. 1200°C sind in Abbildung 4.7 dargestellt. Der Verdrehungswinkel ist hier<br />
0,27° und der Kippwinkel 0,03°. Die Versetzungsstruktur sieht nach der UHV-Bondung und<br />
der entsprechenden Temperung meist komplizierter aus als nach der hydrophoben Bondung.<br />
42
Abb. 4.7: Versetzungsstruktur an UHV-gebondeten Grenzflächen nach dem Tempern bei<br />
1000°C (links) und bei 1200°C (rechts).<br />
Der Verlauf der 60°-Versetzungen im quadratischen Schraubenversetzungsnetzwerk ist<br />
unregelmäßiger und oft nicht genau zu identifizieren. Außerdem werden häufig geschlossene<br />
Reaktionsversetzungen (Versetzungsringe, vgl. auch Abb. 4.9) beobachtet (Abb. 4.7). Wie<br />
schon beschrieben, können aufgrund der Nanorauhigkeit wenige Gitterebenen fehlen. Die<br />
beim UHV-Bonden wirkenden hohen Kräfte deformieren die Wafer an dieser Stelle. Im<br />
Zentrum nähern sie sich und bonden, während an den Rändern die schon beschrieben Räume<br />
mit den verzerrten Bindungen entstehen. Ein inverses Verhalten erzeugt eine zusätzliche<br />
Gitterebene. Ein Schema der Entstehung dieser Versetzungsringe ist in Abbildung 4.8<br />
dargestellt.<br />
fehlende Gitterebene zusätzliche Gitterebene<br />
UHV<br />
Bonden<br />
1 nm<br />
Abb. 4.8: Prinzip der Entstehung von Versetzungsringen an UHV- gebondeten Grenzflächen.<br />
43
Beim Tempern relaxiert die Grenzfläche, und die ringförmigen Stufen werden als<br />
Versetzungen eingebaut. Diese reagieren mit den Schraubenversetzungen, wechselwirken<br />
auch mit den 60°-Kippversetzungen und bilden komplizierte Versetzungsstrukturen. Ein<br />
solcher Ring besteht aus vier verschiedenen Versetzungssegmenten, die alle einen unterschiedlichen<br />
Burgersvektor aufweisen (Abb. 4.9). Die Ringe können auch großflächiger<br />
ausgedehnt sein (Abb. 4.7). Sie werden dabei immer aus den vier Versetzungen aufgebaut.<br />
Bei diesen Versetzungen handelt es sich um verspannte 60°-Versetzungen. Diese sind<br />
verspannt, da die Versetzungen versuchen, einen Winkel von 120° untereinander auszubilden.<br />
In der Mitte der Versetzungssegmente haben sie einen 45°-Charakter und direkt an den<br />
Knotenpunkten einen 60°-Charakter. Es ließ sich nicht klären, ob die Schleifen durch fehlende<br />
oder zusätzliche Gitterebenen entstehen. Auf den Plateaus, die von der Schleife umschlossen<br />
werden, findet man wieder Schraubenversetzungsnetzwerke. Entsprechende Beobachtungen<br />
wurden nach dem Tempern der Wafer bei 1000°C und bei höheren Temperaturen gemacht.<br />
110 110<br />
Abb. 4.9: Mögliche a/2-Burgersvektoren in der Versetzungsstruktur von UHVgebondeten<br />
und getemperten Grenzflächen.<br />
Frühere Untersuchungen UHV-gebondeter Siliziumgrenzflächen berichten von Versetzungsnetzwerken<br />
schon bei Raumtemperatur [62,220]. Dieses Ergebnis konnte im Rahmen dieser<br />
Arbeit nicht reproduziert werden. Die betreffenden Autoren arbeiten noch im Max-Planck-<br />
Institut, und daher konnte dieses Phänomen diskutiert werden. Es zeigte sich, daß das<br />
Netzwerk sich nur an einer Stelle fand, und daß weitere Proben desselben Waferpaares kein<br />
Versetzungsnetzwerk aufwiesen. Eine Möglichkeit für die Entstehung von Versetzungen<br />
schon bei Raumtemperatur besteht darin, daß beide Wafer einen sehr niedrigen Kippwinkel<br />
und demzufolge einen großen Abstand von Stufen an der Oberfläche aufweisen. Die Wafer<br />
waren an der präparierten Stelle ideal eben und wiesen dort zusätzlich keine Nanorauhigkeit<br />
auf. In diesem Fall lag also an der Grenzfläche nichts vor, was die Bildung von Versetzungen<br />
bei Raumtemperatur behindert hätte.<br />
Beim Ausheizen tritt noch ein weiterer Effekt auf. An der Grenzfläche scheidet sich der<br />
interstitielle Sauerstoff in Form von Siliziumoxid aus. Man beobachtet nach dem Tempern bei<br />
1000°C nur ganz vereinzelt einige Siliziumoxidausscheidungen. Nach dem Tempern bei<br />
44<br />
110<br />
110<br />
011<br />
101<br />
110 110<br />
011<br />
101<br />
110<br />
110
1200°C für 2 h findet man wieder nur vereinzelte Ausscheidungen, jedoch hat sich die Dichte<br />
etwas erhöht (Abb. 4.7). Nach einem Langzeittempern (24 h) bei 1100°C findet man<br />
Siliziumoxidausscheidungen an der ganzen Grenzfläche homogen verteilt vor. Die<br />
Ausscheidungsdichte beträgt 6,5⋅ 10 9 cm -2 . Abbildung 4.10 zeigt diese Grenzfläche unter<br />
kinematischen Hellfeldbedingungen, bei denen die Oxidausscheidungen dunkel erscheinen.<br />
Dieser Effekt ist von Untersuchungen an Korngrenzen in massivem Silizium bekannt [218].<br />
In sauerstoffarmem FZ-Silizium lassen sich selbst nach dem Tempern bei 1300°C keine<br />
Siliziumoxidausscheidungen finden [61]. Ausscheidungen aus Siliziumkarbid, die auf eine<br />
kohlenstoffhaltige Kontamination vor dem Bonden schließen lassen, wurden nicht gefunden.<br />
Abb. 4.10: Siliziumoxidausscheidungen an einer UHV-gebondeten Grenzfläche nach einer<br />
Langzeittemperung (24 h bei 1100°C).<br />
4.1.3. Hydrophile Grenzflächen<br />
Hydrophil gebondete Wafer haften bei Raumtemperatur nur aufgrund von schwachen<br />
Wasserstoffbrückenbindungen aneinander. Die Bondstärke kann durch Tempern erhöht<br />
werden. Es wurde bei unterschiedlichen Temperaturen getempert. Die gewählten Temperaturen<br />
repräsentieren markante Werte aus den Temperaturbereichen der Entwicklung der<br />
Grenzfläche, wie sie in Kapitel 2.1.2. beschrieben wurden. Nach zwei Stunden Tempern bei<br />
Temperaturen von 130°C, 450°C und 700°C befinden sich kleine Blasen (Durchmesser 100-<br />
500 µm) an der Grenzfläche. Sie sind mit Wasserstoff gefüllt, der sich bei den ablaufenden<br />
chemischen Reaktionen bildet. Nach dem Heizen auf Temperaturen über 800°C gibt es keine<br />
Blasen an der Grenzfläche. Weitere Wafer wurden bei 950°C, 1000°C, 1050°C und 1100°C<br />
zwei Stunden lang getempert und dann untersucht. Abbildung 4.11 zeigt den HRTEM-<br />
Querschnitt einer 2 h lang bei 950°C getemperten Probe.<br />
Abb. 4.11: Hydrophile Grenzfläche nach dem Tempern bei 950°C.<br />
45
Man erkennt die zwei Siliziumeinkristalle, die durch eine amorphe Siliziumoxidschicht<br />
getrennt sind. Die Dicke des Siliziumoxids beträgt 2-3 nm. Kippt man die TEM-Probe um 10<br />
bis 20° vom genutzten -Pol und defokussiert etwas, finden sich auch hier nanoskopische<br />
Hohlräume an der Grenzfläche. Die nanoskopischen Hohlräume liegen flächig in<br />
der Mitte der Oxidschicht. Es wurden bei Temperaturen von 130°C bis 1050°C nanoskopische<br />
Hohlräume an der Grenzfläche gefunden. Die Entwicklung der Grenzflächenstruktur beim<br />
Tempern ist in den Abbildungen 4.13-4.16 dargestellt. Bis 950°C ändern die Hohlräume ihre<br />
Form und Größe kaum. Sie haben eine laterale Ausdehnung von 10-30 nm und eine Dicke<br />
von ca. 1 nm. Ab 1000°C läßt sich eine Vergröberung der nanoskopischen Hohlräume<br />
beobachten. Ihre Anzahl sinkt, und die Dicke steigt.<br />
Nach dem Tempern bei 1100°C findet man bei Defokussierungsversuchen keine Hohlräume<br />
mehr. Das Siliziumoxid ist an manchen Stellen durchgebrochen. Dort ist das Silizium<br />
epitaktisch zusammengewachsen und entsprechend dem Verdrehungswinkel haben sich<br />
Schraubenversetzungsnetzwerke gebildet. Rund um die Durchbrüche finden sich große<br />
Spannungsfelder (Abb. 4.12). Die Streifenstruktur in dem dunkel erscheinenden Siliziumoxid<br />
in Abbildung 4.16 kommt nicht durch Fresnelkontraste an Hohlräumen zustande, sondern<br />
scheint durch Dickenänderungen in der Siliziumoxidschicht hervorgerufen zu werden. Diese<br />
Dickenänderung wird durch das Zusammenfallen der Hohlräume bei 1100°C verursacht. An<br />
Stellen, an denen die nanoskopischen Hohlräume vorhanden waren, ist das Siliziumoxid nun<br />
lokal dünner. Die Siliziumoxidschicht beginnt sich aufzulösen. Dort, wo sie sich komplett<br />
aufgelöst hat, entstehen die Durchbrüche.<br />
Abb. 4.12: Spannungsfelder am Durchbruch im Siliziumoxid (vgl. Abb. 4.16).<br />
4.1.4. Modell zur Strukturentwicklung<br />
Hydrophobes Bonden und UHV-Bonden unterscheiden sich nur in einem wesentlichen<br />
Schritt. Beim UHV-Bonden wird die Wasserstoffpassivierung der Wafer vor dem Bonden<br />
entfernt, während beim hydrophoben Bonden der Wasserstoff beim nachträglichen Heizen<br />
wegdiffundiert. Das Resultat ist in beiden Fällen ein gebondetes Waferpaar, das durch<br />
kovalente Silizium-Silizium-Bindungen zusammengehalten wird. Der Unterschied im<br />
Prozeßablauf ändert die Entwicklung der Grenzflächen. Hydrophobe Wafer halten zunächst<br />
durch schwache van-der-Waals-Wechselwirkungen zusammen. Beim Tempern über 450°C<br />
desorbiert der Wasserstoff schrittweise und es bilden sich kovalente Bindungen. Große<br />
wasserstoffhaltige Blasen verhindern den Kontakt der gesamten Grenzfläche.<br />
46
Abb. 4.13: Hohlräume an einer hydrophilen Grenzfläche nach dem Tempern bei 130°C; Probe<br />
um 20° gekippt.<br />
Abb. 4.14: Hohlräume an einer hydrophilen Grenzfläche nach dem Tempern bei 700°C; Probe<br />
um 20° gekippt.<br />
Abb. 4.15: Hohlräume an einer hydrophilen Grenzfläche nach dem Tempern bei 1000°C;<br />
Probe um 20° gekippt.<br />
Abb. 4.16: Durchbruch an einer hydrophilen Grenzfläche nach dem Tempern bei 1100°C;<br />
Probe um 20° gekippt.<br />
47
Die Bondung ist noch nicht durchgängig kovalent. Viele kleine flache nanoskopische<br />
Hohlräume liegen in der Grenzfläche. Bei höheren Ausheiztemperaturen steigt die Anzahl der<br />
kovalenten Bindungen. Der Wasserstoff beginnt entlang der Grenzfläche oder in das Silizium<br />
zu diffundieren. Es bilden sich Versetzungen, die die Fehlpassung an der Grenzfläche<br />
ausgleichen.<br />
Während des Temperns wird die Gesamtenergie, also die Oberflächen- und Grenzflächenenergie,<br />
der Grenzflächen minimiert. Dieser Prozeß verläuft analog zur Ostwald-Reifung. Die<br />
Hohlräume ziehen sich zusammen, ihre Anzahl verringert sich und ihre Form wird sphärisch.<br />
Die Bedeckung der Grenzfläche mit Hohlräumen nimmt ab. Nach dem Tempern auf 1000°C<br />
ist nahezu die gesamte Grenzfläche kovalent gebondet. Die Hohlräume sind gereift, und ihre<br />
Anzahl hat abgenommen. Aus den kleinen sphärischen Hohlräumen sind einige größere<br />
dreidimensionale Hohlräume entstanden. Sie werden beim Wachsen zunehmend von {111}-<br />
und {100}-Ebenen begrenzt und erhalten so ihre oktaederähnliche Form. Das Versetzungsnetzwerk<br />
hat sich komplett ausgebildet. Bei der Entwicklung der nanoskopischen Hohlräume<br />
an der Grenzfläche scheinen sich die Leerstellen in Richtung der Versetzungen zu bewegen<br />
und dort entlang der Spannungsfelder zu wandern, bis sie einen großen Hohlraum oder einen<br />
Knotenpunkt treffen. So findet man bei hohen Versetzungsdichten (Abb. 4.2) viele kleine<br />
Hohlräume. Bei kleinen Versetzungsdichten findet man einige große Hohlräume, da hier nur<br />
wenige Versetzungen zur Verfügung stehen. Größere Hohlräume sammeln sich an 60°-<br />
Versetzungen und dort besonders an den Knotenpunkten. Hier ersetzt der Hohlraum den<br />
Knotenpunkt, was die Energiebilanz senkt.<br />
Die Entwicklung von Versetzungsnetzwerken geschieht in hydrophob gebondeten<br />
Grenzflächen schon bei niedrigeren Temperaturen als bei UHV-gebondeten Grenzflächen. Sie<br />
wurden schon nach dem Tempern bei 520°C beobachtet [61,63].<br />
An der Grenzfläche zwischen UHV-gebondeten Wafern befinden sich nach dem Bonden bei<br />
Raumtemperatur nur selten nachweisbare nanoskopische Hohlräume. Der helle Kontrast im<br />
TEM-Querschnitt kann ein Hinweis auf freies Volumen an der Grenzfläche, aber auch auf<br />
Kontamination sein. Ein Hinweis auf eine ursprünglich vorhandene Nanorauhigkeit sind die<br />
Versetzungsringe in getemperten UHV-Proben. Diese könnten durch das partielle Fehlen<br />
einer Gitterebene und die hohe initiale Bondstärke zustande kommen. Eine zusätzliche<br />
Netzebene hätte ähnliche Auswirkungen. Versetzungsnetzwerke bilden sich erst bei<br />
Temperaturen über 800°C aus.<br />
Dieser signifikante Unterschied scheint am Vorhandensein von Wasserstoff an der<br />
Grenzfläche zu liegen. Der Wasserstoff unterstützt in den hydrophoben Grenzflächen die<br />
Diffusionsvorgänge, so daß die Prozesse an der Grenzfläche bei niedrigeren Temperaturen<br />
ablaufen können. Das freie Volumen an der Grenzfläche bleibt beim Tempern erhalten. Die<br />
nanoskopischen Hohlräume konzentrieren sich an Versetzungslinien, besonders an 60°-<br />
Versetzungen. Diese erlauben durch ihren offenen Versetzungskern eine bevorzugte Diffusion<br />
von Wasserstoff und Silizium. Durch Leerstellenagglomeration und Reste von Wasserstoff<br />
werden die nanoskopischen Hohlräume stabilisiert. Das wird auch in Abbildung 4.2 deutlich.<br />
Bei hohen Versetzungsdichten verteilen sich diese Effekte, und alle Hohlräume sind gleich<br />
groß. Bei großen Versetzungsabständen sammeln sich Wasserstoff und Leerstellen bevorzugt<br />
an den 60°-Versetzungen. Daher findet man nur wenige, aber große nanoskopische<br />
Hohlräume. Versetzungsringe wie in den UHV-Proben findet man in hydrophoben Proben<br />
sehr selten. An hydrophoben Grenzflächen ist die Initialbindung zu schwach, und beim<br />
Tempern werden lokal fehlende Gitterebenen nach Wegdiffusion des Wasserstoffes mit<br />
Silizium aufgefüllt. Nur wenn der Verdrehungswinkel sehr klein ist, lassen sich vereinzelt<br />
48
Ringe beobachten (Abb. 4.2 unten). An UHV-gebondeten Grenzflächen sind sie nach dem<br />
Tempern zahlreich vorhanden und immer zu finden.<br />
Ein weiterer Hinweis auf die Richtigkeit dieses Modell ist die Ausscheidung von<br />
Siliziumoxid. Auch sie findet bei hydrophoben Proben eher statt, da die nanoskopischen<br />
Hohlräume als Senken schon vorhanden sind. Der Wasserstoff diffundiert bei den hohen<br />
Temperaturen in das umgebene Silizium, der interstitielle Sauerstoff diffundiert verstärkt und<br />
bildet das Siliziumoxid. Bei großen Hohlräumen stoppt der Prozeß, da der Wasserstoff im<br />
Siliziumgitter verteilt ist und der nahe interstitielle Sauerstoff nur reicht, um den Rand des<br />
Hohlraums mit Oxid aufzufüllen. Bei UHV-gebondeten Proben gibt es keinen Wasserstoff an<br />
der Grenzfläche. Durch die hohen Bindungskräfte ist die Grenzfläche in einem metastabilen<br />
Zustand eingefroren. Erst höhere Temperaturen ermöglichen eine Relaxation der Grenzfläche.<br />
Diese findet durch eine Selbstdiffusion des Siliziums erst bei Temperaturen über 800°C statt.<br />
Die Ausscheidung von Siliziumoxid geschieht auch nicht bevorzugt an Versetzungen, sondern<br />
findet überall in der Grenzfläche statt. Nach dem Tempern bei 1000°C und 1200°C finden<br />
sich nur vereinzelte Siliziumoxidausscheidungen. Die Ausscheidungsdichte steigt nach dem<br />
Tempern für 24 Stunden bei 1100°C, jedoch ist sie nur halb so groß wie an hydrophoben<br />
Grenzflächen.<br />
Auch bei hydrophilen Wafern finden sich nanoskopische Hohlräume an der Grenzfläche.<br />
Zwischen 130°C und 1000°C ändert sich die Größe und Form der Hohlräume kaum. Auch die<br />
Bedeckung der Grenzfläche mit Hohlräumen bleibt mit ca. 25% nahezu konstant. Bei der<br />
Entwicklung der Bondenergie in Abhängigkeit von der Ausheiztemperatur läßt sich ein<br />
Plateau zwischen 150°C und 800°C beobachten (vgl. Abb. 2.5). Durch die Entdeckung von<br />
nanoskopischen Hohlräumen auch an hydrophilen Grenzflächen, läßt sich die Vermutung von<br />
Gösele und Tong bestätigen, daß die Bondenergie in diesem Temperaturbereich durch kleine<br />
Hohlräume limitiert wird. Das Diagramm in Abbildung 2.5 zeigt Bondenergien nach 100 h<br />
Temperung [16]. Daher ist dort bei 900°C schon eine hohe Bondenergie erreicht, während in<br />
der vorliegenden Arbeit nach dem Tempern auf 950° und 1000°C für zwei Stunden noch<br />
Hohlräume gefunden wurden. Nach dem Tempern bei 1000°C vergröbern sich die<br />
Hohlräume, die kontaktierte Fläche nimmt zu und die Bondenergie steigt in den Bereich des<br />
massiven Siliziums. Bei 1100°C sinkt die Viskosität des Siliziumoxids. Die Hohlräume<br />
schließen sich, das Siliziumoxid beginnt sich aufzulösen, und es bilden sich Durchbrüche in<br />
der Oxidschicht. Das lokale Auflösen und Umlagern des Siliziumoxides findet statt, da<br />
dadurch die Summe der Grenzflächenenergien von Silizium-Silizium-Grenzflächen und<br />
Silizium-Siliziumoxid-Grenzflächen verringert wird [60].<br />
Abschließend läßt sich feststellen, daß die Bildung von nanoskopischen Hohlräumen<br />
offensichtlich von der Nanorauhigkeit vor dem Bonden abhängt. Beim hydrophilen und<br />
hydrophoben Bonden entstehen durch die schwachen Adhäsionskräfte lokal ungebondete<br />
Bereiche, die während des Temperns zunächst erhalten bleiben. Die hohe initiale Bondstärke<br />
beim UHV-Bonden verhindert eine Bildung von nachweisbaren Hohlräumen. Dafür entstehen<br />
dort zusätzliche Versetzungen durch die Nanorauhigkeit.<br />
4.1.5. Absolute Drucksensoren durch UHV-Bonden<br />
Die Eigenschaften der Bondgrenzflächen lassen unterschiedliche Anwendungen zu. Eine<br />
davon ist im Rahmen dieser Arbeit untersucht worden. Mack zeigte in seiner Dissertation<br />
1997 die Möglichkeit der Herstellung von Drucksensoren mit Hilfe des Wafer-Bondens<br />
[221,222]. Er bondete einen mit quadratischen Vertiefungen strukturierten Wafer auf einen<br />
49
unstrukturierten Wafer und stellte so hermetisch abgeschlossene Mikrokavernen her. Der<br />
Nachteil der verwendeten hydrophilen bzw. hydrophoben Bondprozedur lag in der<br />
Gasentwicklung während des Temperns der Wafer. Diese Temperung war für die<br />
mechanische Stabilität der Drucksensoren nötig. Die Wafer waren im Vakuum gebondet<br />
worden, damit die Hohlräume beim Bonden des Wafers nicht mit Luft gefüllt werden. Die bei<br />
der Temperung entstehenden Gase diffundierten jedoch in die Mikrokavernen an der Grenzfläche<br />
und erzeugten einen Druck. Dieser Restdruck, der spätere Referenzdruck, in den<br />
Kavernen stellt ein Problem für Absolutdrucksensoren dar.<br />
Beim Absolutdrucksensor sollte der Referenzdruck möglichst klein sein, um Temperatureffekte<br />
und Variation von Sensor zu Sensor zu vermeiden. Dieses Problem kann mit dem<br />
Bonden im Ultrahochvakuum gelöst werden. Beim Bonden herrscht ein Druck im Bereich<br />
von 10 -10 mbar, und die Oberfläche der Wafer ist hauptsächlich mit unabgesättigten<br />
Bindungen bedeckt. Der Absolutdruck nach dem Bonden in der Kaverne sollte mit dem<br />
während des Bondens übereinstimmen. Zur Überprüfung dieser Idee wurden strukturierte<br />
Wafer von Mack und der Bosch AG im Ultrahochvakuum gebondet. Der eine Wafer enthielt<br />
an der Oberfläche 2-5 mm große Quaderstrukturen, mit einer 10 µm dicken Membran, und der<br />
andere Wafer war unstrukturiert. Die Wafer bondeten im Ultrahochvakuum und schlossen die<br />
Kavernen an der Grenzfläche ein. Das Infrarot-Durchstrahlungsbild und eine ultraschallmikroskopische<br />
Aufnahme zeigt Abbildung 4.17. Unter Normaldruck drückte der Luftdruck<br />
die Kavernen ein. Durch Abpumpen der Luft in einer Vakuumkammer und Beobachtung der<br />
Waferoberfläche konnte der Druck in den Hohlräumen zu
4.2. Elektrische Eigenschaften gebondeter Siliziumgrenzflächen<br />
4.2.1. UHV-gebondete Siliziumgrenzflächen<br />
Wie im vorigen Kapitel gezeigt, lassen sich durch Wafer-Bonden zwei Siliziumwafer<br />
dauerhaft miteinander verbinden. In diesem Kapitel werden die elektrischen Eigenschaften der<br />
Grenzflächen mit der Zielstellung untersucht, hohe Ströme über die gebondete Grenzfläche<br />
fließen zu lassen. Dabei wird hauptsächlich auf die im UHV gebondeten Grenzflächen<br />
eingegangen. Die elektrischen Eigenschaften dieser Grenzflächen wurden bis jetzt nur wenig<br />
untersucht, und die niedrige Prozessierungstemperatur ist ein vielversprechender Ansatz für<br />
die technologische Anwendung des UHV-Bondens.<br />
4.2.1.1. nn- und pp-Übergänge<br />
Nach dem UHV-Bonden sind die Siliziumwafer an der gesamten Grenzfläche miteinander<br />
verbunden. Die Abbildung 3.1 in Kapitel 3.5. zeigt ein UHV-gebondetes Waferpaar im<br />
Infrarot-Durchstrahlungsbild und als ultraschallmikroskopische Aufnahme. Nur im Randbereich<br />
treten einige Defekte auf. Diese stammen von den Schneidkanten, mit denen das<br />
vorgebondete Waferpaar in der Einschleuskammer der UHV-Anlage getrennt worden war.<br />
Als erstes wurde der Stromfluß über das gesamte gebondete Waferpaar untersucht. Dabei<br />
fließt der Strom senkrecht zur gebondeten Grenzfläche, und es findet sich ein linearer<br />
Zusammenhang zwischen Strom und Spannung bei Stromdichten bis 10 mA/cm 2 . Aus dem<br />
Anstieg ∆U/∆I ergibt sich ein Widerstand, der um den Faktor 100 größer ist, als der aus der<br />
Dotierung berechnete. Mit der Lock-in-Thermographie läßt sich die Stromdichteverteilung an<br />
