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REICHSFREMDE, STAATSFREMDE UND DRITTAUSL?NDER

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"Ein Gutachten der Oberdirection des Armeninstitutes empfahl jedoch eine städtische Anstalt,<br />

die eine Ergänzung des bereits durch die Natural-Verpflegsstation über Böhmen (exclusive<br />

Prager Polizeirayon) ausgebreiteten Netzes von Arbeitsnachweisstellen bilden und mit der zu<br />

gründenden Landes-Centralvermittlungsanstalt leicht in Verkehr treten könnte." 111<br />

Die Arbeitervereine, seien sie sozialdemokratisch oder christlichsozial, wurde bei der<br />

Gründung der zunehmend wichtiger werdenden öffentlichen Arbeitsplatzvermittlungen nicht<br />

nur in Prag ausgegrenzt. Bei dem ein Jahr zuvor eröffneten Grazer Arbeitsnachweis stammten<br />

acht der zehn Anstaltsleitungsmitglieder aus den Kreisen der staatlichen Verwaltung, der<br />

Kirche und dem Unternehmertum. Die "beiden Mitglieder aus dem Arbeiterstand (wurden)<br />

durch die Verbandsleitung bestellt, wobei in erster Linie die Mitglieder des Vorstandes und<br />

des Schiedsgerichts der Unfallversicherung für Steiermark und Kärnten zu berücksichtigen"<br />

waren. 112<br />

Mitte 1898 wurde schließlich auch in Wien ein städtischer Arbeitsnachweis eingerichtet. Er<br />

ist aus dem 1885 gegründeten "Verein für Arbeitsvermittlung" hervorgegangen. Da dieser<br />

traditionsreiche privatrechtliche Verein als eine "von modernen socialpolitischen Ideen<br />

geleitete Schöpfung" galt und er seinen "Statuten nach strenge den Grundsatz der Parität"<br />

wahrte, gingen die Gewerkschaften und die Sozialdemokratie (SDAP) davon aus, dass beim<br />

Arbeitsnachweis der Reichshauptstadt endlich "zur Milderung der Classengegensätze" das<br />

"Unternehmerthum und (die) Arbeiter zu gemeinsamem Wirken vereint" werden würden. Der<br />

Vorstand dieses von den Kathedersozialisten stark hegemonisierten Vereins sollte als Modell<br />

für den städtischen Nachweis dienen. In diesem Verein gehörten von den sechs Vertretern der<br />

Arbeiterschaft im Vereinsvorstand zwei zu den wichtigsten Persönlichkeiten der damaligen<br />

Sozialdemokratie, Victor Adler und Engelbert Pernersdorfer. Ein paritätischer Wiener<br />

Arbeitsnachweis galt also als ziemlich sicher.<br />

Der Gemeinderat war jedoch fest in Händen der Anhänger des christlichsozialen<br />

Bürgermeisters Karl Lueger. Die absolute Hegemonie dieser Elite der "alten Kämpfer" und<br />

Honoratioren konnte erst zehn Jahre später von christlichsozialen Sozialreformern - wie dem<br />

ersten österreichischen Sozialminister(1917-1918) Heinrich Mataja und Leopold Kunschak,<br />

111 Mataya 1898, 275-276.<br />

112 Mataya 1898, 275.

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