14.02.2013 Aufrufe

REICHSFREMDE, STAATSFREMDE UND DRITTAUSL?NDER

REICHSFREMDE, STAATSFREMDE UND DRITTAUSL?NDER

REICHSFREMDE, STAATSFREMDE UND DRITTAUSL?NDER

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN
  • Keine Tags gefunden...

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

63<br />

einhergehende Ausbürgerung aus Österreich wurde von der k.k. Regierung nicht anerkannt.<br />

Die "unangenehmsten Wirkungen", welche dadurch den osmanischen und österreichischen<br />

"Glieder(n) einer Familie" erstanden, scheinen bei der Entscheidungsfindung in dieser<br />

Richtung keine Rolle gespielt zu haben.<br />

"Den nach der Türkei ausgewanderten und wieder nach Wien zurückkehrenden Israeliten, bei<br />

welchen mit Grund zu vermuthen ist, dass die Auswanderung bloß zur Erschleichung der<br />

türkischen Unterthanschaft und der damit verbundenen Begünstigungen unternommen haben,<br />

wird der Aufenthalt in Wien nur zeitweilig auf einen nach Umständen zu erneuernden Termin<br />

von sechs Wochen zur Besorgung allfälliger Geschäfte gestattet, nach dessen Verlauf sie<br />

ohne weiters weggewiesen werden, wenn sie nicht als unbefugte Auswanderer zu behandeln<br />

sind; daher denn auch von den politischen Ortsobrigkeiten alle solche israelitischen<br />

Auswanderungswerber mittelst eines fertigenden Protocolls aufmerksam gemacht werden<br />

müssen, dass sie nicht darauf rechnen können, durch Erlangung der türkischen<br />

Unterthanschaft sich das Recht zur förmlichen Etablierung in den österreichischen Staaten zu<br />

sichern, sondern nur einen kurzen zeitweisen Aufenthalt zu gewärtigen haben, und dann ohne<br />

Nachsicht nach der Türkei zurück, oder sonst in das Ausland sich begeben müssen". 84<br />

Die antisemitische und antiislamische Geisteshaltung der Türkenbestimmungen dieser Zeit<br />

steht in krassem Widerspruch zu den Freizügigkeitsgründsätzen im sonstigen<br />

"Ausländerrecht". Dies ist deshalb signifikant, weil es das Verhalten der österreichischen<br />

Vertreter in der sozialdemokratischen Zweiten Internationale erhellen könnte. Das Prinzip der<br />

Verkehrsfreiheit und des freien Zugangs zum Arbeitsmarkt für Staatsfremde wurde nämlich<br />

ab 1893 - also ein halbes Jahrzehnt nach Veröffentlichung der Püttlingenschen<br />

Ausländerstudie - erstmals in den Reihen der Arbeiterbewegung aktuell. 85 In diesem äußerst<br />

heftigen Streit über die Frage der Gleichstellung oder Ausgrenzung nicht gewerkschaftlich<br />

organisierter Arbeitsmigranten stellten sich die deutschösterreichischen und reichsdeutschen<br />

Sozialdemokraten geschlossen gegen den Briten und Amerikaner. Die angloamerkanische<br />

Fraktion plädierte bereits zu dieser Zeit für das "Gastarbeitersystem" 86 , d.h. die nur<br />

vorübergehende Aufnahme von kulturell und sozial "unterentwickelten" Völkern in<br />

83 Püttlingen 1842, 68.<br />

84 Püttlingen 1842, 241.<br />

85 Hierüber wird anderswo in Detail eingegangen.<br />

86 ohne dabei den Begriff zu verwenden.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!