der Grenzfläche beobachten. Die Abbildung 4.18 zeigt eine thermographische Aufnahme des<br />
pp-Überganges mit 16 Ωcm im Vergleich mit dem Infrarot-Durchstrahlungsbild. Die hellen<br />
Bereiche im unteren Bildfeld stammen von der Stromeinspeisung. An dem Waferpaar erkennt<br />
man eine inhomogene Stromdichteverteilung. Die Bereiche am Rand tragen wenig zum<br />
Stromfluß bei und sind dunkler. Der größte Teil des Waferpaares leitet den Strom relativ<br />
homogen. Im oberen Teil des Waferpaares erkennt man einen Bereich, an dem der Strom<br />
besser fließt als in anderen Regionen.<br />
Abb. 4.18: IR-Durchstrahlungsbild und thermographische Aufnahme (Skala hier 0-2 mK)<br />
eines pp-Übergangs.<br />
51
Zur Untersuchung der elektrischen Eigenschaften wurden 3 mm 2 große Stücke aus der Mitte<br />
des Waferpaares präpariert. Die Strom-Spannungs-Kennlinien unterschiedlicher pp-<br />
Übergänge sind in Abbildung 4.19 dargestellt. Bei Spannungen über 0,15 Volt geht der Strom<br />
nahezu in Sättigung und steigt erst für höhere Spannungen wieder superlinear an (kleines Bild<br />
in Abb. 4.19). Aufgrund der großen Fläche und der somit geringen Stromdichte sah man bei<br />
der Messung des gesamten Wafers nur den linearen Teil der in Abbildung 4.19 gemessenen<br />
Kurve.<br />
Stromdichte in mA/cm 2<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
-10<br />
-20<br />
-30<br />
-40<br />
-50<br />
-60<br />
-70<br />
10 Ωcm<br />
16 Ωcm<br />
34 Ωcm<br />
175<br />
150<br />
125<br />
100<br />
75<br />
50<br />
25<br />
0<br />
0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10<br />
-1.0 -0.8 -0.6 -0.4 -0.2 0.0 0.2 0.4 0.6 0.8 1.0<br />
Spannung in Volt<br />
Abb. 4.19: I-U-Kennlinien von pp-Übergängen unterschiedlicher Dotierungen.<br />
Der lineare Anstieg ergibt sich aus dem Term (1-e -eV/kT ) der Gleichung für die thermische<br />
Emission (vgl. Gl. 4.2). Es zeigt sich, daß pp-Übergänge den Strom besser leiten als nn-<br />
Übergänge vergleichbarer Dotierungen. So fließen im pp-Fall bei einer Leitfähigkeit von 10<br />
Ωcm ca. 60 mA/cm 2 bei 1 V, während in der nn-Probe derselben Leitfähigkeit nur 2 mA/cm 2<br />
fließen. Mit zunehmender Dotierung steigt auch die Stromdichte bei einem festen<br />
Spannungswert. Im pp-Fall mit 0,1 Ωcm Leitfähigkeit fließen bei einem Volt 700 mA/cm 2 .<br />
Aus dem Verlauf der I-U-Kurven sieht man, daß der Stromfluß über die gebondete<br />
Grenzfläche durch eine Potentialbarriere behindert wird. Der Stromfluß erfolgt durch<br />
thermische Emission über diese Barriere. Mit der Gleichung der thermischen Emission (vgl.<br />
Kap. 2.2.)<br />
2 − ( ζ+<br />
ΦB<br />
) / kT -eV / kT<br />
J th = A T ⋅ e ⋅ ( 1−<br />
e<br />
∗ ) (4.2)<br />
kann man aus der gemessenen I-U-Kennlinie die Barrierenhöhe in Abhängigkeit von der<br />
angelegten Spannung berechnen. Dabei ergibt sich, daß die Barrierenhöhe mit zunehmender<br />
Spannung sinkt.<br />
Durch Aufnahme der temperaturabhängigen Leitfähigkeit Gth für angelegte Spannungen<br />
eV
Übergang beträgt sie 380 meV bei Raumtemperatur. Für die untersuchten pp-Übergänge mit<br />
10-40 Ωcm hat die Barriere bei Raumtemperatur eine Höhe von 290 – 300 meV. Den<br />
temperaturabhängigen Verlauf der Barrierenhöhe im thermodynamischen Gleichgewicht,<br />
berechnet aus den I-U-Daten, zeigt Abbildung 4.20. Neben dem Leitwert Gth kann auch die<br />
Hochfrequenzkapazität CHF gemessen werden. Nach Gleichung (2.16) läßt sich daraus die<br />
Barrierenhöhe auf einem anderen Weg ermitteln. Ein Vergleich in Abbildung 4.20 für den pp-<br />
Übergang mit 16 Ωcm läßt eine gute Übereinstimmung der unabhängig voneinander<br />
bestimmten temperaturabhängigen Barrierenhöhen erkennen.<br />
Barrierenhöhe in meV<br />
400<br />
380<br />
360<br />
340<br />
320<br />
300<br />
280<br />
260<br />
240<br />
pp-Übergang mit 16 Ωcm<br />
aus I-U-Messungen<br />
aus C-V-Messungen<br />
220<br />
160 180 200 220 240 260 280 300 320 340 360<br />
Temperatur in K<br />
Abb. 4.20: Vergleich der aus Leitwert- und Kapazitätsmessungen bestimmten Barrierenhöhe<br />
Wie in dem Bändermodell einer Korngrenze (vgl. Abb. 2.5) beschrieben, setzt sich die<br />
effektive Barrierenhöhe aus der Barrierenhöhe ΦB und der Lage des Ferminiveaus ξ<br />
zusammen. Aus der Messung des temperaturabhängigen Leitwertes G th ergibt sich zuerst die<br />
effektive Barrierenhöhe, aus der mit Kenntnis der Lage des Ferminiveaus die Barrierenhöhe<br />
berechnet werden kann. Die gemessenen Leitwertkurven für einen nn- und pp-Fall sind in<br />
Abbildung 4.21 dargestellt. Diese Messungen zeigen, daß die effektive Barrierenhöhe<br />
unabhängig von der Temperatur ist. Sie bleibt über den gesamten Temperaturbereich konstant<br />
(Abb. 4.22).<br />
Zur frequenzabhängigen Messung des Leitwertes Gges(ω) und der Kapazität wird eine<br />
Wechselspannung angelegt, deren Amplitude eV
Leitwert G/Temperatur T in S/K<br />
1E-3<br />
1E-4<br />
1E-5<br />
1E-6<br />
1E-7<br />
1E-8<br />
1E-9<br />
1E-10<br />
1E-11<br />
1E-12<br />
1E-13<br />
1E-14<br />
nn-Übergang mit 10 Ωcm<br />
pp-Übergang mit 16 Ωcm<br />
3.0 3.5 4.0 4.5 5.0 5.5<br />
Inverse Temperatur in 1000/K<br />
E t - E V = 530 meV<br />
E C - E t = 550 meV<br />
Abb. 4.21: Temperaturabhängiger Leitwert G verschiedener unipolarer Übergänge.<br />
th<br />
Φ B + ξ in meV<br />
560<br />
550<br />
540<br />
530<br />
520<br />
510<br />
180 200 220 240 260 280 300 320 340 360<br />
Temperatur in K<br />
Abb. 4.22: Temperaturabhängigkeit der effektiven Barrierenhöhe am p16-p16-Übergang.<br />
Bei Temperaturen über 100 K werden die Grenzflächenzustände durch die angelegte<br />
Wechselspannung umgeladen, und die Kapazität und der Leitwert ändern sich frequenzabhängig.<br />
Basierend auf der Leitwertmethode von Nicollian und Goetzberger [179] und den<br />
Ergebnissen von Werner [168] kann man die Zustandsdichte Nss in der Umgebung des<br />
Ferminiveaus aus dem dynamischen Verhalten der Grenzfläche bestimmen.<br />
54
Kapazität in nF/cm 2<br />
30<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
T = 263 K<br />
cc1 kHz<br />
c10 kHz<br />
100 kHz<br />
c 1 MHz<br />
-2.0 -1.5 -1.0 -0.5 0.0 0.5 1.0 1.5 2.0<br />
Spannung in Volt<br />
Abb. 4.23: Frequenz- und Vorspannungsabhängigkeit der Kapazität am p16p16-Übergang.<br />
Kapazität in nF/cm 2<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
263 K<br />
253 K<br />
243 K<br />
233 K<br />
223 K<br />
ν = 100 kHz<br />
313 K<br />
303 K<br />
293 K<br />
283 K<br />
273 K<br />
-2.0 -1.5 -1.0 -0.5 0.0 0.5 1.0 1.5 2.0<br />
Spannung in Volt<br />
Abb. 4.24: Temperatur- und Vorspannungsabhängigkeit der Kapazität am p16p16-Übergang.<br />
Zur Bestimmung der Zustandsdichte nach der Leitwertmethode muß die Oxidkapazität C Ox<br />
aus dem Ersatzschaltbild in Abbildung 2.9 entfernt und dafür der frequenzunabhängige<br />
55
Leitwert G th für den thermisch über die Barriere emittierten Strom hinzugefügt werden<br />
[168]. Das neue Ersatzschaltbild zeigt Abbildung 4.25.<br />
AC δU<br />
C C HF δΦ (ω) SS GSS (ω) Gth Abb. 4.25: Aus Abb. 2.9 abgeleitetes Ersatzschaltbild der Bondgrenzfläche [168].<br />
Für den gemessenen Gesamtleitwert Gges und die gemessene Gesamtkapazität Cges gilt :<br />
( ω)<br />
( ω)<br />
G + G ( ω)<br />
G ges th SS<br />
( ) ( )<br />
= ω = C + C ω (4.3)<br />
Cges HF SS<br />
GSS wird ermittelt, indem man von dem gemessenen Leitwert G ges ω den bei ω = 0<br />
gemessenen Leitwert abzieht. Der Leitwert der Grenzflächenzustände GSS(ω) ist für ω = 0<br />
nach (2.27.) und (2.32.) gleich Null. Deshalb wird bei ω = 0 nur der Leitwert G th der über<br />
die Potentialbarriere emittierten Elektronen gemessen. Legt man eine Wechselspannung an<br />
die Grenzfläche an, tragen die in den Grenzflächenzuständen eingefangenen Ladungsträger<br />
zum gemessenen Leitwert bei.<br />
G SS /ω in nS s/cm 2<br />
1<br />
0.1<br />
10 4<br />
UHV gebondeter<br />
pp-Übergang mit 16 Ohmcm<br />
T = 263 K U dc = 0.49V<br />
10 5<br />
Messung<br />
Theorie<br />
Frequenz ω in Hz<br />
Abb. 4.26: Vergleich des gemessen und berechneten frequenzabhängigen Leitwerts.<br />
56<br />
ω m<br />
10 6<br />
( )
Der Füllungsgrad der Zustände ändert sich periodisch, wodurch auch die Barrierenhöhe etwas<br />
moduliert wird. Durch die Zeitkonstante der Lade- und Entladevorgänge sind die Vorgänge<br />
nicht exakt in Phase mit der angelegten Wechselspannung. Der thermisch emittierte Strom<br />
wird von der oszillierenden Ladung an der Grenzfläche moduliert. Die Komponente des<br />
modulierten Stroms, deren Phase um –90° gegen die angelegte Spannung verschoben ist,<br />
erscheint elektrisch als Strom durch eine parallele Kapazität. Diese Kapazität sinkt mit<br />
zunehmender angelegter Gleichspannung. Bei tiefen Frequenzen werden alle Zustände<br />
umgeladen, da die Zeitkonstante τ der Umladung klein gegen die Periode T der Frequenz ω ist<br />
(T = 2π/ω). Der Wert von GSS( ω)<br />
/ ω ist klein. Bei hohen Frequenzen reicht die Zeit nicht<br />
aus, um die Zustände umzuladen. Die Ladungsträger können dem schnellen Spannungswechsel<br />
nicht folgen, der Wert von GSS( ω)<br />
/ ω wird aufgrund der hohen Frequenz von<br />
ω = 1MHz<br />
klein. Bei mittleren Frequenzen ergibt sich ein Maximum des frequenzabhängigen<br />
Leitwertes GSS ( ω)<br />
/ ω . Die Kapazität der Grenzflächenzustände CSS( ω)<br />
wird bestimmt, indem<br />
man die Kapazität bei möglichst hoher Frequenz mißt und dabei die Phasenverschiebung<br />
beobachtet. Ist die Phasenverschiebung –90°, so handelt es sich bei der gemessenen Kapazität<br />
um die Hochfrequenzkapazität. Diese wird nun von der gemessenen Gesamtkapazität Cges ( ω)<br />
abgezogen, und man erhält CSS( ω)<br />
. Nachdem GSS( ω) und CSS(<br />
ω)<br />
aus den gemessen Daten<br />
extrahiert sind, kann man sie nach der Leitwertmethode auswerten. Diese Auswertung wird<br />
am Beispiel des pp-Überganges mit 16 Ωcm vorgeführt. Abbildung 4.26 zeigt ω / für<br />
( ) ω<br />
eine Vorspannung von 0,49 V. Das Maximum der Kurve liegt bei ω = 900 kHz . Die Kurve<br />
wurde mit der Annahme einer kontinuierlichen Zustandsdichte ausgewertet. Für die<br />
Auswertung mit einem einzelnen Niveau ergeben sich ähnliche Werte. Aus (2.32) folgt:<br />
m<br />
(<br />
G SS<br />
2 NSS<br />
2 2<br />
G SS/ω<br />
= e ln 1+<br />
ω τ m ) (4.4)<br />
2ω<br />
τ<br />
Aus dem Maximum der Kurve erhält man eine Zustandsdichte am Gleichspannungs-<br />
10 -2<br />
Ferminiveau von NSS<br />
= 4,8⋅10 cm . Mit dieser Zustandsdichte und dem nun bekannten τm<br />
kann man GSS( ω)<br />
nach (4.4) für den gesamten Frequenzbereich berechnen (Theoriekurve in<br />
Abbildung 4.26). Neben ω kann auch die Kapazität C berechnet werden nach:<br />
( )<br />
G SS SS<br />
2 NSS<br />
C SS = BSS/ω<br />
= e arctan ( ω τm<br />
) (4.5)<br />
ω τ<br />
Der Vergleich der Kapazitätsdaten ist in Abbildung 4.27 dargestellt. Beide Abbildungen<br />
zeigen eine sehr gute Übereinstimmung der gemessenen und berechneten Daten. Selbst die<br />
Kapazität, die für die Ermittlung der Zustandsdichte nicht verwendet wurde, kann gut<br />
reproduziert werden.<br />
Die Zustandsdichte und auch der Einfangquerschnitt können nach dem Verfahren von<br />
Simonne [223] bestimmt werden. Hier soll aus Platzgründen auf die umfangreiche Angabe<br />
von Gleichungen und Zusammenhängen verzichtet werden. Das Verfahren sei nur kurz<br />
umrissen und die Ergebnisse dargestellt. Es baut auf der Leitwertmethode auf und erweitert<br />
sie. Das Lösungsverfahren nach Simonne beruht auf dem Wert von GSS( ω)<br />
am Maximum<br />
und einem weiteren Wert bei einem Bruchteil des Maximums ( ω 1 = ωmax/n ). Aus dem<br />
Verhältnis dieser beiden Werte für ω ergibt sich R(n). R(n) ist ein Maß für die Breite<br />
G SS<br />
( )<br />
der Kurve GSS/ω.<br />
Mit Tabellen von Simonne kann aus diesen Werten die Zustandsdichte und<br />
der Einfangquerschnitt abgelesen bzw. berechnet werden. Für das Beispiel des pp-Überganges<br />
mit 16 Ωcm ergibt sich eine Zustandsdichte von NSS = 5,7⋅ 10 10 cm -2 und ein<br />
Einfangquerschnitt für Löcher von σth = 9,0⋅ 10 -14 cm 2 .<br />
57<br />
m
Kapazität C SS in nF/cm 2<br />
10<br />
8<br />
6<br />
4<br />
2<br />
10 4<br />
Messung<br />
Theorie<br />
10 5<br />
Frequenz ω in Hz<br />
UHV gebondeter<br />
pp-Übergang mit 16 Ohmcm<br />
T = 263 K U dc = 0.49V<br />
Abb. 4.27: Vergleich der gemessenen und berechneten frequenzabhängigen Kapazität.<br />
Es ergibt sich mit den beiden unterschiedlichen Auswertungsmethoden eine Zustandsdichte<br />
von NSS ≈ 5,0⋅ 10 10 cm -2 . Zur Überprüfung der Selbstkonsistenz wurde mit dieser<br />
Zustandsdichte der Verlauf des frequenzabhängigen Leitwertes GSS( ω)<br />
berechnet und mit<br />
der gemessenen Kurve verglichen (Abb. 4.28). Es zeigt sich eine sehr gute Übereinstimmung.<br />
Leitwert G SS in mS/cm 2<br />
4<br />
3<br />
2<br />
1<br />
0<br />
10 4<br />
UHV gebondeter<br />
pp-Übergang mit 16 Ohmcm<br />
T = 263 K U dc = 0.49V<br />
Messung<br />
Theorie<br />
10 5<br />
Frequenz ω in Hz<br />
Abb. 4.28: Vergleich des gemessenen und berechneten frequenzabhängigen Leitwerts.<br />
58<br />
10 6<br />
10 6
Eine Übersicht der Zustandsdichten und Einfangquerschnitte aller gemessenen Proben gibt<br />
Tabelle II.<br />
gebondeter<br />
Übergang<br />
n10-n10<br />
p10-p10<br />
p16-p16<br />
p40-p40<br />
Barrierenhöhe<br />
ΦB in meV<br />
380<br />
300<br />
295<br />
290<br />
Effektive<br />
Barrierenhöhe<br />
Eeff in meV<br />
550<br />
510<br />
530<br />
540<br />
Zustandsdichte<br />
Nss nach<br />
Nicollian in cm -2<br />
11<br />
1.4⋅ 10<br />
10<br />
6.0 ⋅ 10<br />
10<br />
4.8⋅ 10<br />
10<br />
3.0⋅ 10<br />
Zustandsdichte<br />
Nss nach<br />
Simonne in cm -2<br />
11<br />
2.2⋅ 10<br />
10<br />
6.7 ⋅ 10<br />
10<br />
5.7 ⋅ 10<br />
10<br />
3.5⋅ 10<br />
Einfangquerschnitt<br />
σth nach<br />
Simonne in cm 2<br />
-15<br />
4.0⋅ 10<br />
-14<br />
1.8⋅ 10<br />
-14<br />
1.1⋅ 10<br />
-14<br />
2.1⋅ 10<br />
Tabelle II: Übersicht über die experimentell ermittelten Barrierenhöhen, Zustandsdichten und<br />
Einfangquerschnitte der UHV-gebondeten unipolaren Übergänge.<br />
Dabei fällt auf, daß die Zustandsdichte für die ähnlich dotierten pp-Übergänge im Bereich von<br />
10 -2 11 -2<br />
~5⋅ 10 cm liegt und die Zustandsdichte am nn-Übergang mit 2⋅ 10 cm viermal so groß<br />
ist. Die Einfangquerschnitte beider Übergänge unterscheiden sich um den Faktor fünf. Die<br />
Auswertungen nach den beiden Methoden erfolgten bei 263 K (-10°C), da bei dieser<br />
Temperatur der Leitwert der in Sperrichtung gepolten Kontakt-Schottkydiode hoch genug<br />
war, um nur Informationen von der Grenzfläche zu erhalten. Bei höheren Temperaturen wird<br />
auch der Leitwert der GrenzflächeG th sehr hoch, und die Messung der Kapazität wird<br />
aufgrund der Parallelschaltung immer ungenauer (vgl. Abb. 4.25). Bei Zimmertemperatur<br />
überdeckt der hohe Leitwert der Grenzfläche die Ausbildung eines Maximums teilweise und<br />
verfälscht so die berechnete Zustandsdichte.<br />
Barrierenhöhe in meV<br />
380<br />
360<br />
340<br />
320<br />
300<br />
280<br />
260<br />
0 200 400 600 800 1000<br />
Ausheiztemperatur in °C<br />
Abb. 4.29: Barrierenhöhe an einem UHV-gebondeten nn-Übergang nach dem Tempern.<br />
59
Hauptaufgabe dieser Arbeit war die Erzielung hoher Stromdichten. Bei den bisher<br />
beschriebenen Proben wurden nur Stromdichten von einigen mA/cm 2 beobachtet. Eine hohe<br />
Stromdichte ließe sich erzielen, wenn die Potentialbarriere an der Grenzfläche niedriger wäre.<br />
Dazu wurden die bei Raumtemperatur UHV-gebondeten Wafer bei unterschiedlichen<br />
Temperaturen getempert und anschließend die Stromdichte und daraus die Barrierenhöhe<br />
bestimmt. Mit zunehmender Ausheiztemperatur steigt die Stromdichte an. Abbildung 4.29<br />
zeigt den Verlauf der Barrierenhöhen für getemperte nn-Übergänge. Die Barrierenhöhe sinkt<br />
stark bis zu Temperaturen von 450°C und stagniert für höhere Temperaturen. Die Stromdichte<br />
steigt bis auf 600 mA/cm 2 bei 1 V. Für die gewünschten Bauelemente ist diese Stromdichte<br />
immer noch viel zu gering. Wie schon demonstriert, steigt die Stromdichte bei zunehmender<br />
Dotierung an. Daher wurden Wafer hoher Dotierungen (10 18 cm -3 und 10 19 cm -3 ) im UHV<br />
gebondet und gemessen. Hier lassen sich die geforderten hohen Stromdichten bei geringem<br />
Spannungsabfall an der Grenzfläche beobachten. Über die gebondeten Waferpaare flossen<br />
Ströme bis 4000 A bei Spannungen von wenigen Volt. Im p + p + -Fall waren es 0,9 V. Daraus<br />
ergeben sich Stromdichten bis 71 A/cm 2 . Die I-U-Kurven unterschiedlich dotierter Waferpaare<br />
sind in Abbildung 4.30 dargestellt. Hier zeigt sich wieder, daß die pp-Übergänge den<br />
Strom besser leiten als gleich dotierte nn-Übergänge und daß der Spannungsabfall bei<br />
gleichen Stromdichten bei höher dotierten Wafern geringer ist. Die Messungen des<br />
temperaturabhängigen Leitwertes für hochdotierte nn- und pp-Waferpaare ergeben, daß der<br />
Stromfluß über die Grenzfläche wieder durch thermische Emission erfolgt, die zusätzlich<br />
durch einen hohen Tunnelanteil unterstützt wird. Die Änderung der Krümmung im Graph des<br />
temperaturabhängigen Leitwertes des n ++ -n ++ -Überganges ist ein Hinweis auf thermisch<br />
aktiviertes und reines Tunneln über die gebondete Grenzfläche (Abb. 4.31).<br />
Stromdichte in A/cm 2<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
p + p + UHV<br />
n ++ n ++ UHV<br />
n + n + UHV<br />
0<br />
0.0 0.5 1.0 1.5 2.0 2.5 3.0 3.5<br />
Spannung in Volt<br />
Abb. 4.30: I-U-Kennlinien hoher Stromdichte an hochdotierten UHV-gebondeten nn- und pp-<br />
Waferpaaren mit 85 mm Durchmesser.<br />
60<br />
4500<br />
4000<br />
3500<br />
3000<br />
2500<br />
2000<br />
1500<br />
1000<br />
500<br />
0<br />
Strom in Ampere
Leitwert G/Temperatur T in S/K<br />
1<br />
0.1<br />
2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13<br />
Inverse Temperatur in 1000/K<br />
Abb. 4.31: Temperaturabhängiger Leitwert des UHV-gebondeten n ++ -n ++ -Übergangs.<br />
4.2.1.2. Dioden: pn-Übergänge<br />
Neben nn- und pp-Übergängen lassen sich durch UHV-Bonden auch pn-Übergänge herstellen.<br />
Der Unterschied zu handelsüblichen, durch Eindiffusion oder Implantation hergestellten,<br />
Dioden ist der abrupte Übergang an der Grenzfläche. Es wurden Dioden unterschiedlicher<br />
Dotierungskombinationen hergestellt und untersucht. Dazu wurden pn-, p + n-, pn + -, p ++ n- und<br />
pn ++ -Dioden im UHV gebondet. Erste elektrische Messungen zeigten ein diodenähnliches<br />
Verhalten aller gebondeten Dioden. Die thermographische Untersuchung eines pn-Überganges<br />
ist in Abbildung 4.32 dargestellt. In Sperrichtung leitet vor allem der Randbereich, und<br />
die restliche Fläche erlaubt nur einen sehr kleinen Stromfluß. Polt man die Diode in<br />
Vorwärtsrichtung, so fließt der Hauptteil des Stromes wieder in der Mitte des Waferpaares.<br />
Abb. 4.32: Thermographie an der pn-Diode in Durchlaß- und Sperrichtung (0-3 mK).<br />
61
Aus allen gebondeten Dioden wurden Stücke aus der Mitte herauspräpariert und elektrisch<br />
gemessen. Sie sperren alle in Sperrichtung und erlauben einen Stromfluß in Durchlaßrichtung.<br />
Abbildung 4.33 zeigt die temperaturabhängigen I-U-Kennlinien für die pn + -Diode. Hier<br />
erkennt man, daß der Stromfluß in Sperrichtung stark temperaturabhängig ist und bei Raumtemperatur<br />
ein hoher Sperrstrom fließt. Auffällig ist, daß bei einer Temperatur von 373 K der<br />
Leckstrom fast so groß ist wie der Durchlaßstrom.<br />
Stromdichte in A/cm 2<br />
1<br />
0.1<br />
0.01<br />
1E-3<br />
1E-4<br />
1E-5<br />
1E-6<br />
1E-7<br />
1E-8<br />
1E-9<br />
1E-10<br />
373 K<br />
323 K<br />
273 K<br />
223 K<br />
173 K<br />
-1.0 -0.8 -0.6 -0.4 -0.2 0.0 0.2 0.4<br />
Spannung in Volt<br />
Abb. 4.33: Temperaturabhängige I-U-Kennlinien einer UHV-gebondeten pn + -Diode.<br />
Ein hoher Sperrstrom wurde bei allen gemessenen Dioden beobachtet. Dieses Phänomen tritt<br />
besonders bei den Dioden auf, in denen der n-Wafer hochdotiert ist. Abbildung 4.34 zeigt die<br />
I-U-Kennlinien der vier Dioden mit unterschiedlichen Dotierungskombinationen bei<br />
Raumtemperatur. Man sieht, daß der Stromfluß in Sperrichtung für die hochdotierten p-Wafer<br />
niedrig und fast gleich ist, während mit zunehmender Dotierung der n-Wafer der Leckstrom<br />
stark ansteigt. Bei Raumtemperatur beträgt die Stromdichte der pn ++ -Diode in Sperrichtung<br />
über 1 A/cm 2 bei einer Sperrspannung von einem Volt. Dort läßt sich kaum noch von einer<br />
Diode sprechen. Die temperaturabhängige Aufnahme des Leitwertes Gth ergibt unterschiedliche<br />
