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REICHSFREMDE, STAATSFREMDE UND DRITTAUSL?NDER

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Regierungsvertretung im Arbeitsbeirat unterstützten Reformvorhabens war also eindeutig die<br />

Gemeindeebene. Wäre dieses Vorhaben erfolgreich gewesen, so hätte es die<br />

Kirchturmperspektive bei der Arbeitsvermittlung und Migrationspolitik nur bestätigt und<br />

gefördert. Diese ohnehin eingeschränkte Initiative wurde aber von den christlichsozialen<br />

Gewerkschaften, den Vertretern des Kleinbürgertums und des Großkapitals im Beirat<br />

abgelehnt. Technisch gescheitert ist sie an der Tatsache, dass die Gemeinden nicht vom<br />

Reichsrat verpflichtet werden konnten, Arbeitsnachweise einzurichten.<br />

"(D)ieser Gedanke zerstieß sich - schon bei den Beratungen im Arbeitsbeirat - an der alten<br />

österreichischen Verfassung: die Gemeinden konnten nicht durch ein Reichsgesetz, sondern<br />

nur durch Landesgesetze verpflichtet werden (...)." 115<br />

Daraufhin richtete Böhmen 1903 auf seinem Gebiet mittels eines Landesgesetzes die erste<br />

und einzig funktionierende Landesarbeitsverwaltung Cisleithaniens ein. 116 Im Gegensatz zum<br />

Arbeitsbeiratsentwurf und den bis dorthin existierenden kommunalen Nachweisen stützte sich<br />

das böhmische Modell auf die Bezirksverwaltungen des Königreiches. Somit hatte Böhmen<br />

zumindest im Bereich seiner Länderautonomie die Kirchturmperspektive Cisleithaniens in<br />

der Arbeitsmarktpolitik durchbrochen. Die Alpenländer und Niederösterreich blieben<br />

innerhalb der Grenzen dieses sozialpolitischen Konzeptes bis sie auf Drängen der Kriegs- und<br />

Innenministerien 1917 gezwungen wurden, die Arbeitsvermittlung zu nationalisieren.<br />

"Es kam (Böhmen) dabei der Umstand zugute, dass (es) autonome Bezirksvertretungen<br />

(besaß), die vielleicht geeigneter waren als die Gemeinden, ein lückenloses Netz von<br />

derartigen Anstalten zu errichten; diese Bezirke wurden also verpflichtet,<br />

Arbeitsnachweisstellen zu schaffen", die von einem "Landeszentralamt" aus zusammengefaßt<br />

und geleitet wurde. 117<br />

Im Gegensatz zu der Sozialdemokratie als Partei (SDAP) waren die Gewerkschaften in der<br />

Frage der öffentlichen Arbeitsnachweise gespalten. Noch 1896 hat sich der cisleithanische<br />

GewerkschaftsKongress grundsätzlich gegen diese Einrichtung ausgesprochen. Durch die<br />

Schaffung einer "Arbeiterbörse Österreich” hoffte die Gewerkschaft ihren 5% Anteil an der<br />

115 Schmidt 1991, 42; vgl. auch Weidenholzer 1985, 258-264.<br />

116 Galiziens per Landesgesetz eingerichteter Nachweis funktionierte kaum. vgl. Schmidt 1991, 42.

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