Aktivierungsenergien für die Dioden. Der Leitwert Gth gibt hier einen Stromfluß<br />
wieder, der wesentlich größer ist, als er von einer idealen Diode zu erwarten wäre. Tabelle III<br />
enthält die Aktivierungsenergien der verschiedenen Dioden.<br />
Diode<br />
Aktivierungsenergie<br />
in meV<br />
pn<br />
550<br />
p + n<br />
570<br />
Tabelle III: Aktivierungsenergien des Leitwerts verschiedener UHV-gebondeter Dioden.<br />
62<br />
p ++ n<br />
580<br />
pn +<br />
470<br />
pn ++<br />
260
Stromdichte in A/cm 2<br />
1<br />
0.1<br />
0.01<br />
1E-3<br />
1E-4<br />
1E-5<br />
-1.0 -0.8 -0.6 -0.4 -0.2 0.0 0.2 0.4 0.6 0.8<br />
Spannung in Volt<br />
pn ++<br />
pn +<br />
p ++ n<br />
p + n<br />
Abb. 4.34: I-U-Kennlinien unterschiedlicher UHV-gebondeter Dioden.<br />
Vergleicht man die Idealitätsfaktoren der Dioden, stellt man fest, daß diese, abweichend von<br />
handelsüblichen Dioden, stark temperaturabhängig sind. In Abbildung 4.35 ist der<br />
Idealitätsfaktor einer handelsüblichen schnellschaltenden Diode von Typ 1N4151 dargestellt.<br />
Zur Erzielung dieser Eigenschaften enthält die Diode eine Golddotierung in der<br />
Raumladungszone. Sie hat eine Aktivierungsenergie von 590 meV, und der Idealitätsfaktor<br />
beträgt aufgrund der Lage des Goldniveaus in der Mitte der Bandlücke 2. Der Idealitätsfaktor<br />
ist von –200°C bis 100°C nahezu konstant. Der Idealitätsfaktor der p + n-Diode beträgt bei<br />
tiefen Temperaturen 3 und sinkt bei Raumtemperatur auf 1 und hält sich bei weiter steigenden<br />
Temperaturen bei diesem Wert.<br />
Idealitätsfaktor n<br />
3.2<br />
3.0<br />
2.8<br />
2.6<br />
2.4<br />
2.2<br />
2.0<br />
1.8<br />
1.6<br />
1.4<br />
1.2<br />
1.0<br />
0.8<br />
UHV-gebondete p + n-Diode<br />
handelsübliche Diode 1N4151<br />
0.6<br />
50 100 150 200 250 300 350 400<br />
Temperatur in Kelvin<br />
Abb. 4.35: Verlauf der temperaturabhängigen Idealitätsfaktoren.<br />
63
4.2.1.3. Diskussion der Eigenschaften UHV-gebondeter Waferpaare<br />
Zuerst sollen die unipolaren Übergänge diskutiert werden. Beim UHV-Bonden bilden sich an<br />
der Grenzfläche Zustände. Diese Zustände werden je nach Dotierung durch den Einfang von<br />
Elektronen in akzeptorartige Grenzflächenzustände bzw. von Löchern in donatorartige<br />
Grenzflächenzustände gefüllt und erzeugen eine Ladung Q der Grenzfläche. Es bildet sich<br />
eine Potentialbarriere, die den Stromfluß von Ladungsträgern behindert. Die Ladungsträger<br />
überwinden diese Barriere durch thermische Emission, die bei hohen Dotierungen durch<br />
Tunneln unterstützt wird.<br />
Dieses Modell der doppelten Schottkybarriere, also eine Potentialbarriere umgeben von einer<br />
Raumladungszone, wird durch die I-U- und C-V-Messungen bestätigt. Das folgt zum einen<br />
aus der Temperaturabhängigkeit des Leitwertes und zum anderen aus dem Verlauf der<br />
Kapazitätskennlinien. Die gute Übereinstimmung der aus den I-U-Kurven berechneten<br />
Barrierenhöhe mit dem aus der Hochfrequenzkapazitätsmessung der Raumladungszone<br />
ermittelten Wert beweist, daß das Modell die Messungen in der Nähe des thermodynamischen<br />
Gleichgewichts richtig beschreibt.<br />
In den thermographischen Untersuchungen war eine inhomogene Stromdichteverteilung über<br />
die gesamte Grenzfläche zu sehen. In der Mitte des gebondeten Waferpaares war die<br />
Stromdichte am gleichförmigsten. Die Messungen der aus dem Zentrum präparierten kleinen<br />
Proben zeigen eine homogene Verteilung der Stromdichte. Das wird durch die gute Übereinstimmung<br />
der aus verschiedenen Meßmethoden ermittelten Barrierenhöhen deutlich. In die<br />
Messung der Kapazität geht die ganze Grenzfläche ein, während man mit der Strommessung<br />
nur eventuell vorhandene heiße Punkte messen würde. Da sich in beiden Fällen die gleiche<br />
Barrierenhöhe ergibt, ist der Stromfluß über die Grenzfläche homogen verteilt.<br />
Aus den I-U-Kennlinien für die nn- und pp-Übergänge erkennt man, das an der Grenzfläche<br />
zwei unterschiedliche Arten von Zuständen existieren müssen. Die einen sind für Löcher aktiv<br />
und die anderen für Elektronen. Die Besetzung dieser Zustände wird bestimmt durch die Lage<br />
des Ferminiveaus an der Grenzfläche.<br />
Die Messung des temperaturabhängigen Leitwerts Gth liefert den Wert der effektiven<br />
Barrierenhöhe Eeff. Messungen zeigen, daß die effektive Barrierenhöhe für schwach dotierte<br />
Proben im gemessenen Temperaturbereich konstant ist. Die Barrierenhöhe ΦB sinkt mit<br />
zunehmender Temperatur (vgl. Abb. 4.20) linear, da die Lage des Ferminiveaus ξ<br />
proportional zu kT ist. Die elektrische Ladung der Grenzfläche ist bei tiefen Temperaturen<br />
größer und nimmt mit steigender Temperatur ab. Die Größe der Ladung Q wird in dieser<br />
Arbeit in Vielfachen der Elementarladung e angegeben, um sie mit den Zustandsdichten<br />
besser vergleichen zu können.<br />
Berechnet man die Ladung der Grenzfläche für das Beispiel p16-p16, so ergibt sich für die<br />
Ladungsdifferenz zwischen der niedrigsten und höchsten Meßtemperatur (77 K – 373 K) ein<br />
Wert von Q = 1,0⋅ 10 10<br />
cm<br />
)<br />
-2 . Die Ladungsabnahme verursacht keine Verschiebung des<br />
Grenzflächen-Ferminiveaus E FB . Die Zustandsdichte an der Grenzfläche ist so hoch, daß sie<br />
diese Ladungsänderung kompensieren kann, ohne die Lage des Ferminiveaus an der<br />
Grenzfläche zu verschieben. Daraus folgt, daß das Ferminiveau an der Grenzfläche E FB an<br />
der Energie der effektiven Barrierenhöhe Φ B ξ energetisch fixiert ist. Mit der Bandlücke<br />
gilt:<br />
+<br />
Eg<br />
E FB = E g − ( Φ B + ξ<br />
(4.6)<br />
Die Zunahme der Stromdichte für die niedrig dotierten pp-Übergänge (0,1 – 40 Ωcm) mit<br />
steigender Dotierung folgt aus der Änderung der Lage des Ferminiveaus ξ. Bei höheren<br />
64
Dotierungen nähert sich das Ferminiveau der jeweiligen Bandkante; ξ wird kleiner. Weiterhin<br />
bewirkt die Erhöhung der Dotierung ein Absinken der Barrierenhöhe Φ B . Daher sinkt auch<br />
die effektive Barrierenhöhe ( Φ B ξ ) und der thermisch emittierte Strom steigt. Das<br />
Ferminiveau in der Grenzfläche steigt an.<br />
+<br />
E FB<br />
Legt man eine Spannung an einen UHV-gebondeten Übergang an, ergibt sich folgendes Bild:<br />
Die Barrierenhöhe nimmt mit zunehmender Spannung ab. Bei kleinen Spannungen ist das<br />
Ferminiveau an der Energie der effektiven Barrierenhöhe energetisch fixiert. Steigt die<br />
angelegte Spannung, so steigt auch die Ladung in der Grenzfläche (vgl. Gl. 2.6). Bei kleinen<br />
Spannungen kann die Ladungsmenge durch das Füllen von Zuständen um die Lage des<br />
energetisch fixierten Ferminiveaus kompensiert werden. Die Ladung des pp-Überganges mit<br />
16 Ωcm bei null Volt und Raumtemperatur ist Q = 8,8⋅ 10 10 cm -2 . (Die Ladungsdichte wird in<br />
dieser Arbeit in Elementarladungen pro Fläche angegeben.) Legt man z.B. eine Spannung von<br />
0,25 Volt an, beträgt die durch die Zustände zusätzlich aufgenommene Ladungsmenge Q =<br />
3,1⋅ 10 10 cm -2 . Das energetisch fixierte Ferminiveau verschiebt sich unmerklich nach oben.<br />
Kleine Änderungen der Lage des Ferminiveaus (±10 meV) lassen sich mit der Messung des<br />
temperaturabhängigen Leitwerts nicht auflösen. Deshalb wird in diesem Bereich von einer<br />
energetischen Fixierung gesprochen. Höhere Spannungen bewirken eine Verschiebung des<br />
Bandverlaufs (vgl. Abb. 2.7). Das Ferminiveau der Korngrenze verschiebt sich, verglichen<br />
zum Ferminiveau des linken Wafers, um einige mV nach unten (eV1 in Abb. 2.7), und im<br />
rechten Wafer fällt fast das gesamte Potential ab. Das Ferminiveau an der Grenzfläche steigt,<br />
Zustände höherer Energien werden gefüllt, die Barrierenhöhe sinkt, und der Stromfluß über<br />
die Grenzfläche nimmt zu.<br />
Der Unterschied in der Stromdichte bei gleicher Leitfähigkeit der nn- bzw. pp-Übergänge<br />
erklärt sich wie folgt. Die Wafer weisen eine gleiche Leitfähigkeit von 10 Ωcm auf, jedoch ist<br />
14<br />
die Dotierstoffkonzentration leicht unterschiedlich. Sie beträgt bei der n-Dotierung 3⋅ 10<br />
cm -3 und bei der p-Dotierung 1⋅ 10 15 cm -3 . Das hat nur einen geringen Einfluß auf die Ladung<br />
der Grenzfläche (vgl. Gl. 2.6) Der Unterschied liegt in der wesentlich höheren Barriere im n-<br />
Fall (~20 %) und an den unterschiedlichen Zustandsdichten. Die Zustandsdichte im<br />
thermodynamischen Gleichgewicht liegt im n-Fall bei 2⋅ 10 11 cm -2 und im p-Fall bei 5⋅ 10 10<br />
cm<br />
V<br />
-2 in der Nähe des Ferminiveaus. Die höhere Zustandsdichte im n-Fall kann eine erheblich<br />
größere Ladung kompensieren. Daher ist die Barriere höher und der Stromfluß steigt auch bei<br />
höheren Spannungen langsamer an.<br />
Die Energie der effektiven Barrierenhöhe kann als mittlere Energie der Lage von Störstellen<br />
(Zuständen) verstanden werden. Diese Störstellen und die daraus resultierende Zustandsdichte<br />
können unterschiedliche Ursachen haben. Zum einen erzeugen Metallverunreinigungen<br />
tiefe Störstellen. Für mehrere als Halbleiterverunreinigungen bekannte Metalle liegt die<br />
Energie dieser Störstellen nahe der Mitte der Bandlücke. Die Werte der gemessenen<br />
effektiven Barrierenhöhen liegen auch nahe der Mitte der Bandlücke von Silizium<br />
( Eg = 1,12 e , d.h. ½ Eg = 0,56 eV ). Zum anderen kann das Silizium Eigendefekte<br />
aufweisen. Diese Kristallbaudefekte erzeugen auch Störstellenniveaus. Eine kleine Übersicht<br />
über die Störstellenniveaus unterschiedlicher Metalle und von Eigendefekten in Silizium gibt<br />
die Tabelle IV.<br />
Wie in den Strukturuntersuchungen der gebondeten Grenzflächen gezeigt, ist die UHVgebondete<br />
Grenzfläche nahezu ideal. Die Netzebenen der Einkristalle sind bis zur Grenzfläche<br />
ausgedehnt. Es herrscht aber eine hohe Flächendichte von atomaren Kristalldefekten. Nach<br />
der Desorption des Wasserstoffs ist die Oberfläche des Wafers mit unabgesättigten Bindungen<br />
und eventuell mit einigen Metallatomen bedeckt. Einige dieser Bindungen können auch noch<br />
65
mit Fluor, Sauerstoff oder Kohlenstoff abgesättigt sein. Die durch Behandlung mit Flußsäure<br />
hergestellten (100)-Siliziumoberflächen sind nicht ideal wasserstoffterminiert. An den<br />
Oberflächen von durch Flußsäure wasserstoffterminierten Wafern wurden Fluor, Kohlenwasserstoffe<br />
und Hydroxylgruppen in der Größenordnung von wenigen Prozent nachgewiesen<br />
[224]. Diese desorbieren bei den niedrigen Prozeßtemperaturen nicht. Fluor desorbiert erst bei<br />
Temperaturen um 1000°C, und der Kohlenstoff reagiert ab 800°C mit Silizium zu<br />
Siliziumkarbid.<br />
Störstelle<br />
(Zustand)<br />
Niveaus<br />
bei (meV)<br />
Cu<br />
530 (L)<br />
400 (L)<br />
160 (E)<br />
Au<br />
830 (E)<br />
580 (L)<br />
Fe<br />
720 (E)<br />
510 (E)<br />
140 (E)<br />
Co<br />
590 (L)<br />
410 (E)<br />
350 (L)<br />
Ni<br />
770 (L)<br />
230 (L)<br />
Mn<br />
590 (E)<br />
450 (L)<br />
430 (E)<br />
V<br />
490 (E)<br />
400 (L)<br />
200 (E)<br />
Cr<br />
410 (E)<br />
220 (E)<br />
Zn<br />
570 (L)<br />
260 (L)<br />
Si<br />
930 (E)<br />
780 (L)<br />
630 (E)<br />
Tabelle IV: Position verschiedener Störstellenniveaus verursacht durch Verunreinigungsatome<br />
im Silizium [193,225]; der Abstand ist für lochaktive Zustände (L) vom Valenzband bzw. für<br />
elektronenaktive Zustände (E) vom Leitungsband aus gemessen.<br />
Beim Bonden passen die Gitter der beiden Wafer durch die Nanorauhigkeit, aber auch durch<br />
Verdrehung und Verkippung nicht ideal zueinander, und nicht jede Bindung findet eine<br />
Absättigung durch eine andere freie Bindung. Viele der Silizium-Silizium-Bindungen an der<br />
Grenzfläche sind verzerrt oder gestaucht. Ihre Bindungslänge und ihr Bindungswinkel<br />
variieren je nach gegenseitiger Lage. Durch das Bonden bei Raumtemperatur kann auch keine<br />
ausreichende Umordnung und Diffusion stattfinden. Abgesehen von der Energiefreisetzung<br />
während der Ausbildung einer Bindung, was in der unmittelbaren Nachbarschaft zu einer<br />
kurzzeitigen Aufheizung führt, bleibt die Grenzfläche „eingefroren“. Die in der Grenzfläche<br />
liegenden unabgesättigten Bindungen können elektrisch aktiv sein.<br />
Kristalldefekte durch Fehlpassungen und Verspannungen beobachtet man auch bei amorphem<br />
Silizium. Aus Untersuchungen ist bekannt, daß bei diesem die Bandlücke am Rand<br />
verschmiert ist. Gleiches gilt auch für die Energien der Zustände. Wird ein Metallatom in<br />
kristallinem Silizium eingebaut, so zeichnet es sich durch einen definierten Platz mit einer<br />
definierten Umgebung aus und hat demzufolge eine diskrete Energie. In amorphem Silizium<br />
ist diese Energie stark verschmiert. In Analogie dazu kann die gebondete Grenzfläche<br />
betrachtet werden. Hat man mehrere tiefe Niveaus an der Grenzfläche, z. B. durch unterschiedliche<br />
Metallverunreinigungen, so entsteht durch die Verschmierung der Zustände eine<br />
kontinuierliche Zustandsdichte in der Bandmitte. Auch die energetische Lage der Störstellen,<br />
die von Kristallbaudefekten herrühren, wird durch die Bedingungen an der Bondgrenzfläche<br />
verschmiert. Die Summe beider Störstellenarten ergibt die gemessene Zustandsdichte an der<br />
Lage des Ferminiveaus der Bondgrenzfläche, also nahe der Bandmitte.<br />
Die Ursache für die Metallkontamination kann in der naßchemischen Reinigung der Wafer<br />
liegen. Literaturrecherchen zeigen, daß nach der naßchemischen Reinigung und dem<br />
Eintauchen in Flußsäure elektrisch aktive Metalle, wie Eisen, Mangan, Nickel und Zink in<br />
einer Größenordnung von einigen 10 10 cm -2 nachgewiesen werden konnten [226,227]. Das ist<br />
dieselbe Größenordnung, wie die in der Bandmitte beobachtete Zustandsdichte. Eventuell<br />
stammen auch einige Metallkontaminationen von der UHV-Anlage. Diese besteht aus<br />
Edelstahl, und die ungeschützten Waferoberflächen können während der Bondprozedur mit<br />
66
Metallatomen unterschiedlichster Herkunft kontaminiert werden. Nimmt man nun all die<br />
möglichen Metalle, wie Mangan, Eisen und Vanadium aus dem Edelstahl, und Kupfer, Gold<br />
und Kobalt aus den Spin-Valve-Strukturen zusammen mit den Eigendefekten des Siliziums<br />
und verschmiert diese, so erreicht man eine kontinuierliche Zustandsdichte im Bereich von<br />
470 – 590 meV unterhalb des Leitungsbandes.<br />
Vergleicht man die ermittelten Einfangquerschnitte von σth = 4,0⋅ 10 -15 cm 2 für Elektronen<br />
und σth = 2,0⋅ 10 -14 für Löcher mit der Literatur dann zeigt sich, daß einige der vermuteten<br />
Metallzustände ähnliche Einfangquerschnitte aufweisen. Elektronenaktive Niveaus mit<br />
ähnlichen Werten haben Vanadium (5,3⋅ 10 -15 ), Mangan (4,7⋅ 10 -15 ) und Kobalt (1,6⋅ 10 -15 ).<br />
Lochaktive Niveaus mit ähnlichen Einfangquerschnitten findet man bei Gold (1,1⋅ 10 -14 ),<br />
Kobalt (1,8⋅ 10 -14 ) und Kupfer (1,1⋅ 10 -14 und 2,3⋅ 10 -14 ) [225]. Es zeigt sich weiter, daß die<br />
durch die Energielage der Störstellen in der Bandmitte vermuteten Metallkontaminationen<br />
durch die experimentell bestimmten Einfangquerschnitte bestätigt werden.<br />
Daß ein Teil der Zustände aus der Verzerrung des Gitters an der Grenzfläche resultiert, sieht<br />
man gut am Verhalten beim Tempern eines UHV-gebondeten nn-Übergangs. Die Stromdichte<br />
steigt bzw. die Barrierenhöhe sinkt bei Ausheiztemperaturen bis 450°C. Das Tempern bewirkt<br />
Obenflächen- oder in diesem Fall Grenzflächendiffusionsprozesse. Diese Diffusionsprozesse<br />
sind durch kleine Aktivierungsenergien gekennzeichnet und finden schon bei relativ niedrigen<br />
Temperaturen (< 450°C) statt. Die Siliziumatome diffundieren über kurze Distanzen, und die<br />
Bindungen an der Grenzfläche ordnen sich. Die Auflösung der nanoskopischen Fehlpassung<br />
der Gitter bei Temperaturen von 450°C wurde auch schon in den Strukturuntersuchungen<br />
beobachtet (vgl. Kap 4.1.). Durch die Ordnung des Gitters an der Grenzfläche sinkt auch der<br />
Beitrag der Eigendefekte zur Zustandsdichte. Durch das Heizen heilen die Defekte aus, die<br />
Zustandsdichte und damit auch die Barrierenhöhe sinken. Bei einer weiteren Erhöhung der<br />
Ausheiztemperatur bleibt die Barrierenhöhe dann konstant. Aus den Strukturuntersuchungen<br />
ist bekannt, daß sich bei Temperaturen über 800°C Versetzungsnetzwerke ausbilden. Ein<br />
Einfluß dieser Relaxation auf die Barrierenhöhe kann nicht beobachtet werden.<br />
An hochdotierten Grenzflächen werden hohe Stromdichten beobachtet. Durch die hohe<br />
Dotierung werden die Zustände mit Ladungsträgern aus der nahen Umgebung gefüllt, und es<br />
bildet sich nur eine sehr kleine Raumladungszone aus. Theoretische Rechnungen von Weis<br />
[228] speziell für die in dieser Arbeit verwendeten Dotierungen zeigen, daß bei einer n + - bzw.<br />
n ++ - Dotierung und den Zustandsdichten von 3⋅ 10 10 cm -2 bis 2⋅ 10 11 cm -2 in der Bandmitte<br />
keine meßbare Barriere an der Grenzfläche zu finden ist. Vereinfachend ist für die<br />
Berechnung ein Störstellenniveau bei 650 meV unterhalb des Leitungsbandes angenommen.<br />
Das beschreibt den hier vorliegenden Fall einer kontinuierlichen Zustandsdichte nicht exakt,<br />
jedoch kann die Simulation für Abschätzungen genutzt werden. Die Simulation zeigt auch,<br />
daß bei der niedrigen n-Dotierung und der ermittelten Zustandsdichte von 2⋅ 10 11 cm -2 eine<br />
Barriere von 360 meV zu erwarten ist. Abbildung 4.36 zeigt die Ergebnisse der Simulation<br />
von Weis. Selbst bei hohen Zustandsdichten von 10 12 cm -2 findet man bei hochdotierten<br />
Übergängen nur kleine Barrieren. Der Stromfluß über die Grenzfläche wird stark durch<br />
Tunneln von Ladungsträgern unterstützt, wie Messungen des temperaturabhängigen Leitwerts<br />
beweisen.<br />
Es zeigt sich auch an den hochdotierten Grenzflächen, daß die pp-Übergänge den Stromfluß<br />
wesentlich besser ermöglichen als die nn-Übergänge. Dieses Verhalten wird auch bei den<br />
später beschriebenen hochdotierten, hydrophob und hydrophil gebondeten Waferpaaren<br />
beobachtet. Dabei handelt es sich hauptsächlich um einen Artefakt, verursacht durch die<br />
elektrische Kontaktierung. Die I-U-Kennlinie des pp-Falls zeigt einen linearen Verlauf,<br />
67
während beide hochdotierten nn-Fälle höhere Spannungen für die Stromdichte von 70 A/cm 2<br />
benötigen. Beide Wafer waren industriell mit Aluminium bedampft worden. Mit Aluminium<br />
lassen sich sehr gute Ohmsche Kontakte sogar auf niedrig dotierten p-Wafern herstellen, weil<br />
Aluminium in Silizium p-dotierend wirkt. Auf hochdotierten n-Wafern kann es jedoch<br />
Probleme geben. Die Kontakte auf n-Material zeigen nicht immer Ohmsches Verhalten. In<br />
den untersuchten Waferpaaren war der Kontakt nicht ideal Ohmsch, und ein Teil der<br />
Spannung fällt an den Kontakten ab. Die Grenzfläche zwischen den Wafern ist sehr<br />
niederohmig, was durch Vierpunktmessungen an den hochdotierten Grenzflächen bestätigt<br />
wurde [216]. Will man den Spannungsabfall im n-Fall mit der Bondgrenzfläche erklären, so<br />
ergibt eine Abschätzung mit der Formel für die thermische Emission (Gl. 4.2), daß an der<br />
Grenzfläche eine Barriere von 400 meV vorliegen müßte, was wiederum eine Zustandsdichte<br />
von 10 13 cm -2 400 meV unterhalb des Leitungsbandes benötigen würde. Diese Zustandsdichte<br />
konnte mit keiner Messung nachgewiesen werden. Weiterhin müßten genau diese Zustände<br />
auch bei den bei 1000°C bzw. 1100°C getemperten Wafern auftreten. Da alle diese Umstände<br />
sehr unwahrscheinlich sind, kann man davon ausgehen, daß der Spannungsabfall bei den I-U-<br />
Messungen der hochdotierten nn-Übergänge auf nicht-Ohmsche Kontakte zurückzuführen ist.<br />
Das beweist auch der nichtlineare Verlauf des hochdotierten nn-Übergangs. Es kann jedoch<br />
nicht ausgeschlossen werden, daß an den hochdotierten nn-Übergängen noch ein Einfluß von<br />
Zuständen vorliegt, der durch den Kontaktierungsartefakt überdeckt wird.<br />
Barrierenhöhe Φ Β in meV<br />
600<br />
500<br />
400<br />
300<br />
200<br />
100<br />
0<br />
10 10<br />
N D = 3*10 14 cm -3<br />
10 11<br />
N D = 3*10 18 cm -3<br />
10 12<br />
N D = 1*10 19 cm -3<br />
Grenzflächenzustandsdichte N SS in cm -2<br />
Abb. 4.36: Simulation der Barrierenhöhe in Abhängigkeit von der Grenzflächenzustandsdichte<br />
für unterschiedlich dotierte nn-Übergänge nach [228].<br />
Das unterschiedliche Verhalten und die asymmetrische Verteilung der Zustände sieht man<br />
auch bei den pn-Übergängen. Die Dioden zeigen unterschiedliche Aktivierungsenergien des<br />
Leitwerts Gth. Die Raumladungszone der Dioden befindet sich hauptsächlich in dem niedriger<br />
dotierten Wafer. Das Ferminiveau an der Grenzfläche liegt nahe dem Ferminiveau des<br />
hochdotierten Wafers, welches aufgrund der hohen Dotierung fast identisch mit der jeweiligen<br />
Bandkante ist. Die Aktivierungsenergien des Leitwertes G0 der Dioden mit einem niedrig<br />
dotierten n-Wafer (pn, p + n und p ++ n) liegen alle um 560 meV, also in der Mitte der<br />
Bandlücke. Bei den Dioden mit hochdotiertem n-Partner (pn + und pn ++ ) nähert sich das<br />
68<br />
10 13<br />
10 14
Ferminiveau mit zunehmender Dotierung dem Leitungsband an. Die Zustände an der<br />
Grenzfläche der Dioden wirken als Generations- und Rekombinationszentren. Daher fließt in<br />
Sperrichtung durch die Generation ein hoher Strom, und in Durchlaßrichtung wird der Strom<br />
durch Rekombination vermindert. Der Sperrstrom ist stark temperaturabhängig, da die<br />
Generation von Ladungsträgern thermisch aktiviert erfolgt. Ein Vergleich mit den berechneten<br />
Eigenschaften einer idealen Diode zeigt den starken Einfluß der Grenzflächenzustände. Bei<br />
Raumtemperatur würde man einen Leckstrom von ~10 -12 A/cm 2 erwarten, der selbst bei 373<br />
K nur auf ~10 -8 A/cm 2 ansteigt. In Durchlaßrichtung würde der Strom bei 0,8 V schon 40<br />
A/cm 2 betragen. Diese Werte werden von keiner der gemessenen Dioden erreicht. Der<br />
Sperrstrom ist um 9 Größenordnungen höher und der Durchlaßstrom erheblich niedriger.<br />
Liegt der Sperrstrom bei Raumtemperatur für die UHV-gebondeten Dioden mit niedrig<br />
dotiertem n-Wafer (pn, p + n und p ++ n) in ähnlicher Größenordnung (~10 -3 A/cm 2 ), so steigt er<br />
für die Dioden mit hochdotiertem n-Wafer (pn + und pn ++ ) stark an und erreicht im pn ++ -Fall<br />
die gleiche Stromdichte wie in Durchlaßrichtung. Ursache dafür sind die Zustände, die als<br />
Generationszentren fungieren. Die Zustandsdichte in der Bandmitte wird in der Größenordnung<br />
der unipolaren Übergänge angenommen (~ 1⋅ 10 11 cm -2 ). Für UHV-gebondete<br />
Dioden mit niedriger n-Dotierung wird eine ähnliche Aktivierungsenergie wie bei der<br />
kommerziellen Diode 1N4151 mit einem Goldniveau nahe der Bandmitte (590 meV)<br />
beobachtet. Daraus kann man schließen, daß auch in den UHV-gebondeten Dioden Zustände<br />
in der Bandmitte für den Generationsstrom verantwortlich sind. Bei Dioden mit hoher n-<br />
Dotierung verringert sich die Aktivierungsenergie. Nimmt man an, daß die Grenzfläche in<br />
allen Fällen chemisch identisch ist, läßt sich nicht erklären, weshalb die Zustände<br />
unterschiedliche Aktivierungsenergien aufweisen. Die Dotierungs-Ferminiveaus im hochdotierten<br />
n-Silizium liegen sehr nahe an der Leitungsbandkante und sind fast identisch. Damit<br />
läßt sich nicht erklären, warum man im pn + - und im pn ++ -Fall unterschiedliche<br />
Aktivierungsenergien findet. Der einzige Unterschied der hochdotierten n-Wafer ist das<br />
unterschiedliche Dotierungsmaterial: n + mit Antimon und n ++ mit Arsen. Während die niedrig<br />
dotierten n-Wafer mit Phosphor dotiert waren. Die Aktivierungsenergie von z.B. 260 meV im<br />
pn ++ -Fall läßt sich am einfachsten verstehen, wenn man ein Kaskadenmodell für die<br />
Generation annimmt [229]. Der mittlere Abstand der beteiligten Niveaus beträgt rund 260<br />
meV. Eine mögliche Erklärung für unterschiedliche Niveaus ist die Bildung verschiedener<br />
Komplexe des Dotierungsmaterials Arsen mit den an der Grenzfläche vorhanden Leerstellen<br />
sowie mit Fluor, Kohlenstoff, Wasserstoff oder Sauerstoff. So wird zum Beispiel von einem<br />
Komplex einer Leerstelle mit Phosphor, Arsen oder Antimon bei einer Energie 420-430 meV<br />
unterhalb des Leitungsbandes berichtet [230]. In diesem Literaturzitat wird gezeigt, daß die<br />
Energie dieses Niveaus unabhängig vom Dotierstoff ist, jedoch ist an der gebondeten<br />
Grenzfläche die Konzentration des Dotiermaterials unterschiedlich. Daher sieht man im<br />
schwach dotierten Fall keinen Effekt, und mit zunehmender Dotierung steigt der Effekt stark<br />
an. Der n ++ -Wafer hat eine Konzentration von 10 19 cm -3 Arsendotieratomen. Nimmt man an,<br />
daß die Konzentration bis an die Grenzfläche erhalten bleibt und daß das Dotiermaterial bis zu<br />
einer Tiefe von rund 1 nm einen Einfluß hat, so erhält man eine Flächenkonzentration für das<br />
Arsen von 10 12 cm -2 . Bei niedrig dotierten n-Wafern beträgt die Flächenkonzentration für den<br />
dotierenden Phosphor lediglich 10 7 cm -2 . Diese Zustände treten auch bei den hoch n-dotierten<br />
Übergängen auf, jedoch wird der Effekt durch die Kontaktwiderstände des Aluminiums kaum<br />
sichtbar.<br />
Die Zustandsdichte bei 260 meV unterhalb des Leitungsbandes könnte von Kohlenstoffverunreinigungen<br />
herrühren. Kohlenstoff erzeugt ein elektronenaktives Niveau bei 250 meV<br />
69
15 -2<br />
[193]. Eine (100)-Siliziumoberfläche weist 1,36⋅ 10 cm Bindungen auf. Bei einer<br />
Absättigung von einem Prozent aller Bindungen mit Kohlenstoff sind das ~ 10 13 cm -2<br />
Kohlenstoffatome an der Grenzfläche. Sind davon jedes zehnte bis hundertste elektrisch aktiv,<br />
erreicht man Zustandsdichten von 10 10 - 10 11 cm -2 . Diese können die höhere Zustandsdichte in<br />
den pn ++ -Dioden bewirken. Auch hier wird die Zustandsdichte durch die Kristalldefekte<br />
verschmiert. Die Zustände sind auch für die temperaturabhängige Änderung des Idealitätsfaktors<br />
verantwortlich.<br />
Abschließend läßt sich die Zustandsdichteverteilung an der Grenzfläche wie folgt<br />
beschreiben. In der Umgebung der Bandmitte herrscht eine kontinuierliche Zustandsdichte<br />
von 1⋅ 10 11 cm -2 . In Richtung der Leitungsbandkante steigt diese Zustandsdichte an. Genaue<br />
Aussagen sind nicht möglich, da die Messungen an den unipolaren hochdotierten nn-<br />
Übergängen durch die Kontaktwiderstände überdeckt werden. In den Messungen der niedrig<br />
dotierten n-Dioden (pn, p + n und p ++ n) zeigt sich jedoch, daß auch an diesen Übergängen ein<br />
Einfluß von Zuständen herrschen muß und nur ein Teil des Effekts von den Kontaktwiderständen<br />
hervorgerufen wird. In Richtung des Valenzbandes scheinen keine hohen<br />
Zustandsdichten vorzuherrschen. Die pp-Übergänge leiten bei allen untersuchten Waferpaaren<br />
besser als vergleichbare nn-Übergänge. Dieses Verhalten wurde auch schon an hydrophilen<br />
Übergängen beobachtet [49]. Ursache dafür ist die Unterteilung der Zustände in zwei<br />
Gruppen, die einen sind für Löcher aktiv, die anderen für Elektronen. Ursachen für die<br />
Zustände sind die Eigendefekte des Siliziums, Metallverunreinigungen und Fluor,<br />
Kohlenstoff, Wasserstoff oder Sauerstoff an der Grenzfläche.<br />
Die elektrischen Eigenschaften UHV-gebondeter Übergänge lassen sich am ehesten mit denen<br />
von Bikristallen vergleichen. Bikristalle werden durch das Ziehen und Zusammenwachsen<br />
von zwei Einkristallen aus einer Schmelze hergestellt. Sie weisen auch nur eine Korngrenze<br />
auf, die meist leicht verkippt ist. Sie sind allerdings im thermodynamischen Gleichgewicht, da<br />
sie von Temperaturen über 1400°C langsam abgekühlt wurden. Für solche Bikristall-<br />
Korngrenzen liegen viele Daten vor, die hier kurz mit denen der UHV-gebondeten Übergänge<br />
verglichen werden sollen. Seager untersuchte einen mit 10 16 cm -3 n-dotierten Bikristall und<br />
fand eine Barrierenhöhe von 300 meV, eine effektive Barrierenhöhe von 570 meV und eine<br />
Zustandsdichte von 3⋅ 10 12 cm -2 nahe der Bandmitte [151]. Werner untersuchte in seiner<br />
Dissertation einen p-dotierten Bikristall mit einer Dotierung von 1⋅ 10 15 cm -3 [168]. Er<br />
beobachtete an dieser Grenzfläche eine Barrierenhöhe von 310 meV und ermittelte aus C-V-<br />
Messungen nach der Leitwertmethode eine Zustandsdichte von 4⋅ 10 11 cm -2 und einen<br />
Einfangquerschnitt von 2⋅ 10 -14 cm -2 . Aufgrund der hohen Temperatur bei der Herstellung<br />
finden sich an der Grenzfläche nur Versetzungen und keine nanoskopischen Kristalldefekte.<br />
Dafür diffundieren verstärkt Metallverunreinigungen und sammeln sich an der Grenzfläche.<br />
Dadurch werden ähnliche Eigenschaften der Grenzflächen erreicht. Ein Vergleich der<br />
Literaturwerte mit den in dieser Arbeit ermittelten Werten ergibt eine gute Übereinstimmung.<br />
Hier zeigt sich eine höhere Zustandsdichte im nn-Fall verglichen mit dem pp-Übergang. Die<br />
Barriere des nn-Übergangs von Seager ist aufgrund der höheren Dotierung etwas niedriger.<br />
Ansonsten zeigen alle Werte gleiche Größenordnungen und besonders im pp-Fall eine sehr<br />
gute Übereinstimmung. Vergleicht man die Ergebnisse aller Messungen mit theoretisch<br />
berechneten Graphen von Pike, deutet auch der Verlauf der I-U- und C-V-Kennlinien auf eine<br />
kontinuierliche Zustandsdichte hin [153].<br />
In einem der wenigen Zitate über die elektrischen Eigenschaften von UHV-gebondeten<br />
Übergängen beschreibt Hobart eine p + n-Diode mit niedrigem Sperrstrom (0.1 µA/cm 2 ) und<br />
einem Idealitätsfaktor von 1,18 bei Raumtemperatur [98]. Die UHV-Bondung erfolgte jedoch<br />
70
ei 400°C. Aufgrund der Temperatur sind aber die meisten Eigendefekte an der Grenzfläche<br />
ausgeheilt bzw. gar nicht erst entstanden und ist der Wasserstoff noch nicht vollständig<br />
desorbiert. Der Wasserstoff kann also noch einige vorhandene Defekte passivieren. Das<br />
erklärt den kleinen Sperrstrom. Der Idealitätsfaktor wurde nur bei Raumtemperatur bestimmt.<br />
Dort besitzen die hier untersuchten Dioden auch einen Idealitätsfaktor um 1.<br />
Eine neue Veröffentlichung von Howlader [231] berichtet von UHV-gebondeten p + -Silizium/<br />
n + -GaAs-Übergängen, sowie von p + p + -Übergängen. Vor dem UHV-Bonden reinigten die<br />
Autoren die Oberflächen im UHV mit einem 1,5 keV-Argonionenstrahl und bondeten die<br />
quadratmillimetergroßen Stücke unter Druck. Sie beobachteten bei den Dioden hohe Ströme<br />
in Sperrichtung und geringe Ströme an den p + p + -Übergängen. Durch die Reinigung mit dem<br />
Ionenstrahl beschädigten sie die Oberfläche stark und amorphisierten sie, so daß sie sehr hohe<br />
Zustandsdichten an der Oberfläche und somit der späteren Grenzfläche erreichten, die selbst<br />
im p + p + -Fall den Stromfluß über die Barriere massiv behinderten.<br />
4.2.2. Hydrophob gebondete Siliziumgrenzflächen<br />
Die hydrophob gebondeten Wafer wurden sofort nach dem Bonden bei 450°C bzw. 1000°C<br />
für zwei Stunden getempert, um eine hohe Bindungsstärke zwischen den Wafern zu erreichen.<br />
Die beiden Temperaturen wurden gewählt, da sie charakteristische Bereiche bei der<br />
thermischen Entwicklung der Grenzfläche repräsentieren und deren Einfluß auf die<br />
elektrischen Eigenschaften der Bondung untersucht werden sollte. Es wurden nn- und pp-<br />
Übergänge mit den gleichen Dotierungen wie im vorigen Kapitel gebondet. Zuerst wurde die<br />
Bondqualität mit IR-Durchstrahlung und Ultraschallmikroskopie untersucht. Hier entstehen<br />
beim Tempern bei 450°C große Blasen an der Grenzfläche und die Bondenergie ist mit 500<br />
mJ/m 2 zu klein für technische Anwendungen. Nach dem Tempern bei 1000°C ist der gesamte<br />
Wasserstoff entlang der Grenzfläche nach außen diffundiert, und die Wafer sind an der<br />
gesamten Grenzfläche defektfrei verbunden (Vgl. Kap. 4.1.). Zuerst wurden die schwach<br />
dotierten Wafer untersucht. Thermographiemessungen der bei 1000°C getemperten<br />
Waferpaare zeigen eine homogene Stromverteilung über die gesamte Grenzfläche.<br />
Abb. 4.37: Ultraschallmikroskopische und thermographische Aufnahme (Skala hier 0-2 mK)<br />
eines bei 450°C getemperten hydrophoben pp-Übergangs.<br />
71
Bei den bei 450°C getemperten Waferpaaren findet an den Stellen, an denen die Blasen den<br />
Kontakt der beiden Wafer unterbinden, kein Stromfluß statt. Diese Stellen bleiben in der<br />
Thermographieaufnahme dunkel. An den kontaktierten Stellen fließt der Strom homogen. Die<br />
Grenzfläche eines bei 450°C getemperten nn-Waferpaares im ultraschallmikroskopischen Bild<br />
ist in Abbildung 4.37 dargestellt. Zur besseren Charakterisierung der elektrischen Eigenschaften<br />
wurden auch hier Stücke aus der Mitte der Wafer präpariert. Die gemessen I-U-<br />
Kennlinien zeigen eine höhere Stromdichte als die vergleichbaren UHV-gebondeten<br />
Waferpaare. Die Stromdichte steigt auf einige A/cm 2 bei 1 V. Die höhere Stromdichte läßt<br />
sich durch den Einfluß von Wasserstoff und der hohen Temperatur erklären. Der Wasserstoff<br />
ist nach dem Tempern bei 450°C noch reichlich an der Grenzfläche vorhanden und passiviert<br />
einen Großteil der elektrisch aktiven Defekte. Bei höheren Temperaturen diffundiert der<br />
Wasserstoff entlang der Grenzfläche, ein Bruchteil aber diffundiert auch in das Silizium und<br />
passiviert dort weiter die Defekte. Während des Temperns findet durch die hohe Temperatur<br />
eine Ordnung der Grenzfläche statt (Vgl. Kap. 4.1.), so daß an der Grenzfläche keine nanoskopischen<br />
Kristalldefekte vorliegen wie an den UHV-gebondeten Grenzflächen. Bei der<br />
Messung der I-U-Kennlinien beobachtet man ein interessantes Verhalten (Abb. 4.38).<br />
Stromdichte in A/cm 2<br />
0.75<br />
0.50<br />
0.25<br />
0.00<br />
-0.25<br />
-0.50<br />
-0.75<br />
nn- 450°C<br />
nn-1000°C<br />
pp- 450°C<br />
pp-1000°C<br />
-1.0 -0.8 -0.6 -0.4 -0.2 0.0 0.2 0.4 0.6 0.8 1.0<br />
Spannung in Volt<br />
Abb. 4.38: I-U-Kennlinien niedrigdotierter, hydrophob gebondeter nn- und pp-Waferpaare<br />
nach dem Tempern bei 450°C bzw. 1000°C.<br />
An den nn-Übergängen findet sich nach dem Tempern bei 450°C eine höhere Stromdichte als<br />
nach dem Tempern auf 1000°C. Bei den pp-Übergängen beobachtet man genau das<br />
entgegengesetzte Verhalten. Offensichtlich ändert sich die Barrierenhöhe während des<br />
Temperns (Tabelle V). Im pp-Fall sinkt die Barriere, und im nn-Fall steigt sie nach dem<br />
Tempern bei 1000°C an. Zur Untersuchung des unterschiedlichen Verhaltens beim Tempern<br />
wurden Spreading-Resistance-Messungen durchgeführt. Abbildung 4.39 zeigt den Graph von<br />
Messungen für bei 1000°C getemperte Waferpaare. Bei den Messungen ergibt sich, daß die<br />
Ladungsträgerkonzentration an der Grenzfläche im nn-Fall absinkt, während sie im pp-Fall<br />
72
ansteigt. Durch das Absinken der Ladungsträgerkonzentration steigt die Weite der<br />
Raumladungszone und die Barrierenhöhe, und demzufolge sinkt die Stromdichte. Im pp-Fall<br />
ergibt sich das entgegengesetzte Verhalten, und die Stromdichte steigt an.<br />
Barrierenhöhe<br />
in meV nach<br />
dem Tempern bei<br />
nn-Übergang<br />
pp-Übergang<br />
450°C<br />
230<br />
230<br />
1000°C<br />
Table V: Barrierenhöhen der hydrophob gebondeten Waferpaare (eV
Eine hohe Stromdichte erreicht man wieder durch das Bonden von hochdotierten Wafern. Es<br />
wurden nur bei 1000°C getemperte Waferpaare untersucht, da nur diese aufgrund ihrer hohen<br />
Bondenergie und der blasenfreien Grenzfläche für technologische Anwendungen in Frage<br />
kommen. Auch bei den hydrophob gebondeten Waferpaaren zeigt sich, daß die pp-Übergänge<br />
den Strom besser leiten als die nn-Übergänge. Der Unterschied resultiert aus dem schon im<br />
vorigen Kapitel beschriebenen Kontaktproblem. Im pp-Fall beobachtet man einen linearen<br />
Verlauf der I-U-Kennlinie und erreicht 70 A/cm 2 bei einem Spannungsabfall von 0,37 V<br />
(Abb. 4.40). Ein Vergleich des theoretischen Widerstandes infolge der Dotierung (2 mΩ/cm 2 )<br />
mit dem experimentell bestimmten Widerstand (5 mΩ/cm 2 ) demonstriert, daß die Grenzfläche<br />
kaum Einfluß auf den Stromfluß hat. Der Stromfluß wird nur von dem Widerstand des<br />
Wafermaterials begrenzt. Die Konzentration der Borverunreinigung an der Grenzfläche ist im<br />
Verhältnis zur Ladungsträgerkonzentration in dem hochdotierten Silizium sehr klein und das<br />
Bor hat hier keine Auswirkung.<br />
Stromdichte in A/cm 2<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
p + p + 1000°C<br />
0<br />
0<br />
0.00 0.25 0.50 0.75 1.00 1.25 1.50 1.75 2.00 2.25<br />
Spannung in Volt<br />
n + n + 1000°C<br />
Abb. 4.40: I-U-Kennlinien hoher Stromdichten an hochdotierten hydrophob gebondeten<br />
Waferpaaren mit 85 mm Durchmesser nach dem Tempern bei 1000°C.<br />
Bondet man pn-Übergänge hydrophob und tempert diese, diffundiert das Dotierungsmaterial<br />
des höher dotierten Wafers in den niedriger dotierten Wafer. Der abrupte Übergang wird<br />
zerstört und es entsteht ein Diffusionsprofil. Der pn-Übergang verschiebt sich von der<br />
Grenzfläche in den niedriger dotierten Wafer, und der Einfluß der Grenzfläche wird durch die<br />
hohe Ladungsträgerkonzentration in dem hochdotierten Material unterdrückt. Je nach<br />
Temperatur und Dauer der Temperung kann sich der pn-Übergang um 5 µm oder mehr in den<br />
niedriger dotierten Wafer verschieben. So ergeben sich sehr gute Diodeneigenschaften für<br />
hydrophob gebondete und getemperte Wafer. Die Literatur berichtet für hydrophob gebondete<br />
und bei 1100°C 4 h lang getemperte Waferpaare eine Stromdichte von 250 A/cm 2 bei 1,5 V in<br />
Durchlaßrichtung [237,238].<br />
74<br />
4500<br />
4000<br />
3500<br />
3000<br />
2500<br />
2000<br />
1500<br />
1000<br />
500<br />
Strom in Ampere
4.2.3. Hydrophil gebondete Siliziumgrenzflächen<br />
Auf die hydrophilen Grenzflächen soll hier nur kurz eingegangen werden, da die elektrischen<br />
Eigenschaften mehrfach untersucht und in der Literatur beschrieben wurden [10,48-52]. Es<br />
wurden mehrere hydrophile Waferpaare untersucht, und die Ergebnisse seien hier am Beispiel<br />
eines pp-Überganges mit 10 Ωcm, getempert bei 950°C für 2 h, dargestellt, um sie später mit<br />
der Literatur zu vergleichen. Nach dem Bonden wurden die hydrophilen Waferpaare<br />
getempert. Die Temperaturen entsprechen denen, die schon im Kapitel über die Strukturentwicklung<br />
hydrophiler Wafer beschrieben wurden. Zur Erzielung hoher Bindungsstärken<br />
und defektfreier Grenzflächen waren Ausheiztemperaturen über 950°C nötig. Nach dem<br />
Tempern sind die Wafer defektfrei miteinander verbunden. Die Stromdichteverteilung an der<br />
Grenzfläche wurde wieder mit der Thermographie analysiert. Abbildung 4.41 zeigt den pp-<br />
Übergang mit 10 Ωcm im IR-Durchstrahlungsbild und die Thermographieaufnahme im<br />
Vergleich. Der Stromfluß über die gebondete Grenzfläche ist gering und die Verteilung der<br />
Stromdichte sehr inhomogen. In der Mitte isoliert die Oxidschicht am besten. Aus dieser<br />
Region wurden Stücke präpariert und untersucht.<br />
Abb. 4.41: IR-Durchstrahlungsbild und thermographische Aufnahme (Skala hier 0-4 mK)<br />
eines bei 950°C getemperten hydrophilen pp-Waferpaares.<br />
Die Messung der I-U-Kennlinien ergab eine Stromdichte von 30 mA/cm 2 bei einer Spannung<br />
von einem Volt. Bei höheren Spannungen steigt der Strom an, erreicht aber selbst bei 30 V<br />
mit 350 mA/cm 2 keine hohen Stromdichten (Abb. 4.42). Die Oxidbarriere und die durch die<br />
elektrisch aktiven Zustände verursachte Raumladungszone behindern massiv den Stromfluß<br />
an der Silizium-Siliziumoxid-Grenzfläche. Die temperaturabhängige Leitwertmessung zeigt,<br />
daß die Barriere thermisch aktiviert überwunden wird, während die Oxidbarriere durchtunnelt<br />
wird. Der Spannungsabfall an der Tunnelbarriere ist sehr gering. Aus den temperaturabhängigen<br />
Leitwertsmessungen und aus der Hochfrequenzkapazität läßt sich die Barrierenhöhe<br />
an der Silzium-Siliziumoxid-Grenzfläche unabhängig voneinander jeweils mit 200 meV<br />
bestimmen. Bengtsson [49] berichtet in seiner Dissertation von gleichen Stromdichten und<br />
Barrierenhöhen an hydrophil gebondeten pp-Übergängen ähnlicher Dotierung. Die frequenzabhängige<br />
Messung des Leitwerts und der Kapazität zeigt eine starke Abhängigkeit beider<br />
Werte von der Frequenz. Daraus ergibt sich folgendes Modell für die Grenzfläche: An der<br />
75
Grenzfläche vom Silizium zum Siliziumoxid sind die Stöchiometrie und das Gitter gestört,<br />
und es haben sich elektrisch aktive geladene Zustände gebildet. Zusätzlich diffundieren<br />
mögliche Kontaminationen von der hydrophilen Bondgrenzfläche zur Silizium-Siliziumoxid-<br />
Grenzfläche und erhöhen dort die Zustandsdichte [49]. Diese Zustände laden sich auf und<br />
bewirken die Ausbildung einer Raumladungszone und einer Barriere. Das Bändermodell<br />
gleicht dem der doppelten Schottkybarriere, nur daß an der Grenzfläche eine Oxidschicht<br />
vorhanden ist. Nach der Leitwertmethode von Nicollian und Goetzberger kann man auch hier<br />
12 -2<br />
die Zustandsdichte bestimmen. Es ergibt sich ein Wert von 3⋅ 10 cm für die Zustandsdichte<br />
an der Silizium-Siliziumoxid-Grenzfläche. Bengtsson beobachtete an hydrophil gebondeten<br />
Übergängen Zustandsdichten zwischen 5⋅ 10 11 - 2⋅ 10 12 cm -2 [57].<br />
Stromdichte in mA/cm 2<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
-10<br />
-20<br />
-30<br />
0<br />
0 5 10 15 20 25 30 35<br />
-1.00 -0.75 -0.50 -0.25 0.00 0.25 0.50 0.75 1.00<br />
400<br />
300<br />
200<br />
100<br />
Spannung in Volt<br />
Abb. 4.42: I-U-Kennlinie eines niedrigdotierten hydrophil gebondeten pp-Übergangs nach<br />
dem Tempern bei 950°C.<br />
Hochdotierte hydrophile Waferpaare, die für 2 h bei 1100°C getempert wurden, zeigen einen<br />
hohen Stromfluß über die Oxidbarriere. Durch das Tempern haben sich in der<br />
Siliziumoxidschicht an einigen Stellen Durchbrüche gebildet. Es werden hohe Stromdichten<br />
erreicht. Im p + p + -Fall wird ein linearer Verlauf und ein Spannungsabfall von 0,52 V bei 70<br />
A/cm 2 beobachtet (Abb. 4.43). Der unterschiedliche Verlauf der pp- und nn-Proben ist auf das<br />
schon beschriebene Kontaktproblem zurückzuführen. Es zeigt sich hier, daß die Oxidbarriere<br />
und die Zustände an der Grenzfläche den Stromfluß kaum behindern. Die Raumladungszone<br />
vor der Oxidschicht ist aufgrund der hohen Dotierung sehr klein, und die Ladungsträger<br />
tunneln durch die Oxidschicht. Je dünner die Oxidschicht ist, desto höher ist die erreichbare<br />
Stromdichte. Auch Shimbo beobachtete einen linearen Verlauf der I-U-Kennlinie an einem<br />
hydrophil gebondeten p + p + -Übergang nach vierstündigem Tempern bei 1180°C [2].<br />
Es wurden auch pn-Übergänge hergestellt und untersucht. Hier lassen sich Diodeneigenschaften<br />
beobachten. Die Dioden zeichnen sich durch einen geringen Stromfluß in<br />
Durchlaßrichtung (200 mA/cm 2 bei 5 V) aus. In Sperrichtung beträgt der Stromfluß bei einem<br />
76
Volt ~10 -5 A/cm 2 . Der Idealitätsfaktor der Dioden liegt bei Werten zwischen 5 und 20.<br />
Hydrophile p + n-Übergänge von Bengtsson, die 2 Stunden bei 1100°C getempert wurden,<br />
wiesen ähnlich geringe Stromdichten in Durchlaßrichtung und hohe Idealitätsfaktoren (2-7)<br />
auf [57].<br />
Nach dem Tempern bei 950°C oder bei höheren Temperaturen ist die Oxidschicht an der<br />
Grenzfläche an einigen Stellen durchbrochen und das kristalline Silizium epitaktisch<br />
zusammengewachsen (Vgl. Kap. 4.1.3.). Die Kantenlänge der meist quadratischen<br />
Durchbrüche beträgt 50-100 nm. An der Silizium-Siliziumoxid-Grenzfläche hat sich aufgrund<br />
der Zustandsdichte von ~ 10 12 cm -2 eine Barriere gebildet. Die Raumladungszone vor der<br />
Oxidschicht des pp-Überganges mit 10 Ωcm hat eine Ausdehnung von ~ 1 µm. Die<br />
Ausdehnung der Raumladungszone überdeckt die Löcher im Siliziumoxid. Ladungsträger, die<br />
über die Grenzfläche fließen, überwinden thermisch aktiviert die Barriere oder sie tunneln<br />
direkt durch die Siliziumoxidschicht. Bei den hohen Dotierungen beträgt die Breite der<br />
Raumladungszone nur noch etwa 10, nm und die Ladungsträger können durch die<br />
Durchbrüche fließen. Außerdem nimmt der Tunnelanteil durch das Siliziumoxid wegen der<br />
dünnen Raumladungszone stark zu.<br />
Stromdichte in A/cm 2<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
p + p + HL 1100°C<br />
n ++ n ++ HL 1100°C<br />
0<br />
0.0 0.5 1.0 1.5 2.0 2.5 3.0<br />
Spannung in Volt<br />
n + n + HL 1100°C<br />
Abb. 4.43: I-U-Kennlinien hoher Stromdichten an hochdotierten, hydrophil gebondeten<br />
Waferpaaren mit 85 mm Durchmesser nach dem Tempern bei 1100°C.<br />
An pn-Waferpaaren, die bei 1000°C 2 h lang getempert wurden, sorgt die Oxidschicht für<br />
einen kleinen Sperrstrom, jedoch ist auch der Durchlaßstrom sehr klein und der Idealitätsfaktor<br />
viel zu groß. Untersuchungen an hydrophil gebondeten Dioden wurden von Shimbo<br />
veröffentlicht [2]. Ein hydrophiler p + n-Übergang war vier Stunden bei 1180°C getempert<br />
worden. Es wurde ein Leckstrom von 10 µA bei 1600 V und ein Idealitätsfaktor von 1.2<br />
beobachtet. Allerdings war aufgrund der langen Ausheizdauer der pn-Übergang 4 µm von der<br />
Bondgrenzfläche in den n-Wafer diffundiert. Das erklärt die guten elektrischen Eigenschaften<br />
der Diode.<br />
77<br />
4500<br />
4000<br />
3500<br />
3000<br />
2500<br />
2000<br />
1500<br />
1000<br />
500<br />
0<br />
Strom in Ampere
4.2.4. Zusammenfassung der Ergebnisse<br />
An allen untersuchten Grenzflächen haben sich Zustände gebildet, die eine Raumladungszone<br />
und eine Potentialbarriere bedingen. Die Zustände resultieren aus Kontaminationen der<br />
Siliziumoberflächen vor dem Bonden und von Kristalldefekten an den gebondeten<br />
Grenzflächen. Bei den getemperten hydrophoben Waferpaaren werden die Defekte an der<br />
Grenzfläche durch den Wasserstoff passiviert. Dafür tritt an den hydrophoben Grenzflächen<br />
ein Effekt auf, der an UHV-gebondeten Grenzflächen durch die hohe Zustandsdichte<br />
überdeckt wird. Eine Borverunreinigung verändert das Dotierungsniveau an der Grenzfläche<br />
und beeinflußt so den Stromfluß. Das Bor muß auch an den UHV-gebondeten Grenzflächen<br />
vorhanden sein, jedoch wird das Bor erst beim Tempern auf 1000°C elektrisch aktiv, und die<br />
UHV-Bondungen wurden bei Raumtemperatur durchgeführt. An hydrophilen Grenzflächen<br />
wurde auch Bor nachgewiesen. Generell zeigt sich bei allen schwach dotierten Waferpaaren,<br />
daß pp-Übergänge den Strom wesentlich besser leiten als nn-Übergänge. Die möglichen<br />
Verunreinigungen scheinen p-dotierte Übergänge weniger zu beeinflussen als n-dotierte.<br />
Gebondete Dioden zeigen nur nach dem Tempern bei Temperaturen über 1000°C Diodeneigenschaften,<br />
welche kommerziellen Dioden nahe kommen. UHV-gebondete und hydrophile<br />
Dioden weisen aufgrund der Zustände in der Bandlücke abweichende elektrische<br />
Eigenschaften auf. Thermographische Untersuchungen der Stromdichteverteilung ergeben<br />
eine inhomogene Verteilung des Stromflusses über die gebondete Grenzfläche.<br />
Hohe Stromdichten erreicht man in allen Fällen durch das Bonden von hochdotierten Wafern.<br />
Hier werden hohe Stromdichten bei geringen Spannungsabfällen beobachtet. Neben den<br />
Kontaktproblemen der nn-Übergänge zeigt sich hier auch wieder, daß pp-Übergänge den<br />
Strom wesentlich besser leiten. Der Stromfluß über hochdotierte hydrophobe pp-Übergänge<br />
wird nur vom Widerstand der p-Wafer begrenzt, in den anderen Fällen ist er kleiner, als es<br />
theoretisch gemäß der Dotierung der Wafer möglich wäre.<br />
78
4.3. Gewachsene und UHV-gebondete Metall-Silizium-Grenzflächen<br />
4.3.1. Herstellung und Vergleich der Grenzflächen<br />
Eine Möglichkeit für die Spininjektion in einen Halbleiter ist ein direkter Übergang vom<br />
ferromagnetischen Metall zum Halbleiter. Zwischenschichten können aufgrund zusätzlicher<br />
Grenzflächen und Streuzentren einen Verlust der Spinpolarisation bewirken. Bei der<br />
Herstellung solcher Metall-Halbleiter-Grenzflächen durch Bedampfen oder Sputtern kommt<br />
es in vielen Fällen zu einer Reaktion an der Grenzfläche. Beim Sputtern stoßen je nach<br />
Betriebsdruck hochenergetische Metallcluster, -ionen und einzelne Atome auf die<br />
Halbleiteroberfläche, während beim Bedampfen im UHV hauptsächlich nur einzelne Atome<br />
auf die Oberfläche auftreffen. In den Systemen Nickel-Silizium und Kobalt-Silizium bildet<br />
sich an der Grenzfläche eine Reaktionsschicht [239]. Die Idee in dieser Arbeit war, daß man<br />
diese Reaktion an der Grenzfläche verringern kann, indem man die Grenzfläche durch<br />
Bonden herstellt. Beim Bonden werden großflächig zwei Oberflächen in Kontakt gebracht.<br />
Die Reaktion sollte sich in diesem Fall verlangsamen oder gar nicht stattfinden, da die<br />
Reaktivität bei einer fest-fest-Reaktion geringer als bei einer gasförmig-fest-Reaktion ist. Eine<br />
weitere Idee war, die Reaktion durch eine dünne durchtunnelbare Zwischenschicht zu<br />
vermeiden.<br />
Zur Überprüfung dieser Idee wurden Übergänge zwischen Silizium und ferromagnetischen<br />
Metallen hergestellt und untersucht. Als Metalle wurden Kobalt und Nickel gewählt. Die<br />
(100)-Siliziumwafer wurden wie schon früher beschrieben gereinigt. Ein Teil der Wafer<br />
wurde hydrophob vorgebondet, um später einen direkten Metall-Halbleiter-Übergang<br />
herzustellen. Die anderen Wafer waren hydrophil vorgebondet, um die rund 2 nm dicke<br />
Oxidschicht an der Oberfläche zu erhalten. Diese Oxidschicht sollte eine mögliche Reaktion<br />
des aufzubringenden Metalls an der Grenzfläche verhindern. Die Waferpaare wurden, wie in<br />
Kapitel 3.3. beschrieben, in die UHV-Bondanlage eingeschleust und getrennt. Beide<br />
Waferarten wurden thermisch behandelt; bei den hydrophoben Wafern wurde der Wasserstoff<br />
bei 450°C für 5 min thermisch desorbiert, während bei den hydrophilen Wafern das Wasser<br />
durch ein- bis zweistündiges Tempern bei maximal 300°C entfernt wurde (vgl. Kap. 2.1. und<br />
3.3.). Der Verlauf dieser Prozesse und die Desorption der Moleküle wurde mit einem<br />
Massenspektrometer überwacht. Es entstanden dabei eine reine Siliziumoberfläche bzw. eine<br />
mit ca. 2 nm Oxid bedeckte Siliziumoberfläche. Die 2×1-Rekonstruktion der reinen<br />
Siliziumoberfläche wurde mit RHEED nachgewiesen (Abb. 4.44). Auf diese Oberflächen<br />
wurde eine dünne Schicht aus dem ferromagnetischen Metall mit Hilfe eines<br />
Elektronenstrahlverdampfers abgeschieden, wobei die Wafer nominal auf Raumtemperatur<br />
blieben. Die Metallabscheidung wurde mit RHEED beobachtet.<br />
Abb.4.44: RHEED-Aufnahme einer (2×1)-rekonstruierten Siliziumoberfläche<br />
79
a) b)<br />
Abb. 4.45: RHEED-Aufnahmen während der Nickelabscheidung auf eine (2×1)-rekonstruierte<br />
Siliziumoberfläche: Bildung einer amorphen Zwischenschicht (a), auf der sich anschließend<br />
das Metall polykristallin abscheidet (b).<br />
Während des Bedampfens mit Nickel wurde die Rekonstruktion der reinen Siliziumoberfläche<br />
schnell zerstört. Das scharfe Beugungsbild des Siliziums veränderte sich schon kurz nach der<br />
Abscheidung von nominal einer Monolage des Metalls zu einem diffusen, strukturlosen<br />
Beugungsbild, was auf eine amorphe Zwischenphase schließen läßt, auf der sich das weitere<br />
Metall polykristallin abscheidet (Abb. 4.45). Anschließend wurden die beschichteten Wafer<br />
bei Raumtemperatur gebondet. Dabei wurden verschiedene Kombinationen untersucht, indem<br />
das Metall entweder direkt auf den Halbleiter, auf das Oxid oder auf eine weitere<br />
Metallschicht gebondet wurde. Abbildung 4.46 zeigt IR-Durchstrahlungsbilder der<br />
verschiedenen Kombinationen am Beispiel des Kobalts. Eine genaue Übersicht über die<br />
Experimente und die Resultate gibt die Tabelle VI.<br />
a) b) c)<br />
Abb. 4.46: Infrarot-Durchstrahlungsbilder gebondeter Metall-Siliziumstrukturen a) Si-Co-Si,<br />
b) Si/SiO2-Co-SiO2/Si, c) Si/SiO2-Co-Co-SiO2/Si.<br />
Das Auftreten einer amorphen Zwischenschicht zeigt auch die HRTEM-Querschnittsaufnahme<br />
einer Silizium-Nickel-Silizium-Struktur in Abbildung 4.47. Oben und unten<br />
erkennt man die einkristallinen Gitterebenen der (100)-Siliziumwafer. An der gewachsenen<br />
Seite (unten) findet man eine amorphe Schicht aus Nickelsilizid und darüber die Netzebenen<br />
des polykristallinen Nickels. Es hat sich an der Grenzfläche eine rund 2 nm dicke Schicht<br />
amorphes Nickelsilizid gebildet. Wird die Metallschicht bei Raumtemperatur auf eine<br />
Siliziumoberfläche gebondet, findet an der Bondgrenzfläche (oben) auch eine Reaktion statt.<br />
Es bildet sich hierbei eine dünnere, unregelmäßige Schicht amorphes Nickelsilizid. Beim<br />
80
Kobalt läßt sich ein ähnliches Verhalten beobachten, jedoch ist die Reaktivität des Kobalts<br />
geringer als die des Nickels. Die gewachsene Kobaltsilizidschicht ist zwar dicker als die an<br />
der Bondgrenze, jedoch ist der Dickenunterschied zwischen beiden kleiner. Eine<br />
vergleichbare Kobaltstruktur ist in Abbildung 4.48 dargestellt.<br />
Gewachsene<br />
Grenzfläche<br />
Si-Ni<br />
Si-Co<br />
Si/SiO2-Ni<br />
Si/SiO2-Co<br />
2 × Si/SiO2-Ni<br />
2 × Si/SiO2-Co<br />
Gebondete<br />
Grenzfläche<br />
Ni-Si<br />
Co-Si<br />
Ni-SiO2<br />
Co-SiO2<br />
Ni-Ni<br />
Co-Co<br />
Schichtstruktur<br />
Si-Ni ~ Si<br />
Si-Co ~ Si<br />
Si/SiO2-Ni ~ SiO2/Si<br />
Si/SiO2-Co ~ SiO2/Si<br />
Si/SiO2-Ni ~ Ni-SiO2/Si<br />
Si/SiO2-Co ~ Co-SiO2/Si<br />
Bondenergie<br />
in mJ/m 2<br />
> 2000<br />
> 2000<br />
50 – 100<br />
50 – 100<br />
> 2000<br />
> 2000<br />
Reaktion an<br />
der gewachsenen<br />
Grenzfläche<br />
amorphes<br />
Nickelsilizid<br />
amorphes<br />
Kobaltsilizid<br />
vermutete<br />
Metalloxidbildung<br />
vermutete<br />
Metalloxidbildung<br />
vermutete<br />
Metalloxidbildung<br />
vermutete<br />
Metalloxidbildung<br />
Reaktion an<br />
der gebondeten<br />
Grenzfläche<br />
amorphes<br />
Nickelsilizid<br />
amorphes<br />
Kobaltsilizid<br />
Keine<br />
Keine<br />
Interdiffusion<br />
Interdiffusion<br />
Tabelle VI: Übersicht der Bondergebnisse ( - gewachsene und ~ gebondete Grenzfläche).<br />
In beiden Fällen ist die Bondenergie aufgrund der an den Grenzflächen stattfindenden<br />
Reaktionen mit mehr als 2000 mJ/m 2 sehr hoch. Es läßt sich nur eine Untergrenze der<br />
Bondenergie für den Übergang Metall-Silizium bestimmen, da der Klingentest zum<br />
Ausbrechen des Siliziums führt.<br />
Abb. 4.47: Vergleich einer gewachsenen mit einer gebondeten Nickel-Silizium-Grenzfläche<br />
im HRTEM-Querschnitt. Wie auch in Abbildung 4.48 ist die untere, glattere Grenzfläche<br />
beim Bedampfen entstanden und die obere, unregelmäßige während des Bondprozesses.<br />
81
Abb. 4.48: Vergleich einer gewachsenen mit einer gebondeten Kobalt-Silizium-Grenzfläche<br />
im HRTEM-Querschnitt (vgl. Abb. 4.47).<br />
In weiteren Experimenten wurde eine nominell 3 nm dicke Nickelschicht auf einem (2×1)rekonstruierten<br />
Siliziumwafer abgeschieden. Dieser Einzelwafer wurde im Röntgendiffraktometer<br />
untersucht, um zu prüfen, ob die im TEM-Querschnitt sichtbare Reaktion an<br />
der Grenzfläche ein Artefakt der TEM-Probenpräparation ist. Dazu wurden mit der<br />
Röntgendiffraktometrie die Dicken der einzelnen Schichten bestimmt. Ein direkter Übergang<br />
Metall-Halbleiter ließ sich nicht nachweisen (Abb. 4.49). Die gemessene Reflektometriekurve<br />
ließ sich nur mit einer Zwischenschicht aus Nickelsilizid simulieren (Abb. 4.50). Die Schicht<br />
aus Nickeloxid an der Oberseite bildet sich an der Luft und tritt nur bei der Reflektometriemessung<br />
auf.<br />
Zählrate<br />
10 6<br />
10 5<br />
10 4<br />
10 3<br />
10 2<br />
10 1<br />
10 0<br />
simulierte Schichtdicken<br />
Silizium<br />
Nickel<br />
Nickeloxid<br />
Substrat<br />
7.1 nm<br />
1.1 nm<br />
Messung<br />
Simulation<br />
0.00 0.25 0.50 0.75 1.00 1.25 1.50 1.75 2.00<br />
Winkel θ in °<br />
Abb. 4.49: Reflektometriemessung und Simulation für eine Nickel-Silizium-Grenzfläche mit<br />
einem direkten Nickel-Siliziumübergang. Schlechte Übereinstimmung der Simulation mit<br />
dem Experiment.<br />
82
TEM-Untersuchungen der Grenzflächen zeigten, daß an manchen Stellen lokale<br />
Verunreinigungen die Reaktion zwischen dem Nickel und dem Silizium unterbunden hatten.<br />
Davon sind Karbide und Oxide die bekanntesten stabilen Verbindungen, die auch als dünne<br />
Schichten hergestellt werden können. Speziell Oxide lassen sich sehr gut deckend und<br />
gleichzeitig dünn auf Oberflächen erzeugen.<br />
Zählrate<br />
10 6<br />
10 5<br />
10 4<br />
10 3<br />
10 2<br />
10 1<br />
10 0<br />
simulierte Schichtdicken<br />
Silizium<br />
Nickelsilizid<br />
Nickel<br />
Nickeloxid<br />
Substrat<br />
3.8 nm<br />
2.3 nm<br />
2.2 nm<br />
Messung<br />
Simulation<br />
0.00 0.25 0.50 0.75 1.00 1.25 1.50 1.75 2.00<br />
Winkel θ in °<br />
Abb. 4.50: Reflektometriemessung und Simulation für eine Nickel-Silizium-Grenzfläche mit<br />
einer Zwischenschicht aus Nickelsilizid. Gute Übereinstimmung der Simulation mit dem<br />
Experiment.<br />
Abb. 4.51: HRTEM-Aufnahme einer gebondeten und einer gewachsenen Silizium-<br />
Siliziumoxid-Nickel-Grenzfläche nach dem Tempern bei 400°C (- - - - Bondgrenzfläche)<br />
83
Daher wurde versucht, die Reaktion durch eine Zwischenschicht aus Siliziumoxid zu<br />
unterdrücken. Scheidet man das Metall auf einem Wafer mit dünner Oxidschicht ab, findet an<br />
der Grenzfläche eine leichte Reaktion des Metalls mit dem Sauerstoff des Siliziumoxids statt.<br />
Dabei bildet sich an der Grenzfläche eine dünne Schicht aus Metalloxid, die das Metall gut<br />
auf dem Oxid haften läßt. Bondet man diese Metallschicht bei Raumtemperatur auf einen<br />
weiteren oxidierten Wafer, so haften diese sehr schwach aneinander. Die Bondenergie ist mit<br />
50 -100 mJ/m 2 sehr gering. Dieser Wert entspricht einer reinen van-der-Waals-Bindung, die<br />
keine kovalenten oder ionischen Anteile enthält. Da diese Bondenergie für technische<br />
Anwendungen zu gering ist, wurde nun versucht, die Bondenergie der Metall-Oxid-Bondung<br />
zu erhöhen. Dazu wurden gebondete Waferpaare mit Nickel an der Grenzfläche nach dem<br />
Bonden in der Ausheizkammer der UHV-Anlage getempert. Es wurde jeweils ein Waferpaar<br />
bei 250°C und bei 400°C für eine Stunde ausgeheizt. Nach Angaben in der Literatur findet die<br />
Bildung von kristallinem Nickelsilizid durch eine Siliziumoxidschicht an einer Nickel-<br />
Siliziumoxid-Silizium-Grenzfläche erst bei Temperaturen ab 700°C statt [239]. Daher wurde<br />
vermutet, daß bei diesen Temperaturen keine Reaktion stattfindet, aber die Bondenergie<br />
aufgrund von leichten Diffusionsprozessen steigt. In beiden Fällen steigt die Bondenergie an.<br />
Sie nimmt mit höherer Temperatur stark zu. Bei der 250°C-Probe beträgt sie 1500 mJ/m 2 und<br />
bei der 400°C-Probe >2000 mJ/m 2 . HRTEM-Querschnittsaufnahmen zeigen, daß schon bei<br />
250°C das Siliziumoxid an der gewachsenen Grenzfläche durchbrochen wird und eine<br />
Reaktion zwischen dem Nickel und dem Silizium zu kristallinem Nickelsilizid stattfindet.<br />
In den HRTEM-Aufnahmen erkennt man pyramidenförmige Kristallite, die epitaktisch in das<br />
Silizium gewachsen sind. Die (111)-Gitterebenen des Nickelsilizids haben fast den gleichen<br />
Abstand wie die (111)-Gitterebenen des Siliziums (Abb. 4.52). Die (111)-Ebenen des<br />
Siliziums haben einen Gitterabstand von 0,31355 nm [240] und die (111)-Gitterebenen des<br />
NiSi2 einen Abstand von 0,31190 nm [241]. Damit wurde das Nickelsilizid als NiSi2<br />
identifiziert. Treten diese Durchbrüche bei 250°C nur vereinzelt auf, so bedecken sie bei<br />
400°C schon fast die ganze Grenzfläche (Abb. 4.51). Das erklärt auch die wesentlich höhere<br />
Bondenergie bei 400°C.<br />
Abb. 4.52: Hochaufgelöste TEM-Aufnahme der epitaktisch in das Silizium eingewachsenen<br />
NiSi2-Kristallite nach Tempern bei 400°C<br />
84
Bei Raumtemperatur vermindert die Oxidschicht die Reaktion zwischen Nickel und Silizium.<br />
Das konnte sowohl durch die Simulation einer Reflektometriemessung an einem<br />
nickelbeschichteten oxidierten Wafer nachgewiesen werden (Abb. 4.53) als auch durch TEM-<br />
Querschnitte ungebondeter Wafer.<br />
Bondet man einen metallbeschichteten oxidierten Wafer bei Raumtemperatur auf einen<br />
oxidfreien Siliziumwafer, findet, wie schon erwähnt, eine Bildung von Nickelsilizid an der<br />
Metall-Halbleiter-Grenzfläche statt, wodurch die Bondenergie an dieser Grenzfläche sehr<br />
hoch ist. Führt man an dieser Probe einen Klingentest durch, läßt sich eine Bondenergie<br />
>2000 mJ/m 2 bestimmen. Das bestätigt die Vermutung, daß sich an der Metall-Oxid-<br />
Grenzfläche eine Bindung zwischen dem Sauerstoff des Siliziumoxids und dem Nickel<br />
gebildet hat, da die Bondung nun an beiden Grenzflächen eine hohe Bondenergie aufweist.<br />
Zählrate<br />
10 6<br />
10 5<br />
10 4<br />
10 3<br />
10 2<br />
10 1<br />
10 0<br />
simulierte Schichtdicken<br />
Silizium<br />
Siliziumoxid<br />
Nickel<br />
Nickeloxid<br />
Substrat<br />
3.6 nm<br />
10.1 nm<br />
1.3 nm<br />
XRD-Messung<br />
Simulation<br />
0.00 0.25 0.50 0.75 1.00 1.25 1.50 1.75 2.00<br />
Winkel θ in °<br />
Abb. 4.53: Reflektometriemessung und Simulation für eine Silizium-Siliziumoxid-Nickel<br />
Schicht.<br />
In weiteren Versuchen wurden jeweils zwei oxidierte Wafer mit dem gleichen Metall (Kobalt<br />
bzw. Nickel) beschichtet und diese direkt aufeinander gebondet. Dabei hafteten die<br />
Metallschichten auf der ganzen Fläche sehr gut aneinander und es ließen sich keine<br />
Zwischenräume an der Grenzfläche beobachten. Es ergab sich eine hohe Bondstärke, die zum<br />
Ausbrechen des Siliziums während des Klingentests führte. HRTEM-Querschnittsaufnahmen<br />
der Kobalt-Kobalt bzw. Nickel-Nickel-Bondung sind in den Abbildungen 4.54 und 4.55<br />
dargestellt. Oben und unten in den jeweiligen Aufnahmen erkennt man wieder die (100)-<br />
Gitterebenen der Siliziumwafer. Die amorphen Deckschichten aus Siliziumoxid sind noch<br />
erhalten. Dazwischen hat sich beim Bonden eine durchgehende polykristalline Metallschicht<br />
gebildet. Die Bondgrenzfläche ist als solche nicht mehr zu erkennen. Das Nickel erweist sich<br />
auch hier als das reaktivere Metall. Es hat durch das Siliziumoxid hindurch lokal mit dem<br />
85
Silizium zu amorphem oder kristallinem Nickelsilizid reagiert. Daher ist in Abbildung 4.55<br />
die zentrale Nickelschicht inhomogener in der Dicke, und die angrenzenden<br />
Siliziumoxidschichten bzw. die Siliziumoberflächen mit Nickelsilizidinseln erscheinen<br />
welliger. Das Kobalt in Abbildung 4.54 bleibt als glatte Schicht zwischen dem Siliziumoxid<br />
und reagiert nicht mit dem Silizium.<br />
Abb. 4.54: TEM-Querschnittsaufnahme der gebondeten Kobalt-Kobalt-Grenzfläche in einer<br />
Silizium-Siliziumoxid-Kobalt-Struktur nach UHV-Bonden bei Raumtemperatur.<br />
Abb. 4.55: TEM-Querschnittsaufnahme der gebondeten Nickel-Nickel-Grenzfläche in einer<br />
Silizium-Siliziumoxid-Nickel-Struktur nach UHV-Bonden bei Raumtemperatur.<br />
86
Scheidet man ein Metall auf einem Halbleiter ab, bildet sich eine Schottkydiode. Die<br />
elektrischen Eigenschaften der gewachsenen und der gebondeten Silizium-Nickel-Silizium-<br />
Schottkydioden wurden mit Hilfe von Thermographiemessungen verglichen und unterschiedliche<br />
Eigenschaften festgestellt. Die Abbildung 4.56 zeigt Thermographieaufnahmen<br />
der beiden Schottkydioden. Je nach Polung ließ sich eine der Schottkydioden in Sperrichtung<br />
schalten und die Verteilung des Leckstromes mit der Thermographie beobachten. Im linken<br />
Bild ist die gewachsene Grenzfläche in Sperrichtung gepolt. Der Leckstrom fließt homogen<br />
über die Grenzfläche. Man erkennt wenige lokale Unterschiede im Leckstrom und damit in<br />
der Höhe der Schottkybarriere. An der gebondeten Grenzfläche im rechten Bild fließt der<br />
Strom in Sperrichtung mit kleinen Schwankungen auch homogen, jedoch findet man einige<br />
helle Punkte, an denen der Strom besser fließt, weil sich dort Defekte befinden.<br />
Abb. 4.56: Vergleich der Homogenität des Leckstroms durch eine gewachsene (links) und<br />
gebondete Nickel-Silizium-Grenzfläche (rechts) mit Thermographie (Skala: 0-12 mK).<br />
4.3.2. Diskussion der Ergebnisse<br />
Sowohl beim Wachsen als auch beim Bonden von ferromagnetischen Metallschichten auf<br />
Siliziumoberflächen kommt es bei Raumtemperatur zur Bildung von Metallsiliziden an der<br />
Grenzfläche. Die Reaktion wird durch das UHV-Bonden vermindert, aber nicht vermieden.<br />
Anhand der unterschiedlichen Dicke der Reaktionsschicht nach der Bondung hat sich gezeigt,<br />
daß die Reaktivität beim Bonden geringer ist. Eine Reaktion kann durch eine Zwischenschicht<br />
aus chemischem Siliziumoxid nicht unterdrückt werden. Das chemische Siliziumoxid weist<br />
eine hohe Reaktivität und schlechte elektrische Eigenschaften auf. Eine Reaktion an der<br />
Grenzfläche hängt von der Reaktivität des verwendeten Metalls ab. Hier wird wieder deutlich,<br />
daß die gewachsene Grenzfläche die reaktivere Grenzfläche ist. Das aufgedampfte Metall<br />
haftet sehr gut auf dem Oxid, während eine Bondung zwischen einer Metallschicht und dem<br />
Siliziumoxid nur sehr kleine Bondenergien aufweist. Der Unterschied in der Reaktivität wird<br />
auch beim Tempern beobachtet. Das Oxid an der gewachsenen Grenzfläche bricht fast überall<br />
durch und läßt die Bildung von kristallinem Nickelsilizid zu. An der gebondeten Grenzfläche<br />
erkennt man nur vereinzelt Durchbrüche. Interessant ist die Bildung von Nickelsilizid (NiSi2)<br />
an der gebondeten Grenzfläche schon bei Temperaturen von 250°C, da man diese Reaktion<br />
nach Literaturangaben [239] erst ab Temperaturen von ~ 700°C erwartet. Diese Experimente<br />
wurden an dicken Nickelschichten auf natürlichen Siliziumoxidfilmen durchgeführt und die<br />
Entstehung des Nickelsilizides mit Röntgendiffraktometrie nachgewiesen. Die hier verwen-<br />
87
dete Untersuchungsmethode mit dem TEM ist viel empfindlicher, da sich schon dünne<br />
Reaktionsschichten nachweisen lassen. Das Nickel ist in allen untersuchten Fällen reaktiver<br />
als das Kobalt. Nickel reagiert schon beim Aufdampfen trotz einer 2 nm dicken Oxidschicht<br />
mit dem Silizium. Beim Kobalt verhindert das Siliziumoxid eine Reaktion.<br />
Die gebildeten Zwischenschichten dürften mit Sicherheit die direkte Spininjektion vom ferromagnetischen<br />
Metall in den Halbleiter verhindern. In ferromagnetischen Metallen sind die<br />
Bandstrukturen spinaufgespalten, und die Elektronen fließen an der Fermikante für die eine<br />
Spinorientierung besser als für die andere. Die Elektronen haben im Vergleich zu heißen<br />
Elektronen nur kurze freie Weglängen. Treffen diese Elektronen auf die Reaktionsschicht an<br />
der Grenzfläche, finden sie eine völlig andere Bandstruktur vor. Diese ist nicht spinselektiv,<br />
und die Elektronen können durch Streuungen ihre Spinpolarisation ändern. Aus dem<br />
elektrisch leitenden Metallsilizid werden Elektronen beider Spins in gleichem Maße in den<br />
Halbleiter injiziert. Die Zwischenschicht aus Siliziumoxid vermindert die Reaktion. Jedoch<br />
können die Elektronen vor dem Tunneln durch die Siliziumoxidschicht auch ihre Spinpolarisation<br />
ändern, da die Siliziumoxidschicht an der Grenzfläche mit dünnen Schichten aus<br />
Metalloxid oder Metallsilizid bedeckt ist, die wiederum eine Streuung verursachen können.<br />
Es wurde weiterhin nachgewiesen, daß das UHV-Bonden zwischen Metalloberflächen<br />
problemlos funktioniert. Ist die Mikrorauhigkeit an der Grenzfläche nicht zu groß, findet<br />
während des Bondens an der Grenzfläche eine Rekristallisation statt, die die Defekte in der<br />
Struktur repariert. Durch Interdiffusion bewegen sich die Metallatome an der Grenzfläche,<br />
und es bildet sich eine polykristalline Schicht an der Bondgrenzfläche. Eine scharfe<br />
Bondgrenzfläche läßt sich nicht mehr beobachten.<br />
Die elektrischen Eigenschaften der Grenzflächen zwischen einem ferromagnetischen Metall<br />
und Silizium sind je nach Herstellungsvariante unterschiedlich. Die gewachsene Grenzfläche<br />
ist aufgrund der an der ganzen Grenzfläche stattfindenden Reaktion homogen und zeigt eine<br />
fast einheitliche Schottkybarriere. Die gebondete Grenzfläche ist auch homogen, jedoch treten<br />
an einigen Stellen Defekte auf. Wafer, die nach der Czochralski-Methode hergestellt wurden,<br />
weisen interstitiellen Sauerstoff auf, der sich vereinzelt im Silizium ausscheidet. Die Größe<br />
dieser Ausscheidungen liegt typischerweise zwischen 50 und 100 nm. Befindet sich eine<br />
solche Siliziumoxidausscheidung zufällig an der Oberfläche [242], so wird beim<br />
Reinigungsprozeß und der anschließenden Entfernung der Oxidschicht auch die Siliziumoxidausscheidung<br />
entfernt. Die entstehende Siliziumoberfläche hat dann kleine Löcher. Beim<br />
Bedampfen dringt der Metalldampf auch in diese Löcher ein, und die gesamte Grenzfläche<br />
reagiert homogen zu Metallsilizid. Beim Bonden ist die Reaktivität nicht so hoch, und die<br />
Löcher bleiben als kleine Defekte erhalten. Diese erzeugen möglicherweise die in den<br />
Thermographieuntersuchungen gefundenen Defekte. Bei TEM-Untersuchungen lassen sich<br />
diese Defekte nur sehr schwer lokalisieren, da ihre Dichte für TEM-Untersuchungen viel zu<br />
gering ist. Diese Defekte sind auch verantwortlich für die hohen Leckströme in großflächigen<br />
Spin-Valve-Transistoren (vgl. Kap. 4.4.).<br />
88
4.4. Der Spin-Valve-Transistor<br />
4.4.1. Realisierung und Charakterisierung<br />
Zur Herstellung einer Spin-Valve-Struktur werden die Wafer wie in Kapitel 3.3. beschrieben<br />
mit den Metallen beschichtet und im UHV gebondet. Abbildung 4.57 zeigt Infrarot-<br />
Aufnahmen von zwei gebondeten Waferpaaren mit Spin-Valve-Strukturen dazwischen. Die<br />
Fe/Au/Co-Struktur links und die FeCo/Au/Co-Struktur rechts weisen keine Defekte an der<br />
Grenzfläche auf. Man erkennt am Rand wieder die Abschattung durch den Waferhalter<br />
während des Bedampfens. Die Spin-Valve-Strukturen wurden aus der Mitte präpariert. Dort<br />
waren die Schichtdicken am größten und am gleichförmigsten. Mit der Röntgenreflektometrie<br />
ließ sich eine Änderung der Schichtdicke vom Zentrum zum Rand feststellen. Bestätigt wurde<br />
diese Inhomogenität durch Herstellung und Charakterisierung von fünf Spin-Valve-<br />
Transistoren entlang einer Linie von der Mitte bis zum Rand. Der Spin-Valve-Transistor aus<br />
der Mitte zeigte das beste Ergebnis.<br />
Abb. 4.57: IR-Aufnahmen gebondeter Spin-Valve-Strukturen, links mit Fe/Au/Co-Spin-Valve<br />
und rechts mit FeCo/Au/Co-Spin-Valve.<br />
Diese Ergebnisse sollen nun am Beispiel des Spin-Valve-Transistors mit der FeCo/Au/Co-<br />
Struktur erläutert werden. Nach dem UHV-Bonden ergab sich die folgende Struktur. Ein<br />
FeCo/Au/Co Spin-Valve war zwischen zwei Siliziumwafern eingeschlossen. Diese Spin-<br />
Valve-Struktur wird von zwei Platinschichten umgeben, die den direkten Kontakt des ferromagnetischen<br />
Metalls zum Silizium verhindern (vgl. Kap. 4.3.) und gleichzeitig Schottkydioden<br />
zum Silizium bilden. Die hohen Platin-Silizium-Schottkybarrieren dienen zur<br />
Erzeugung der heißen Elektronen am Emitter und zur Verringerung des Leckstroms am<br />
Kollektor.<br />
Die HRTEM-Aufnahme in Abbildung 4.58 zeigt diese Spin-Valve-Struktur im Querschnitt.<br />
Hier erkennt man oben den (100)- und unten den (111)-Siliziumwafer. Dazwischen liegen die<br />
verschiedenen Metallschichten. Auf dem (100)-Siliziumwafer befindet sich eine ca. 3 nm<br />
dicke vorwiegend amorphe Schicht. Dabei handelt es sich wahrscheinlich um Platinsilizid.<br />
Auf dieser Platinsilizidschicht ist eine 2.4 nm dicke Schicht einer Mischung aus Eisen und<br />
Kobalt polykristallin abgeschieden. Es folgt eine 4.7 nm dicke Goldschicht und eine 1.7 nm<br />
89
dicke Kobaltschicht. Auch diese beiden Schichten sind polykristallin gewachsen. Man erkennt<br />
deutlich Gitterebenen mit verschiedenen Orientierungen. Auf der Kobaltschicht befindet sich<br />
eine 2.2 nm dicke amorphe Platinschicht. Nun folgt die Bondgrenzfläche. Diese ist im<br />
Gegensatz zu der Bondgrenzfläche Kobalt-Kobalt im vorigen Kapitel gut sichtbar, da das<br />
“Platin” auf dem unteren Wafer eine kristalline Struktur aufweist. Der (111)-Siliziumwafer<br />
war mit ca. 2 nm Platin bedampft (vgl. Kap. 3.3.). Dabei hatte das Platin mit der (111)-<br />
Siliziumoberfläche reagiert. Es bildete sich im Unterschied zum Platin auf (100)-Silizium eine<br />
kristalline Phase aus Platinsilizid. Diese Silizidschicht wurde auf den Metallstapel gebondet<br />
und macht die Bondgrenzfläche zwischen den beiden nominellen Platinschichten sichtbar.<br />
Abb. 4.58: HRTEM-Querschnitt der FeCo/Au/Co-Spin-Valve-Struktur (- - - - - markiert die<br />
Bondgrenzfläche).<br />
Das Platinsilizid entstand an allen untersuchten Spin-Valve-Strukturen und ließ sich als das<br />
platinreiche Pt2Si identifizieren. Abbildung 4.59 zeigt eine HRTEM-Aufnahme einer anderen<br />
Spin-Valve-Struktur. Unten erkennt man die (111)-Gitterebenen des Siliziums und direkt<br />
darauf die Gitterebenen des Platinsilizids. Der Abstand dieser Gitterebenen läßt sich mit 0.278<br />
nm bestimmen. Ein Vergleich mit der Datenbank bekannter Platinsilizide [243] ergab, daß es<br />
sich hier um die (110)-Ebenen des Pt2Si handelt.<br />
Abb. 4.59: HRTEM-Querschnitt einer Spin-Valve-Struktur mit sichtbarer Bildung von<br />
Platin(II)-silizid an der (111)-Siliziumgrenzfläche, erkennbar anhand der Gitterebenen (- - - - -<br />
markiert die Bondgrenzfläche).<br />
90
Nach der Prozessierung wurde die FeCo/Au/Co-Spin-Valve-Struktur elektrisch charakterisiert.<br />
Zur Messung der Magnetfeldabhängigkeit des Kollektorstromes hatte der Kollektor<br />
keine Vorspannung. Legte man nun ein magnetisches Feld von 60 mT an, ließ sich ein<br />
Kollektorstrom von 9,6 nA beobachteten. In diesem Zustand waren die Eisen/Kobalt- und die<br />
Kobalt-Schicht in Richtung des magnetischen Feldes magnetisiert. Wird nun das magnetische<br />
Feld auf null reduziert und in die entgegengesetzte Richtung erhöht, so schaltete bei –10 mT<br />
die Magnetisierung der Eisen/Kobalt-Schicht um. Das magnetische Feld war jetzt größer als<br />
das Koerzitivfeld der Eisen/Kobalt-Schicht. Nun waren die Eisen/Kobalt- und die Kobalt-<br />
Schichten entgegengesetzt magnetisiert und man erhielt einen kleineren Kollektorstrom von<br />
4,7 nA. Erhöhte man das magnetische Feld weiter, wurde bei bei ca. –25 mT die<br />
Koerzitivfeldstärke der Kobalt-Schicht überschritten und das Kobalt schaltete seine<br />
Magnetisierung um. Man erhielt wieder einen Kollektorstrom von 9,6 nA bei –60 mT. Daraus<br />
ergibt sich ein Magnetowiderstand von 102% (Abb. 4.60). Das Transferverhältnis von<br />
injiziertem Strom zu dem am Kollektor gemessenen Strom ist 4,8⋅ 10 -6 . Hierbei ist der Strom<br />
senkrecht durch alle Metallschichten geflossen. Im Vorversuch war der Magnetowiderstand<br />
beim Stromfluß in der Ebene der Schichten mit 0,22% bestimmt worden (Abb. 4.61). Die<br />
magnetischen Schaltfelder wurden durch eine SQUID-Messung (SQUID- superconducting<br />
quantum interference device) bestätigt (Abb.4.62).<br />
Kollektorstrom in nA<br />
10.0<br />
9.0<br />
8.0<br />
7.0<br />
6.0<br />
5.0<br />
4.0<br />
MR = 102%<br />
-60 -40 -20 0 20 40 60<br />
Magnetfeld in mT<br />
Abb. 4.60: Magnetfeldabhängigkeit des Kollektorstroms im FeCo/Au/Co-Spin-Valve-<br />
Transistor.<br />
In diesem Spin-Valve-Transistor waren die Schottkybarrieren der Platinschichten auf dem<br />
Silizium fast ideal. Der Idealitätsfaktor n für die Emitter-Schottkybarriere betrug n C = 1,<br />
05<br />
und für die Kollektor-Schottkybarriere n E = 1,<br />
06 . Die Barrierenhöhe am Emitter lag bei 0,83<br />
eV und am Kollektor bei 0,78 eV und der Leckstrom war 0,1 nA bzw. 2,6 nA bei 1 V<br />
anliegender Spannung. Der Graph dieser I-U-Messung ist in Abbildung 4.63 dargestellt.<br />
91
Ein Kühlen der Spin-Valve-Struktur erhöht gewöhnlich den Magnetowiderstand, da der<br />
Leckstrom sinkt und die freie Weglänge in den Metallen zunimmt. In den untersuchten<br />
Strukturen ergab es sich, daß beim Kühlen das Schaltfeld der Eisen/Kobalt-Schicht anstieg,<br />
während das der Kobaltschicht sank und so die Schichten gleichzeitig schalteten.<br />
Strom in µA<br />
824.4<br />
824.2<br />
824.0<br />
823.8<br />
823.6<br />
823.4<br />
823.2<br />
823.0<br />
822.8<br />
822.6<br />
822.4<br />
MR = 0.22%<br />
-40 -30 -20 -10 0 10 20 30 40<br />
Magnetfeld in mT<br />
Abb. 4.61: Magnetfeldabhängigkeit des Stromflusses in einer FeCo/Au/Co-Spin-Valve-<br />
Schicht bei Messung parallel zum angelegten Magnetfeld (CIP-Geometrie).<br />
Magnetisierung M in emu<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
-20<br />
-40<br />
-60<br />
-80<br />
-120 -100 -80 -60 -40 -20 0 20 40 60 80 100 120<br />
Magnetfeld in mT<br />
Abb. 4.62: SQUID-Messung an der FeCo/Au/Co-Spin-Valve-Struktur.<br />
92
Dadurch wurden die Hysteresekurven mit abnehmender Temperatur immer spitzer und<br />
schließlich verschwand der Effekt der magnetfeldabhängigen Widerstandsänderung<br />
vollständig.<br />
Strom in Ampere<br />
0.01<br />
1E-3<br />
1E-4<br />
1E-5<br />
1E-6<br />
1E-7<br />
1E-8<br />
1E-9<br />
1E-10<br />
1E-11<br />
1E-12<br />
Φ EB = 827 meV<br />
n E = 1.05<br />
Φ BC = 782 meV<br />
n C = 1.06<br />
-1.0 -0.8 -0.6 -0.4 -0.2 0.0 0.2 0.4 0.6 0.8 1.0<br />
Spannung in Volt<br />
Emitter-Schottkybarriere<br />
Kollektor-Schottkybarriere<br />
Abb. 4.63: Elektrische Eigenschaften der Emitter- und Kollektor-Schottkydiode.<br />
Der Spin-Valve-Transistor mit der Fe/Au/Co-Struktur bestand aus den folgenden Schichten:<br />
(100)-Si/Pt(2,1 nm)/Fe(2,6 nm)/Au(3,5 nm)/ Co(2,4 nm)/ Pt(2,1 nm) ~ Pt(2,9 nm)/(111)-Si.<br />
Abbildung 4.64 zeigt einen HRTEM-Querschnitt. Diese Struktur wies einen Magnetowiderstand<br />
beim Stromfluß in der Ebene der Schichten von 0,45% auf (Abb. 4.65).<br />
Abb. 4.64: HRTEM-Querschnitt der Fe/Au/Co-Spin-Valve-Struktur (- - - - Bondgrenzfläche).<br />
Bei dieser Probe wurden Emitter und Kollektor gegeneinander ausgetauscht, da der Leckstrom<br />
der Kollektor-Schottkybarriere bei niedrigen Spannungen zu hoch war (vgl. Abb. 2.13).<br />
Nun hatte der Emitter die große Fläche (250 µm×500 µm) und der Kollektor die kleine<br />
93
Fläche (200 µm×200 µm). Die Emitter-Schottkybarriere war mit 0,78 eV kleiner als die<br />
Kollektor-Schottkybarriere mit 0,82 eV. Der hohe Leckstrom der zum Emitter gewordenen<br />
Kollektor-Schottkybarriere störte nicht, da die Diode in Vorwärtsrichtung gepolt wurde. Der<br />
neue Kollektor wies einen Leckstrom von 0,25 nA bei 1 V Spannung auf. Die<br />
Schottkybarrieren wiesen Idealitätsfaktoren von n C = 1,<br />
05 und n E = 1,<br />
14 auf.<br />
Strom in µA<br />
2.440<br />
2.438<br />
2.436<br />
2.434<br />
2.432<br />
2.430<br />
2.428<br />
MR = 0.45%<br />
-60 -40 -20 0 20 40 60<br />
Magnetfeld in mT<br />
Abb. 4.65: Magnetfeldabhängigkeit des Stromflusses in einer FeCo/Au/Co-Spin-Valve-<br />
Schicht bei Messung parallel zum angelegten Magnetfeld (CIP-Geometrie).<br />
Kollektorstrom in nA<br />
0.20<br />
0.19<br />
0.18<br />
0.17<br />
0.16<br />
0.15<br />
0.14<br />
MR = 75%<br />
-60 -40 -20 0 20 40 60<br />
Magnetfeld in mT<br />
Abb. 4.66: Magnetfeldabhängigkeit des Kollektorstromes im Fe/Au/Co-Spin-Valve-Transistor<br />
94
Die Messung der Magnetfeldabhängigkeit des Stromes ist in Abbildung 4.66 dargestellt.<br />
Injiziert man in die Metallbasis einen Strom von 2 mA, so läßt sich bei paralleler<br />
Magnetisierung der ferromagnetischen Schichten ein Strom von 0,2 nA beobachten.<br />
Eigentlich würde man in diesem Fall keinen Kollektorstrom erwarten, da die Emitter-<br />
Schottkybarriere 0,04 eV höher ist als die Kollektor-Schottkybarriere. Eine Erklärung für<br />
diesen Stromfluß sind lokal unterschiedliche Höhen der Schottkybarriere an der Silizium-<br />
Platin Grenzfläche. Untersuchungen mit der ballistischen Elektronen-Emissions-Mikroskopie<br />
(BEEM) an Silizium-Gold-Grenzflächen ergaben eine Variation der Barrierenhöhen um bis zu<br />
100 meV [244]. Eine weitere Möglichkeit ist die unterschiedliche Energie der Elektronen<br />
aufgrund der thermischen Energieverteilung der injizierten Elektronen. Auch Elektronen mit<br />
Energien knapp unterhalb der Barrierenhöhe können die Schottkybarriere durchtunneln und so<br />
zum Stromfluß beitragen [79]. Das Transferverhältnis in dieser Struktur war 1,0⋅ 10 -7 , und der<br />
Magnetowiderstand in diesem Spin-Valve-Transistor betrug 75%.<br />
Die Messungen des Magnetowiderstandes beim Stromfluß in der Ebene der Schichten ergaben<br />
manchmal einen spitzen Verlauf des Stromes in Abhängigkeit vom angelegten Magnetfeld.<br />
Hier schalteten die magnetischen Schichten kurz hintereinander. Spin-Valve-Strukturen dieser<br />
Probe zeigten einen geringen Magnetowiderstand. Daher wurde die CIP-Messung als<br />
Vorversuch vor der aufwendigen Prozessierung zum Spin-Valve-Transistor verwendet. Der<br />
Graph einer solchen Probe ist in Abbildung 4.67 dargestellt. Die Schichtdicken waren (100)-<br />
Si/Pt(2,0 nm)/FeCo(2,0 nm)/Au(4,3 nm)/ Co(2,0 nm)/ Pt(2,0 nm) ~ Pt(2,6 nm)/(111)-Si, und<br />
der CIP-Magnetowiderstand betrug 0,27%.<br />
Strom in µA<br />
977.5<br />
977.0<br />
976.5<br />
976.0<br />
975.5<br />
975.0<br />
974.5<br />
MR = 0.27%<br />
-80 -60 -40 -20 0 20 40 60 80<br />
Magnetfeld in mT<br />
Abb. 4.67: Magnetfeldabhängigkeit des Stromflusses in einer magnetisch gekoppelten<br />
FeCo/Au/Co-Spin-Valve-Schicht bei Messung parallel zum angelegten Magnetfeld (CIP-<br />
Geometrie).<br />
95
4.4.2. Diskussion der Meßergebnisse<br />
Die Hauptaufgabe bezüglich des Spin-Valve-Transistors bestand in der Herstellung der Spin-<br />
Valve-Struktur auf 100 mm Wafern und dem Nachweis der Funktionstüchtigkeit dieses<br />
spinselektiven Bauelements. Mit dem Aufbau der Anlage, dem Ermitteln der Herstellungsparameter<br />
und der Optimierung der Prozessierung sind die Voraussetzungen geschaffen<br />
worden, den Spin-Valve-Transistor definiert herzustellen und physikalisch zu untersuchen.<br />
Es wurde ein Spin-Valve-Transistor mit einem Magnetowiderstand von über 100% bei<br />
Raumtemperatur hergestellt. Dieser Magnetowiderstand resultiert aus dem senkrechten<br />
Transport von heißen Elektronen durch ein parallel oder antiparallel geschaltetes Spin-Valve.<br />
An der Kollektor-Schottkydiode werden die Elektronen nach Energie und Impuls selektiert. In<br />
den hergestellten Spin-Valve-Transistoren konnte reproduzierbar ein spinabhängiger<br />
Transport nachgewiesen werden. Die physikalischen Vorgänge wurden schon in Kapitel 2.3.<br />
ausführlich diskutiert.<br />
Es wurden Spin-Valve-Transistoren mit unterschiedlichen Metallkombinationen und Dicken<br />
hergestellt und die Magnetowiderstände ermittelt. In den Messungen zeigte sich, daß die<br />
Schaltfelder für die ferromagnetischen Schichten nicht so unterschiedlich waren wie erwartet.<br />
Zuerst wurden Spin-Valve-Strukturen mit dem Fe/Au/Co-Spin-Valve untersucht. Dabei zeigte<br />
sich, daß die Schaltfelder der ferromagnetischen Schichten ähnlich waren und so die<br />
Schichten fast gleichzeitig schalteten. Ein wichtiger Indikator für das Schalten und die<br />
Perfektion der Schichten ist der Kreuzungspunkt der beiden Hysteresezweige. Je höher der<br />
Kreuzungspunkt liegt, desto besser ist die Homogenität und magnetische Separation der<br />
Schichten. Idealerweise sollte nur die magnetisch weichere der Schichten schalten und der<br />
Kollektorstrom sinken. Bei einer weiteren Erhöhung der magnetischen Feldstärke schaltet die<br />
zweite Schicht und der Kollektorstrom steigt wieder. Im Fe/Au/Co-Spin-Valve-Transistor<br />
sind die Schaltfelder der magnetischen Schichten ähnlich, und der Kreuzungspunkt der<br />
Hysteresezweige liegt in der Mitte. Die magnetisch weichere Schicht hat noch nicht<br />
vollständig geschaltet, während die härtere Schicht schon zu schalten beginnt. Das verschiebt<br />
den Graphen und senkt den Magnetowiderstand. Um die Differenz zwischen den<br />
Schaltfeldern zu erhöhen, wurde die Eisenschicht durch eine magnetisch weichere<br />
Eisen/Kobalt-Schicht ersetzt. Der Kreuzungspunkt wandert nach oben und auch der<br />
Magnetowiderstand steigt an. In diesem FeCo/Au/Co-Spin-Valve-Transistor geschieht es, daß<br />
die Eisen/Kobalt-Schicht je nach Orientierung und Größe der Körner leicht unterschiedlich<br />
schaltet. Dasselbe Verhalten beobachtet man auch bei der härteren Kobaltschicht. Daher<br />
weicht die Kurve etwas auf. Wenn im Idealfall ein zu 100% antiparalleler Zustand erreicht<br />
wird, läßt sich ein Plateau in den Hysteresekurven beobachteten.<br />
Das größte Problem in der verwendeten Anlage ist das homogene Wachstum der Schichten<br />
und die Dickenkontrolle während des Wachstums. Die Schichten wiesen leichte Welligkeiten<br />
auf, die sich auf die nächsten Schichten übertrugen. So war die zweite ferromagnetische<br />
Schicht meist rauher und welliger als die erste. In Abhängigkeit von der radialen Position auf<br />
dem Wafer, an dem die Spin-Valve-Transistoren prozessiert wurden, ergaben sich<br />
systematische Unterschiede in den Eigenschaften. Weiterhin erhöhen Rauhigkeiten an den<br />
Grenzflächen die Wahrscheinlichkeit einer Streuung, die zum Energieverlust des Elektrons<br />
oder auch zum Umklappen des Spins führen kann. Bei Untersuchungen in Holland wurde<br />
demonstriert, daß das Fehlen nur einer der Schichten, z.B. der Kobaltschicht, den<br />
Kollektorstrom stark ansteigen läßt [91]. Der Hauptgrund für den geringen Transferkoeffizienten<br />
ist die Streuung an den Grenzflächen.<br />
Die ferromagnetischen Schichten waren immer zwischen 2 und 3 nm dick. Diese Dicke hat<br />
sich in Untersuchungen als die beste für einen hohen Magnetowiderstand erwiesen. Bei<br />
96
höheren Schichtdicken steigt der Magnetowiderstand zwar noch etwas an, jedoch reduziert<br />
sich der Kollektorstrom drastisch [245,246]. Sind die Schichten zu dünn, werden sie nicht<br />
homogen abgeschieden und es bilden sich Cluster. Die Abnahme des Kollektorstromes bei<br />
zunehmender Schichtdicke erklärt sich durch die spinabhängigen freien Weglängen der<br />
Elektronen im Kobalt. In BEEM-Experimenten an Kobalt wurde die freie Weglänge für<br />
Elektronen bei 1 eV über dem Ferminiveau bestimmt. Durch elastische und unelastische<br />
Streuungen ergab sich für aufwärts polarisierte Elektronen eine freie Weglänge von 2,3 nm<br />
und für abwärts polarisierte Elektronen 0,8 nm. Die gewählten Schichtdicken lagen in dem<br />
Bereich, in dem sich ein spinselektiver Effekt beobachten lassen sollte. Werden die Schichten<br />
zu dick, werden beide Arten von Elektronen stark gestreut, und der Kollektorstrom sinkt. Die<br />
Goldschicht zwischen beiden ferromagnetischen Schichten hatte die Aufgabe, diese beiden<br />
Schichten magnetisch voneinander zu entkoppeln. Gold hat mehreren BEEM-Untersuchungen<br />
zufolge mit ca. 25 nm eine hohe freie Weglänge für Spinumklapprozesse [247,248].<br />
In den untersuchten Spin-Valve-Transistoren ließ sich bei der Eisen/Kobalt-Schicht nicht<br />
immer genau das gleiche Verhältnis zwischen Eisen und Kobalt einstellen. So konnte es<br />
geschehen, daß die Schichten fast gleichzeitig ihre Magnetisierung umschalten, wie in<br />
Abbildung 4.67 gezeigt. Die Kurven werden dadurch spitz und der Magnetowiderstand sinkt.<br />
In Holland wurde Permalloy, eine Nickel/Eisen-Legierung, für die eine ferromagnetische<br />
Schicht benutzt [91]. Diese hat eine andere Bandstruktur, welche besser für den spinselektiven<br />
Transport geeignet ist. Im Permalloy ist der Unterschied der spinabhängigen freien Weglänge<br />
viel größer als bei den hier verwendeten Metallen bzw. Metallegierungen. Permalloy ist<br />
weichmagnetisch und schaltet bei sehr niedrigen magnetischen Feldern. Daher erreichten<br />
Monsma und Lodder einen höheren Magnetowiderstand als in dieser Arbeit vorgestellt. Mit<br />
den in dieser Arbeit verwendeten Elektronenstrahlverdampfern war es aufgrund der<br />
schwierigen Verdampfungscharakteristik von Permalloy nicht möglich, diese Legierung zu<br />
benutzen. Prinzipiell wäre es in der Platinverdampferkammer möglich, Permalloy statt Platin<br />
zu verdampfen. Jedoch hätte dann das Platin für die hohen Schottkybarrieren nicht zur<br />
Verfügung gestanden.<br />
Eine weitere Bedingung für einen hohen Magnetowiderstand bei Raumtemperatur ist eine<br />
Kollektor-Schottkybarriere mit extrem niedrigem Leckstrom. An der Kollektor-Schottkydiode<br />
liegt keine Spannung an, jedoch fließt vom Emitter zur Spin-Valve-Schicht ein Strom. Da der<br />
Widerstand der Metallschichten nicht null ist, entwickelt sich eine kleine Spannung an der<br />
Kollektor-Schottkybarriere. Daher findet man auch ohne angelegte Spannung einen<br />
Leckstrom. Ist der Leckstrom zu hoch, überdeckt er den Effekt der magnetfeldabhängigen<br />
Widerstandsänderung, da er in beiden Fällen zum Kollektorstrom hinzuaddiert wird. Im<br />
Beispiel des Spin-Valve-Transistors mit der FeCo/Au/Co-Struktur bewirkt ein Anstieg des<br />
Leckstromes um nur 5 nA ein Absinken des Magnetowiderstandes auf 50%. Die<br />
Hauptursache für den Leckstrom der Kollektor-Schottkybarriere ist das Ionenstrahldünnen<br />
während der Prozessierung. Dabei wird die Metallschicht der Basis teilweise entfernt, und der<br />
Ionenstrahl schädigt das Silizium am Übergang zum Metall. Das geschädigte Silizium ist<br />
höher dotiert und erzeugt einen Leckstrom in der Schottkydiode. Daher ist beim<br />
Ionenstrahldünnen mit möglichst niedrigen Energien zu arbeiten und die geschädigte Schicht<br />
durch selektives Ätzen zu entfernen. Der Leckstrom kann auch durch eine kleinere aktive<br />
Bauteilfläche reduziert werden. Ein direkter Übergang vom Kobalt zum Silizium würde ein<br />
hohes Transferverhältnis zulassen, da die Kollektor-Schottkybarriere niedrig wäre. Es ergibt<br />
sich jedoch ein hoher Leckstrom, der den magnetfeldabhängigen Effekt überdeckt.<br />
Betrachtet man die Mikrostruktur der Schottkybarrieren im Transmissionselektronenmikroskop,<br />
so erkennt man, daß hier an beiden aufgedampften Grenzflächen eine Reaktion<br />
stattgefunden hat. Diese Reaktionen sind je nach Oberflächenorientierung unterschiedlich.<br />
97
Auf der (100)-Siliziumoberfläche bildet sich amorphes Platinsilizid und auf der (111)-<br />
Siliziumoberfläche einkristallines Platin(II)-silizid Pt2Si. Von Palladium, einem der leichten<br />
Platinmetalle, ist bekannt, daß es auf (100)-Siliziumoberflächen eine amorphe Palladiumsilizidschicht<br />
bildet. Dasselbe Verhalten wird hier auch bei Platin beobachtet. Obwohl die<br />
Reaktion des Platins mit dem Silizium auf den ersten Blick unerwünscht erscheint, hat sie eine<br />
günstige Wirkung. Durch diese Reaktion ist die Grenzfläche und damit auch die Schottkybarriere<br />
homogen. Man erhält eine Schottkybarriere mit einer spezifischen Höhe an der<br />
Grenzfläche, die etwas niedriger als beim reinen Platin-Silizium-Übergang (0,90 eV) ist.<br />
Fände die chemische Reaktion nur an einigen Stellen statt, würde die Höhe der Schottkybarriere<br />
und folglich auch die Energie der injizierten Elektronen bzw. der Kollektorstrom<br />
variieren.<br />
Der Kollektorstrom ist proportional zum Emitterstrom. Die Höhe der Kollektor-<br />
Schottkybarriere bezüglich des Ferminiveaus ändert sich durch die kleine Spannung zwischen<br />
Spin-Valve und Kollektor nicht. Die vom Emitter kommenden heißen Elektronen finden<br />
daher immer die gleiche Energiebarriere vor. Genauso bewirkt die kleine Änderung der<br />
Emitterspannung und somit des injizierten Stromes keine nennenswerte Änderung der Energie<br />
der injizierten Elektronen. Dadurch kommt die Proportionalität bei kleinen Spannungen bzw.<br />
bei Emitterströmen bis zu 2 mA zustande.<br />
Ein gravierender Nachteil für die technische Anwendung des Spin-Valve-Transistors ist der<br />
geringe Kollektorstrom. Es werden 2 mA in die Struktur injiziert und man beobachtet einen<br />
sehr geringen Kollektorstrom von rund 10 nA. Das Transferverhältnis liegt in der<br />
-6<br />
Größenordnung von 10 . Eine der nächsten Aufgaben ist die Erhöhung des Transferverhältnisses.<br />
Dazu kann der Spin-Valve-Transistor an vielen Stellen verbessert werden.<br />
Zuerst muß das Wachstum der Schichten durch Optimierung der Anlage, bessere<br />
Elektronenstrahlverdampfer und Kühlung des Wafers mit flüssigem Stickstoff beim<br />
Beschichten homogener und glatter gestaltet werden, da ein Großteil des Stromverlusts durch<br />
die rauhen Grenzflächen zwischen den Metallschichten zustande kommt. Ideal wäre ein<br />
einkristallines Wachsen der Metallschichten. Eine Möglichkeit ist die Kombination der UHV-<br />
Bondanlage mit einer MBE-Anlage. Einen Spin-Valve-Transistor nur durch Wachsen in der<br />
MBE-Anlage herzustellen ist nicht möglich, da die zweite Metall-Silizium Schottkybarriere<br />
zu schlecht wäre. Silizium läßt sich nicht einkristallin auf Metallschichten abscheiden. Daher<br />
wurde auch in dieser Arbeit auf das UHV-Bonden zurückgegriffen, wie schon von der<br />
Entdeckergruppe [85]. Im Unterschied zu dieser Gruppe wurden, statt quadratzentimetergroßen<br />
Stücken, ganze 100 mm Silizium-wafer für die Herstellung benutzt. Dadurch wurden<br />
mehrere Arbeitsschritte eingespart und das Verfahren erheblich verkürzt.<br />
Das Transferverhältnis läßt sich erhöhen, indem man die Energie der heißen Elektronen<br />
erhöht. Das vergrößert den Akzeptanzwinkel am Kollektor und den Kollektorstrom. Um die<br />
Energie der heißen Elektronen zu erhöhen, könnte man andere Halbleiter, z.B. Siliziumkarbid,<br />
als Emitter einsetzen. Eine Siliziumkarbid-Palladium-Schottkydiode hat eine Barrierenhöhe<br />
von 1,6 eV und eine Siliziumkarbid-Gold-Schottkydiode von 1,2 eV [249]. Nachteilig sind<br />
der hohe Preis des Siliziumkarbids und seine Eigenschaften beim Reinigen und Prozessieren.<br />
Technisch ist es zur Zeit nicht möglich, Siliziumkarbidwafer mit einem Durchmesser von 100<br />
mm zu produzieren. Weiterhin weisen alle lieferbaren Siliziumkarbid-Wafer an der<br />
Oberfläche unterschiedliche Polytypen, d.h. kristallographisch unterschiedliche Stapelungen<br />
des hexagonalen Gitters, auf, die unterschiedliche Schottkybarrierenhöhen bedingen. Spin-<br />
Valve-Transistoren mit Galliumarsenid als Emitter und ähnlicher Spin-Valve-Struktur zeigen<br />
einen Magnetowiderstand von 63% bei Raumtemperatur [250].<br />
98
5. Schlußfolgerungen für technologische Anwendungen<br />
Das UHV-Bonden erlaubt durch das Bonden bei Raumtemperatur die Herstellung von<br />
Halbleiter-Bauelementen, die mit aktuell genutzten Herstellungsverfahren nicht herstellbar<br />
sind. Alle durchgeführten Experimente basierten auf dieser Idee und verbanden die<br />
Grundlagenforschung am Max-Planck-Institut mit ingenieurtechnischen Aspekten.<br />
Bei der Zusammenarbeit mit der Infineon AG sollten ganze 100 mm Wafer als ein Hochleistungsbauelement<br />
dienen. Eine Idee der Ingenieure bei Infineon waren Bauteile mit<br />
vergrabenen Schichten oder abrupten Dotierungsübergängen, die sonst nicht herstellbar sind,<br />
wie sie zum Beispiel in einem hochspannungsfesten Thyristor benötigt werden. Dieser besteht<br />
aus einem 1 mm dicken sehr schwach n-dotierten Siliziumwafer, der tief im Inneren p + -Inseln<br />
aufweisen soll. Dieser Thyristor ließe sich durch Bonden herstellen.<br />
Weitere Kriterien für die Übergänge waren mechanische Stabilität, möglichst niedrige<br />
Prozeßtemperatur und hohe Stromdichten. Für die mechanische Stabilität sollten als erstes<br />
hohe Bondenergien bei möglichst niedriger Temperatur erreicht werden. Es war schon vor der<br />
Arbeit bekannt, daß man beim hydrophilen und hydrophoben Bonden Temperaturen um<br />
1000°C benötigt, um hohe Bondenergien zu erreichen. Hohe Bondenergien bei<br />
Raumtemperatur erreicht man durch Bonden im Ultrahochvakuum. Hier ist die Temperaturbelastung<br />
mit 450°C für fünf Minuten relativ gering. Die Bondgrenzflächen weisen nach den<br />
verschiedenen Bondprozeduren keine makroskopischen Defekte auf. An den getemperten<br />
Grenzflächen finden sich mikroskopische Defekte, wie Versetzungen oder nanoskopische<br />
Hohlräume, die die Bondenergie und auch die elektrischen Eigenschaften nicht beeinflussen.<br />
Zur Herstellung von Hochleistungsbauelementen war von der Infineon AG der zu erreichende<br />
Wert der Stromdichte mit 70 A/cm 2 vorgegeben worden. Dieser Strom sollte bei möglichst<br />
niedrigen Spannungen fließen, damit die umgesetzte Leistung gering bleibt. Niedrig dotierte<br />
UHV-gebondete Wafer erlauben durch die hohe Zustandsdichte an der gebondeten<br />
Grenzfläche nur Stromdichten von einigen 10 mA/cm 2 bzw. hydrophobe Wafer von 2 A/cm 2<br />
bei einem Spannungsabfall von einem Volt. Hohe Stromdichten werden durch das Bonden<br />
von hochdotierten Wafern erreicht. Hier lassen sich Stromdichten von 70 A/cm 2 und mehr<br />
erreichen. Bei den untersuchten hochdotierten pp-Übergängen wurde dieser Wert bei einem<br />
Spannungsabfall < 1 V erreicht. Für den hydrophoben pp-Übergang wird die Stromdichte von<br />
dem Widerstand des Wafermaterials begrenzt. Der höhere Spannungsabfall an den<br />
hochdotierten nn-Übergängen resultiert aus dem Kontaktwiderstand des technologisch häufig<br />
verwendeten Aluminiums. Aus den Messungen an den hoch n-dotierten UHV-gebondeten<br />
Übergängen ergeben sich Hinweise auf eine hohe Zustandsdichte durch Komplexbildung mit<br />
dem Dotierstoff. Aus dem Verlauf der I-U-Kurven kann man schließen, daß an allen<br />
hochdotierten Übergängen Stromdichten von 100 A/cm 2 und je nach Dotierung auch mehr<br />
möglich sind.<br />
Bei der Konzeption von Bauelementen mit Stromfluß über die gebondete Grenzfläche ist die<br />
starke Abhängigkeit der Stromdichte von der Dotierung zu beachten. Benötigt man nur<br />
geringe Stromdichten und ein lineares Verhalten bei kleinen Spannungen (< 0,1 V), kann man<br />
auch mit niedrig dotiertem Silizium und UHV-gebondeten Übergängen arbeiten. Spielen hohe<br />
Probentemperaturen keine Rolle, dann kann man mit niedrig dotierten hydrophoben<br />
Übergängen etwas höhere Stromdichten erreichen. Für höhere Stromdichten muß der gesamte<br />
Wafer oder zumindest die Grenzfläche hochdotiert sein. Das letztere erreicht man durch<br />
hochdotierte epitaktische oder implantierte Schichten an der zu bondenden Waferoberfläche.<br />
Je nach vorheriger Prozessierung der zu bondenden Wafer und der daraus resultierenden<br />
maximalen Prozeßtemperatur muß man sich für eine Bondart entscheiden. Weisen die Wafer<br />
99
Dotierungsprofile wie epitaktische oder vergrabene Schichten auf oder sind Leiterbahnen auf<br />
der Rückseite vorhanden, dann entfällt das hydrophobe Bonden aufgrund der hohen Ausheiztemperatur<br />
von 1000°C, und man kann die Wafer nur durch UHV-Bonden verbinden. Auf<br />
Langzeittemperungen, wie sie in einigen Veröffentlichungen vorgestellt wurden, wurde in<br />
dieser Arbeit verzichtet, da sie dem Aspekt der niedrigen Temperaturbelastung<br />
widersprechen. Abschließend läßt sich hier zusammenfassen: Hohe Stromdichten erreicht<br />
man durch Bonden hochdotierter Grenzflächen, wobei pp-Übergänge u.a. wegen der<br />
leichteren Kontaktierung vorzuziehen sind.<br />
Eine weitere bereits in der Industrie verwendete Anwendung des Wafer-Bondens sind<br />
mikroelektromechanische Systeme (MEMS). In dieser Arbeit ist in einer Zusammenarbeit mit<br />
der Bosch AG durch UHV-Bonden die Grundlage für einen absoluten Drucksensor geschaffen<br />
worden. Die gebondeten Sensorstrukturen weisen einen Hohlraum in Form einer Mikrokaverne<br />
auf, in der der Referenzdruck eingeschlossen ist. Durch piezoresistive Widerstände<br />
auf der Membran kann bei einem solchen Sensor die Membranauslenkung und damit der<br />
Druck gemessen werden. Für eine industrielle Anwendung muß der Drucksensor über Jahre<br />
hinweg richtig kalibriert sein, d.h. der Referenzdruck in der Mikrokaverne muß konstant<br />
bleiben. Mack nimmt einen maximal erlaubten Druckanstieg von 10 mbar in 10 Jahren an<br />
[222]. Bei den üblicherweise genutzten Abmessungen der Kavernen darf die Leckrate 10 -14<br />
mbar l/s nicht übersteigen. Mack zeigte an hydrophilen bzw. hydrophoben Strukturen<br />
geringere Leckraten [63]. An UHV-gebondeten Strukturen wird diese Leckrate aufgrund der<br />
Struktur der Grenzflächen als noch wesentlich geringer angenommen. So ergeben sich<br />
absolute Drucksensoren mit langer Einsatzdauer. Die Sensoren können aufgrund des guten<br />
Vakuums und des hermetischen Abschlusses der Kavernen in einem weiten Temperaturbereich<br />
eingesetzt werden. Der entscheidende Vorteil des UHV-Bondens ist, daß kein Gas in<br />
die Hohlräume diffundiert. Bei der Herstellung der Sensoren durch UHV-Bonden ist von<br />
Vorteil, daß im Fall einer Gasleckage der fehlerhafte Sensor schnell und einfach erkannt<br />
werden kann.<br />
Das UHV-Bonden kann auch zur Herstellung magnetoelektronischer Bauelemente benutzt<br />
werden. Metallschichten bonden direkt auf Silizium. Eine direkte Spininjektion von einem<br />
ferromagnetischen Metall in Silizium läßt sich durch UHV-Bonden nicht verwirklichen, da es<br />
zu einer Reaktion mit Metallsilizidbildung an der Grenzfläche kommt. Diese Reaktion kann<br />
durch eine Zwischenschicht vermindert werden. Diese Zwischenschicht erhöht aufgrund der<br />
zusätzlichen Grenzfläche die Spinumklapprate.<br />
Mit dem UHV-Bonden lassen sich Spin-Valve-Strukturen auf ganzen 100 mm Wafern<br />
herstellen. Es wurde gezeigt, daß Spin-Valve-Transistoren aus gebondeten 100 mm Wafern<br />
hergestellt werden können und daß diese gut funktionieren. Der Herstellungsprozeß könnte<br />
jetzt industriell eingesetzt werden. Aus einem gebondeten Waferpaar können mit einer<br />
entsprechenden Strukturierungsstrecke tausende Spin-Valve-Transistoren herstellt werden.<br />
Nachteilig für eine technologische Anwendung der Spin-Valve-Transistoren ist das schlechte<br />
Transferverhältnis und der daraus resultierende niedrige spinselektive Strom.<br />
Technologisch wurde gezeigt, daß es mit dem Bonden, speziell mit dem UHV-Bonden,<br />
möglich ist, Strukturen mit verschiedensten Materialkombinationen herzustellen. Das Bonden<br />
im UHV hat den Vorteil, daß es bei Raumtemperatur stattfindet und so ungewollte Reaktionen<br />
und die Diffusion unterdrückt werden. Für eine industrielle Nutzung scheidet das UHV-<br />
Bonden bisher noch aus, da die apparative Ausstattung aufwendig und teuer ist. Für spezielle<br />
Bauelemente, die nur mit dem UHV-Bonden realisiert werden können, muß man im Einzelfall<br />
abschätzen, ob die daraus resultierenden Eigenschaften so einzigartig sind, daß der Markt den<br />
hohen Preis der so produzierten Bauelemente akzeptiert.<br />
100
6. Zusammenfassung und Ausblick<br />
In der vorliegenden Arbeit wurden die Eigenschaften von UHV-gebondeten Silizium-<br />
Silizium- und Silizium-Metall-Grenzflächen untersucht. Es wurden auch Silizium-Silizium-<br />
Wafer hydrophil und hydrophob gebondet, um die Ergebnisse zu vergleichen. Ziel war neben<br />
dem physikalischen Verständnis der Vorgänge an der gebondeten Grenzfläche die Lösung der<br />
u.a. von der Industrie vorgegebenen ingenieurtechnischen Probleme.<br />
Gebondete Siliziumwafer weisen je nach Bondprozedur unterschiedliche Grenzflächen und<br />
Eigenschaften auf. UHV-gebondete Waferpaare bilden beim Bonden bei Raumtemperatur<br />
kovalente Bindungen quer über die Grenzfläche und haften schon bei Raumtemperatur<br />
irreversibel aneinander. An der Grenzfläche herrschen teilweise nanoskopische<br />
Fehlpassungen. Tempern der Waferpaare bewirkt eine Umordnung und Diffusion an der<br />
Grenzfläche. Bei Temperaturen über 800°C findet die Ausbildung von<br />
Versetzungsnetzwerken statt. Hydrophobe Grenzflächen haften bei Raumtemperatur nur<br />
gering aneinander. Beim Tempern steigt die Bondenergie an. Es werden nanoskopische<br />
Hohlräume an der Grenzfläche beobachtet, die je nach Ausheiztemperatur ihre Form<br />
verändern. Nach Tempern bei 1000°C sind diese nanoskopischen Hohlräume oktaedrisch<br />
begrenzt und ihre Flächendichte hat abgenommen. Bei höheren Temperaturen lagern sich in<br />
den nanoskopischen Hohlräumen Siliziumoxidausscheidungen ab. Hydrophile Grenzflächen<br />
weisen auch nanoskopische Hohlräume auf. Mit steigender Temperatur sinkt auch ihre<br />
Flächendichte. Bei Temperaturen über 1000°C beginnt das Siliziumoxid stellenweise zu<br />
zerfallen und es bilden sich Durchbrüche im Siliziumoxid.<br />
Da die Grenzflächen durch das Bonden hermetisch abgeschlossen werden, lassen sich speziell<br />
mit dem UHV-Bonden absolute Drucksensoren herstellen.<br />
Bei gebondeten Waferpaaren bilden sich an der Grenzfläche elektrisch aktive Zustände. Diese<br />
Zustände fangen Ladungsträger ein und bewirken dadurch die Ausbildung einer Raumladungszone<br />
und einer Potentialbarriere. Diese Barriere behindert den Stromfluß über die<br />
Grenzfläche. Die Zustandsdichte an der Grenzfläche ist in der Nähe der Bandmitte<br />
kontinuierlich. Sie resultiert aus Kristalldefekten des Siliziums und von Verunreinigungen an<br />
der Grenzfläche. Die Zustände beeinflussen die elektrischen Eigenschaften der gebondeten<br />
Übergänge stark. Über niedrig dotierte Waferpaare fließen nur geringe Stromdichten. Höhere<br />
Stromdichten werden an hochdotierten Waferpaaren erzielt. Hier werden Stromdichten über<br />
70 A/cm 2 beobachtet. Bei allen UHV-gebondeten Waferpaaren leiten pp-Übergänge den<br />
Strom besser als nn-Übergänge. Bei pn-Dioden beeinflussen die Zustände die elektrischen<br />
Eigenschaften massiv. Die Zustände wirken als Generations- bzw. Rekombinationszentren<br />
und erzeugen einen hohen Leckstrom bzw. vermindern den Durchlaßstrom. Die<br />
Idealitätsfaktoren der gebondeten Dioden sind stark temperaturabhängig. An den<br />
Grenzflächen hydrophob gebondeter und getemperter Waferpaare wird eine<br />
Borverunreinigung gefunden, die sich je nach Dotierung auf die Leitfähigkeit der Grenzfläche<br />
auswirkt. Das Bor bewirkt eine Veränderung des Dotierungsniveaus. An pp-Übergängen<br />
steigt die Ladungsträgerkonzentration, und an nn-Übergängen sinkt sie. Demzufolge<br />
beobachtet man unterschiedliche Stromdichten. Auch hier wird nach dem Bonden von<br />
hochdotierten Wafern eine Stromdichte über 70 A/cm 2 beobachtet. An hydrophilen<br />
Waferpaaren lassen sich nach dem Tempern bei 950°C-1100°C nur geringe Stromdichten<br />
messen. Hier haben sich an der Silizium-Siliziumoxid-Grenzfläche Zustände gebildet, die<br />
denselben Einfluß haben wie die Zustände an den UHV-gebondeten Grenzflächen. Bei<br />
Verwendung von hochdotierten Wafern tunneln die Ladungsträger durch das Siliziumoxid,<br />
und es werden Stromdichten über 70 A/cm 2 beobachtet. Bei allen verwendeten<br />
Bondmethoden zeigt sich: Bei gleichen Dotierungen leiten pp-Übergänge besser als nn-<br />
Übergänge.<br />
101
Durch das UHV-Bonden lassen sich auch Silizium-Metall-Übergänge herstellen. Beim<br />
Bedampfen mit einem ferromagnetischen Metall kommt es, wie auch beim UHV-Bonden, zu<br />
einer Reaktion zwischen dem Metall und dem Silizium an der Grenzfläche. Die entstehende<br />
Reaktionsschicht ist beim UHV-Bonden jedoch dünner. Die elektrischen Eigenschaften der<br />
entstandenen Schottkydiode sind, verglichen mit den gewachsenen Schichten, schlecht. Die<br />
Grenzfläche weist viele Defekte auf, die den Leckstrom lokal erhöhen. Die Reaktion beim<br />
Bedampfen und beim Bonden kann durch eine Zwischenschicht aus Siliziumoxid vermindert<br />
werden. Beim Bedampfen haftet das Metall irreversibel an der Siliziumoxidschicht, während<br />
es beim Bonden nur sehr schwach bondet. Nachträgliches Tempern bewirkt eine Erhöhung<br />
der Bondenergie. Dabei diffundiert das ferromagnetische Metall jedoch an der gewachsenen<br />
Grenzfläche durch die Siliziumoxidschicht und reagiert zu dem entsprechenden Metallsilizid.<br />
Hohe Bondenergien ohne oder mit nur geringer Dicke der Reaktionsschicht erreicht man,<br />
indem man zwei oxidierte Wafer mit dem Metall bedampft und dann Metall auf Metall<br />
bondet.<br />
Metall-Metall Bonden wurde auch bei der Herstellung des Spin-Valve-Transistors angewandt.<br />
Durch das UHV-Bonden von spinselektiven Metallschichtstrukturen wurde ein spinselektives<br />
Bauelement hergestellt. Es basiert auf der Injektion von heißen Elektronen in eine spinselektive<br />
Basis. Je nach Spinorientierung und Magnetisierung der ferromagnetischen<br />
Schichten werden die Elektronen spinselektiv gefiltert. Im Kollektor werden nur Elektronen<br />
einer Spinorientierung beobachtet. Die hergestellten Spin-Valve-Transistoren zeigen einen<br />
Magnetowiderstand größer 100%.<br />
Abschließend soll mit den Erkenntnissen der vorliegenden Arbeit eingeschätzt werden, was<br />
auf diesem Gebiet noch untersucht werden sollte.<br />
Nachdem mit dieser Arbeit gezeigt wurde, daß man durch das Bonden von hochdotierten<br />
Wafern hohe Stromdichten erreichen kann, sollten in weiteren Arbeiten elektronische<br />
Bauelemente auf die Wafer prozessiert, gebondet, und deren Funktionstüchtigkeit untersucht<br />
werden. Physikalisch müßte geklärt werden, welche Metalle die Zustände an der Grenzfläche<br />
verursachen und wodurch sie eingebracht werden. Durch Homoepitaxie unmittelbar vor dem<br />
Bonden könnte versucht werden, die Siliziumoberfläche ideal glatt und sauber herzustellen.<br />
Mit Homoepitaxie könnten neben den Zuständen durch die Kristallbaufehler auch die<br />
Zustände durch Metalle vermieden werden.<br />
Der mit dem UHV-Bonden hergestellte Drucksensor sollte prozessiert und als Bauelement auf<br />
Einsatzfähigkeit und reale Lebensdauer unter verschiedenen Bedingungen getestet werden.<br />
Bei den UHV-gebondeten Übergängen vom ferromagnetischen Metall zum Silizium müßte<br />
eine Zwischenschicht gefunden werden, die sehr dünn und trotzdem lochfrei ist, eine Reaktion<br />
verhindert und keinen Spinumklapprozeß bedingt.<br />
Der Spin-Valve-Transistor ist bereits funktionstüchtig. Jetzt könnte versucht werden, durch<br />
verschiedene Metalle oder Legierungen für die ferromagnetischen Schichten wie auch für die<br />
Schottkybarrieren den Magnetowiderstand und das Transferverhältnis zu erhöhen. Durch<br />
bessere Verdampfer, wie sie z.B. in MBE-Systemen verwendet werden, könnten die Grenzflächen<br />
homogener und glatter hergestellt werden. Die glatten Grenzflächen würden weniger<br />
streuen, und Magnetowiderstand und Transferverhältnis stiegen an. Bessere Grenzflächen<br />
zum Silizium würden die großflächige Idealität der Schottkybarrieren steigern, was größere<br />
Bauelemente und damit höhere Ströme erlaubt. Die magnetischen Eigenschaften und damit<br />
der spinselektive Strom wären besser kontrollierbar, wenn man es schaffen könnte, die<br />
ferromagnetischen Schichten monokristallin mit einer bestimmen Orientierung aufzuwachsen.<br />
Die spinselektiven Zustandsdichten wären so genauer definiert, und der spinselektive Effekt<br />
würde ansteigen. Schließlich könnte man die Spinselektivität demonstrieren, indem man die<br />
spinselektierten Elektronen in Galliumarsenid injiziert und das dort entstehende polarisierte<br />
Licht detektiert.<br />
102
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A8
Verzeichnis der verwendeten Symbole<br />
a Gitterkonstante<br />
A* effektive Richardson-Konstante<br />
B Suszeptanz<br />
BSS<br />
Suszeptanz einer kontinuierlichen Zustandsdichte<br />
C Kapazität<br />
Cges<br />
Gesamtkapazität<br />
0<br />
C HF<br />
CHF<br />
Hochfrequenzkapazität ohne angelegte Spannung<br />
Hochfrequenzkapazität<br />
CL, CR Kapazität der linken bzw. rechten Raumladungszone<br />
cn, cp<br />
Einfangkoeffizient<br />
COx<br />
Oxidkapazität<br />
CSS<br />
Kapazität einer kontinuierlichen Zustandsdichte<br />
d Breite der Raumladungszone<br />
dL, dR Breite der linken bzw. rechten Raumladungszone<br />
e Elementarladung<br />
E Elastizitätsmodul<br />
EA<br />
Aktivierungsenergie<br />
Eeff<br />
effektive Barrierenhöhe<br />
EF<br />
Ferminiveau<br />
EFB<br />
Ferminiveau an der Grenzfläche<br />
Eg<br />
Bandlücke<br />
en, ep<br />
Emissionskonstante der Elektronen bzw. Löcher<br />
Et<br />
Energieniveau eines Störstellenzustandes<br />
f Fermiverteilungsfunktion<br />
fdc<br />
Fermiverteilungsfunktion unter Gleichspannung<br />
δf Wechselspannungsänderung der Fermiverteilungsfunktion<br />
G Leitwert<br />
Gges<br />
Gesamtleitwert<br />
GSS<br />
Leitwert einer kontinuierlichen Zustandsdichte<br />
Gth<br />
Leitwert thermisch emittierter Ladungsträger<br />
th th<br />
G n , G p<br />
HK<br />
thermische Emissionsrate für Elektronen bzw. Löcher<br />
Koerzitivfeldstärke<br />
HS<br />
Sättigungsfeldstärke<br />
I Strom<br />
IB<br />
Basisstrom<br />
IC<br />
Kollektorstrom<br />
IE<br />
Emitterstrom<br />
J Stromdichte<br />
JC<br />
Kollektorstromdichte<br />
JE<br />
Emitterstromdichte<br />
Jemis<br />
Stromdichte der von den Zuständen emittierten Ladungsträger<br />
Jfang<br />
Stromdichte der von den Zuständen eingefangenen Ladungsträger<br />
JL, JR Stromdichte in der linken bzw. rechten Raumladungszone<br />
JLS<br />
Leckstromdichte<br />
Stromdichte des Austauschmechanismus<br />
JSS<br />
A9
Jth<br />
Stromdichte thermisch emittierter Ladungsträger<br />
k Boltzmann-Konstante<br />
LK<br />
Abstand der 60°-Versetzungssegmente<br />
LS<br />
Abstand der Schraubenversetzungssegmente<br />
m effektive Masse der Elektronen<br />
M Avalanche-Faktor<br />
MR Magnetowiderstand<br />
n Idealitätsfaktor einer Diode<br />
n, p Ladungsträgerkonzentration<br />
δn, δp Wechselspannungsänderung der Ladungsträgerkonzentration<br />
NA, ND Dotierung<br />
nE<br />
Idealitätsfaktor der Emitterdiode<br />
nC<br />
Idealitätsfaktor der Kollektordiode<br />
ndc, pdc Ladungsträgerkonzentration unter Gleichspannungsbedingungen<br />
NS<br />
Flächenkonzentration eines einzelnen Niveaus<br />
NSS<br />
Flächenkonzentration einer kontinuierlichen Zustandsdichte<br />
NT<br />
Konzentration der Störstellenzustände<br />
NV, NC effektive Zustandsdichte im Valenzband bzw. Leitungsband<br />
Q Ladung<br />
QL, QR Ladung der linken bzw. rechten Raumladungszone<br />
Q +<br />
positive Raumladung<br />
r Breite der Korngrenze<br />
R Widerstand<br />
Rn, Rp Einfangrate für Elektronen bzw. Löcher<br />
R(n) Verhältnis GSS/ω<br />
RS<br />
Ausbreitungswiderstand<br />
t Zeit<br />
T absolute Temperatur<br />
U, V Spannung<br />
δV Wechselspannung<br />
Vdc<br />
Gleichspannung<br />
VBC<br />
Gleichspannung Basis-Kollektor<br />
VEB<br />
Gleichspannung Emitter-Basis<br />
vth<br />
thermische Geschwindigkeit der Ladungsträger<br />
V1<br />
Energiedifferenz im linken neutralen Kristall beim Anlegen einer Spannung<br />
W Dicke<br />
WA<br />
Adhäsionsarbeit<br />
Y Admittanz<br />
YSS<br />
Admittanz einer kontinuierlichen Zustandsdichte<br />
α Transferverhältnis<br />
αE<br />
Emittereffektivität<br />
αC<br />
Kollektoreffektivität<br />
αqm<br />
quantenmechanischer Transmissionsfaktor<br />
γ Grenzflächenenergie<br />
εε0<br />
Dielektrizitätskonstante<br />
ξ Lage des Ferminiveaus im neutralen Einkristall<br />
η Besetzungsgrad der Störstellenzustände<br />
A10
θC<br />
Eintrittswinkel in die Kollektorbarriere<br />
θK<br />
Kippwinkel<br />
θR<br />
Verdrehungswinkel<br />
λ freie Weglänge<br />
ν Frequenz<br />
ρ spezifischer Widerstand<br />
ρAF<br />
Widerstand für antiparallele Orientierung der magnetischen Schichten<br />
ρFM<br />
Widerstand für parallele Orientierung der magnetischen Schichten<br />
σ Einfangquerschnitt<br />
σth<br />
Einfangquerschnitt für thermisch emittierte Ladungsträger<br />
τ Zeitkonstante<br />
τm<br />
Zeitkonstante für eine kontinuierliche Zustandsdichte<br />
τn, τp<br />
Zeitkonstante für ein einzelnes Niveau, Elektronen bzw. Löcher<br />
ΦB<br />
Barrierenhöhe im thermodynamischen Gleichgewicht<br />
δΦ Wechselspannungsänderung der Barrierenhöhe ΦB<br />
ΦC<br />
Barrierenhöhe der Kollektor-Schottkybarriere<br />
ΦE<br />
Barrierenhöhe der Emitter-Schottkybarriere<br />
∆ΦEC Energiedifferenz zwischen Emitter- und Kollektor-Schottkybarriere<br />
ΦL, ΦR Barrierenhöhe der linken bzw. rechten Schottkybarriere<br />
ω Kreisfrequenz<br />
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Ausgewählte Vorträge im Rahmen dieser Doktorarbeit<br />
• Electrical and Structural Investigation of Bonded Silicon Interfaces, Electrochemical<br />
Society Meeting, San Francisco, September 2001<br />
• UHV-Bonding: Electrical Characterization of Interfaces and Application to<br />
Magnetoelectronics, Electrochemical Society Meeting, San Francisco, September<br />
2001<br />
• Electrical properties of UHV bonded silicon interfaces, Novosibirsk, Juli 2001<br />
• Elektrische und strukturelle Eigenschaften gebondeter Halbleitergrenzflächen,<br />
Graduiertenseminar der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Juni 2001<br />
• Elektrische und strukturelle Eigenschaften gebondeter Halbleiterstrukturen, Seminar<br />
bei Prof. F. Koch, Physik Department E16, TU München, Mai 2001 (eingeladen)<br />
• Low Temperature Wafer Bonding for MEMS applications, Workshop on Wafer<br />
Bonding, Göteborg, April 2001<br />
• Electrical characterization of UHV-bonded silicon interfaces, MRS Spring Meeting,<br />
San Francisco, April 2001<br />
• Elektrische Eigenschaften UHV-gebondeter Si (100)-Grenzflächen, DPG Frühjahrstagung,<br />
Hamburg, März 2001<br />
• DLTS Untersuchung der Grenzflächenzustände an UHV-gebondeten (100) Si-Wafern,<br />
DPG Frühjahrstagung, Hamburg, März 2001<br />
• Vergleich UHV-gebondeter und gewachsener Metall-Silizium-Grenzflächen, DPG<br />
Frühjahrstagung, Hamburg, März 2001<br />
Veröffentlichungen im Rahmen dieser Doktorarbeit<br />
• A. Reznicek, S. Senz, O. Breitenstein, R. Scholz, U. Gösele, Electrical characterization<br />
of UHV-bonded silicon interfaces, Mat. Res. Soc. Symp. Proc. Vol. 681E, Materials<br />
Research Society 2001, I-4.4.<br />
• S. Senz, A. Reznicek, O. Breitenstein, R.Scholz, U. Gösele, UHV-Bonding: Electrical<br />
characterization of interfaces and application to magnetoelectronics, Electrochemical<br />
Society 2001, im Druck<br />
• A. Reznicek, S. Senz, O. Breitenstein, R. Scholz, U. Gösele, Electrical and structural<br />
characterization of bonded silicon interfaces, Electrochemical Society 2001, im Druck<br />
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A14
Danksagung<br />
Die vorliegende Arbeit stellt eine Zusammenfassung der Untersuchungen zu den elektrischen<br />
und magnetischen Eigenschaften sowie zur Struktur von gebondeten Silizium- und Silizium-<br />
Metall-Grenzflächen dar, die ich im Rahmen meiner 2 ¼ jährigen Promotion am Max-Planck-<br />
Institut für Mikrostrukturphysik in Halle an der Saale durchgeführt habe.<br />
An dieser Stelle möchte ich versuchen, meine Dankbarkeit für die Hilfe, die mir im Laufe<br />
meiner Doktorarbeit zuteil wurde, zum Ausdruck zu bringen. Leider läßt sich so etwas nur<br />
sehr schwer kurz und knapp in Worte fassen, aber es soll im folgenden versucht werden.<br />
Als erstem möchte ich meinem Betreuer Herrn Dr. Stephan Senz für die hervorragende und<br />
intensive Betreuung meiner Doktorarbeit danken. Seine stete Diskussionsbereitschaft und<br />
Infragestellung meiner Ergebnisse, auch zu unüblichen Arbeitszeiten, war immer Ansporn für<br />
mich, meine Arbeit effektiv und sehr gründlich durchzuführen und jedes Resultat zu<br />
hinterfragen.<br />
Herrn Prof. Dr. Ulrich Gösele danke ich sehr herzlich für die Möglichkeit, meine Promotion<br />
am Max-Planck-Institut für Mikrostrukturphysik durchzuführen, für seine ständig offene Tür<br />
und besonders für die Gelegenheit, meine Ergebnisse auf internationalen Konferenzen<br />
präsentieren zu können.<br />
Herrn Dr. Roland Scholz danke ich für die transmissionselektronischen Aufnahmen und die<br />
Diskussion der Ergebnisse.<br />
Herr Dr. habil. Otwin Breitenstein war als mein zweiter Betreuer immer für mich da und half<br />
mir besonders in der Anfangszeit beim Erlernen der Thermographie und der korrekten<br />
Durchführung elektrischer Messungen.<br />
Herrn Prof. Dr. Hinrichsen danke ich für die Übernahme der Betreuung meiner Dissertation<br />
an der TU Berlin sowie Herrn Prof. Kröger für die Übernahme des Vorsitzes des<br />
Promotionsausschusses.<br />
Herrn Dr. habil. Dietrich Hesse danke ich für die gute Zusammenarbeit, die Finanzierung<br />
eines Konferenzbesuches und die Bereitschaft, das Manuskript meiner Arbeit kritisch zu<br />
lesen.<br />
Herrn Dr. Marin Alexe danke ich für die zahlreichen Literaturhinweise in der Anfangsphase<br />
meiner Arbeit und seine weitere Unterstützung.<br />
Herrn Dr. Anil Kumar danke ich für die Hilfe und den Wissenstransfer bei der Prozessierung<br />
der Spin-Valve-Transistoren.<br />
Für die herzliche Aufnahme und die Einarbeitung danke ich den inzwischen schon<br />
promovierten früheren Doktoranden Dr. Uwe Kahler, Dr. Marco Wiegand, Dr. Norbert<br />
Engler, Dr. Pascal Kopperschmidt und Dr. Igor Konovalov, sowie meinen Mitdoktoranden<br />
Steffen Huth, Stefan Richter, Kornelius Nielsch und Jörg Schilling.<br />
Für die Hilfe beim Eingewöhnen im Institut und in der Stadt Halle und die vielen nützlichen<br />
Hinweise danke ich besonders der ehemaligen Chefsekretärin Frau Christine Scholz.<br />
Für die Präparation der TEM-Proben danke ich Frau Sina Swatek, Frau Sigrid Hopfe und Frau<br />
Doris Wild. Weiter danke ich allen Mitarbeitern der Verwaltung, des Fotolabors, der<br />
mechanischen und elektronischen Werkstatt.<br />
Für die Spreading-Resistance- und Hochstrommessungen danke ich den Herren Dr. Franz-<br />
Josef Niedernostheide und Dr. Hans-Joachim Schulze von der Infineon AG. Für die Hilfe mit<br />
den Simulationsrechnungen danke ich Herrn Dr. Thomas Weis vom HMI Berlin. Für<br />
Diskussionen und die Einladung an die TU München danke ich Herrn Dr. Thomas Dittrich.<br />
Für die SQUID-Messungen danke ich Kornelius Nielsch und an der Universität Bochum Frau<br />
Dr. Saskia Fischer.<br />
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Eidesstattliche Erklärung<br />
Ich versichere hiermit, die vorliegende Dissertation:<br />
Elektrische und strukturelle Eigenschaften gebondeter Halbleiterstrukturen<br />
selbstständig verfaßt und keine anderen als die von mir angegebenen Quellen und Hilfsmittel<br />
verwendet zu haben. Den benutzten Werken wörtlich oder inhaltlich entnommene Stellen sind<br />
als solche gekennzeichnet.<br />
Alexander Reznicek<br />
Berlin, den 11. April 2002<br />
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Lebenslauf<br />
Geboren: am 08. Juli 1974 in Berlin<br />
Schulausbildung:<br />
1981 – 1989 zehnklassige Polytechnische Oberschule<br />
(bis Ende der 8. Klasse)<br />
1989 – 1991 sprachlich orientierte erweiterte Oberschule „Heinrich<br />
Schliemann“, später Heinrich-Schliemann-Gymnasium<br />
1991 – 1994 naturwissenschaftlich orientiertes Käthe-Kollwitz-Gymnasium<br />
Abschluß Abitur<br />
Wehrdienst:<br />
10/94 – 09/95 Wehrdienst beim ABC-Abwehrbataillon in Höxter<br />
Hochschulstudium:<br />
10/95 – 09/99 Studium der Werkstoffwissenschaften an der TU Berlin<br />
Abschluß Diplom-Ingenieur (mit Auszeichnung)<br />
Berufstätigkeit:<br />
10/99 – 11/99 Doktorand am Institut für Nichtmetallische Werkstoffe, Abt.<br />
Glaswerkstoffe, an der TU Berlin<br />
Seit 12/99 Doktorand am Max-Planck-Institut für Mikrostrukturphysik in<br />
Halle<br />
Auszeichnungen:<br />
07/00 Erwin-Stephan-Preis für hervorragende Studienleistungen und<br />
kurze Studiendauer, verliehen von der Technischen Universität<br />
Berlin<br />
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